Was haltet ihr von meinem Estonia Flügel?

Nach langer Zeit, ein Fazit...

Also mit Pin-Tite (Sekundenkleber) die Wirbel fest zu bekommen, hällt nur für kurze Dauer, von daher nicht zu empfehlen.

Habe im Endeffekt mit dickeren Stimmwirbeln und Stimmwirbelhülsen den kompletten Flügel neu besaitet. Selbstverständlich habe ich die Saitendicke und Saitenlänge vorher abgemessen. Dabei habe ich mir das Stimmen selbst angeeignet.

Kostenfaktor:
Letztendlich, nicht mehr als 100 Euro (Material/Werkzeug). Die Arbeitszeit war natürlich enorm. Kann mir nun vorstellen warum Restaurationen und Stimmungen so teuer sind.

Resultat eines Laien ;):
Neubeginn - YouTube
 
Hm, sieht so aus als hätte der Flügel endlich seinen schwarzen Glanz zurück erhalten ;)
Gratulation! Funktioniert ja wieder sehr gut, und der Klang ist auch nicht schlecht...

Grüße
Jonathan
 
Nach langer Zeit, ein Fazit...

Also mit Pin-Tite (Sekundenkleber) die Wirbel fest zu bekommen, hällt nur für kurze Dauer, von daher nicht zu empfehlen.

Moment!

Pin-Tite ist kein Sekundenkleber! Es ist ein Wirbelfestiger der (entweder) Glycerin und/oder Harze (Kolophonium) enthält.

Sekundenkleber dahingegen ist Cyanoacrylat.

Pin-Tite hat bei den meisten Klaviertechnikern auf PianoWorld.com keinen guten Ruf, Sekundenkleber dahingegen schon. Das Thema wurde auch schon mal hier auf Clavio angerissen:
https://www.clavio.de/forum/klavier...3419-sekundenkleber-bei-lockeren-wirbeln.html

Ich habe schon ein paar Wirbel mit superdünnem Sekundenkleber gefestigt. Das war vor ca. anderthalb Jahren, und bisher halten sie.

Gruß, ebenfalls von einem Laien. :)
 
Ich verstehe das mit dem Sekundenkleber nicht. Der überbrückt keine Unebenheiten oder macht keine Bohrungen kleiner. Wenn er hält, hält er bombig. Dann läßt sich doch der Wirbel nicht mehr drehen, oder wie muß ich mir das vorstellen. Wenn der Wirbel dann die Klebekraft überwunden hat, dann hält er auch nicht mehr. Aber offentsichtlich spricht die Praxis dagegen. Oder ist es doch etwas auf Epoxid oder PU-Basis?

Gruß
Manfred
 
Nein, Manfred, Sekundenkleber ist wiegesagt Cyanoacrylat. Epoxid und PU sind was anderes. (Ich habe übrigens schon von beiden als Stimmstockreparatur gelesen, aber eher als "Dübel" - Loch füllen, aushärten lassen und neu bohren.)

Genau verstehe ich die Wirkung vom CA auch nicht. Aber soviel vermute ich (aus meiner Sicht als Chemiker und Materialforscher):
1) CA härtet durch Feuchte aus, ist also hygroskopisch.
2) Es zieht also vor und während dem Aushärten etwas Feuchte an - entweder aus der Luft oder dem umliegenden Stimmstock.
3) Das würde die Holzfasern ein wenig anquellen lassen.
4) Diese etwas aufgequollene, CA-getränkte Oberflächenstruktur härtet dann aus.
4) Ausgehärtetes CA ist m.W. ähnlich wie Plexiglas - recht hart und kratzfest. Es ist aber nicht sehr scherfest.

Fazit: Das Wirbelloch wird also ein wenig verkleinert (durch's aufquellende Holz) und anschließend in dieser Form ausgehärtet bzw. die Holzfasern verstärkt.

So zumindest erkläre ich mir das.
 
Danke Mark, dann verstehe ich das, wenn das CA das Holz quellen läßt (hätte ich nicht gedacht) und dann diesen Zustand versiegelt. Allerdings muß CA dann die Feuchte schneller aus dem Holz ziehen als aus der Luft. Erstaunlich, wenn man bedenkt, daß das Zeugs auch bei trockenen Material blitzartig hält.
 
Manfred, für die Wirbellochreparatur nimmt man auch den ganz dünnflüssigen Sekundenkleber. Ich kenne ihn aus dem Modellbau... er hat eine so extreme Kapillarwirkung, dass, wenn man z.B. ein Stück Balsaholz in die Hand nimmt und auf der einen Stirnseite einen Tropfen davon aufgibt, man auf der anderen Seite fast zeitgleich mit dem Finger festklebt... alles schon selbst ausprobiert :D
Ich vermute also mal, dass der Sekundenkleber selbst das Holz aufquellt... ist ja ähnlich wie Wasser.
Aber ein Eigenversuch steht bei mir auch noch aus... die schlechten Langzeit-Erfahrungen mit PinTite kann ich jedenfalls nur bestätigen.
Wenn ich mal ein passendes "Opfer" gefunden habe, lasse ich es euch wissen.
LG Georg
 
Kann man denn notfalls alle Löcher zudübeln und neubohren, oder würde der Stimmstock diese Belastung nicht standhalten? Im Hinblick auf eine komplette Neuanfertigung des Stimmstocks währe dies doch mit weniger Aufwand verbunden. Dies gilt natürlich nur wenn der Stimmstock nicht schon mehrfach gebrochen ist, bzw. quasi durch hängt ;)
 
Kann man denn notfalls alle Löcher zudübeln und neubohren, oder würde der Stimmstock diese Belastung nicht standhalten? Im Hinblick auf eine komplette Neuanfertigung des Stimmstocks währe dies doch mit weniger Aufwand verbunden. Dies gilt natürlich nur wenn der Stimmstock nicht schon mehrfach gebrochen ist, bzw. quasi durch hängt ;)
Wenn die Gußplatte den Stimmstock überdeckt, kann man auch die einzelnen Felder ausfräsen und dann neue Teile aus Delignit einpassen und mit 2K-Kleber einsetzen.

liveforpiano: Reparatur Pianino Schiedmayer
mit bestem Dank an Michael

Grüße

Toni
 
Ich hatte mich nach langwierigen Reparaturmethoden nun doch für eine Komplettrestauration entschieden, da ich mit dem Ergebnis langfristig nie wirklich zufrieden war. Ausser dem Erlernen des Stimmens brachte mich der Flügel meinen Vorstellungen an ein Trauminstrument nie nahe genug bzw. er konnte dem nie gerecht werden.

Als nicht gelernter Klavierbauer komme ich zu folgendem Fazit:
Letztendlich dienen alle Reparaturmethoden (Pin-Tite, Sekundenkleber, dickere Wirbel u.s.w.) nur dem Aufschieben des unvermeidlichen. Eine sauber gestimmte akustische Anlage aus einem sehr alten oder von vorn herein minderwertigen Instrument herzustellen, erfordert den Einsatz von Materialen von bester Qualität und Güte sowie eine kompromisslose Bereitschaft auch für die augenscheinlich kleinsten Details eine hohe Geduld und die nötigen Fachkenntnisse sich anzueignen. So kann auch mit verhältnismässig wenig Kostenaufwand ein gutes Instrument entstehen.

Folgende Arbeiten habe ich durchgeführt:
- Komplette Demontage des Instruments
- Trocknen, Spanen (Verwendung von altem Resonanzbodenholz) der Risse sowie Feinschleifen (Wiederherstellung der Bodenwölbung inkl. Lackierung mit Kirol)
- Austausch bzw. Neuanfertigung des Stimmstocks mit Delignit inkl. neuen vernickelten Stimmwirbeln und Plattendübeln aus Weißbuche
-Reparatur des Diskant- und Bassteges mit Buchenholzspänen inkl. Verwendung von Epoxidharz (in USA gängige Methode) und neuen vernickelten Stegstiften
- Anpassung des neuen Stimmstocks an die Gußplatte (mit Anreißfarbe unzählige Male aufgelegt um Überstände zu erkennen und fein zu schleifen)
- Neuberechnung der Diskant- und Bass- Saitenmensur durch Hellerbass
- Neubesaitung mit Röslau und Hellerbass inkl. mehrmaliges Zwicken und hochziehen auf bis zu 442 Hz.

Das Ergebnis ist nun hier zu hören:
 
Zuletzt bearbeitet:

442 Hz steht im allgemeinen für Konzertstimmung bzw. es bezog sich allein auf die Saitenbelastung....Ich würde mich niemals als Konzertstimmer bezeichnen dafür fehlt mir die Ausbildung und die Erfahrung! Habe das selbstverständlich korrigiert...
 
Die Estonia-Instrumente aus Ostblockzeiten genießen ja den Ruf, im Prinzip gut konstruiert zu sein, allerdings unter schlampiger Verarbeitung und mäßigen Materialien zu leiden. Wenn man da Abhilfe schafft ...
Heutige Estonias sollen (Hörensagen!) ausgezeichnete Instrumente mit romantischem Klangbild sein.
 
Maestro, der Diskant ist ja fürchterlich!!!! Und der Rest ist auch wenig erfreulich. Sorry, Du wolltest ne Rückmeldung.
 
Maestro, der Diskant ist ja fürchterlich!!!! Und der Rest ist auch wenig erfreulich. So klingen ganz schlechte Yamahas im worst case.
Sorry, Du wolltest ne Rückmeldung.
 
Fishi, ich muss dir widersprechen. Der Flügel hat jetzt gutes Potenzial, Klangkraft, Lebendigkeit und Tonlänge sind gegeben. Jetzt muss die Arbeit am Klang folgen: Der Resonanzboden ist durch die Neubesaitung ein wenig verspannt, das sollte im Rahmen eines gründlichen Stimmungsneuaufbaus zu beheben sein. Die Anschlaglinie sollte man prüfen und die Hammerköpfe verdienen Beachtung. Dann wird das ein sehr ordentliches Instrument.
Meine Empfehlung, wie stets in solchen Fällen: pianocandle.de
 
Kein Problem Fisherman - Bin ja dankbar für die Rückmeldung! Wobei man sagen muss, dass die Mechanik und vor allem die Hammerköpfe bei der ganzen Aktion unangetastet blieben bzw. keine Intonation, und auch keine optimale Tastengewichtung u.s.w. durchgeführt wurde. Noch dazu wurde die Aufnahme mit einem Handy gemacht.
 
Ich gebe Fischerman und Schmickus Recht, denn:
Zitat von Schmickus:
Mein allererste Gedanke war: Klingt wie mein Digi. Mein zweiter Gedanke: Hmm, intoniert ist da aber noch nichts.

Aber für ne Handyaufnahme klingt´s überraschend gut.
Auf jeden Fall Respekt für den Mut, als Laie so eine Arbeit zu machen und das offensichtlich bisher gute Ergebnis. Würde mich sehr über eine weitere Aufnahme nach der Arbeit am Klang freuen.
 
Maestro - Du wirst selbst am besten beurteilen können, inwieweit die Handy-Aufnahme - am Rechner abgehört - überhaupt als Referenz dienen kann. Ich fand das alles recht blechern bis klirrend. Gewiss ist hier mit Intonation noch viel zu machen. Viel Glück - und trotz des harrschen Uteils - Respekt ob der bisherigen Leistung!!!!
 

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