Ich weiß, dass ich ein weit überdurchschnittlicher Blattspieler bin; ich komme beispielsweise beim Begleiten von Vorsingen oder Probespielen auch unfallfrei durch Klavierauszüge von Strauss, Berg oder Ähnlichem.
Ich kann leider nicht genau sagen, woher das kommt. Es ist sicher eine Mischung aus einer auch in Streß-Situationen gelösten Spieltechnik, Literaturkenntnis, Erfahrung, einem geschulten Gehör, guten Tonsatz- und Stilkenntnissen und möglicherweise auch einer speziellen Begabung.
Konkrete Tipps für andere fallen mir deshalb schwer, aber das A und O ist eine sehr gute rhythmische Schulung. Man darf - zumindest wenn man vom Blatt begleiten bzw. Kammermusik spielen will - den Puls der Musik niemals verlieren. Wenn 50% der Töne falsch sind (bzw. gut improvisiert - was wieder Tonsatz- und Stilkenntnisse erfordert), ist das noch kein Problem. Wenn 5% des Rhythmus' nicht stimmen, ist es eine nicht mehr hinnehmbare Katastrophe, die eine Korrepetitoren-Karriere abrupt beenden kann.
Von daher sind die Tipps von
@Alex_S. vielleicht nicht sinnlos - sie schulen ja das Gehör, wenn das noch unterentwickelt ist - aber konkret für's Blattspiel ungefähr so nützlich wie die Empfehlung, Tonleitern zu üben.
Der wichtigste Faktor ist sicher die Erfahrung mit möglichst viel Literatur. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend regalmeterweise Noten (zunächst, Klaviersachen, dann auch Kammermusik, Klavierauszüge, später Orchesterpartituren) durchgespielt und habe deshalb die starke Vermutung: Viel hilft viel!
Was
@Alter Tastendrücker in
https://www.clavio.de/threads/wie-vom-blatt-spielen-ueben.31149/post-879104 geschrieben hat, deckt sich deshalb mit meiner Erfahrung und das würde ich auch empfehlen. Ob 15 Minuten täglich allerdings ausreichen, um nennenswerte Fortschritte zu machen, weiß ich nicht. Ich habe das früher stundenlang betrieben und ganze Opern durchgespielt und dazu die Gesangsstimmen teilweise hineingebrüllt.
(Was die Schwierigkeit allerdings gehörig steigert.) Spaß hat's auf jeden Fall gemacht.