Wie vom Blatt spielen üben?

Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.
No offense, das können die allerwenigsten, ich erst recht nicht. Gustav Mahler konnte eine ganze Orchesterpartitur lesen ohne sie gehört zu haben. Die Orchesterpartitur ist der Endgegner sozusagen.
Wenn du während des Spiels nicht weißt, was da als nächstes kommt, besteht die große Gefahr, dass du schnell raus bist.

Wie gesagt, Notenlesen heißt zu wissen was da steht ohne es spielen zu müssen.
Etwa doch?
 
Gefährlich die Theorien (und Menschen), die vom Idealzustand als dem Normalfall ausgehen.
Gefährlich? Wer ein Instrument wirklich lernen will muss aus seiner Komfortzone raus. So gut „singen“ wie es hier nötig ist, kann wirklich jeder, oder hat nicht verstanden was ich geschrieben habe. Und wer halt nicht so „singen“ kann oder möchte muss halt die gesamte bekannte Klavierliteratur durchspielen.
Oder er lässt es halt. Was ist daran so gefährlich?
Es gibt doch auch andere schöne Hobbys, Sudoku, Lesen, Spazierengehen oder so etwas. Da braucht man dann auch keine Angst haben, dass jemand einem zuhört.
 
Und selbst wenn er einige der Übungen als Blattspielaufgabe gedacht hatte, wären es sehr schlechte.

Du spielst die ersten zwei Figuren, und weißt, wie der Hase für die restliche Übung zu laufen hat.
Noch ein kurzer Blick auf den "Wendepunkt" (höchster Ton), und fertig ist die Laube.

90% der Noten in diesem Buch hätte Hanon sich sparen können (eigentlich das ganze Buch).
 
Du spielst die ersten zwei Figuren, und weißt, wie der Hase für die restliche Übung zu laufen hat.
Noch ein kurzer Blick auf den "Wendepunkt" (höchster Ton), und fertig ist die Laube.
Da gehst du jetzt aber vom Idealzustand aus. Ganz schön gefährliche Theorie. 😜
Was wird @Cheval blanc da sagen und was hat das mit dem Thema zu tun?
 
Es gibt doch auch andere schöne Hobbys, Sudoku, Lesen, Spazierengehen oder so etwas. Da braucht man dann auch keine Angst haben, dass jemand einem zuhört.
Dieser Satz erinnerte mich hart an eine Anekdote aus meines Vaters Ingenieursstudiengang.

Nach Rückgabe einer nicht so gut ausgefallenen Klausur blickte der Lehrer verträumt nach draußen (auf's benachbarte Freibad) und sprach die Worte:
"Bademeister ist ja auch ein ganz schöner Beruf".

Ich habe nebenbei genau deine Methode genutzt ... und ich kann bis heute nicht vom Blatt spielen, obwohl ich singe, Klangvorstellung besitze und durchaus auch eine Orchesterpartitur lesen (und im Geist hören) kann, ohne das Stück je gehört zu haben.
Ich habe mich dadurch beim Singen verbessert und auch das Notenlesen wurde immer besser. Sogar die Klangvorstellung hat profitiert ... nur auf das "vom Blatt spielen können" warte ich bis heute vergeblich ... seit mittlerweile 30 Jahren, denn "Prima Vista" klappt auch bei sehr simplen und kurzen Stücken nicht.

Liegt wahrscheinlich aber nur daran, weil nie ein Klavierlehrer an mir Geld verdient hat.
Hanon ist mMn deswegen fürs Blattspiel ungeeignet, weil man das Blatt im Grunde nach zwei "Formen" für den Rest der Übung nicht mehr braucht.
Bei mir triggert Hanon immer das "Ach so" ... und danach würdige ich das Blatt keines Blickes mehr.

Aber Du hast Recht ... ICH brauche das Blatt bei diesen Übungen so schnell nicht mehr ... aber ich stelle auch immer wieder fest, dass mein Musikgedächtnis wohl nicht auf andere übertragbar ist.
Für mich ist das Segen und Fluch gleichermaßen ... womit soll man das Blattspiel üben, wenn man sich die Noten schon nach dem ersten Durchgang gemerkt hat und sie beim zweiten (auch Wochen später) dann nicht mehr braucht oder nur noch als Bestätigung dafür, dass man sich das richtig gemerkt hat?
Der erste Durchgang ist bei mir noch immer quälend langsam ... und beim zweiten ertappe ich mich dabei, dass ich das Notenblatt keines Blickes würdige.
 
Es wurde nach einer effektiven Methode gefragt.
Und Du reitest das Henne-Ei-Problem.
Natürlich ist es effektiv, am Anfang zum Üben unbekannte oer auch bekannte Sachen auf niedrigem Niveau vom Blatt zu spielen. Das, was Du vorschlägst (klangliche Vorstellung, (mentales)Vorsingen...) ist nicht Voraussetzung, sondern Ergebnis von (unter anderem*) anfänglichen Blattspielübung. Dieses Ergebnis ist dann natürlich wieder Voraussetzung für effizientes Üben vom Blattspiel auf steigendem Niveau.

* gibt natürlich noch andere Methoden, um anfängliche Klangvorstellung aus dem Notentext auszubilden. Singen funktioniert da jedoch wegen der fehlenden Kontrolle eher nicht
 

Oder er lässt es halt. Was ist daran so gefährlich?
Es gibt doch auch andere schöne Hobbys, Sudoku, Lesen, Spazierengehen oder so etwas. Da braucht man dann auch keine Angst haben, dass jemand einem zuhört.
Heilige Arroganz! Ich wünsche Dir, daß Du nie im Leben mit Menschen zu tun hast, die sich trotz Blockaden eben dieser Sache widmen möchten und halt früher an die Grenzen ihrer Komfortzone kommen. Ich hoffe es für Dich und auch für die Menschen, mit denen Du zu tun hast. Aber hier im Forum gibt es genau von denen zahlreiche …
 
@Alex_S.
Au wei, mir geht der Hut hoch. Genau das hat ca 55 Jahre meines Lebens bestimmt: Das Kind kann nicht singen, also ist es total unmusikalisch. Das hatte (und hat noch) verheerende Folgen.
Und nun stellt sich raus, daß ich nicht nur nicht unmusikalisch bin, sonder recht gut beim prima vista bin. Ganz ohne zu Singen.
Aber die Steine, die am Klavier durch dieses Vorurteil im Weg liegen, sind verdammt große Brocken.

Zum Thema:
Die erste Klavierlehrerin von @Debösi hat mir beim Wiedereinstieg empfohlen:
Wilhelm Keilmann "Ich spiele vom Blatt" (2 Bände) Ed Peters
 
@Alex_S. Meine Güte, wo hast Du denn diese Arroganz gekauft??? Das muss wohl eine Sonderanfertigung aus Amerika sein, da ist nämlich alles XXL.

Wenn Du glaubst, dass Du Recht hast - und es scheint mir, als gäbe es für Dich nur (diese) eine Methode, um Prima vista zu lernen - wieviele Pianisten (egal welches Niveau) hast Du mit dieser Methode zu einem besseren Vomblattspiel verholfen? Wieviele kennst Du, die es damit geschafft haben, ihr Vomblattspiel auf ein superhohes Niveau zu bringen?


An alle anderen, die einen etwas breiteren Horizont anstreben:

Ich bin Pianist, unterrichte seit 16 Jahren an Musikhochschulen, bin in meiner Arbeit tagtäglich mit Vomblattspiel konfrontiert - und ich kenne niemanden, der das gut unterrichten kann. Nicht etwa weil die Kompetenz fehlte, sondern weil es in der Natur der Sache liegt: jeder Musiker/Mensch lernt anders.

Vereinfacht kann man nämlich sagen, dass es beim Primavistaspiel darum geht, Strukturen (Tonart, Harmonie, Rhythmus, Akkordstrukturen, Tonleiterstrukturen und entsprechend passende Fingersätze etc.) und Strukturänderungen "so schnell wie möglich" zu erkennen und diese "so schnell wie möglich" auf der Klaviatur wiederzugeben - ohne das Tempo des Stückes zu verlangsamen sobald etwas Komplexes im Weg steht.
Je schneller man dies umsetzen kann, desto besser ist das Vomblattspiel.

Nach Übungen genau dazu hat der Threadersteller gefragt. Nicht mehr und nicht weniger.
Da scheint mir persönlich die genannte Methode, einen Ton zuerst zu singen und dann zu spielen, nicht zielführend.

Ich würde mein Vomblattspiel als auf einem relativ hohen Niveau bezeichnen, mit dem ich Lieder auf dem Niveau einer Winterreise ad hoc ohne Probe in einem Konzert begleiten kann. Zwar nicht perfekt, aber doch sehr brauchbar und durchaus mit musikalischem Empfindungsvermögen.

Ich kenne natürlich auch Kollegen, die das noch weitaus besser als ich beherrschen. Ich kenne aber niemanden, der es schlecht konnte und eine Methode gefunden hat, um ein superhohes Niveau zu erreichen. Ich glaube, dass jedem bestimmte Grenzen gesetzt sind.

Wovon ich aber überzeugt bin, ist, dass jeder sein eigenes Niveau anheben kann, in dem er/sie einfach so viel wie möglich vom Blatt spielt. So oft es geht. Das wurde ja schon mehrfach erwähnt, was ich nur bekräftigen kann.

Ich glaube nicht, dass man anders "schnell" Strukturen erkennt und wiedergeben kann, wenn man eine "langsame" Methode wählt, bei der man viel Zeit hat, den Ton zuerst zu singen und dann zu spielen. Dass diese Methode einen Sinn hat, ist unbestritten. Für den Zweck Prima vista allerdings sehr fragwürdig.
Auch für die Fähigkeit, Werke mit dem inneren Ohr zu hören, halte ich diese Methode zumindest für fragwürdig. Denn auch bei dieser Fähigkeit geht es um eine gewisse Schnelligkeit, Strukturen zu erkennen, ohne dass das Tempo des inneren Gehörs stockt.

Ich habe Vomblattspiel immer ein wenig mit sportlichem Ehrgeiz betrachtet. Und ich empfinde es auch als Sport - wie gesagt geht es um Schnelligkeit bei der Erkennung und Wiedergabe von Strukturen und deren Änderungen.
Mein Vomblattspiel war vor dem Studium längst nicht so gut wie es heute ist (und Luft nach oben ist immer noch viel da) aber ich konnte mein Niveau alleine dadurch anheben, dass ich beruflich immer gezwungen war, viel vom Blatt zu spielen.

Insofern wäre meine Empfehlung an den Threadersteller und alle Interessierte:
Jeder natürlich in seinem eigenem Tempo, aber so oft es geht an den Rand der eigenen Grenzen gehen, was das Tempo des Stückes angeht.
Da kann das Begleiten von Gesangspartnern oder von Chören sehr hilfreich sein. Da ist man nämlich gezwungen, ein Tempo zu halten. Ich glaube, dass darin der Weg liegt, dass jeder seine eigene Methode zur Erkennung von Strukturen findet und ausweitet.

Viel Glück und Mut 🍀
 
@Alex_S.
Au wei, mir geht der Hut hoch. Genau das hat ca 55 Jahre meines Lebens bestimmt: Das Kind kann nicht singen, also ist es total unmusikalisch. Das hatte (und hat noch) verheerende Folgen.
Und nun stellt sich raus, daß ich nicht nur nicht unmusikalisch bin, sonder recht gut beim prima vista bin. Ganz ohne zu Singen.
Aber die Steine, die am Klavier durch dieses Vorurteil im Weg liegen, sind verdammt große Brocken.

Zum Thema:
Die erste Klavierlehrerin von @Debösi hat mir beim Wiedereinstieg empfohlen:
Wilhelm Keilmann "Ich spiele vom Blatt" (2 Bände) Ed Peters
Hallo @méchant village , sind diese Bänder empfehlenswert? Haben sie Dich weiter gebracht? Keilmann hat sich didaktisch offensichtlich ausgiebig mit der Thematik beschäftigt und ich würde mir die 2 Bände anschauen, wenn sie empfehlenswert sind. Freue mich über eine kurze Rückmeldung - vielen Dank!
 
dass man vorher weiß, was man spielt und nicht die Tasten drückt und dann überrascht ist, was da für ein Ton rauskommt.
Klar und du hast die Weisheit mit Löffeln gefressenen, dich als Kind vors Klavier gesetzt und die Töne in der Aura gespürt. Das stupide übersetzen von Punkten zu Tasten ist dem höher Begabten natürlich in die Wiege gelegt. Versuch und Irrtum nicht nötig was?

Die restlichen weniger begabten müssen halt mal bissl rumprobieren bis sie das eine mit dem andern verknüpfen.

Sei froh dass du so gesegnet bist und hab Nachsicht mit denen, die mal drücken und hören müssen, bevor sie wissen. Muss ja auch Normalos geben.

Ich drücke gerne und lausche und staune bei dem was ich höre. Mir macht das Spaß. Ich will Musik entdecken und nicht „wissen“.
 
Alex S. hat doch schon öfters bewiesen, „wie viel“ er von der Materie versteht. Diskussionen mit dem sind verlorene Liebesmüh.
 
Status
Es sind keine weiteren Antworten möglich.

Zurück
Top Bottom