Vor mir sehe ich den typischen erwachsenen Klaviereinsteiger: überambitioniert, möchte Literatur für professionelle Pianisten spielen und Üben nach der Devise: viel hilft viel.
Ich denke diese Einschätzung is durchaus korrekt. Ich würde allerdings ein paar Einschränkungen vornehmen. Wisst ihr, manchmal spiele ich einfach nur ein paar Harmonien und freue mich wie ein kleines Kind. Ich möchte diese Literatur gerne spielen, aber ich muss nicht, um Spaß an der Musik zu haben. Es ist auch richtig dass ich denke, dass viel (richtiges) Üben mehr bringt als wenig. Allerdings setze ich mich niemals an den Flügel und denke "oh man, schon wieder dies and das". Das Gefühl eine Taste zu Drücken und wie das Instrument reagiert, alles vibriert und ist erfüllt von dem Ton. Das hört sich wahrscheinlich total bescheuert an aber ich genieße das. Wenn ich also viel Übe, dann auch weil es Spaß macht :).
Ja, dir besteht noch etwas bevor, das was sich Ernüchterung nennt.
Du hast gerade angefangen, machst wie jeder Anfänger rapide Fortschritte siehst dich jetzt im Eiltempo auf dem Weg zu Mondschein 3. Satz und Campanella.
Ich wollte nicht ausdrücken, dass ich mich im Eiltempo auf den Weg dahin sehe. Ich glaube einen Weg eingeschlagen zu haben, der vielleicht da hinführen kann. Aber ich habe ja auch geschrieben, dass ich es für wahrscheinlich halte, dass das nichts wird. Ernüchterung ist erstmal eine gute Sache, man kann seine Energie dahin lenken, wo sie Sinn ergibt. Ich gehe nicht mit riesigen Erwartungen da dran. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt :).
Demnächst läufst du dann erstmal gegen eine Wand: Du hast die ersten 20 % rasch geschafft und nun folgen 60 %, die du dir über viele, viele Jahre mühsam erkämpfen mußt, mit Fortschritten im Schneckentempo. Und dann hast du nur 80 % dessen, was du brauchst um derartig schwere Literatur zu spielen. An den restlichen 20 % feilst du dann dein restliches Leben lang.
Na wenn die restlichen 80% so viel Spaß machen wie die erste 20%, kann es ja fast nicht lange genug dauern ;).
@JanS
Ist ja toll, wenn Du so ehrgeizig bist. Aber Du solltest Dir realistische Ziele setzen. Denn wenn Du Dir derart hochgesteckte Ziele setzt, diese unbedingt erreichen willst, und es dann nicht schaffst, erzeugt das nur immense Frustration. Und dann hörst du vielleicht auf, weil Du die Ziele nicht erreichen kannst.
Hohe Ziele zu Stecken, welche ich mit hoher Wahrscheinlichkeit nie erreichen kann, liegt in meiner Natur. Ich bin mir darüber (meistens
) im klaren. Aber es sorgt auch dafür, dass ich das ein oder andere mal etwas außergewöhnliches erreicht habe. Deshalb setze ich mir niemals Ziele welche ich erreichen "muss", aber eben Ziele, die mich (über)fordern.
@JanS
Und auch wenn Du gewisse Nocturnes/Preludes von Chopin und "dies und das" spielen wirst, ist z. B. der 3. Satz der Mondscheinsonate etwas sehr ambitioniert. Da ist es eigentlich an der KL, Dich nicht zu entmutigen, aber dich auf den Boden der Tatsachen zu bringen.
Meine KL hat mich nie zu dem 3. Satz der Mondscheinsonate ermutigt. Wie in meinem Post erwähnt, sagt sie mir auch sehr direkt, was eben (noch? ;) ) nicht geht. Auf den Boden der Tatsachen bringt sie mich regelmäßig, wenn sie mir zeigt, was ich selbst bei vermeintlich einfachen Teilen noch besser machen kann und wie das klingt, wenn man wirklich Musik statt Geräuschen macht.
Was würdest du denn einem Schüler sagen, wenn er erwähnt, dass er irgendwann einmal den 3. Satz Mondscheinsonate spielen möchte? "Sorry, aber das wird zu 99% leider nie was werden, finde dich damit ab." ?
@JanS
Aber es kommt natürlich auch auf den Anspruch an sich selber an. Wenn es dir reicht, gewisse Stücke "runterzugurken", damit du sagen kannst, du "spielst" sie, ist das auch okay. Ich als KL würde das nicht unbedingt unterstützen.
Das ist wie mit Schauspielerei, zum Beispiel. Nur weil man Shakespeare rezitieren kann, ist man nicht unbedingt ein Schauspieler.
Das meine ich nicht beleidigend, sondern kritisch.
LG Antje
Keine Sorge, ich verstehe was du sagen möchtest. Hier sind wir absolut auf einer Linie. Jeder muss selbst wissen, womit er zufrieden ist. So lange man nur für sich selbst spielt, kann es einem doch auch egal sein, was andere von dem gespielten halten. Ich hoffe aber ich habe hier nicht den Eindruck erweckt, Stücke einfach nur "runtergurken" zu wollen. Und ich befürchte meine Lehrerin ist da etwas wie du, wie ich gestern wieder feststellen dufte
.
Ich sehe auf jeden Fall, was ihr mir sagen wollt und es ist lieb, dass ihr euch Sorgen macht. Wäre doch schade, wenn ich irgendwann aus Frust das Handtuch werfe?
Mein Pan ist, ich habe weiterhin einen riesen Spaß und schaue, wo ich raus komme
.
Viele Grüße,
Jan