Lieber TE,
ich lese diesen Faden mit großem Interesse, danke, dass Du die Instandsetzung deines Steinways so ausführlich mit uns teilst.
Zu deinen Aufnahmen kann ich nur sagen, dass sie wirklich besser sind, als Du es darstellst. Klar, man macht sich selbst oft kleiner als man ist, und Understatement ist immer sympathischer als "Seht her, wie toll ich bin", aber das hast Du wirklich nicht nötig... Für einen "Hobbypianisten" ist das, allein schon von der Stückauswahl her, hohes Niveau!
Danke für die sehr freundlichen Worte. Den Hobbypianisten muß ich relativieren; ich habe Ende der 80er Instrumentalpädagogik an einer deutschen Hochschule mit Hauptfach Klavier (nicht zuende) studiert. Vermutlich bin ich einfach Opfer meiner eigenen Ansprüche. Mit Tiefstapelei hat es nichts zu tun; hätte ich anfänglich jemanden anders gehabt, um die Aufnahmen zu machen, wäre ich erst gar nicht damit an die Öffentlichkeit gegangen. Dass der Schubert nicht von mir gespielt wurde, wird man wohl gehört haben.
Aber wenn die Mechanik wieder zurück ist, werde ich mehr und zielgerichteter üben. Schaumama.
Ich bin jedenfalls sehr auf den klanglichen Vorher-Nachher-Vergleich gespannt!
Hochachtung auch vor der Einhaltung deiner selbst gesteckten Grenzen, was die Überarbeitung des Instrumentes angeht. Mal abgesehen davon, dass ich damals, als ich mich nach einem Instrument umgesehen habe, keine Möglichkeit hatte, Vergleichbares zu erstehen, könnte ich das sicherlich nicht so handhaben wie Du.
Ich habe mich durchaus ein wenig schlau gemacht, was vergleichbare Instrumente angeht und bin einigermaßen zuversichtlich, dass man etwas vergleichbar altes in deutlich besserem Zustand für 20-25.000,- EUR bekommen kann. Wobei der Zustand relativ zu sehen ist. Es dürfte keinen Flügel aus dieser Zeit geben, dessen Resonanzboden noch unberührt und rißfrei ist. Und dann weiß man halt nicht, was derjenige Klavierbauer gemacht hat, um den Boden nach seinen Maßstäben wieder zu restaurieren.
Das Instrument ist nun einmal da und es hängen persönliche Erinnerungen dran, weil ich den Flügel schon seit über 20 Jahren kenne und schon damals sehr mochte. Insofern hat sich für mich die Frage nach einer Alternative nicht gestellt.
Ich würde das Maximum herausholen wollen und meine ursprünglich gesteckten Grenzen sicherlich überschreiten. So nach dem Motto: Wenn schon, denn schon...
Ich würde wahrscheinlich alle Arbeiten an der akustischen Anlage machen lassen, die Dir empfohlen worden sind (Saitenerneuerung, etc.), damit der Klang am Ende auch wirklich "stimmt" und die Stimmhaltung entsprechend gut ist. Aber ich kenne ja nun auch nicht die preislichen Dimensionen, in denen man sich da bewegt.
Anscheinend wird der Klang für dich ja auch so stimmig genug sein und das ist schließlich das Einzige, was zählt.
LG
Ragtimer
Wie gesagt, diese Frage stellte sich nicht, weil ein Gebrauchtkauf von mehr als 20.000,- erst gar nicht zur Diskussion stand. Das Instrument ist eine Dauerleihgabe eines engen Freundes und insofern war lediglich die Frage, wieviel man investieren möchte, um ein deutlich besseres Ergebnis zu erreichen.
Die Prioritäten dabei ganz klar:
* Leichteres Spielgefühl, weniger Masse in der gesamten Mechanik
* Klangliche Optimierung, ohne die Akustikanlage und Saiten anzufassen
* Keinerlei optische/kosmetische Investition
(Die Stimmhaltung ist erstaunlicherweise noch richtig gut; alle Techniker sind sich einig, dass man da überhaupt nichts machen muß.)
Dass ich das inzwischen so klar formulieren kann, habe ich eindeutig dem damaligen Cheftechniker von Steinway Austria zu verdanken, der sich sehr viel Zeit für die Begutachtung genommen und höchst anschaulich von geschlossenen Kreisen gesprochen hat. Der erste geschlossene Kreis ist die Mechanik und genau darauf liegt der Fokus.
Würde man anfangen, die Saiten zu tauschen, dann müßte man zwingend auch die Agraffen erneuern, die Stege erneuern, Dämpfung erneuern. Und da hat man dann einen blanken Flügel und müßte dann auch gleich den Boden neu machen. Und Boden neu machen hieße in diesem Fall ganz klar, einen neuen Boden einzusetzen [1]. und will man da anständiges, vergleichbares Holz haben, geht an Steinway in Hamburg kein Weg vorbei.
Und dann ist man mit der gesamten Reparatur in einer Größenordnung von 45-50.000 EUR - und das ist das Instrument einfach nicht mehr wert. Für diesen Preis kann ich mir auch einen sehr gut erhaltenen, deutlich moderneren Flügel kaufen, denn durch den neuen Boden und den ganzen anderen erneuerten Rest wäre vom eigentlichen Flügel dann sowieso nur noch die Karosserie übrig.
Nein, ich denke, dass diese recht rationale Entscheidung den vernünftigsten Kompromiß darstellt, abgesehen von der Tatsache, dass der Flügel hier stehenbleiben kann und die Mechanik in einer Woche wieder da ist. Würde ich den Flügel zur Generalüberholung nach Hamburg schicken, dann wäre der zwischen 15 und 18 Monate außer Haus - ich will ihn aber jetzt spielen.
So oder so, ich fiebere dem 3. April entgegen, wenn die Mechanik zurückkommt, reguliert und intoniert wird. Ich werde weiter berichten
[1] Das muß ich relativieren, seit ich in der Werkstatt des Meisters gewesen bin. Er ist gerade dabei, einen Streicher-Flügel von 1845 zu restaurieren, mit der Maßgabe, dass der Boden beibehalten wird. Der Boden ist völlig zerfressen von Holzwürmern und drei andere Klavierbauer haben bereits abgelehnt, aber der Meister hat die Herausforderung angenommen und Stück für Stück diesen Boden wieder zum Leben erweckt. Es hat zwar ein paar Monate gedauert, aber mittlerweile hat der Boden wieder eine Wölbung und dürfte bald bereitstehen, um dieses Instrument wieder in neuem Glanze erstrahlen zu lassen.