Mein Vorschlag: Wir erstellen einmal eine Liste mit den spezifischen Vor- und Nachteilen von akustischen und elektronischen Klavieren. Auf die können wir dann immer wieder verlinken, damit jeder selbst entscheiden kann. Und wir müssen dann nicht bei jeder Frage zu einem Digi erneut diskutieren, ob ein akustisches Instrument nicht viel besser wäre.
Die Idee einer Liste gefaellt mir - ich bin seit ein paar Wochen auf der Suche nach einem neuen Klavier und habe viele Zweifel und Fragen. Ich habe das Forum schon von hinten bis vorne durchackert, manchmal habe ich Antworten gefunden, manchmal wurden meine Zweifel bestaetigt. Da gibt's x Beitraege, das war ganz schoen Arbeit, warum nicht alles mal schoen zusammenfassen? Und so fingen meine Ueberlegungen an, wie eine solche Liste aussehen koennte: Welche Gliederung? Einfach Punkt 1, Punkt 2, Punkt 3? Oder ist ein Flussdiagramm besser? Oder eine Liste mit einer Punktzahl fuer die jeweilige Wertigkeit, die Summe ergibt die Antwort (ist mehr oder weniger ernst gemeint, klingt aber irgendwie laecherlich).
Kurz zu mir: Ich bin Ue60, habe vor ein paar Jahren die Liebe zur klassischen Musik entdeckt. Und dann kam vor 2 Jahren der Wunsch, Klavierspielen zu lernen, ich hatte ja als 13jaehrige ein Jahr Klavierunterricht. Um einfach mal ein Thema einer Sinfonie nachspielen und somit besser verstehen zu koennen. Ja, ich weiss (jetzt), das war unbedarft ...
I.S. Klavier hatte ich sofort und ausschliesslich an ein Digitalpiano gedacht, x Artikel gelesen (Clavio kannte ich damals noch nicht), mich fuer das Yamaha Arius S52 entschieden, bin in ein Geschaeft gegangen, habe darauf eine Tonleiter geklimpert, ja, klingt nach Klavier, es gekauft und am naechsten Tag stand es in meiner Wohnung.
Ich war die ersten 6 Monate autodidaktisch unterwegs, seitdem woechentlicher Unterricht mit KL. Und seit dem ersten Tag bereitet mir das Ueben und (relative) Gelingen eine Riesenfreude!
Dann kam vor kurzem der Punkt, wo ich mehr wollte: mehr Klang, ein besseres Spielgefuehl, die Suche begann. Ich stehe auch kurz vor der Kaufentscheidung, es wird wohl ein Yamaha AvantGrand NU1X werden. Die Liste meiner Ueberlegungen ist:
1. Akustisch oder digital?
Die Antwort ist: Akustisch! Oder sagen wir mal besser "analog": Das Materielle, das Wirkliche. Der Hammer, der die Saiten anschlaegt, deren Schwingungen ich in meinen Fingerspitzen fuehle.
Aber ich muss mich mit Einschraenkungen abfinden, das tue ich bei anderen Dingen ja auch: Ich hoere viel Musik aus der Konserve. Im Konzertsaal ist das Hoeren ein ganz anderes Erlebnis. Aber kann ich jeden Tag in ein Konzert gehen? Nein, geht nicht, nicht einmal in den Prae-Corona-Zeiten. Und was ist mit den HomeOffice-Videokonferenzen? Ich ziehe den persoenlichen Kontakt vor, geht halt aber z.Z. nicht. Gut, dass es heute auch eine digitale Welt gibt. Das ist besser als eine fehlende analoge Welt.
2. Finanzielle Gegebenheiten
Wieviel kann ich fuer ein Klavier ausgeben? Einen drei-, vier, fuenf- oder sechsstelligen Betrag?
Keine Ahnung, aber ich koennte mir schon vorstellen, dass ein 50-kEUR-Fluegel besser als ein 5-kEUR-Klavier ist. Da muss man evtl. schon mal Abstriche machen.
3. Raeumliche Gegebenheiten
Angenommen, ich will ein Top-Tasteninstrument und habe das noetige Geld. Aber habe ich auch den geeigneten Platz fuer eben diesen einen Fluegel? Wenn nicht, wird es halt bloss ein Klavier werden. Und schon wieder muss ich eine Einschraenkung in Kauf nehmen und mit ihr leben.
Ja, und dann das Problem mit der Luftfeuchtigkeit: Ich lebe in Italien in Meeresnaehe. Und im Hochsommer komme ich in der Wohnung ueber Tage (in schlimmen Sommern auch Wochen) hinweg schon mal auf 75..80%. Und keine Klimaanlage, nur gute Ventilatoren - aber die sind dem Klavier wohl egal ...
4. Mitmenschen
Ich lebe in einer Wohnung. Ich moechte mich ans Klavier setzen, wann immer ich will, kann und darf.
Kann ich meine Umwelt taeglich stundenlang mit meinen Uebungs(miss)klaengen konfrontieren? Oder laufend den Ehemann sagen hoeren: Das ist zu laut, das stoert die Nachbarn.
Mit einem digitalen Klavier habe ich absolute Uebe-Freiheit.
Mit einem akustischen Klavier habe ich in den erlaubten Zeiten ein Klangerlebnis. Sowohl beim einzigen Klang waehrend des Uebens als auch beim Durchspielen. Das fluessige Durchspielen dauert 2 Minuten, die dafuer erforderlichen Uebungen jedoch 2000 Minuten - kann ich das meinen Mitmenschen inner- und ausserhalb der Wohnung zumuten? Nee, eher nicht.
5. Akustisch mit Silent-Funktion
Das waere eine Alternative. Aber wenn es auf stumm geschaltet ist, dann ist die Tonerzeugung ja digital. Und ausserdem hoert man immer den Aufprall des Hammers an der Stoppleiste. Ok, ich nicht, im Kopfhoerer hoere ich nur die digital erzeugten Toene. Aber meine Mitmenschen hoeren dieses Klopfen. Und wenn ich schon ein Digitalerzeugnis hoere, dann kann ich gleich ein digitales Klavier nehmen. Ich muss damit aber auch auf mein 2-Minuten-Durchspiel-Klangerlebnis verzichten*. Ist schon schade, aber damit kann ich mich abfinden.
*) Rein theoretisch koennte ich dieses Erlebnis einmal die Woche in der Musikschule am Fluegel oder am Klavier haben. Praktisch funktioniert's jedoch wegen des Aufgeregtseins meist nicht.
Es ist eine mehr oder weniger ungegliederte Aufstellung geworden. Mit Vor- und Nachteilen ja, die koennte man jetzt auch schoen in eine Tabelle eingeben und diese je nach Bedarf ordnen. Mir ist beim Schreiben aber bewusst geworden, dass es bei diesem Thema auch um Gefuehl und Kompromissbereitschaft geht. Bloss, wie kann man diese in eine Liste einarbeiten?