Das folgende Zitat aus einem Vortrag von J. Eckhardt hilft vielleicht, die pessimistische Grundstimmung in dieser Frage zu entdramatisieren. Es stammt zwar aus dem Jahr 2003, ist aber meiner Meinung nach im wesentlichen unverändert aktuell.
Den ganzen Vortrag, der das Thema aus der Perspektive der Hörfunkproduktion analysiert, kann man einsehen unter:
http://www.rundfunk-institut.uni-koeln.de/sites/rundfunk/Arbeitspapiere/166_03.pdf . Er berücksichtigt auch gesellschaftlich relevante Bereiche der Musikerziehung.
''Zunächst möchte ich aber mit einer Mär aufräumen, die heutzutage in den Diskussionen über die Zukunft der klassischen Musik herumspukt, indem die Tonträgerbranche in den letzten Jahren in eine massive Absatzkrise gerutscht ist, wird gerne postuliert, dass das Interesse in der Bevölkerung nachlässt. Dies wird gerne auch mit der Frage einer Mediensozialisation in Verbindung gebracht, die jüngere Menschen in einem Überfluss an unterhaltenden Musikangeboten aufwachsen lässt, und deren Blick auf die Werte der klassischen Muikliteratur verschließen soll. Ich meine, dass diese These durch die bruchstückhaften Befunde der Musik- und Medienforschung in keiner Weise belegbar ist. Es sprechen auch einige bekannte Fakten dagegen.
(...) Das Problem liegt also nicht in der Veränderung der Struktur der Musikpräferenzen, sondern anderswo: Die Magazine der Kunden sind mit CD's gefüllt, die Piraterie an Tonprodukten hat sprunghaft zugenommen, und bei den neuesten Verkaufszahlen - die mir nicht vorliegen - spielt sicherlich auch noch die kaufkraftbedingte Konsumzurückhaltung eine Rolle. (...) 2001 hatten die Käufer von Tonträgern klassischer Musik im vorangegangenen Geschäftsjahr folgende Altersstruktur: 10-29jährige 7,1 Prozent, 30-49Jährige 34,1 Prozent und Käufer im Alter von über 50 Jahren und darüber 59,9 Prozent.
(...) Die Zielgruppe der klassischen Musikhörer ist in ihrer großen Mehrheit anderen Musikrichtungen gegenüber aufgeschlossen. Sie ist infolge Ihrer überdurchschnittlichen Bildung die am ehesten offene Zielgruppe für Musik überhaupt.
(...) Präferenzuntersuchungen zeigen, dass die Grenzlinien häufig nicht den Linien von Musikrichtungen, Gattungen oder Epochen entlang verlaufen, sondern sich eher an immanenten Eigenschaften der Musik orientieren. So erzielen z.B. Musikstücke mit einfacher melodischer und rhythmischer Struktur und heiterer Anmutung quer durch alle musikgeschichtlichen oder richtungsspezifischen Kategorien höhere Präferenzwerte als Musikstücke mit komplexer Struktur und melancholischer bis tragischer Anmutung.''