Für mich wäre Vermarktbarkeit kein Parameter für eine musikalisch ausgezeichnete Darbietung.
Nicht alles was vermarktet wird, erfüllt musikalische Ansprüche, wohl aber ist natürlich ein ausgereiftes Klavierspiel mitunter vermarktbar. Aber warum sollte ausgerechnet die Kunst ebenso ökonomisch funktionalisiert werden, wie alle anderen Arbeitsprozesse in der Gesellschaft? Warum sollte eine Funktionalisierung, eine Fremdzweckbestimmung, ausgerechnet hier ein Parameter sein? Liegt es nicht auch im Wesen der Kunst, wie im Wesen des Spiels, um seiner selbst Willen da zu sein? Ich plädiere dagegen, die Kunst auf dem Altar kapitalistischer Vorstellungen zu opfern. Wo sollte der Mensch denn sonst noch Bereiche finden, die diesem Zugriff entzogen sind, und erfahren, dass er selbst zunächst einmal um seiner selbst Willen existiert? Das er zunächst einmal seinen Wert in sich Selbst trägt, ohne alle Zwecke, die ihn zum Mittel degradieren? Zu philosophisch? Nein, wir sollten nur generell die Kunst davor schützen. Wenn Vermarktbarkeit ein Kriterium "sine qua non" wäre, müssten wir Andre Rieu, Richard Claydermann, etc, zu unseren größten Vorbildern nehmen, auch in musikalischer Hinsicht...
Die hier angeführten Kriterien für ein ausgereiftes Klavierspiel sind gewiss akademisch gut durchdacht. Dennoch fehlt mir bei Ihnen auch dann jene Dimension der Musik, die man eben kaum mehr in Worte fassen, sondern nur erfahren kann. Es sind jene Nuancen im emotionalen Ausdruck, die auch im Unterricht nicht mehr vermittelbar sind, es sind Parameter, die sich einer strengen Meßbarkeit und Objektivierbarkeit entziehen, und doch letztlich die vollendete Interpretation ausmachen. Die Musik hat eben, wie auch die Sprache, neben allen messbaren und bestimmbaren Parametern auch eine geistig-seelische Dimension, die man nur erfahren kann, und insofern auch das Hör-und Gefühlserleben des Hörenden nicht ignorieren darf. Vielleicht ist es ja eine Symbiose zwischen dem Geist des Komponisten, der durch das Verschmelzen mit dem Geist des Interpreten einschwingt in eine kosmische Ordnung, wie es schon Phytagoras sah. Und dann ließe sich darüber reflektieren, inwiefern wir nicht alle auf eine archetypische Weise teilhaben an eben genau dieser Ordnung, und daher existentiell zutiefst berührt werden können.