Älterer Flügel mit Rissen im Resonanzboden

Ja, Blüthner 190 sind schöne Instrumente. Jedoch:
1) Einen Flügel mit Patentmechanik würde ich für professionellen Gebrauch ausschließen.
2) 190er mit "normaler" Doppelrepetitionsmechanik haben vergleichsweise kurze Tastenhebel. Das ist unbedingt zu bedenken, denn alles, was nahe der Tastenklappe gegriffen werden muss, fühlt sich nicht angenehm an.
 
Ist es den sinnvoll, einem angehenden Profi-Pianisten ein Übungsgerät zu empfehlen, dessen Spielweise nicht jener von 99% der professionell genutzten Flügel hat?

Klang hin, Wert her, es geht doch primär um die Fingerfertigkeit.
 
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Ist es den sinnvoll, einem angehenden Profi-Pianisten ein Übungsgerät zu empfehlen, dessen Spielweise nicht jener von 99% der professionell genutzten Flügel hat?
Ja - sofern der Flügel den professionellen Anforderungen entspricht.

Und das tut die Patentmechanik durchaus.

Wer auf einer Blüthner Patentmechanik übt, tut sich leichter auf einer modernen Repetitionsmechanik.

Umgekehrt hingegen ist das nicht ganz so leicht.
 
Im Grunde sind wir uns doch einig, dass es auf den Zustand ankommt. Natürlich braucht das geschenkte, 120 Jahre alte Instrument Zuwendung. Aber wer sagt denn, dass ein gebrauchter Flügel aus den 60er Jahren diese nicht ebenfalls benötigt? Es hat einen Grund, wenn Dinge günstig sind oder sogar verschenkt werden. Manchmal müssen sie aber auch dringend weg und werden unter Wert abgegeben, weil die Zeit wichtiger ist als der Erlös. Da sehe ich eine Chance für jemanden, der günstig ein Instrument sucht und keine bestimmten Präferenzen hinsichtlich Größe, Farbe, Zustand des Gehäuses etc..hat.

Beim geschenkten Blüthner (wie bei jedem günstigen Vorkriegsflügel auch) würde ich allerdings prüfen, ob die zu tätigenden Investitionen nicht in ein Fass ohne Boden fallen werden, das größte Risiko dürften hier der Stimmstock und der Gussrahmen sein. Beides lässt sich prüfen.

Wie kommt der Klavierbauer denn überhaupt auf 4-5k Investitionsbedarf? Dafür bekommt man eine Menge Arbeitsstunden. Was genau muss gemacht werden, was wird alles getauscht? Nur die Hammerköpfe, der Rest sind Arbeitsstunden? Sind denn Filze, Achsen etc. soweit in Ordnung?
 
Wie kommt der Klavierbauer denn überhaupt auf 4-5k Investitionsbedarf?

Die Preise sind regional natürlich unterschiedlich.

Man müßte wissen , was an dem Flügel alles gerichtet werden sollte um eine etwaige Preiseinschätzung zu bekommen.

Aber es ist auch so, daß Kollegen Preise verlangen, die ich persönlich für "sehr sportlich" halte.

Der Markt gibt es halt her - ich hab bei mir in Oberbayern zahlreiche Kunden, die sagen "es ist ja nicht leicht einen Klavierbauer zu kriegen".

Die alten sterben weg und von den jungen will es keiner mehr machen.

Den noch vorhandenen Klavierbauern ist damit Tür und Tor geöffnet, die Preise nach eigenem Gutdünken zu bestimmen.
 
Ich denke (als Laie!) auch, dass es bessere Ideen als dieses Abenteuer gibt. Es wird sehr gute Gründe geben, warum sich die Repetitionsmechanik so ausnahmslos durchgesetzt hat. Nur wegen einer etwas aufwändigeren Wartung wird's wohl nicht sein.

Wenn der Versuch mit dem Blüthner nicht klappt steht der Fragesteller mit einem schwerverkäuflichen Instrument und ohne Geld da.
 

Ich denke (als Laie!) auch, dass es bessere Ideen als dieses Abenteuer gibt. Es wird sehr gute Gründe geben, warum sich die Repetitionsmechanik so ausnahmslos durchgesetzt hat. Nur wegen einer etwas aufwändigeren Wartung wird's wohl nicht sein.

Wenn der Versuch mit dem Blüthner nicht klappt steht der Fragesteller mit einem schwerverkäuflichen Instrument und ohne Geld da.

Ich kann nur aus fachlicher Richtung reden und da spricht generell nichts gegen einen intakten Vorkriegsblüthner mit Patentmechanik.

Bezüglich emotionaler Einstellung zu diesen Instrumenten, kann ich leider nichts beitragen.
 
Klavierbauerisch hast du recht, Henry (Spieltiefe ist übrigens 9,4mm). Pianistisch aber nicht.
 
Einen Young-Chang mit einem Blüthner vergleichen ist schon sehr gewagt ! Das ist langweiliger und farbenarmer Flügelbau aush China, Hauptsache Laut. Es hat schon seinen Grund warum Blüthner unter den Top-Firmen rangiert. Ich würde mir solche No-Name Firmen jedenfalls nicht ans Bein hängen. Sicherlich , eine Rennermechanik ist schon sehr gut, spiele auch fast nur Renner. Das ist der einzige Einwand, den man gelten lassen könnte, und auch nur, wenn man Profipianist ist, und eine komplette Generalüberholung des Instruments machen will.
Ich vergleiche Young Chang nicht mit Blüthner. Aber ich denke, man sollte der Fadenerstellerin für den "professionellen" Einsatz (=Studium)auch kein 120 Jahre altes Instrument empfehlen, das schwierig zu transportieren ist und wo viel dran gemacht werden muss. Ich würde sowieso grundsätzlich niemandem empfehlen, ein Instrument zu kaufen, was erst noch überholt werden muss. Denn das Ergebnis muss nicht unbedingt den Erwartungen entsprechen, auch wenn die Überholung super gut gemacht wurde.

Ich denke, so ein alter Blüthner ist Liebhaberei und ein moderner Flügel ist Vernunft. Natürlich gibt es gute Gründe für die Liebhaberei, aber die Vernunft gehört nicht dazu. Das ist wie bei Autos mit Oldtimern. Es gibt gute Gründe für einen Oldtimer mit viel Fahrspaß. Aber man würde so einen Oldtimer doch nicht als Mietwagen im professionellen Bereich einsetzen.

Aber jeder wie er mag.
 
Wie kommt der Klavierbauer denn überhaupt auf 4-5k Investitionsbedarf? Dafür bekommt man eine Menge Arbeitsstunden. Was genau muss gemacht werden, was wird alles getauscht? Nur die Hammerköpfe, der Rest sind Arbeitsstunden? Sind denn Filze, Achsen etc. soweit in Ordnung?

Meine Faustregel bei Renovierungen ist ungefähr folgende. 4-5k Mechanik komplett, 4-5K akustische Anlage, 4-5k Komplettlackierung.

Die Klavierhäuser machen das ja auch, und stellen so einen generalüberholten Blüthner dann für 25.000 Euro zum Verkauf. Die Wertsteigerung des Instruments nach der Überholung ist immens. In meinen Blüthner 230, den ich auch fast geschenkt bekam, steckte ich insg. 10.000. Nun ist er das Doppelte wert. Mit neuer Komplettlackierung könnte ich für ca. 30.000 verkaufen, will ich natürlich nicht.

Das mit der Patentmechanik wäre der einzige Punkt, der event. dagegenspräche. Eine Liebhaberei ist das Modell 6 mit Sicherheit nicht, sonst wäre die Produktion schon längst eingestellt worden, denn wie gesagt wird der bis heute produziert. In Berlin habe ich im Nov. mit zwei renomierten Klavierbauern gesprochen. Die fanden ebenfalls daß alte (nicht zu alte) Blüthner generalüberholt hervorragende Instrumente sind. Weiterhin gibt es ja von SternimMeer und mir die Erfahrungen, daß daraus ganz wunderbare Instrumente wiederbelebt wurden. Dazu ist das Forum ja da !Vorbeikommen, anspielen, Freude haben.

A propos Transport: Ein 190cm langer Flügel ist genauso schwer zu transportieren wie ein 170cm. Das Argument ist keins.
 
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A propos Transport: Ein 190cm langer Flügel ist genauso schwer zu transportieren wie ein 170cm. Das Argument ist keins.
Einen 190cm Flügel aus einer verwinkelten Wohnung mit kleinem Stiegenaufgang, etc. zu transportieren ist schwieriger als einen 170cm Flügel (oder auch ein > 2m) aus einem Geschäft. Es ging an der Stelle ganz konkret um den derzeitigen Aufstellungsort des Flügels, nicht so sehr um seine Größe.
 
Meine Faustregel bei Renovierungen ist ungefähr folgende. 4-5k Mechanik komplett, 4-5K akustische Anlage, 4-5k Komplettlackierung.

Die Klavierhäuser machen das ja auch, und stellen so einen generalüberholten Blüthner dann für 25.000 Euro zum Verkauf.
Ja, Klavierhäuser erzielen solche Preise. Weil sie einen Vertrauensvorschuss haben, sofern sie seriös sind. Und Garantie geben und inkl. Transport und Stimmung verkaufen. Also das Rundum sorglos Paket.
Die Wertsteigerung des Instruments nach der Überholung ist immens. In meinen Blüthner 230, den ich auch fast geschenkt bekam, steckte ich insg. 10.000. Nun ist er das Doppelte wert. Mit neuer Komplettlackierung könnte ich für ca. 30.000 verkaufen, will ich natürlich nicht.
Das würde mich wundern, bzw. es wäre eher die Ausnahme. Wenn Privatleute viel Geld in eine Generalüberholung stecken, dann bekommen sie das Geld dafür bei einem Verkauf für gewöhnlich nicht zurück. Vom Preis, den ein Klavierhaus erzielt, kann man bei Privatverkäufen locker 40 bis 50 % abziehen. Je edler allerdings ein Instrument ist, desto geringer der Abschlag.
 
Das würde mich wundern, bzw. es wäre eher die Ausnahme. Wenn Privatleute viel Geld in eine Generalüberholung stecken, dann bekommen sie das Geld dafür bei einem Verkauf für gewöhnlich nicht zurück. Vom Preis, den ein Klavierhaus erzielt, kann man bei Privatverkäufen locker 40 bis 50 % abziehen. Je edler allerdings ein Instrument ist, desto geringer der Abschlag.

Es ist neben der Wertschöpfung, die m.E. stattfindet, eine äußerst interessante Möglichkeit an einen Premiumflügel heranzukommen. Die Neupreise sind für den Normalverbraucher unerreichbar. Wenn die Substanz stimmt, und der Klavierbauer sein Handwerk versteht, warum sollte man es nicht machen ?
 
In meinen Blüthner 230, den ich auch fast geschenkt bekam, steckte ich insg. 10.000. Nun ist er das Doppelte wert. Mit neuer Komplettlackierung könnte ich für ca. 30.000 verkaufen, will ich natürlich nicht.
Stell den mal probehalber irgendwo zum Verkauf ein , außer eventuell irgendein Spinner der sich wichtig macht und kein Geld hat meldet sich da gar niemand.
 

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