Mal wieder ein kleines Update, zunächst mit ein wenig abseitigem Steinway-Trivia. Die Seriennummer ist zwar 60103 und danach läßt sich dann auch bestimmen, wann der Flügel gefertigt wurde und im Auslieferungsbuch weitere Details herauslesen. Diese Seriennummer ist also eher für die gesamte Betriebsdokumentation gedacht, anhand derer ich dann auch lustigerweise erfuhr, dass der Flügel 1887 an den Berliner Oscar Agthe ausgeliefert wurde, seines Zeichens Stiefbruder von Carl Bechstein; da schließt sich also ein schöner Kreis...
Anders als die Seriennummer gab es aber noch so etwas wie eine Arbeitsnummer für den Fabrikationsprozess, in meinem Fall die Nummer 1057, die auch an verschiedenen Stellen eindeutig hervorgehoben wurde, sogar im Gußrahmen:
Man sieht eindeutig, dass die Arbeits- und die Seriennummer aus einer Hand geschrieben wurden - Das Wort Platte (Also entspricht diese Arbeitsnummer der Seriennummer der Gußplatte) hingegen wurde mit einer anderen Handschrift und einem anderen Stift geschrieben. Nach kurzer Recherche war klar, dass die Ziffern ein Amerikaner geschrieben hat, die 'Platte' hingegen von einem Deutschen stammt.
Demnach ist dieser Schriftzug:
"Depot der Steinway Pianos in New York" wohl so zu verstehen, dass bestimmte Instrumente bereits teilvorgefertigt im Lager in New York standen und für den Transport nach Hamburg bestimmt waren. Dass das Wort "Platte" auf dem Stimmstock zu lesen ist, macht auch klar, dass die tatsächliche Endfertigung in Hamburg stattfand, denn die Gußplatte bedeckt diesen Beschriftungsteil vollständig.
Hier noch Details zur Arbeitsgrundlage für den Steg und die Stegstifte:
Übrigens: Für die Fetischisten in Sachen Wölbung eines Bodens, hier noch ein nettes Detail:
Satte 4mm Wölbung! OK, der Boden sieht aus wie ein doppelter Zugunfall, inklusive der angeschraubten Rippen, aber Tatsache ist, dass der keinerlei Nebengeräusche produziert und Power und Sustain hat wie nichts Gutes. Mit neuen Saiten
kann der gar nicht schlechter klingen als vorher.
Nun denn. Werkstatt ist immer Parallelbetrieb und daher kann es dann durchaus auch einmal sein, dass der Flügel als Ablage genutzt wird:
Das war gestern. Heute sah es so aus:
Platte ist also schon wieder drin. Davor wurden die Löcher im Stimmstock ein wenig aufgebohrt, damit die neuen Wirbel (7,5mm) passen. Schon wirklich ein bißchen schade, dass die vorhergehenden Wirbel (7,35mm) nicht beibehalten werden konnten, vor allem aber, dass es keine Wirbel mit 7,40mm oder 7,45mm gibt. Na gut, muß ich mit leben; wird halt ein komplett anderes Gefühl beim Stimmen sein und das bisherige war wirklich sehr angenehm.
Anhand der Verteilung der Silien in der vorderen Duplex-Skala konnte man übrigens auch genau nachvollziehen, um welches Modell es sich handelt; frühere Modelle hatte eine komplett andere Verteilung. Morgen werden dann also schöne rote Filzplättchen ausgestochen und auch der Bereich vor den unteren Silien neu befilzt, die Agraffen werden reingeschraubt und angepasst und schlußendlich kommt der neue Bezug drauf.
Es ist übrigens bezeichnend, dass es am Capo d'astro keinerlei Nachschleifens bedarf. Auch nach 134 Jahren ist dort keine Vertiefung, keine Rille spürbar. Spätere Gussplatten hatten da etwas andere Neigungen. Das hat wohl durchaus dazu beigetragen, dass mir beim Stimmen des Flügels bisher noch keine einzige Saite gerissen ist.
Nun gut. Ein Ende der Arbeiten ist abzusehen, aber bis der Flügel dann auch wirklich 'steht' und nicht mehr wöchentlich nachgestimmt werden muß, wird noch einiges an Wasser die Donau runterfließen. Trotzdem freue ich mich sehr darauf, den regelmäßig zu stimmen, weil die Saiten doch wirklich deutlich reiner sein werden als man es in der Aufnahme der Beethoven-Bagatelle am Anfang noch gehört hat.