Petrof-Flügel oder altes Förster-Klavier?

Hallo Peter,

Ich denke, das ist ein gutes Angebot. Die Basssaiten sind nicht "durch" sondern entweder überträgt der Steg nicht ordentlich (kein Saitendruck) oder aber es stimmt etwas an der Intonation nicht. Was noch sein kann, dass die Hämmer gar nicht beide Saiten anschlagen.

LG
Michael
 
Danke für die Mut machenden Einschätzungen. Etwas ähnliches habe ich mir mit meinem gefährlichen Klavierhalbwissen auch schon gedacht: Es ist nicht so, dass es den Saiten an Obertönen mangelt (obgleich der Flügel im Vergleich zu meinem Petrof schon sehr sanft und "romantisch" klingt). Es mangelt an tiefen, bauchigen Frequenzen, die den Ton untenrum Fülle verleihen - halt so, als ob es an Resonanzraum fehlt.
Konkrete Frage: Ist das mit dem Saitendruck gut behebbar oder ein wirtschaftlicher Super-Gau? Und der "dünne" Klang tritt auch bei den ganz tiefen Saiten auf - also auch bei den einfach bespannten.
Danke nochmal!
Peter
 
Der Bass klingt "dünne" - hm. Experte Michael schreibt, woran es liegen könnte, wenn er denn wirklich "dünne" klingt.

Vielleicht kommts Dir aber auch nur so vor, weil Dein kleiner Petrof in Wirklichkeit dröhnt und grummelt? Vielleicht klingt der Bechstein ja - wegen der längeren Seiten - einfach nur sauber und klar?

Spiel mal eine Weile an dem Bechstein. Versuche, Dich von Deinem gewohnten Klangbild zu lösen und urteile dann. Frage außerdem die Klavierbauerin, ob sie das auch so hört und was sie machen würde. Zu ihr scheinst Du ja ein gewisses Vertrauen zu haben.
 
Sie findet den Klang richtig toll. Allerdings will sie mir den Flügel auch verkaufen :-). Mir gefällt er auch, aber alles, was ich mir in der letzten halben Stunde über Resonanzbodenwölbung und Saitenspannung durchgelesen habe, deutet darauf hin, dass der Bechstein darunter leidet (altes Instrument, Klang wird nicht vernünftig übertragen,...). Ich versuche mal, einen unabhängigen Klavierbauer mitzunehmen. Trotzdem nochmal meine Frage vorab: Was würde es denn in etwa kosten, dem Boden neue Spannung zu verleihen? Vielleicht würde ich den Sachverständigen dann gar nicht anrufen und das Ganze dann doch eher sein lassen ...
 
Hol Dir nen Sachverständigen! Das rentiert sich alleine schon deshalb, weil Du viel dabei lernst.
 
Hallo Nitrofunk,

ich schließe mich den Vorredner an. Investiere etwas Geld in einen Fachmann und bitte ihn um eine objektive Einschätzung.

Gesetzt den Fall, er würde grünes Licht geben und die notwendigen Reparaturen hielten sich in Grenzen.... du hättest dann ein tolles Instrument für vergleichsweise wenig Geld!

Ich verstehe von der Materie zu wenig, allerdings kann ich mir vorstellen, dass ein Flügel, der äußerlich keine großen Schäden davongetragen und nach erstem Augenschein auch einen unversehrte Resonanzboden hat, dass so ein Flügel ganz gut gepflegt wurde und vor allem einen guten Stellplatz hatte. Und das ist ja schon mal die halbe Miete!

LG und viel Glück,
Sesam
 
Ich sag mal so, ein Bechstein diesen alters (so er keinen Plattenbruch hat) lohnt sich schon. Nun ja, die Saiten werden nicht jünger, und auch der Stegdruck bleibt im Laufe der Jahre nicht mehr konstant, in wie weit die Hammerköpfe noch taugen ist auch immer eine Frage. Ein qualitativ hochwertiger Neubezug und ebenensolche Neubefilzung der Hammerköpfe könnte dem Flügel wohl noch einiges mehr entlocken.
Ich für meinen Teil tät den Flügel sofort nehmen.

Viele Grüße

Styx
 
von was machst du die Tauglichkeit der Hammerköpfe abhängig?

Abgesehen mal da von daß im Laufe der Jahre die Spannung im Filz nachläßt, sind die auch einfach mal irgendwann ab und runtergespielt - da hast dann nimmer sehr viel brauchbaren Filz rauf...klar, man kann sie abziehen und intonieren, das ist allerdings nur eine lebensverlängernde Maßnahme über maximal ein paar Jahre hinweg. Intonationstechnisch kannst da nimmer all zu viel mehr über die Zeit machen.

Viele Grüße

Styx
 
Lieber Styx, kannst du mir noch erklären, was es mit "Spannung im Filz" auf sich hat? Wie sollte denn die Beschaffenheit idealerweise sein? Wenn der Bechstein neue Filze bekäme, kann man da zwischen verschiedenen Filzen wählen? Ich weiß, du bist kein Hellseher, aber welche klangliche Verbesserung würden die neuen Filze beim Bechstein mutmaßlich bringen?
Vielen Dank für die geduldige Beantwortung meiner Fragen :-)

LG, Sesam
 

Ich würde den Stegdruck einfach mal messen. ;-)
Ein Stegdruckmesser kostet nicht viel oder man baut ihn sich selber. Evtl. hat die Klavierbauerin einen...
 
Moin Sesam,
Der Filz sollte eine gewisse Elastizität aufweisen, welche im Laufe der Jahre durch Beanspruchung und Verschleiß abnimmt. Es gibt in der Tat verschiedenartige Filze, ebenso verschiedene Härtegrade. Klangliche Verbesserung,,,hmm, wie soll ich Dir des erklären; nimm einen Golfball, einen Gummiflummi und ein gut verdichtetes Wollknäul und lasse sie nacheinander auf die Saiten fallen - es klingt jedes mal anders. Da hast Du dann so die extremst Unterschiede. Beim alten Bechstein von 1909 würde ich persönlich zu weichen Hammerkopffilz tendieren um den originalklang wieder herstellen zu können.
Ein weiteres Problem können verzeitete Saiten sein, im Baß kommt es dann zu tauben oder klirrenden Saiten, im Diskant zu Saitenjaulern. Auch ist bei so alten Instrumenten der Baßbereich sehr reißfreudig, will man ihn auf 440 Hz stimmen. Hier empfiehlt sich ein Neubezug mit Hellerbaß und Paolello M Diskantsaiten im Übergang zum Baß vielleicht auch Paulello 0

Viele Grüße

Styx
 
Tja - wenn ich das alles so lese, wird mir klar, dass Ihr offenbar von der Annahme ausgeht, dass ich noch eine ordentliche Summe in die Restaurierung investieren werde. Aber genau das kann ich halt nicht: Wenn ich den Petrof verkaufe und den Rest für den Bechstein drauflege, habe ich - wenn's hochkommt - noch rund 500 Euro, die ich in solche Maßnahmen reinstecken könnte. Daher ja auch meine Frage, ob das mit der Resonanzbodenwölbung eine große finanzielle Sache ist.

Mein Dilemma ist halt folgendes: Zurzeit habe ich einen wirklich sehr schön klingenden Flügel, den ich für 1500 Euro (die ich noch hätte) nochmals aufbessern könnte. Und ich weiß halt nicht, ob ich den nun weggeben soll, Geld drauflegen soll und dann einen Bechstein habe, der zwar die bessere Wertanlage ist und sich schöner spielen lässt, klanglich aber (zumindest im Bassbereich) gegenüber dem Petrof klar abfällt. Und auf Jahre hin mit einem klanglichen Kompromiss zu leben, bevor ich mir dann in 5, 10 Jahren (vielleicht!) die Restauration leisten kann - ob das so gescheit ist? Lirum Larum: Ich fahre nächste Woche mal mit dem Sachverständigen hin. Danach bin ich hoffentlich schlauer.
 
Vielen Dank Styx, das hast du sehr plastisch erklärt!

@Nitrofunk: Ich kann deinen Gedankengang gut nachvollziehen. Wenn du jetzt glücklich bist mit deinem Petrof, warum dann in einen anderen Flügel investieren, der in den nächsten Jahren weit unter seinem Potential klingen wird?? Es macht wirklich keinen Spaß, jahrelang ein Instrument zu spielen, das viel besser klingen könnte, hätte man nur das nötige Kleingeld zur Reparatur.

Hoffentlich kann dir der hinzugezogene Fachmann aufschlussreiche Fakten nennen, so dass du eventuell entstehende Kosten besser abschätzen kannst.

Das mit der Wertanlage kannst du getrost vergessen! Alte Flügel verursachen nur Kosten. Sonst nix. Nicht mal der Gerichtsvollzieher will sie haben.

Wenn dir der Petrof Bass mit 160 cm gut gefällt, dann -meine Privatmeinung- sind 180 intakte Zentimeter bestimmt ein Argument.

LG und viel Spaß beim Besichtigen und Anspielen,
Sesam
 
@Nitrofunk: Ich verstehe es so, dass
  • Du am Petrof gerade einige Reparaturen machen wolltest und damit ein noch schöneres Instrument hättest als jetzt, dass Du den Bechstein hingegen für die nächsten Jahre im wesentlichen so lassen müsstest, wie er jetzt ist.
  • Du beim Petrof mit dem Klang sehr zufrieden bist, beim Bechstein hingegen vor allem die Spielart fasziniert.
Was ist Dir wichtiger, Klang oder Spielgefühl? Du hast die Chance, eines von beiden zu optimieren aber eben nicht beides. Bei begrenztem Budget ist es nun mal so: Irgendeinen Tod muss man sterben. Wenn Du Dir Deine Präferenzen klarmachst, hilft es vielleicht bei der Entscheidung.

Ich persönlich freue mich täglich an der tollen Mechanik meines Mini-Blüthner. Wäre Klang das Allerwichtigste, hätte ich vielleicht eher ein großes Klavier genommen. Aber an Klang gewöhnt man sich irgendwie recht schnell, das nutzt sich eher ab als ein tolles Spielgefühl, bei dem manches einfach ganz von selbst gelingt.

Zusätzlich weise ich nochmal drauf hin, dass der längere Bechstein vielleicht nur im ersten Moment im Bass dünn klingt und dass das in Wirklichkeit der bessere, reinere Klang ist.

Du siehst schon, ich an Deiner Stelle würde mich auch schwer tun, den Bechstein stehenzulassen. Insofern bin ich vielleicht mit meinen Ratschlägen keine große Hilfe.Trotz allem würde ich vor einer Entscheidung für den Bechstein unbedingt den Klavierbauer konsultieren.

Viel Glück und Mut wünscht
- Karsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde das Förster Klavier vorbehaltlich für tauglicher halten. Die Mechanik .... wird kaum so ne schöne Spielart bekommen wie du vielleicht wünschst
Also: Ich habe mich eben mit der Dame geeinigt: Ich habe gesagt, dass ich das Petrof nehme, und sie will es aber trotzdem vorher in Schuss bringen r
bis auf die schwergängige Mechanik und das ein oder andere mechanische Rasselgeräusch
Ich kenne sehr gut die Arbeit an so Petrof Flügel mit Flemming Mechanik. Da kann der Flügel noch so gut klingen, setzt man sich nicht hin und spielt, wenn die Mechanik zäh geht... Mit 500,- hüpft man da nicht weit... Neue Röllchen ändern daran auch nichts... Und neue Hämmer machen die Mechanik nicht spritziger... Die wackeligen Tasten erfordern eine Neugarnierung. Manche Kollegen stellen einfach die Stifte schräg - vor allem wenns billig gerichtet werden soll. Auch das macht die Mechanik in keinster Form spritziger. Normalerweise lässt sich das Ding auch nicht wirklich gut stimmen, denn die Saiten jaulen oft extrem. Fazit: Das Förster Klavier wärs gewesen. Der Bechstein dürfte vielleicht einen Schwachpunkt haben. Sicher ist man erst, wenn ein Kollege den anguckt und vielleicht hast Du Glück.

LG
Michael
 
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Ich würde jetzt nicht unbedingt zwangsweise davon ausgehen, dass der 180er Bechstein einen besseren Bass haben muss, nur wegen 20 cm mehr und dem Namen.
Ich hab erst gestern wieder einen neuen 200er Bösendorfer gespielt und war erstaunt über den schmalbrüstigen Bass, so schön der Flügel auch sonst sein mag.
Stegdruck alleine wird das auch nicht beheben und dafür ist sowieso eine Neubesaitung fällig.
 
Tja - wie gewonnen, so zerronnen. Die Verkäuferin hat sich nun entschieden, den Bechstein ihrer Tochter zu überlassen, was bedeutet, dass ich den Petrof behalte. Wer weiß, wofür's gut war. Jetzt bringe ich meinen Petrof für 1500 Euro auf Vordermann und freue mich weiterhin an diesem oft unterschätzten Schätzchen :-)
Danke für alle Antworten!
Peter
 

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