Wie sag ich´s meinem Klavierlehrer?

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Wally

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Liebe Clavionisten,

ich möchte gerne wieder ernsthaft das ein oder andere Stücklein üben und können. Deshalb bin ich auf der Suche nach einem Klavierlehrer und habe am Donnerstag eine Probestunde.
Meine Intention ist: Einfache Stücke lernen, schön spielen können und meinen Elefanten adäquat bespielen. Ich bin generell ein Faultier und wenn ich mit einem Stück nicht weiter komme, gebe ich mehr oder weniger schnell auf. Durch meinen Mann (der hauptberuflich Geiger ist), habe ich vor einigen Jahren begonnen Stücke zu üben, die für Geige + Klavier oder Geige + Orchester (in der Klavierfassung) geschrieben sind. Diese Stücke sind meist entweder relativ "unschön" beim Üben oder zu schwer für mich. Durch eines hab ich mich zwei Jahre lang durchgebissen, sodass ich es von vorne bis hinten spielen konnte, aber schön wär was anderes gewesen. Nun möchte ich einfache, schöne Stücke lernen und habe keine großen Ambitionen und möchte auch nicht in jedem Takt 4x unterbrochen werden, weil mein kleiner Finger nicht so gebogen ist, wie der Klavierlehrer das möchte. Ich schätze es sehr, wenn Menschen ihre Arbeit gewissenhaft ausüben, für mich steht aber die Freude am Klavierspiel über den technischen oder physikalischen Feinheiten. Mir ist bewusst, dass all das schlussendlich den Klang beeinflusst, für mich ist es aber im Moment zweitrangig.

Wie also bringe ich meinem Klavierlehrer bei, dass ich gern einfach spielen möchte und dabei auf seine guten Tipps nicht verzichten will, ohne mich in Feinheiten zu verlieren und ohne den Klavierlehrer gleich komplett zu demotivieren?
 
Meiner Erfahrung nach gibt es die Pedanten unter den Klavierlehrern und die Generalisten und beide werden von "ihrem" Weg kaum abweichen.
Mach einfach ein paar Probestunden oder besuche Schülervorspiele (so es welche gibt) und dann merkt man das ziemlich schnell.
An unserer Musikschule gibt es z.B zwei russische Klavierlehrerinnen, die unterschiedlich nicht sein könnten. Bei der einen spielen die Schüler nach zwei Jahren meistens immer noch den ersten Band der Russischen Klavierschule, dafür sagenhaft schön. Bei der anderen gibt es nach der gleichen Zeit längere Pop- Stücke, oder "moderne" Klassik und der Zuhörer erkennt, um welches Stück es sich handelt- durchaus solide gespielt, mehr aber auch nicht.
Beide Lehrerinnen haben ihre Fan- Gemeinde.

Großartig mit dem Lehrer rumdiskutieren würde ich nicht.

Viel Erfolg,
Hekse
 
Das klingt nach einem Plan!
Meine erste Klavierlehrerin, zu der wir eine recht familiäre Bindung aufgebaut haben (sie unterrichtete zunächst Mama und Bruder und dann mich, übernachtete während der Arbeitstage in unserer Stadt bei uns und wurde später meine Patentante), war sehr "kindgerecht" und mit jedem Fortschritt zufrieden. Danach hatte ich (schon mit Mitte 20) eine "Kinderklavierlehrerin", die mit mir irgendwie gar nicht zurecht kam und dann 2 "Pedanten". Durchaus liebenswürdige Menschen, die mit Sicherheit den bestmöglichen Klavierunterricht bieten wollten und das auch getan haben. Zwischendurch hatte ich sporadisch Unterricht bei einem befreundeten Pianisten, der mich an der ZHDK zwischen seinen Schülern unterrichtete. Der war erstaunlich "entspannt" und sehr hilfreich beim lernen diese Monsters (das, für das ich 2 Jahre gebraucht habe). So einen hätt ich gern wieder in erreichbarer Nähe.
 
für mich steht aber die Freude am Klavierspiel über den technischen oder physikalischen Feinheiten.
Die Beschäftigung mit den physikalischen Feinheiten führt doch erst zur Freude am eigenen Spiel. Und damit meine ich nicht primär das Eifern nach Virtuosität, sondern die Suche nach körperlichem Wohlbefinden beim Spiel...

lesenswert dazu
Ich würde mir einen Lehrer suchen, der mir das vermitteln kann...
 
Die Beschäftigung mit den physikalischen Feinheiten führt doch erst zur Freude am eigenen Spiel. Und damit meine ich nicht primär das Eifern nach Virtuosität, sondern die Suche nach körperlichem Wohlbefinden beim Spiel...

lesenswert dazu
Ich würde mir einen Lehrer suchen, der mir das vermitteln kann...
Ich verstehe was Du meinst und glaube, mich ungenau ausgedrückt zu haben. Ich fühle mich so, wie ich momentan spiele ganz wohl. Wenn ich jedoch plötzlich so spielen soll, dass ein Weinglas auf meinem Handrücken stehen bleiben würde (Bild einer der Klavierlehrerinnen), fühle ich mich unwohl. Ich verstehe, dass das die korrektere Haltung wäre, für mich würde die Umgewöhnung aber wohl länger dauern als ich brauche um ein einfaches Klavierstück zu lernen - deshalb "lohnt" sich diese Investition für mich nicht wirklich. Das ist aber ein gutes Beispiel.
 
Wenn ich jedoch plötzlich so spielen soll, dass ein Weinglas auf meinem Handrücken stehen bleiben würde (Bild einer der Klavierlehrerinnen), fühle ich mich unwohl. Ich verstehe, dass das die korrektere Haltung wäre,
Um Himmels Willen! Ich bin nun zu müde, um das ausführlicher zu kommentieren, aber bitte glaub ja nicht, dass man die "korrekte Haltung" dadurch definiert, dass ein Weinglas auf dem Handrücken stehen bleiben würde. Das führt sogar zu einer absolut unnatürlichen und unzweckmäßigen Haltung, da sie nur Verkrampfung und Unflexibilität auslöst. Grundsätzlich nutzt man die Kraft aus dem ganzen Körper, der Spielapparat ist durchlässig, flexibel und stabil (aber nicht verkrampft oder überspannt).

Und zu deiner Frage: Ich als Klavierlehrer könnte mit dieser Ansage sehr gut umgehen. Ich bin ja nicht Lehrer, um meine Prinzipien durchzusetzen, sondern um einen Schüler mit klaren Ideen dahin zu bringen, wo er hinwill (oder ihn alternativ nicht anzunehmen, wenn das mit meinen Vorstellungen unvereinbar ist). Such dir jemanden, der dir das bieten kann, was du möchtest - und bleib dabei offen für ein paar positive Überraschungen, die du obendrauf bekommst.
 
So pauschal, wie die von mir geschätzte @Hekse es geschildert hat, sehe ich es nicht. Es gibt doch viele Lehrer, die bereit sind, sich auf die Bedürfnisse ihrer Schüler einzustellen. Sicherlich gibt es die „Pedanten“, zu denen wohl auch die Perfektionisten und Wettbewerbsorientierten zu zählen sind (gaaanz platt und pauschalisierend formuliert). Und dann gibt es diejenigen KL, die sich genau auf die Bedürfnisse ihrer Schüler einstellen und alle nach ihren Stärken fördern: Diejenigen, denen bestmögliche Förderung durch Wettbewerbe zuteil wird, bekommen Input in diese Richtung, aber wer gerne TEY und anderes Wohlfühlprogramm in der Komfortzone bevorzugt, wird damit bedient (möglichst mit Impulsen in andere Richtungen). Aber die Generalisten, die sich vom Allround-Programm nicht abbringen lassen und erwarten, dass alle Schüler alles Mögliche spielen, kenne ich nicht.
 
Eben darum geht es mir. Ich möchte Freude am Spielen haben, das ein oder andere neue Stück kennenlernen und wenn´s passt auch gern was "über meinem Niveau" probieren. Aber ich habe keine Lust, mich eine Stunde lang an einem Takt aufzuhalten bis dieser perfekt - so wie er da steht und so wie er zu klingen hat - sitzt. Das macht keinen Spaß und ist für mich eher demotivierend. Wenn ein Lehrer das seinen Schülern generell so beibringt, haben mit Sicherheit beide einen Gewinn dabei, bei mir ist das aber einfach Zeitverschwendung, weil ich gewiss kein Klavierstudium mehr anstrebe und auch sonst niemandem vorspielen möchte. Mir reicht es, wenn´s nett klingt und Freude macht. Über TEY bin ich hinweg, das kann ich alleine spielen wenn ich will. Einfache Stücke von Komponisten wie Dvorak oder Grieg, vielleicht auch mal was kniffliges, wie das Stück, das ich eingangs erwähnte. Aber keine Versuche, mich zu einer halbprofessionellen Pianistin zu machen. Das ist - mangels Talent und Fleiß - sinnlos.
 
Es gibt da einen Spruch von „nett“ als dem kleinen Bruder … - mich wundert es immer, wenn Menschen ohne Not ihr Potential nicht ausschöpfen wollen und aus Bequemlichkeit sich im Mittelmäßigen einrichten. Gerade an den Grenzen (des Denkens und Machens) beginnt das Leben spannend und interessant zu werden. Es geht beim Musizieren doch nicht um Virtuosität, um höher, schneller, weiter, sondern um das Entdecken und Ausloten der „musikalischen Substanz“ eines Stücks. Es geht auch nicht um „Perfektion“, sondern um die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit Musik. An nettem, belanglosem Geklimpere hätte ich als Klavierlehrerin kein Interesse, es sei denn, ich brauchte das Geld. Ich wünsche Dir trotzdem, das Du findest, was Du suchst.
cb
 
Ganz genau so sehe ich das. In den letzten Jahren bin ich aber an Klavierlehrer hingelaufen, die eine sehr klare Vorstellung davon hatten, wie das zu sein hat und für Entdecken oder Ausloten war da kein Platz. Da kam ich mit "hallo, ich möchte bitte den dritten Satz der Mondscheinsonate spielen" und die haben gesagt "ja klar, kein Problem" und dann gab´s eine Klavierstunde pro Takt. Das macht mir keinen Spaß und dann verliere ich ganz schnell die Lust am Entdecken und Ausloten der eigenen Fähigkeiten. Deshalb backe ich jetzt lieber kleine Brötchen und die dafür schmackhaft und hübsch.
 
@Demian
😁 Stimmt, das war zu platt ausgedrückt.
Aber nach meiner persönlichen Erfahrung ist es eher schwierig einer "Wohlfühl" Klavierlehrerin beizubringen, dass man lieber Bach als Pop spielt und dafür auch durchaus bereit ist, eine Unterrichtsstunde mit der Gestaltung von 2 Phrasen und den dafür notwendigen Übungen zu verbringen.
Von meiner (nur klaviertechnisch) etwas weniger geschätzten, ersten Lehrerin habe ich auf den Wunsch irgendwann das AM Bach Notenbüchlein spielen zu können, allen Ernstes als Vorbereitung "Perfect" von Ed Sheran bekommen, damit das Üben auch 'Spaß' macht.
Dagegen ist meinem jetzigen KL die Klanggestaltung und das Verstehen von dem, was da gerade gespielt wird, extrem wichtig. Mit Schülern, die darauf keinen Wert legen, sondern nur irgendwie zur passenden Zeit die passende Taste finden mögen, hadert er ziemlich.
Daher meine Meinung, dass es leichter ist, wenn zwischen Lehrer und Schüler zumindest grob eine gemeinsame Linie besteht und die Definition der Ziele eher eine feinere Justierung und nicht eine völlige Umorientierung von einem der beiden ist.
 

Ich überlege gerade, was "er" damals gesagt hätte, wenn ich ihm Deine Wünsche und Vorstellungen mitgeteilt hätte (aber ich kann es mir denken).
;-) :-D

Am Anfang der Probestunde hat er auf den Schüler-Flügel gezeigt und gesagt, dass dies ab sofort mein Arbeitsgerät sei. "Er ist sich seiner absolut sicher", ging es mir durch den Kopf. Und dann hat er mich gefragt, welche drei Stücke ich spielen würde, falls eine Fee mir diese drei Wünsche erfüllte. An meiner Antwort hat er wohl erkannt, dass ich durchaus ehrgeizig war und gewisse Ziele erreichen wollte. Damit war meiner Erinnerung nach das Präludium der Probestunde beendet und ich sollte ein mitgebrachtes Stück vorspielen (der Arme, was er sich alles anhören muss).

In Bezug auf Dein Anliegen packe ich mal wieder einen meiner Lieblingssprüche aus: Wer redet, dem kann geholfen werden.
 
Ich hab mir das jetzt gerade nochmal alles durchgelesen und festgestellt: Ich muss an meiner Rhetorik arbeiten :003:
Irgendwie treffe ich des Pudels Kern hier nicht so richtig. Ich möchte ja natürlich was dazulernen und auch (ganz wichtig) am Klang arbeiten. Aber ich möchte dabei auch noch ein bisschen Spaß haben und spielen können. Bei meinem letzten KL hab ich in der Stunde so gut wie nicht gespielt, sondern hauptsächlich ihm beim Reden oder Spielen zugehört. Das war für mich total sinnlos, weil ich vom zuhören nix lerne und mir 80% davon sowieso nicht merken kann bis ich zuhause bin. Der KL war mit Sicherheit ein sehr, sehr guter und engagierter KL, aber eben nicht der richtige für mich.
Ich bin, wie gesagt, bisher auch immer hingegangen und habe gesagt, welches größere Ziel ich verfolge (z.B. 3. Satz Mondscheinsonate, Dvorak Romanze für Geige + Klavier, solche "Schweinereien") und das möchte ich nicht mehr, weil die KL dann anhand meines aktuellen "Spielstands" vermuten dass ich voll den Ehrgeiz hab und dann kriegen diese armen Menschen richtig Lust und geben sich Mühe, mir was beizubringen und das auch noch korrekt.
Ich mache mich gerade selbständig, d.h. mir wird in nächster Zeit schlichtweg der Nerv fehlen, mich nochmal durch Stücke durchzubeissen, die zu schwer für mich sind. Diabelli brauch ich aber auch nicht mehr anzufangen, das kann ich alleine.

Welchen "Zaubersatz" sag ich also diesem armen Menschen, der mir am Donnerstag eine Probestunde gibt, um ihm zu erklären, was wir hier sollen?
 
Vielleicht schaust Du mal bei henle, auf welcher Schwierigkeitsstufe deine letzten Stücke stehen und suchst dir dann auf der nächsthöheren ein paar aus, die dir gefallen und sagst ihm, dass du die spielen können willst. Oft greift man vielleicht einfach zu hoch, siehe Mondschein 3. Satz.
Schwank aus meinem Klavierschülerleben: Ich habe meinem neuen KL nach dem Wiedereinstieg gesagt, dass ich gerne bei mehreren Stimmen eine betonen können will. Hielt ich für ein bescheidenes Anliegen. Seine Antwort: oh das ist aber was für Profis… :016:
Was uns nicht gehindert hat, daran zu arbeiten, allerdings gab und gibt es vorher paar andere Baustellen…
 
Gegen große Fernziele ist ja nichts einzuwenden. Man muß halt nur realistisch bleiben. Der Liebhaber/Dilettant/Amateur wird schon aus Zeitgründen wohl nie die Perfektion des Profis erreichen - ergo: der Lehrer, der diese Perfektion fordert, ist für den Nicht-Profi eine Fehlbesetzung.

Entscheidend ist aber, daß der Schüler in der wenigen Zeit, die er zwangsläufig aufbringen kann, 100prozentig engagiert ist. Das Handwerkermotto „Paßt schon irgendwie, wenn man nicht genau hinschaut/hinhört“ sollte nicht ZIEL des Musizierens sein. Daß es mitunter ERGEBNIS des Arbeitens sein kann, ist für alle Beteiligten frustrierend genug.
Meint zumindest
cb
 
Gegen große Fernziele ist ja nichts einzuwenden. Man muß halt nur realistisch bleiben. Der Liebhaber/Dilettant/Amateur wird schon aus Zeitgründen wohl nie die Perfektion des Profis erreichen - ergo: der Lehrer, der diese Perfektion fordert, ist für den Nicht-Profi eine Fehlbesetzung.

Entscheidend ist aber, daß der Schüler in der wenigen Zeit, die er zwangsläufig aufbringen kann, 100prozentig engagiert ist. Das Handwerkermotto „Paßt schon irgendwie, wenn man nicht genau hinschaut/hinhört“ sollte nicht ZIEL des Musizierens sein. Daß es mitunter ERGEBNIS des Arbeitens sein kann, ist für alle Beteiligten frustrierend genug.
Meint zumindest
cb
Das ist ein guter Gedanke. Es soll ja am Ende auch hübsch klingen und nicht wie Kraut und Rüebli. Aber eben - realistisch bleiben. Ich werde auch "Für Elise" nie so spielen wie eine Martha Argerich oder ein Herr Rubinstein.
 
Ich würde beim nächsten Klavierlehrer keine Fernziele angeben, sondern welche für die nächsten paar Jahre, 3-5 vielleicht. Alles andere führt nur zu Frustration und dann macht’s erst keinen Spaß.
 
Ich würde beim nächsten Klavierlehrer keine Fernziele angeben, sondern welche für die nächsten paar Jahre, 3-5 vielleicht. Alles andere führt nur zu Frustration und dann macht’s erst keinen Spaß.
Gute Idee. Ich hatte mir vorgenommen am Donnerstag zu sagen "Dvorak - Grandpa dances with Grandma und wenn das nett klingt such ich mir was neues."
 

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