Ich glaube (und weiß auch selbst zum Teil aus eigener Erfahrung), daß blind Spielen und Üben nutzbringende Effekte haben kann. Was ich (im Moment) aber nicht ganz verstehe, wieso, und woher das eigentlich kommt. Wenn man etwas lernen möchte, macht man es sich üblicherweise nicht schwerer als nötig (ich stelle z.B. den Klavierhocker nicht 30 cm zu hoch oder zu tief ein, gipse mir nicht Finger oder Arm ein, und ich nutze eben auch die Augen intensiv mit, die mir das Einlernen eines Stückes erleichtern, da es sich um motorisches Lernen handelt...)
Wie gesagt, ich würde gerne die Ursachen dafür verstehen, warum jemand durch blind Üben eine "enorme zusätzliche Sicherheit" gewinnt. Ich glaube zwar durchaus, daß das geht - warum sollte ich die Erfahrungen anderer anzweifeln?
Aber was ich nicht verstehe: wieso man diese Sicherheit nicht einfach durch komplettes "Üben offenen Auges" erreichen könnte oder sollte...?
Zweckmäßig ist in aller Regel, das zu üben, was man später auch macht (mit offenen Augen spielen, nicht transponiert spielen, etc.)
Und mal eine ganz ganz böse, provokante Frage: wer durch "Blind üben" irgendwas nachher besser kann – könnte das sein, daß der beim "Sehend-Üben" irgendwas nicht optimal richtig macht? Zum Beispiel, die feingestufte, saubere Geschwindigkeitssteigerung beim Üben...? Wird der vielleicht durch das "Blind Üben" auf die notwendige Übegeschwindigkeit, und die notwendige langsame Steigerung, "herabgebremst"?
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Klavierüben ist für mich immer auch eine Frage der Effizienz und der Vermeidung unnötiger oder zeitraubender Wege. Deswegen bin ich auch z.B. dagegen, Hände getrennt zu üben, und später dann "zusammenzubauen". Das erzeugt, nach meinen Erfahrungen, unnötige zusätzliche motorische Lernarbeit.
Und wenn man darüber nachdenkt, bzw. analysiert, was beim Klavierüben genau abläuft (Einlernen von Bewegungsgruppen, das zeitgenaue Abrufen derselben, die zeitgenauen koordinierenden Blicke der Augen, die notwendige Synchronizität der Bewegungen der Finger beider Hände usw., das alles gesteuert von Gefühl und musikalischem Gestaltungsvermögen) dann kommt man eigentlich zu dem Schluß:
im Regelfall eben gleich beidhändig üben, und: im Regelfall eben mit offenen Augen üben.
Oder nicht?
Fragende Grüße
Dreiklang
p.s. zu Horowitz/Tatum: der erstere hat m.M.n. Der Nachwelt eine handvoll wunderbarer musikalischer Brillanten hinterlassen. Tatum gelang das meiner Meinung nach im Bereich des Jazz nicht (und ich hab' mir sehr viel von ihm angehört...)