Steinway B, Seriennummer 60103 (1887)

Habe auch schon Videos gesehen, in denen die Rippen neu verleimt und verschraubt wurden, die Schrauben nach Trockung aber wieder entfernt und die Löcher verdübelt wurden. Insofern gäbe es noch Möglichkeiten.

Seufz. Das hieße: Saiten raus, Agraffen neu, Filze neu, Stimmnägel neu, Dämpfung neu. Abtransport Dachgeschoss, Rücktransport. Saiten dehnen, setzen lassen. Mehrere Male stimmen - und das Ganze ohne Verbesserungsgarantie. Also 20 k für alles.

Wir hatten das Thema schon vor Monaten und für mich hat sich nichts geändert.

Nächste Woche kommt die Mechanik und danach werde ich nur noch Geld für Stimmen unx Intonieren ausgeben.
 
Mein A-Flügel von 1912 hat den originalen Bezug und drei deutliche Resonanzbodenrisse.
Michael hat ihn betreut und meinte, daß der so manchen B-Flügel in den Schatten stellt...
Ich hab damals lediglich die Hämmer neu befilzen/intonieren lassen und dem etwas ramponierten Gehäuse eine schwarz-matte Lackierung spendiert.
 
Kurze Wasserstandsmeldung:
Zahnloser-Tiger.jpg

Mr. Tinway ist immer noch ohne Gebiß. Erstens krankheitsbedingt und zweitens ist das Zurechtfeilen und Einpassen der Piloten dann doch mit ziemlichem Aufwand verbunden. Und es sind noch ein paar kleiner Arbeiten hinzugekommen, die zwar nicht in Rechnung gestellt werden, aber doch notwendig sind, um dem Anspruch des Meisters gerecht zu werden.

Noch dreimal Schlafen, dann kommt die Mechanik. Geplant sind insgesamt 1,5 Tage; am Mittwoch wird der Meister also abschließend Stimmen, Intonieren, Regulieren.

Die Spannung steigt.
 
Endlich, der heiß ersehnte Tag ist da, die Mechanik ist aufgearbeitet und bereit zum Wiedereinbau:

Mechanik-im-Auto.jpg

Erste Amtshandlung: Einfach mal ein paar Minuten spielen - und innerlich dabei ein oder zwei Freudentränen vergießen. Die Mechanik spielt sich komplett anders und der Flügel klingt anders - und zwar beides im höchst positiven Sinne . Das läßt nicht nur hoffen, sondern ist schon in diesen ersten Minuten ein unvergleichliches Wonnegefühl. Spätestens jetzt weiß ich, dass ich die Richtigen mit der Überholung beauftragt habe.

Erster Arbeitsschritt: Ausrichten der Hammerköpfe auf Chor:

Ausrichtung-Hammerkopf-Saite.jpg


Minimale Ausrichtungskorrektur durch kleine Papierklebestreifen an den Hammerstielkapseln:

Feinjustierung-seitlicher-Winkel-Hammerkopf.jpg

Wer nicht gehorchen will, muß brennen:

Fackel-Hammerstiel.jpg

Das sind die neuen Renner-Hebeglieder:

Hebeglieder-Renner.jpg

Weiter geht's mit der Feinregulierung und Anpassung der Hebeglieder auf die Repetitionsröllchen:

Hebeglieder-ausrichten-auf-Repetitionsröllchen.jpg

Feinregulierung der Auslösepüppchen:

Feinjustierung-Auslösepüppchen.jpg
Feinanpassung der Vorderdruckfilze mit Papierunterlegscheiben. Die Vorderdruckfilze mußten nicht erneuert werden. Yay!

Feinanpassung-Vorderdruckfilze.jpg

Feinjustierung der Herzfedern (Repetitionsfedern) in den Hebegliedern:

Feinjustierung-Herzfeder.jpg
 
Feinanpassung der Hammerköpfe auf Chor, Markieren der anzupassenden Seite am Hammerkopf und anschließendes vorsichtiges Abschleifen:

Hammerköpfe-auf-Chor.jpg

Hammerköpfe-Chor-Abfeilen.jpg
Und - endlich - die letzte Amtshandlung, Stimmen:

Stimmen1.jpg

Und was soll ich sagen, es ist jetzt schon zu hören, welchen substantiellen Gewinn die Überholung gebracht hat. Es war zudem noch eine wahre Freude, dem freundlichen Klavierbauer wirkliche Begeisterung über das Instrument anzusehen. Was für ein substantieller Bass, wie tragend in der Mittellage und noch viele andere kleine Bemerkungen. Jedenfalls war er so angetan davon, dass er alles daran gesetzt hat, den Flügel so schön wie möglich herzurichten, damit sich der Meister morgen vollständig auf das Intonieren konzentrieren kann.

Und gleich ist er fertig und muß dann erst mal wieder mir die Durststrecke vom Leib spielen.
 
Gratulation!

Auf welche Werte, Auslöseabstand, Repetitionsschenkel, hat er die Mechanik eingestellt?
...nach Max Matthias, oder nach einem Werks-Manual?
Oder sieht man das nicht, wonach er arbeitet, weil er die Werte im Kopf hat?

Er hatte mehrere original Steinway-Schablonen für Tastaturtiefgang und und den Auslöseabstand dabei, die wohl leicht unterschiedliche Maße hatten, in Abhängigkeit zum Fertigungsjahr bzw. der Beschaffenheit von Hammerstiel und -Kopf.
 
So, nun also der abschließende Tag. Phew.

Als erstes mal ein Test, ob man mit Bügeln der Hammerköpfe etwas erreichen kann. Dazu auch das entsprechende Video. Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, da war nichts im Hammerkopf drin, was man dadurch entfernen konnte, also war klassisches Intonieren mit der Nadel angesagt.


View: https://youtu.be/gu0B_bvWCv4




View: https://www.youtube.com/watch?v=uKPxM2PZ0iY


Und nun noch abschließend eine kleine Hörprobe des Ergebnisses, wie immer mit Ohrenkrebswarnung ob des Klavierspiels selbst:

https://soundcloud.com/peter-lemken-578808545/brahms-klavierstuck-op-118-no-2-a-major

https://soundcloud.com/peter-lemken-578808545/scriabin-preludes-op-11-no-12
 
So, nach ein paar Tagen ist es Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen.

Das Umleimen der Hammerköpfe war ein voller Erfolg. Was vorher klang wie eine einzelne Saite an einer kaputten Gitarre gezupft, ist nun wunderbar gleichmäßig im Klang und obertonreich. Das vorsichtige Intonieren hat einen wirklich schönen Klang herbeigeführt.

Ein Ton fällt noch komplett heraus: Das Kontra-D klingt scharf mit unangenehmen Obertönen, aber der Meister kommt in der nächsten Woche noch einmal für solche Kleinigkeiten herbeigeeilt.

Und nun der Wermutstropfen: Das Umleimen hat auch gleichzeitig dazu geführt, dass ein latenter Mangel nun recht deutlich hervorgetreten ist. Ein erstes Anzeichen gab es schon vor dem Umleimen: Ein Ton, das h über Schlüssel-c ließ sich einfach nicht sauber stimmen; man hört das auf der Brahms-Aufnahme recht deutlich. Ursache dafür ist dieser Riss im Steg:

Riss-im-Steg.jpg

Es ist der letzte Ton im unteren Diskantfeld und anhand des Risses sieht man, dass die linke Saite hauptsächlich davon betroffen ist. Der Ton schwingt zwar sauber aus und trägt gut, aber direkt beim Anschlag klingt es unrein.

Und nun hört man in abgeschwächter Form auch im zweiten Diskantfeld einige Töne, die zwar gut gestimmt sind und sauber ausschwingen, aber eben beim Anschlag nicht sauber klingen.

Da kommen wohl mehrere Faktoren zusammen: Die Besaitung ist nun 40 Jahre alt, ebenso die Stimmnägel, Saitenführungen vor dem Capo d'Astro und auch die Silie des Capos selbst ist seinerzeit nicht sauber geschliffen worden. All das zusammen führt eben dazu, dass man nun diese Unreinheiten hört, die auch nicht durch Stimmen beseitigt werden können.

Ich werde in der nächsten Woche mit dem Meister sprechen und mit ihm überlegen, ob das noch ambulant in einem akzeptablen finanziellen Rahmen behoben werden kann, oder ob ich einfach damit leben muß. Schade wär's schon, denn es fällt zwar beim Üben nicht doll auf, um so deutlicher ist es aber bei Aufnahmen als sehr störend hörbar.

Schaumama.
 
Ich lese diesen Faden mit Interesse, weil auch mir das bevorstehen könnte.:blöd:
Ich hatte wenigstens das Glück, dass bei der Restauration vor 30 Jahren gut gearbeitet wurde. Immerhin.:puh:

Haben sie bei dir kleine oder grosse Hämmer eingebaut? Kleine Hämmer muss man wohl bei Abel unter Sonderanfertigung bestellen.
 
Haben sie bei dir kleine oder grosse Hämmer eingebaut? Kleine Hämmer muss man wohl bei Abel unter Sonderanfertigung bestellen.

Es wurden vor 6 Jahren moderne Hämmer eingebaut, original von Steinway, kann also Abel oder Renner sein. Dementsprechend müssen es große Hämmer sein, weil sie nicht mehr zu den originalen Fängern passten. Aktuell wurden die Hämmer an den Wangen ein wenig abgetragen, um sie schmaler und leichter zu machen.

Erzähl doch mal mehr von Deinem Flügel.
 
Ich würde bei mir nur kleine montieren, weil der Flügel schon genug laut wäre.

Ich erzähl dir von meinem Flügel heute Abend. Muss jetzt los mit meiner Familie.:girl:
 
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Erzähl doch mal mehr von Deinem Flügel.
Was soll ich sagen. Ein A Flügel von 1903, Palisander furniert, sehr kräftiger Bass, schon fast zu kräftig. Der leider auch nach dem Kurzintonieren besser aber immer noch dreckig klingt. Es könnte daher rühren, dass bei der Restauration vor 30 Jahren noch die alten Bassaiten aufgezogen wurden. Die Hämmer sind etwa bei 40 % Abnutzung. Was den Effekt verstärken könnte. Bin kein Fachmann und die Firma, von der ich den Flügel habe sagte, dass ich bei einem Neubezug 30- 40 % Verbesserung habe. Was soll ich damit anfangen, kann man jetzt Klang mit Prozent messen. Die sind mir keine grosse Hilfe, weshalb ich eine Neubesaitung sicher nicht dort machen würde.
Mittellage und Diskant klingen hingegen sehr gut.
Mechanik ist sehr leichtgängig, andere würden vielleicht von schwammig reden, keine Ahnung, aber mir passt sie sehr gut. Es ist auch der Grund, weshalb ich den Flügel genommen hatte, weil ich zum ersten Mal richtig dynamisch spielen konnte. Das war für mich schon ein Erlebnis. Mit meinem schwergängigen Klavier hatte ich schon mit laut und leise Probleme. Jetzt kann ich den Klang wunderbar leicht kontrollieren.
Dieser ist wunderbar klar, aber nicht so brilliant und hart wie bei Yama. Ein Steinway A (20er Jahre in Polyester) daneben klang schon fast dumpf. Aber das muss nichts heissen, im Keller war noch ein O, wo mir die Ohren im Diskant nur noch schmerzten.
Er ist also soetwas wie die goldene Mitte.

Alles in allem könnte ich zufrieden sein, aber hier kommt das grosse aber. Wenn ich neue Saiten und neue Hämmer habe, sind dann die dreckigen Bässe weg? Ich stelle mir den Moment vor, wenn du tausende Euro investiert hast und das Ergebnis ist fast dasselbe. Horror:angst:
Ich könnte natürlich nur zwei Saiten wechseln und dann je nach Ergebniss auch den Rest noch machen. Wäre vernünftiger.

Du siehst in welchem Dilemma ich stecke, wenn ich nebenbei auch erwäge, mir einen Neuflügel zu kaufen. Zwar keine Premiummarke, aber neu un nicht schon ein Jahrhundert bespielt worden.
Kommt noch Faktor Frau dazu, die meinen Flügel hässlich findet und unbedingt schwarz poliert haben möchte, obwohl sie gar nicht spielt. Es geht ihr nur um die Optik. Aber wer den dann abstaubt, dass werde wohl ich sein.:cry2:
 
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Das hört sich nach viel Spekulation an. Ich würde zuallererst einen Fachmann damit beauftragen, das Instrument einmal zu beurteilen, vielleicht auch eine Wertfeststellung zu machen. Es sollte unbedingt jemand sein, der nachgewiesenermaßen mit alten Steinways vertraut ist und solche auch fachgemäß restaurieren könnte.

Des weiteren solltest Du bedenken, dass es weniger die Materialkosten als die damit verbundene Arbeit ist, die richtig ins Geld geht.

Setz Dir ein Ziel für den Zustand des Instruments und lege dafür auch ein Budget fest. Wenn Dich die Mechanik nicht stört, dann muß man da auch nicht groß investieren; wenn es nur die Baßsaiten sind, dann kann man die recht problemlos im überschaubaren Rahmen austauschen. Die Hammerköpfe sollte sich ein Fachman anschauen, denn die Abnutzung alleine ist nicht der ausschlaggebende Faktor. Wichtiger ist es, dass der Filz noch Spannung hat und sich somit intonieren läßt.

So oder so, wenn Du schon überlegst einen neuen Flügel als Alternative anzuschaffen, dann ist auch ein einigermaßen gutes Budget vorhanden. Und das würde ich in jedem Fall in den A-Flügel stecken. Wenn der nicht gerade dreimal vom Laster runtergefallen und mit Preßspan repariert wurde, dann ist das Potential schöner als bei jedem neuen Flügel dieser Größe.

Du hast einen Flügel aus der goldenen Zeit von Steinway. Spendier ihm in Gottes Namen eine Polyesterlackierung, damit die Frau Ruhe gibt und kümmer Dich dann um den Rest. Er wird Dich bis zu Deinem Lebensende beglücken, mehr als es jeder neue Flügel jemals können wird.
 
Du hast einen Flügel aus der goldenen Zeit von Steinway. Spendier ihm in Gottes Namen eine Polyesterlackierung, damit die Frau Ruhe gibt
Ich geb dir in allen Punkten recht, nicht aber in diesem. Dieses schöne Palisander mit Plastik zu überziehen, das ist schon Blaspemie.:cry:
Ich habe schon etliche Vorkriefsflügel getestet, die man Komplettrestauriert und mit Polyesterlack versehen hat. Die Bechstein zum Beispiel klangen wie hinter dicker Watte. Das war nix für mich.

Ein Klavierbauer hatte eine Expertise gemacht und alles für gut befunden, ausser dem dreckigen Bass. Keine Ahnung was der alles machte, aber Steg (mit Winkel gemessen) ist sehr gut, Stimmwirbel sitzen auch sehr gut, Mechanik ist noch Original aber gut in Schuss usw

Er meinte für 8000 würde er ihn nehmen, nicht aber für die 13,5 wie er effektiv kostet. Aber er meinte das als Händler, nicht als Privatperson.
 
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Hey, mir ging es nur darum, einen billigen Weg zu finden, damit die Holde Ruhe gibt. Meine Position dürfte hinlänglich bekannt sein: Keinen Cent gebe ich für Optik aus - und wenn die Holde sich an der Optik stört (was sie nicht tut), dann gibt's halt nur ein Schulterzucken, aber keine Änderung an der Optik. Es gäbe noch genug, was ich an dem Flügel in technischer Hinsicht machen könnte und nur dahing ginge mein Geld.
 
Hey, mir ging es nur darum, einen billigen Weg zu finden, damit die Holde Ruhe gibt. Meine Position dürfte hinlänglich bekannt sein: Keinen Cent gebe ich für Optik aus - und wenn die Holde sich an der Optik stört (was sie nicht tut), dann gibt's halt nur ein Schulterzucken, aber keine Änderung an der Optik.
Keine Bange. Ich meinte nur, dass mir das Palisander wirklich sehr gut gefällt, wäre es helles Nussbaum gewesen, dann wäre die Sache anders. Das gefällt mir überhaupt nicht. Solche Flügel sind echte Polyester Kandidaten.
Aber was meine Frau betrifft, ich lass mal so wie es ist und irgendwann gewöhnt man sich an alles.
 

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