Von NULL auf Improvisation

  • Ersteller des Themas Kleiner Ludo
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Die Diskussion finde ich hochinteressant!

-Kurze Zwischenbemerkung: mein Klavierlehrer hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass mein kleines Kunstwerk keine Improvisation darstellt, sondern eine Komposition. Gefallen hat's ihm trotzdem!

Er hat mir Hilfestellung gegeben und Möglichkeiten aufgezeigt, die Melodie zweistimmig zu gestalten und mich ermuntert weiter an diesem Stück zu arbeiten. -


Mir geht es so wie Joh. Musik ist für mich gefühlsbeladen und bilderreich.

Hier ein Auszug aus dem Buch " Die Expressivität von Musik" , welches leider vergriffen ist.

http://www.mentis.de/download.php?media_id=00004727

https://www.amazon.de/Die-Expressiv...qid=1500032902&sr=1-2&keywords=Peter+rinderle
 
Ich habe nur Assoziationen und Bilder, wenn ich "You can leave your hat on" spiele:schweigen::heilig::-D.

Mag aber trotzdem sehr viel der Filmmusik aus den guten alten Zeiten.
 
Tschuldigung, Leute, aber meine Frage war an die PROFIS gerichtet, antworten tut aber mal wieder jeder nach Belieben...
 
Bei welchen von den heute professionell arbeitenden Spielern hier im Forum (dazu zählen auch Musikstudenten oder angehende Studenten) war das früher auch so? Oder ist es gar heute noch?

Das würde mich wirklich mal interessieren, da es bei mir nie so war.
Ich würde von mir sagen: Beide Varianten gleichrangig - also sowohl Dein "absolut-musikalischer" Ansatz als die "illustrative" Spielart, bei der auch optische Anregungsmomente eine Rolle spielen. Und zwar so, dass ich zwischen beiden Varianten beliebig wechseln kann. Sicherlich hängt das damit zusammen, dass ich auch auf dem Gebiet des Musiktheaters und/oder im Showbusiness im weiteren Sinne viel zu tun habe, wo eine Handlung, wo Symbole, wo Texte (Sprachbilder) und dergleichen mehr mit der Musik untrennbar verbunden sind. Das Filmgenre hat sich wiederum ganz offensichtlich aus der Theaterästhetik heraus entwickelt - ein Eindruck, der sich gerade bei älteren Produktionen permanent bestätigt.

Daher ist bei ihnen ja auch z.B. Filmmusik so überaus beliebt, denn da kann man sich was zur Musik vorstellen. Wäre "Hedwig's Theme" nicht aus dem Megahit "Harry Potter", und man würde Schülern das als Stückvorschlag vorspielen, würden sicherlich die allermeisten sagen: "Klingt mir zu merkwürdig, uninteressant, danke, nächster Stückvorschlag bitte". So aber ist es ein beliebtes Schülerstück.
Zustimmung meinerseits. Begründung: Dieser Soundtrack ist unmittelbar mit einer konkreten Handlung, mit verständlichen Bildern und berührenden Stimmungen verbunden, womit man gewissermaßen groß geworden ist. Viele später professionell tätige Musiker haben die von anderen als abstrakt wahrgenommenen Muster und Strukturen in einem Lebensalter verinnerlicht, in dem man "sinnlich" im Sinne von "mit allen Sinnen" auch abstrakte Strukturen erleben lernen kann. Neben dem oftmals früheren Lebensalter ist wohl auch eine gewisse Erlebnistiefe und Nachhaltigkeit des Erlebens dafür verantwortlich, dass man ohne zusätzliche Bilder Musik leben und erleben kann. Deshalb tue ich mich auch mit der Sichtweise schwer, dass man erst später vom Amateur- ins Profilager wechselt. Musiziert man irgendwie anders, sobald man dafür Geld bekommt? Sobald man damit seinen Lebensunterhalt verdient? Oder sobald man so viel damit verdienen muss, damit man davon eine Familie ernähren kann und fürs Alter vorsorgen? Entweder erfolgt ein gleitender Übergang oder man kann beides gar nicht voneinander trennen.

Beim Amateur hat das Musizieren vermutlich sehr oft einen anderen Stellenwert. Wenn irgendwo Leerräume bleiben (etwa durch geringere Kenntnisse musikalischer Zusammenhänge), lassen sich diese durch andere Inhalte füllen, die einem vertrauter sind, also Gefühle, Stimmungen, Bilder, Bewegung, Spannung etc. - das wissen auch die Komponisten und Produzenten derartiger "funktionaler" Musik, die in schlichter Gestalt oftmals am ehesten anspricht und überzeugt. Sie soll ja gerade nicht den Blick auf das mit anderen Sinnen Wahrnehmbare verstellen.

Das erklärt auch, weshalb so manchem diese Easy-Listening-Sachen von TEY & Co. so fremd bleiben: Die strukturell und formal einfach gemachte Musik ist nach "absolut-musikalischen" Maßstäben im Material und seiner Anwendung schnell durchschaut und darüber hinaus kaum nennenswert "absolut-musikalisch" entwicklungsfähig, wenn man es nicht gerade verfremden will:





Wäre "Hedwig's Theme" nicht aus dem Megahit "Harry Potter", und man würde Schülern das als Stückvorschlag vorspielen, würden sicherlich die allermeisten sagen: "Klingt mir zu merkwürdig, uninteressant, danke, nächster Stückvorschlag bitte".
Aber man kann was draus machen, oder nicht?:



Nachdem ich selbst etliche Classic-Rock-Sachen und ähnliches für diverse Orchester machen konnte, habe ich durchaus Sympathie für solche Genres. Hoffentlich muss ich mich jetzt nicht schämen... .

LG von Rheinkultur
 
Tschuldigung, Leute, aber meine Frage war an die PROFIS gerichtet, antworten tut aber mal wieder jeder nach Belieben...
Ähm, gehe ich nach absolviertem Studium und langjähriger Berufstätigkeit im In- und Ausland als PROFI durch? Zumindest verdiene ich damit bisweilen sogar Geld. Habe heute schon georgelt und mache für heute Schluss, um gleich die Mitglieder dreier Chöre als Dirigent zu befriedigen, indem ich ausnahmsweise zur Probe gehe.

Ich habe nur Assoziationen und Bilder, wenn ich "You can leave your hat on" spiele:schweigen::heilig::-D.
Ich trage gar keinen Hut. Und was mache ich jetzt? Mir daran ein Beispiel nehmen?:



@hasenbein: Ich lese heute Nacht mit Interesse die Antworten. Bis dann.

LG von Rheinkultur
 
Tschuldigung, Leute, aber meine Frage war an die PROFIS gerichtet, antworten tut aber mal wieder jeder nach Belieben...

Tja, so ist das nun mal, im wahren Leben wie auch im Forum.

Diese Frage hätte ich mal meinem Klavierlehrer stellen sollen, der hauptberuflich Opernsänger war. Oder meinem Musiklehrer, der nebenamtlich Kirchemusiker war.

Ich dagegen ... darf ja nicht antworten wegen Lex Femuris Leporis.

Grüße
Häretiker
 
Auch kein Profi, aber bei mir war es schon immer so, dass ich beim "Klimpern" oder völlig unbekannter Musik genau so Emotionen habe wir bei bekannten (Film)Musiken. Allerdings sind die Assoziationen bei letzteren vorgegeben. So kann eigentlich ausgewogene Musik sehr dramatisch wirken, weil eine entsprechende Filmszene damit assoziiert wird (z.B. Clockwork Orange).
 
Natürlich.

Warum dachtest du, daß es eine sei?

Nun ja, ich hatte besagtes Buch über "Improvisation " meinem Klavierlehrer gezeigt und eine "Komposition", die ich mit Hilfe dieses Buches gestaltet habe, vorgespielt.

Beides fand er gelungen, war ein bisschen irritiert, weil ich da etwas durcheinander gebracht habe, allerdings mit einem, in seinen Ohren, erfreulichen Ergebnis. :lol:

Alles gut! :bye:
 

Die Profis geben gerade alle Konzerte. :-)
 
Am Herbeirufen oder Aufsichzukommenlassen von bildhaften Assozationen ist überhaupt nichts Negatives oder Verwerfliches.
Es ist auch durchaus möglich, ein Musikstück mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu dekonstruieren und sich dennoch oder dann w i e d er der puren Emotion oder der Vorstellung bildhafter Szenen, sei es theatralischer, kinematografischer oder sonstiger Couleur zu überlassen.

Es ist ja ein alter Streit, welche Art der Herangehensweise "besser" oder angemessen ist. Auf der einen Seite die Instinktmusiker und - hörer, auf der anderen Riemann ( Musik ist tönend bewegte Form), und Adorno, für den der aufgeklärte Hörer rein analytisch und "wissend" hört.
Meine ( relativ späte) musikalische Prägung erfolgte hauptsächlich durch die Titelmelodie zur Westernserie Bonanza, welche die erste war, die ich aus dem Gehör nachspielte und natürlich stets die Flammen vor Augen hatte, die am Anfang die Ponderosa- Landkarte auffressen, andererseits durch eine Platte mit Beethovens Siebter, deren Hören weitgehend ohne außermusikalische Assozationen auskam.
Heute kann ich mehr oder weniger nach Belieben zwischen den verschiedenen Arten des Spielens oder Hörens hin- und herswitchen. Im Idealfall weiß ich was passiert, und gleichzeitig weiß ich es nicht (mehr).
Mitunter muss ich fast gewaltsam Assoziationen ausblenden, zum Beispiel bei den 2 späten Danses von Scriabin, bei denen der Komponist von sexuellen Perversionen spricht...:schweigen:
 
Mann könnte die Musik mit einer kleinen Erzählung zu unterlegen, idealerweise in gesungener Form. "Lied" nennt sich dieses Konzept glaube ich und es begeistert wohl viele Menschen. :-)

Ich möchte ausprobieren, das Klavier sozusagen als "Sprachrohr" oder als " Transportmittel" für Gefühltes oder Bildhaftes benutzen.
Dieses Konzep zur Bearbeitung oder Gestaltung finde ich faszinierend!
 
Ich finde es sehr spannend, die unterschiedlichen Assoziationen, Herangehensweisen, Vorstellungen zu erfahren von Profis und Laien. Ich habe kaum Bilder oder Geschichten beim Spielen, mich faszinieren die Bewegungen, die dann Klänge hervorbringen und mich fasziniert der Aufbau der Musik und deren Übersetzung in Noten bzw. wiederum deren Entschlüsseln und Übersetzen in Bewegung und Klang.Wohl eher eine physikalische Herangehensweise.
 
Ich habe von Anfang an keine Bilder oder Geschichten gebraucht oder gedacht während ich spiele. Natürlich fand ich manche Stellen trauriger oder aggressiver als andere und habe dann versucht das umzusetzen, aber ganze Geschichten, wie das manchmal von meinen Lehrern kam, störten mich eher. Zu einigen Stücken habe ich durchaus auch mal ganze Filme im Kopf, aber das sind meistens Stücke, die aus eben jener Zeit sind, da ein Lehrer oder eine Kommilitonin mir eine Story zu dem Stück erzählten. Und jetzt kann ich es eben nicht mehr hören ohne gleichzeitig die Bilder zu sehen.
Eine Zeit lang, während der Schulzeit noch, dachte ich sogar etwas stimmt mit meinem Musikverständnis nicht, wenn mir Musik nichts sagt. Aber das war ja Quatsch, natürlich sagt sie mir was, sie quasselt nur halt nicht.
Ich höre überwiegend nach Klängen.
 
Bei welchen von den heute professionell arbeitenden Spielern hier im Forum (dazu zählen auch Musikstudenten oder angehende Studenten) war das früher auch so? Oder ist es gar heute noch?
Ich habe mir über diese Frage nie Gedanken gemacht, weil es in meinem Leben schon immer beides gab und gibt. Meine erste aktive Musikausübung war das Singen, welches ja automatisch einen bildhaften Inhalt mit sich bringt. Ein Jahr vor der Einschulung habe ich mit Klavierspielen begonnen. Die Stückchen waren bald ebenfalls gemischt - einerseits Lieder oder Stücke mit Geschichten aus Kinder-Klavierschulen, aber dann auch Sonatinen von Clementi oder dem Notenbüchlein von Bach, welche beim besten Willen keine Geschichte besitzen. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber mir ist keine besondere Präferenz im Gedächtnis.

Etwas später habe ich selbst zu komponieren angefangen. Die Stücke hatten Titel wie "Hochzeitsmarsch", "Ameisentanz" und "Schlittenfahrt", aber eines z.B. habe ich ohne weiteren Titel einer Lehrerin gewidmet.

Heute mag ich immernoch beides. Ich finde es absolut genial, wie z.B. Ravel das Wasser in seinen Stücken darstellt (in Jeux d'eau, Ondine, Une barque sur l'océan), aber ich liebe auch Chopin, von dem die meisten Stücke wenig konkreten bzw. bildhaften Inhalt haben. Manchmal habe ich zu Musik ohne "Thema" bildhafte Ideen oder assoziiere Geräusche (z.B. Vögel). Allermeistens aber assoziiere ich Stimmungen, Eindrücke, Gefühle die konkret, aber nicht immer gut bennenbar sind, frei nach dem Zitat "die Sprache ist nicht zu genau um Musik zu beschreiben, sondern zu ungenau".

Ob mit Bild oder ohne, für mich liegt der Wert immer in der Musik selbst.
Ich habe beim Klavierspielen auch immer bestimmte Bilder im Kopf. Meistens handelt es sich dabei um 1 bis 10 Bälle...
Das klingt nach einer synästhetischen Verbindung.
 
Tschuldigung, , antworten tut aber mal wieder jeder nach Belieben...

Ja, und das tue ich jetzt auch - "Improvisation" ist heute gleichbedeutend mit "ich hab da mal was dahin gepfuscht" - was dieses Thema mal wieder beweist. Und nach dieser Definition brauchen wir uns an sich garnicht mehr mit dem Thema befassen, da kann man auch sagen "ja mach doch was mogst, aber laß mi in Ruh damit".

Wenn mir Melodien einfallen, dann sind ie im Kopf schon fest verankert, da geht es nur noch darum die zu spielen - Noten gibt es ja logischerweise keine davon.

LG
Henry
 
Ja, und das tue ich jetzt auch - "Improvisation" ist heute gleichbedeutend mit "ich hab da mal was dahin gepfuscht" - was dieses Thema mal wieder beweist. Und nach dieser Definition brauchen wir uns an sich garnicht mehr mit dem Thema befassen, da kann man auch sagen "ja mach doch was mogst, aber laß mi in Ruh damit".

Wenn mir Melodien einfallen, dann sind ie im Kopf schon fest verankert, da geht es nur noch darum die zu spielen - Noten gibt es ja logischerweise keine davon.

LG
Henry
...und genau das ist die exakt falsche und ahnungslose Vorstellung von Improvisation.
 

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