Qualitätsmerkmale von Musik

mal ne Frage: wozu ist es nützlich, die objektive Qualität eines Kunstwerks zu bestimmen?
das ist ganz einfach: der Einordnungsfetischist hätte gerne eine Art offizielles Preisschildchen, das auf allem prangt. So ähnlich wie der grüne Punkt. Er sieht ein Bild, es sagt ihm wenig, er versteht es nicht wie er auch die Begriffe der Musikästhetik nicht versteht, aber der offizielle Aufkleber sagt ihm in Tante-Wiki-Worten "erstarre in Ehrfurcht, denn das hier ist Kunst, voll nachgewiesener objektiver Qualität". Dann ist er beruhigt, seufzt behaglich und erhebt dozierend den Zeigefinger:lol::lol::lol::lol:
 
Ach Leute,

nur weil man versucht auch in der Kunst mittels objektiver Kriterien eine zusätzliche "Beurteilung" zu versuchen, muß man doch nicht gleich wieder ins andere Extrem gehen, daß Kunst überhaupt nicht objektiv beurteilt werden kann und über allem steht.

ZB sollte in der Kunst-Lehre ein Werk eines Schüler mittels gewisser objektiven, nachvollziehbaren Kriterien beurteilt werden können.

Gruß
 
So, meinst Du...?
mal ne Frage: wozu ist es nützlich, die objektive Qualität eines Kunstwerks zu bestimmen?
Es ist zum Beispiel nützlich, wenn man entscheiden will, mit welcher Art Kunst (oder mit welchem Kunstwerk ganz konkret) man sich lohnend auseinandersetzen möchte.

Gutes Beispiel: Einspielungen und Aufnahmen. Mancher Weltklassepianist löst diese Aufgabe mit mehr Bravour, als mancher andere. Auch noch abhängig vom ganz konkreten Stück.

Mit qualitativ möglichst hochwertigen Aufnahmen sich auseinanderzusetzen, bringt wesentlich mehr, als mit qualitativ durchschnittlichen. Weil man in dem Fall viel mehr lernen kann. Über die Klangfacetten des Konzertflügels, oder der Violine, über das, was diese Instrumente leisten können, wenn ein echter Könner sie bespielt. Darüber, wie weit Instrumentenbeherrschung (=Technik) gehen kann, darüber, wie sich gute Musikalität ausdrückt.

Es gibt da viel zu lernen. Zum Lernen und Erforschen das bestmögliche zu verwenden, ist sicher kein schlechter Ansatz.

Außerdem ist das Suchen nach qualitativen Einschätzungen in der Kunst eine sehr reizvolle (und vielleicht auch kontroverse) Aufgabe. Gerade weil man mit Rationalität in dieser Beziehung in der Kunst - im Gegensatz etwa zur Naturwissenschaft - damit nicht allzu weit kommt.
 
Mit qualitativ möglichst hochwertigen Aufnahmen sich auseinanderzusetzen, bringt wesentlich mehr, als mit qualitativ durchschnittlichen.
und was machst du angesichts einer qualitativ hochwertigen Aufnahme von drittrangiger Gelegenheitsmusik? Weinend Tante Wiki verfluchen, weil sie nichts dazu sagt? :lol:
...ich erinnere mich, dass du schon vor Jahren etlichen Unsinn über Aufnahmequalität mitgeteilt hattest...
 
@rolf: unterscheide:

- Qualität der Komposition
- Qualität der Interpretation
- Aufzeichnungsqualität (bedeutet: Knistern, Rauschen etceterapepe)
... muß ich das Dir jetzt echt erklären und vorkauen...? :-D:-)
 
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Doch natürlich.

Ein sehr primitives Beispiel wäre die Anzahl der Noten (normiert auf ein Kriterium, zB proTakt, pro harmonischer Funktion, ...) zu zählen. Viele Noten = gut, wenig Noten = schlecht.

Nein, natürlich nicht, denn die Anzahl der Noten ist nun mal kein Qualitätsmerkmal. Ich bin mir sicher, dass du mir kein einziges, quantifizierbares Qualitätsmerkmal nennen kannst, dass sinnvoll ist.

Doch, man muss die Bewertung auf eine Metrik abbilden/normieren (zB Schul-Noten).
Allerdings muß diese Metrik erst einmal mit allen vorhandenen Kunstwerken sozusagen kalibriert werden.

Das ist schon sehr theoretisch. Selbst wenn ich da was kalibrieren will, bräuchte ich wieder quantifizierbare Kriterien mit denen ich kalibriere.

Ich arbeite gerne mit Beispielen. Nehmen wir die berühmte Gymnopédie Nr.1 von Satie. Wer kann hier ein quantifizierbares Qualitätsmerkmal nennen? Oder hat das Stück keine hohe Qualität? Wie ist die Qualität des Stückes verglichen mit der Mondscheinsonate? Wie ist die Qualität diese beiden Stücke verglichen mit dem Ring des Nibelungen?

Viele Grüße!
 
Auch wenn es vorhersehbar war, finde ich es doch ein wenig schade, welche Richtung dieser Faden genommen hat.
Dann nochmal ein Versuch, ihn zu retten.

Der Begriff 'Qualität' ist mir nicht geheuer. Er hört sich zu sehr nach Reklame und nach Statistik an. Ich spreche lieber von künstlerischem Gelingen. Gibt es dafür Kriterien? Das mir am wichtigsten erscheinende Kriterium ist die Stimmigkeit, als Begriff schon weiter oben eingeführt. Stimmigkeit bedeutet: Die eingesetzten Mittel müssen in sinnvoller Relation zum Werkganzen stehen. Das betrifft Proportionen, Themenreichtum bzw. Motivökonomie, satztechnischen Aufwand, klangfarbliche Differenzierung ("Reichlich viele Noten, mein lieber Mozart" - "Majestät, grad so viele Noten als nötig sind"). Eine Miniatur satztechnisch zu überladen ist so unfreiwillig komisch wie ein Monumentalstück ohne ausreichende Substanz. Nichts gegen Polyphonie, aber Tarnkontrapunktik, die nur helfen soll, eine Füllstimme nicht sofort als solche zu erkennen, ist Unfug. Da ist mir ein ehrlich-homophones Stück lieber (--> Gymnopédie). "Es ist nicht schwer, zu komponieren. Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen" (Johannes Brahms).

Das alles hört sich vermutlich ganz plausibel an, verlagert aber die Diskussion nur wieder, weil auch die Angemessenheit der verwendeten Stilmittel, ihre Stimmigkeit, subjektiv unterschiedlich empfunden wird.

Die Statistik hilft überhaupt nicht weiter. Weder spricht große Beliebtheit für / noch die Unbeliebtheit (oder gar das Unbekanntsein) gegen ein Stück - und umgekehrt. Verkaufszahlen oder Dezibelmessungen (Applaus-Lautstärke) besagen nur etwas über die Verwertungsmechanismen der Kulturindustrie. Der Haß des Solitären auf die Massenkultur und die Verachtung, mit der ein Großteil der Menschen die sogenannte Hochkultur straft, haben auch nichts zu besagen; sie geben nur einen traurigen Blick auf Vorurteile und Ressentiments frei.

Zur pauschalisierenden Ablehnung von Komplexität: Natürlich ist Komplexität kein Qualitätsmerkmal. Aber ein gelungenes Stück komplexer Musik hat gegenüber einer gelungenen Schnulze (und eine gute Schnulze muß einfach sein) einen Vorteil: Es gibt im wahrsten Wortsinne mehr zu denken, und das macht es so interessant. Man kann sich einfach länger damit beschäftigen. Bei der Gelegenheit: Komplexität ist nicht gleichbedeutend mit gigantischer Überfülle. Weberns Klaviervariationen op.27 sind notenarm, so dürr, daß viele Pianisten nichts damit zu tun haben wollen. Aber sie sind strukturell ungeheuer reich; ihre Komplexität ist hinter Pausen und ein paar Notentupfern versteckt.

Zum Stichwort 'Denken': Alle gute Musik ist etwas Gedachtes, in sich sinnvoll Strukturiertes, und ein Musikliebhaber kann mitdenken, die musikalischen Gedanken aufnehmen, sich davon beschenken lassen, sogar darüber hinausdenken, und das ist viel mehr als schlichter 'Musikgenuß'.

Zum Thema 'Noten': Wie so oft vermischt der Threadersteller Halb- mit Unwahrheiten. Natürlich will Musik erklingen und gehört werden, was aber nicht bedeutet, daß der reine Notentext defizitär wäre. Von aleatorischen Spielereien abgesehen, ist der Notentext ein vollkommener, in sich sinnvoller Text, den man erfassen, verstehen und sogar lieben kann. Zuallerletzt: Künstlerisches Gelingen braucht keine applaudierende Öffentlichkeit. War die Matthäuspassion zwischen ihrer Erstaufführung und ihrer Wiederentdeckung durch FMB schlechtere Musik - weil niemand sie kannte? Haben Kafkas Romane nichts getaugt - vor ihrer Veröffentlichung durch Max Brod? Ein gelungenes Kunstwerk ist nicht an die Akklamation durch ein Publikum gebunden; manchmal strebt es sie auch gar nicht an, wie die für unseren kurzsichtigen Blick unerreichbaren Details in gotischen Kirchen, die nur für Gottes Auge gedacht sind.
 
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Bitte etwas weniger pathetisch. Pure Argumente tun's auch.
Der Begriff 'Qualität' ist mir nicht geheuer.
Das scheint einigen so zu gehen, die mit Kunst ihre Brötchen verdienen, oder verdienen wollen (oder müssen).
Ich spreche lieber von künstlerischem Gelingen.
Entschuldigung, aber das ist Unfug. Der Begriff Qualität ist ausreichend, und vollkommen richtig gewählt.
Das mir am wichtigsten erscheinende Kriterium ist die Stimmigkeit (...)
Auch die "Stimmigkeit" wird erspürt bzw. erfühlt - von den großen Künstlern selbst, wie auch vom kundigen Publikum. Wie auch die "Idee", die der Musik zugrunde liegt, und die "kunstvolle Umsetzung" derselben, und auch alles andere, was ein gelungenes (Kunst-)Werk ausmacht. Vielleicht mag der eine oder andere Experte sich auch mal analytisch der Qualität (diesmal im Sinne von: Beschaffenheit) eines Werkes nähern. Mir scheint das allerdings schon öfter mal in die Hose zu gehen, oder gegangen zu sein.

Übrigens könnte man auch "Formtreue" als Qualitätskriterium in die Diskussion bringen. Wo "Sinfonie" drübersteht, sollte auch eine Sinfonie drin sein. Jetzt könnte aber ein Verteter der Neuen Musik auf die Idee kommen, mit genau diesen Begriffen stilistisch herumzuspielen...

Die Statistik hilft überhaupt nicht weiter. Weder spricht große Beliebtheit für / noch die Unbeliebtheit (oder gar das Unbekanntsein) gegen ein Stück - und umgekehrt.

Doch, das tut es. Warum und wieso, hatte ich bereits schlüssig dargelegt.

die Verachtung, mit der ein Großteil der Menschen die sogenannte Hochkultur straft

Welche "Hochkultur"? Die, die sich - zu recht oder zu unrecht - selbst im sogenannten "Elfenbeinturm" einquartiert sieht? Und welche Menschen "strafen" diese Hochkultur? Leben wir beide wirklich in der gleichen Welt, G.d.R. ...?

Zum Stichwort 'Denken': Alle gute Musik ist etwas Gedachtes, in sich sinnvoll Strukturiertes, und ein Musikliebhaber kann mitdenken, die musikalishen Gedanken aufnehmen, sich davon beschenken lassen und sogar darüber hinausdenken, und das ist viel mehr als schlichter 'Musikgenuß'.

Genau das ist Musik- und Kunstgenuß: sich von den Ideen des Künstlers bewegen und mittragen, bzw. auch mal forttragen zu lassen. Setzt voraus, daß man diese wahrnimmt und erkennt, das ist richtig.

Zum Thema 'Noten': Wie so oft vermischt der Threadersteller Halb- mit Unwahrheiten. Natürlich will Musik erklingen und gehört werden, was aber nicht bedeutet, daß der reine Notentext defizitär wäre.
Wie so oft, unterstellt der Beitragsschreiber dem Threadersteller unwahre Dinge. Der Notentext ist das, was er ist. Nicht mehr, und auch nicht weniger.

Zuallerletzt: Künstlerisches Gelingen braucht keine applaudierende Öffentlichkeit.

Kunst ist von Menschen - für Menschen. Anders hat sie nur wenig Wert. So wird sie gelebt, in dieser Form tritt das "Phänomen Kunst" in der Welt auf, und zutage.
 
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spätestens mit der Elektra des Euripides haben wir ein Beispiel des Musiktheaters, das zumindest vor den Kopf stoßen will und welches das Abstoßen dabei mindestens in Kauf nimmt.
Aus dem Bereich der Musik gilt das vielleicht für Strawinskis Frühlingsopfer.
Wobei der "Sacre" - von der Balletthandlung losgelöst - ein rauschhaftes, sehr kulinarisches Musikstück ist und viel häufiger als Orchestermusik im Konzertsaal erklingt denn als Begleitmusik fürs Tanztheater.

Aber auch der Konzerthörer wird vor den Kopf gestoßen, weil Strawinksy im "Sacre" etwas verweigert, was über hundert Jahre lang zum guten Ton in der abendländischen Orchestermusik gehörte: die Fortsetzungslogik, die strukturelle Ableitung von Themen und Motiven, ihre Verarbeitung. Das im "Sacre" zerhackstückte Material ist teilweise modal-folkloristisch, teilweise chromatisch: Kleinstmotive jedenfalls, die nicht verarbeitet, sondern unverändert, höchstens verkürzt oder augmentiert, als Ostinati gegeneinandergestellt, übereinandergeschichtet werden. Für die ersten Hörer muß diese Abweichung von der traditionellen Logik bestürzender gewesen sein als die Dominanz des Rhythmischen oder die Entfesselung der Perkussions-Klangfarbe.
 
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sagnix.gif
 
ich auch nicht... :-)
 
@Gomez de Riquet das ist einerseits schön und informativ (!), aber andererseits völlig zwecklos, wie du unschwer an der trisonischen Replik erkennen kannst. Zwar stehe ich nicht auf Jesus, aber mindestens einer seiner überlieferten Sprüche ist auszugsweise beherzigenswert: Matth. 7, 6.

Der Begriff 'Qualität' ist mir nicht geheuer.
Das geht mir nicht so. So mag der abstrakte Begriff Qualität zwar in unterschiedlichen Kontexten verschieden gebraucht werden, aber die künstlerische Qualität wird dadurch nicht weiter beeinträchtigt. Allerdings ahne oder vermute ich, dass dir der Begriff deswegen nicht geheuer ist, weil er zum vergleichen Anlaß gibt (das hatten wir vor ein paar Jahren umfangreich kontrovers diskutiert).
 
Einige noch gar nicht so alte Spinner will schon heute keiner mehr hören -- z.B. Stockhausen oder Cage. Die stinkenden und ranzigen Fettecken von Beuys will auch keiner sehen. Und das, obwohl diese Leute einst als Genies gefeiert wurden und es unter Intellektuellen und Bildungsbürgern bei Kaviarentzug verboten ist, sie scheiße zu finden. Sie haben sich einfach nicht bewährt -- Eintagsfliegen wie so mancher Schlager.

Unsinn!!! sind sogar sehr gefragt, muss aber nicht heissen, dass mir dies gefällt
 
Bitte etwas weniger pathetisch. Pure Argumente tun's auch.

Das scheint einigen so zu gehen, die mit Kunst ihre Brötchen verdienen, oder verdienen wollen (oder müssen).

Entschuldigung, aber das ist Unfug. Der Begriff Qualität ist ausreichend, und vollkommen richtig gewählt.

Auch die "Stimmigkeit" wird erspürt bzw. erfühlt - von den großen Künstlern selbst, wie auch vom kundigen Publikum. Wie auch die "Idee", die der Musik zugrunde liegt, und die "kunstvolle Umsetzung" derselben, und auch alles andere, was ein gelungenes (Kunst-)Werk ausmacht. Vielleicht mag der eine oder andere Experte sich auch mal analytisch der Qualität (diesmal im Sinne von: Beschaffenheit) eines Werkes nähern. Mir scheint das allerdings schon öfter mal in die Hose zu gehen, oder gegangen zu sein.

Übrigens könnte man auch "Formtreue" als Qualitätskriterium in die Diskussion bringen. Wo "Sinfonie" drübersteht, sollte auch eine Sinfonie drin sein. Jetzt könnte aber ein Verteter der Neuen Musik auf die Idee kommen, mit genau diesen Begriffen stilistisch herumzuspielen...



Doch, das tut es. Warum und wieso, hatte ich bereits schlüssig dargelegt.



Welche "Hochkultur"? Die, die sich - zu recht oder zu unrecht - selbst im sogenannten "Elfenbeinturm" einquartiert sieht? Und welche Menschen "strafen" diese Hochkultur? Leben wir beide wirklich in der gleichen Welt, G.d.R. ...?



Genau das ist Musik- und Kunstgenuß: sich von den Ideen des Künstlers bewegen und mittragen, bzw. auch mal forttragen zu lassen. Setzt voraus, daß man diese wahrnimmt und erkennt, das ist richtig.


Wie so oft, unterstellt der Beitragsschreiber dem Threadersteller unwahre Dinge. Der Notentext ist das, was er ist. Nicht mehr, und auch nicht weniger.



Kunst ist von Menschen - für Menschen. Anders hat sie nur wenig Wert. So wird sie gelebt, in dieser Form tritt das "Phänomen Kunst" in der Welt auf, und zutage.
Du kommst mir vor wie so ein Steuerbeamter:"Sie haben den Beleg von 1.33 Euro nicht beigelegt." schrecklich!!!:puh:
 

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