Mein alter Bechstein

Kannst Du mal Fotos machen vom Flügel und hier reinstellen ? Man kann jeden Flügel rein theoretisch neu aufbauen. Wenn zu den alten Saiten noch die falschen Hammerköpfe drin sind, dann wundert mich da nichts mehr. Hatte vor einem Jahr einen wirklich schönen Schiedmayer 200cm für einen Kunden gereinigt, und hochgezogen auf 440hz, um dann bei Ausbau der Mechanik festzustellen, daß da jemand komplett falsche HKs eingeleimt hatte. Die hatten bei jedem Anschlag geklackert, da sie mit dem Schwanz gegen die Holzleiste unter dem Fängerfilz schlugen. Das war vielleicht ein Spaß ! Der Verein Historisches Paretz war aber zu geizig für eine Renovierung, obwohl ich ne Top-Klavierbauerin aus Berlin an der Hand hatte, die u.a. für die Phil und Boulez Saal arbeite.

Wo arbeiten die beiden Klavierbauer ? Wird auch immer mal wieder abgeraten zu renovieren um Neuware zu verkaufen. Ein Modell IV ist schon eine sehr gute Konstruktion. Mit diesen Modellen wurde Bechstein berühmt, nebenbei bemerkt, bis die Helene Bechstein dem Adi verfiel, und die Geschichte ihren Lauf nahm. Hier übrigens ein sehr interessanter Bericht über diese Epoche.

 
Hat der n Gußplattenschaden?

Ansonsten wüßte ich nicht, was dagegen spräche.

Auch das wäre mir egal, zumindest bei Bechsteins typischen Haarissen. Hab mal zwei drangehängt von meinem Bechstein B. Mein Blüthi 230 wurde bei der Überholung in Polen geschweißt. Ich hatte beim Kauf im Eifer des Gefechts tatsächlich einen Riß im Gußrahmen übersehen ! Passiert mir eigentlich nicht, aber er ist so wundervoll geworden, der Halbkonzerter BJ 1893. Die Polen schweißen noch, in Deutschland unterlässt man es, um sich keine zusätzliche Konkurrenz zu machen. Meinen Bechstein B kaufte ich Mai 2023 für gerade mal 950 Euro, eben wegen Gußrahmenrissen. Der Verkäufer meinte, es wären drei Polen daran interessiert, die ihn gleich nach Hause karren wollten. Als freischaffender Künstler bekam ich den Zuschlag. Die Serie mit den Buchstaben, also A, B, C, und E neigen aus dieser Zeit zu feinen Haarrissen an den Streben. Das ist allerdings der mangelhaften Konstruktion geschuldet. Schätzungsweise jeder dritte Bechstein aus der Zeit hat diesen Mangel, aber die Stabilität ist gegeben. Bei einem Neuaufbau werden diese Streben verstärkt, und der neue Stimmstock dementsprechend angepasst mit den Bohrungen. Sieht man hier beim Kapitel "Schweißen des Gußrahmens".

Die Modelle davor, also mit römischen Ziffern, sind dagegen deutlich seltener davon betroffen.

Klavierhalle macht das übrigens wie viele andere Läden. In Polen renovieren, dann etwas nacharbeiten, und fertig ist die Generalüberholung. Und ja, ich bin mit meiner polnischen Überholung sehr zufrieden. Es gibt aber auch lieblos erledigte Arbeiten, hab ich auch schon gesehen,u.a. käseweiße und stark gebleichte Resonanzböden, etc.pp. Das hat man aber in Deutschland auch. Gute und schlechte Handwerker gibts eben auf der Welt überall.

Gestern hab ich meinen B wieder gestimmt. Ein wirklich toller Flügel. Er steht in einem Kulturprojekt in Berlin Weißensee für Konzerte, und am 24.11. spiele ich dort wieder.
 

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Auch das wäre mir egal, zumindest bei Bechsteins typischen Haarissen. Hab mal zwei drangehängt von meinem Bechstein B. Mein Blüthi 230 wurde bei der Überholung in Polen geschweißt. Ich hatte beim Kauf im Eifer des Gefechts tatsächlich einen Riß im Gußrahmen übersehen ! Passiert mir eigentlich nicht, aber er ist so wundervoll geworden, der Halbkonzerter BJ 1893. Die Polen schweißen noch, in Deutschland unterlässt man es, um sich keine zusätzliche Konkurrenz zu machen. Meinen Bechstein B kaufte ich Mai 2023 für gerade mal 950 Euro, eben wegen Gußrahmenrissen. Der Verkäufer meinte, es wären drei Polen daran interessiert, die ihn gleich nach Hause karren wollten. Als freischaffender Künstler bekam ich den Zuschlag. Die Serie mit den Buchstaben, also A, B, C, und E neigen aus dieser Zeit zu feinen Haarrissen an den Streben. Das ist allerdings der mangelhaften Konstruktion geschuldet. Schätzungsweise jeder dritte Bechstein aus der Zeit hat diesen Mangel, aber die Stabilität ist gegeben. Bei einem Neuaufbau werden diese Streben verstärkt, und der neue Stimmstock dementsprechend angepasst mit den Bohrungen. Sieht man hier beim Kapitel "Schweißen des Gußrahmens".

Die Modelle davor, also mit römischen Ziffern, sind dagegen deutlich seltener davon betroffen.

Klavierhalle macht das übrigens wie viele andere Läden. In Polen renovieren, dann etwas nacharbeiten, und fertig ist die Generalüberholung. Und ja, ich bin mit meiner polnischen Überholung sehr zufrieden. Es gibt aber auch lieblos erledigte Arbeiten, hab ich auch schon gesehen,u.a. käseweiße und stark gebleichte Resonanzböden, etc.pp. Das hat man aber in Deutschland auch. Gute und schlechte Handwerker gibts eben auf der Welt überall.

Gestern hab ich meinen B wieder gestimmt. Ein wirklich toller Flügel. Er steht in einem Kulturprojekt in Berlin Weißensee für Konzerte, und am 24.11. spiele ich dort wieder.

Schweißen ist Unsinn, das mach den Riß vielleicht unsichtbar, aber mehr auch nicht.

Genau so gut kann man den Riß auch zuspachteln.

Problem bei diesen Bechstein ist, "das Wandern des Stimmstockes".

Hier muß die Platte mittels Gußstützen zwischen Stimmstock und Raste entlastet werden.
 
Wie meinen?

Man könnte darüber verhandeln, ob man nach dem Schweißen noch "spannungsarm Glühen" muss. Aber wieso soll eine Schweißnaht nichts zur Stabilität beitragen?

Wir haben es hier mit Grauguß zu tun, nicht mit Stahl.

Entsprechender Grauguß hat eine Zugkraft bis zu 20 t auszuhalten.

Nehm doch mal ein Stück Grauguß, und lasse es durchglühen - anschließend kannst es biegen.
 
Wir haben es hier mit Grauguß zu tun, nicht mit Stahl.

Entsprechender Grauguß hat eine Zugkraft bis zu 20 t auszuhalten.

Nehm doch mal ein Stück Grauguß, und lasse es durchglühen - anschließend kannst es biegen.
Genau! Labor Terrasse: Häng neben dein legendäres Hainbuchenstück mit Stimmnägeln noch ein Eckchen am Holzkohlegrill durchgeglühten Grauguss. Mal sehen, was geschieht ... Und am besten noch verschiedene Lackproben in Regen und Sonnenschein ... Und mit einer umsponnenen Bass-Saite irgendwas kurzschließen ... 220 V oder mehr ...
 
Wir haben es hier mit Grauguß zu tun, nicht mit Stahl.
Ich sehe, hier schreibt einer, der vom Guss voll die Ahnung hat! :003:

Ich gebe dir insofern Recht, als dass es deutlich schwieriger ist, Gusseisen als Stahl(guss) zu schweißen. Wenn man es die handwerklichen Fähigkeiten und das passende Material wie Gerät dazu hat sowie die Schweißstelle entsprechend vorbereitet wird, dann klappt das durchaus. Es gibt eine ganze Menge an Fehlern die man dabei machen kann und es ist tatsächlich fraglich, ob jene Werkstätten, die Klaviere reparieren, dazu in der Lage sind.


Richtig gemacht, funktioniert das. Schlampig gemacht kann die Reparatur erfolgreich sein, muss aber nicht von Dauer sein. Mit "einfach drüberbrutzeln" ist es nicht getan.

Entsprechender Grauguß hat eine Zugkraft bis zu 20 t auszuhalten.

Das beeindruckend-klangvolle Gerede mit den 20 Tonnen kann man auch beiseite legen, weite Bereiche des Rahmens sind auf den unproblematischeren Druck belastet, sonst wäre klassischer Grauguss mit dem schwingungsdämpfenden, aber festigkeitsmindernden Lamellengraphit an sich schon eher ungeeignet. Ohne einer Spannungsanalyse (zB durch Finite-Elemente-Berechnung) weiß niemand genau, welche Spannungen im Rahmen an welchen Stellen vorliegen.

20 Tonnen Druckbelastung sind bei den Querschnitten eines Rahmens keine grenzwertige Geschichte. Bei einer Zugfestigkeit von 300 N/mm2 kann jeder Quadratzentimeter Querschnitt 3 Tonnen tragen.

Nehm doch mal ein Stück Grauguß, und lasse es durchglühen - anschließend kannst es biegen.
Du hast das schon gemacht? Und das hat funktioniert? Gratuliere, das gelingt nicht jedem! Wenn, dann hast du erfolgreich einen Temperguss daraus gemacht, dabei wird der Lamellengraphit in kugeligeren Graphit umgewandelt, das Material verliert viel von seiner Sprödigkeit.

Das ist jedoch kein "Spannungsarmglühen", da wird nicht so hoch erhitzt.
 
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Ich sehe, hier schreibt einer, der vom Guss voll die Ahnung hat!
Diese Diskussion zieht sich schon seit mehr als 10 Jahren durch das Forum. Es fehlt bei einem Einzelnen sowohl an Akzeptanz, dass es grundsätzlich möglich ist, Guss zu belastbar zu schweißen, als auch an Akzeptanz, dass es wenige polnische Klavierbauer gibt, die in der Lage sind, solche Arbeiten wirtschaftlich sinnvoll zu verrichten bzw. jemanden kennen und beauftragen, der in der Lage ist, solche Arbeiten wirtschaftlich sinnvoll zu verrichten.
Zudem wird auf der oben verlinkten Seite noch beschrieben, dass es alleine beim Schweißen der Risse nicht bleibt, sondern noch Verstärkungen mit eingeschweißt werden.
 

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