Ich bin überrascht, wie locker ihr den Wettbewerb alle seht, wobei ihr eigentlich habt ihr ja in den meisten Fällen Recht.
Aber bei uns früher war es so, dass von Teilnehmern und Lehrern dieser Wettbewerb sehr ernst genommen wurde.
Ich bin selbst zweimal angetreten.
Beim ersten Mal in AK IV hatte ich knapp 3 Jahre Unterricht und konnte mit 20 Punkten immerhin im Mittelfeld der 10 Teilnehmer 20 Punkte holen, obwohl ich einen Punkt für die fehlende Fuge aus dem WTK (da hatte meine KL von irgendeiner Professorin eine Fehlinformation) abgezogen bekommen hatte und aus Nervosität nicht das Niveau vom Üben erreicht hatte.
Drei Jahre später war ich nicht mehr ganz so ein Nobody und hatte ernsthafte Ambitionen, eventuell Musik zu studieren (nicht Konzertexamen, evtl. Instrumentalpädagogik oder auch Schulmusik). Meine KL war immer für Tiefstapeln, für mich war trotzdem klar, ich wollte zum Landeswettbewerb, 1. Preis war Minimum.
Ich habe allerdings erst im November angefangen, das Rondo capriccioso zu üben, was neben WTK I-B-Dur und zwei eher leichteren modernen Stücken auf dem Programm stand.
Dafür gab mir ein Professor alle 2 Wochen zum Spottpreis (ich glaube, das waren 30 oder 35€) eine Unterrichtsstunde, was doch einiges gebracht hat.
Einen Schrecken bekam ich dann nach einem Blick auf das Programm. Eine Jungstudentin der örtlichen Musikhochschule und eine Jungstudentin von Prof. Kemmerling (wem das etwas sagt), waren meine beiden Gegnerinnen, sonst niemand. Beide hatten 3 Jahre zuvor beim Bundeswettbewerb einen zweiten bzw. ersten Preis gewonnen, die eine Schülerin spielte drei Jahre zuvor im Regionalwettbewerb die Rigolettoparaphrase in AKIII.
Sofort war klar, da kann ich nicht mithalten.
In der letzten Stunde bei besagtem Professor sagte er, sollte ich zum Landeswettbewerb kommen, könnte man eventuell drüber nachdenken, den Unterricht "in einer anderen, offizielleren Form " fortzuführen. Er war der Meinung, dass ich gute Chancen hätte, trotz der starken Konkurrenz den Landeswettbewerb zu erreichen ("Dann kriegen die anderen beiden eben 25 und du 23 Punkte")
Letztendlich bin ich mit 20 Punkten ohne ersten Preis untergegangen. Hätte ich das letzte einfache moderne Stück nicht irgendwie verkackt, hätte ich vielleicht 21 holen können, mehr aber nicht. Womöglich wegen der Konkurrenz herrschte diesmal ein ganz anderer Maßstab. nach dem Maßstab des letzten Wettbewerbs hätte ich die 23 Punkte wahrscheinlich geholt.
Vielleicht wäre ein weniger filigranes Stück für mich von Vorteil gewesen, im Nachhinein glaube ich, dass ich z.B. mit St. Francois de Paule von Liszt oder vielleicht auch mit einer dritten Ballade von Chopin etwas mehr Erfolg gehabt hätte.
Das hat an mir echt genagt und war womöglich ein Grund, dass ich mich dagegen entschieden habe, irgendwo zur Aufnahmeprüfung anzutreten.
Andererseits hat mich so ein Wettbewerb auch immer animiert, perfektionistischer zu arbeiten.
Momentan spiele ich in sehr unterschiedlicher Qualität, je nachdem, wie viel Zeit ich in ein einzelnes Stück investieren möchte, das Niveau habe ich aber trotz des schlechten Abschneidens nie wieder erreicht.
So ein Wettbewerb hat also schon Gutes.