Körperbewegungen beim Klavierspielen

Wo in der Welt stoppt man überhaupt bei einem Fehler?
Außer vielleicht am Fließband bei Toyota.
Wenn der „Brückenbauinschenjör" feststellt, dass eine falsche Betonmischung verwendet wird, wäre es ratsam, erst mal innezuhalten und das weitere Vorgehen zu überdenken.

Oder wenn der Chirurg feststellt, dass er gerade dabei ist, das Bein anstelle der entzündeten Mandeln zu amputieren.

Oder der Oberbefehlshaber, wenn er merkt, dass der gemeldete gegnerische Atomraketenangriff eine Falschmeldung des Computers ist und er im letzten Moment den nuklearen Gegenschlag abbläst.

Also überall da, wo das unbeirrte Weitermachen ernsthafte finanzielle und vor allem existentielle Konsequenzen hätte.

Außerdem ist das Beispiel „The Show must go on bei den performativen Künsten" so nicht ganz richtig.
Wenn der Zirkusartist den „6-fachen Todessalto mit eingesprungenem 4-fachen Axelrittberger" versemmelt, was macht er dann?
Genau! Er stoppt und wiederholt ihn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unter der Voraussetzung, dass die "Versemmelung" keine nachteiligen körperlichen Auswirkungen hatte, die einer gewünschten Wiederholung im Wege stehen, darfst Du Dir den Zeitpunkt der Wiederholung aussuchen.
In der Regel findet im Zirkusbereich das Stoppen und Wiederholen der vergeigten Übung, abhängig von der artistischen Disziplin, nach einer, wie auch immer gearteten, Landung statt.
Sofern, wie gesagt, die körperliche Unversehrtheit danach noch gegeben ist...
;-)
 
Technik ist die Fertigkeit um etwas musikalisch dar zustellen
Richtig. Gemäß Liszt "allen manuellen Anforderungen geschmeidig gewachsen zu sein". Das ist sozusagen die Grundvoraussetzung für gutes Klavierspiel.

Trotzdem kann man natürlich, davon unabhängig, an rein musikalischen Aspekten arbeiten, zum Beispiel Gewichtungen legen, den Ausdruck variieren, Details verändern.

Voraussetzung dafür ist, dass die technische Seite weitgehend erarbeitet ist und keine größeren Probleme (mehr) macht.
 
Voraussetzung dafür ist, dass die technische Seite weitgehend erarbeitet ist und keine größeren Probleme (mehr) macht.

Nein!

Das impliziert, erst die Technik zu lernen, dann die Musikalität.
So produziert man dann Klavierroboter.

Stattdessen muss schon bei der ersten Verbindung von zwei Tönen darauf geachtet werden, dass dabei Musik herauskommt, und nicht nur das Ergebnis von zwei nacheinander gedrückten Tasten.
 
Sehe ich auch so. Eine Klavierlehrerin von mir hat sogar explizit empfohlen, technische Probleme musikalisch zu lösen: Z.B. sind große Sprünge ja oft auch mit musikalischer Spannung verbunden. Um die auszukosten braucht man Zeit. Zeit die man auch für die technische Bewältigung braucht.

Was @Dreiklang eventuell meint ist, dass eine gute Technik einem ermöglicht, sich voll auf das Musikalische zu konzentrieren. Das halte ich für richtig. Nur schöpft man dann eben aus seinem technischen Fundus. Damit ist nicht das Üben an einem Stück in zwei Etappen (erst technisch - dann musikalisch) gemeint.

Dennoch wurde zu Artur Schnabel- und Edwin Fischer genau so aufgeteilt geübt, und trotzdem sind daraus großartige Musiker geworden. Eigentlich merkwürdig.
 
Nein. Du verstehst nicht, was "Technik beim Klavierspiel" ist.

Technik ist das, was es mir ermöglicht, auf dem Instrument das umzusetzen, was mir musikalisch vorschwebt.


Wie man sich diese Technik erarbeitet, davon habe noch kein Wort gesagt. Oder wie man üben sollte -

Klar ist ein Grundprinzip, dass man immer musikalisch übt, beziehungsweise, man sollte immer Musik machen am Instrument.

Allein schon deswegen, damit man auch das Musizieren immer besser lernt.

Trotzalledem ist die Erarbeitung von Technik ein langwieriger Prozess, bei dem man längere Zeit meist mehr oder weniger das gleiche am Instrument machen muss, bis es am Ende dann so klappt, wie man sich das vorstellt, und man am Ziel ist. Die Technik ist in der Regel das, was Profis von Amateuren unterscheidet.
Und das, für dessen Erwerb man beim Klavierspiel mit Abstand am meisten Zeit aufwenden muss.

Naja, und der Hanon & Consorten gehören zu den größten Irrtümern der Klaviergeschichte. Auch "Fingerhanteln" etc. helfen recht wenig dabei, sein Klavierspiel zu verbessern.
 
Die Technik ist in der Regel das, was Profis von Amateuren unterscheidet.
Nicht nur, z.Bsp. auch die Klangvorstellung ist besser um nur eine Sache zu nennen ... (es gäbe noch mehr)
Technik und Musik darf man nicht trennen beim üben.
der andere in die Hände klatscht musst Du sofort zur nächsten Einstiegsstelle nach vorne springen.
Noch cooler wenn jemand die Nummer nennt und man muss weiter als bis zur nächsten Station springen ...
 
Nicht nur, z.Bsp. auch die Klangvorstellung ist besser um nur eine Sache zu nennen ... (es gäbe noch mehr)
Aber die Technik ist in der Regel das signifikanteste (vergleiche den Schubert eines Weltklassepianisten mit dem eines Hobbyspielers). In Sachen Musikalität allein können auch Amateure schon ganz gute Level erreichen.
Technik und Musik darf man nicht trennen beim üben.
Hab' ich ja auch nie behauptet (oder angedeutet). Trotzdem ist es - bei gewissen Übemethoden - nicht eben ein leichtes Unterfangen, beim Üben noch einigermassen Musik zu machen :musik: (rückwärts-additiv, Hände trennen und so)
 

Warum tun sie es dann so gut wie nie?

Ich gebe die Antwort selbst: Weil es erheblich einfacher ist, eine halbwegs brauchbare Technik zu entwickeln als eine halbwegs brauchbare Musikalität.
Musikalisch ist ja grundsätzlich jeder Mensch in irgendeiner Form und Ausprägung.

Deshalb würde ich deinen Satz ergänzen: Die manchmal unüberbrückbare Schwierigkeit besteht für Amateure oft darin, ihre technischen Fähigkeiten so einzusetzen, dass ihre Musikalität hörbar wird.
 
Die manchmal unüberbrückbare Schwierigkeit besteht für Amateure oft darin, ihre technischen Fähigkeiten so einzusetzen, dass ihre Musikalität hörbar wird.

Wenn sie nicht hörbar wird, hat man sie nicht oder nutzt sie nicht.
Und das ist so, weil die Leute nicht Musik machen willen, sondern Klavier spielen.
Und deshalb versuchen sie das Problem der richtigen Taste zur richtigen Zeit zu lösen.
Den wirklich musikalischen Naturen ist es ziemlich scheißegal, ob man das Klavier wirklich so bedient, wie sie es gerade tun, oder ob das gerade ein falscher Ton war, die spielen vom ersten Ton an mit dem Ohr.
 
@Sven
Ich sehe da keinen Widerspruch zu meinem Beitrag. Entscheidend ist aber deine Formulierung „... nutzt sie nicht.“ Das sagt ja das aus, was ich auch geschrieben habe: Technik und Musikalität sind für Amateure oft zwei getrennte Welten, ohne dass die Technik der Musik dienbar wird.
 
@Tastimo Dass jemand musikalisch ist zeigt sich dadurch, dass er musikalisch handelt.

Alles andere ist "jeder ist ein Künstler" Bullshit.
 
@Tastimo Dass jemand musikalisch ist zeigt sich dadurch, dass er musikalisch handelt.

Alles andere ist "jeder ist ein Künstler" Bullshit.
Ja, richtig, so weit es die Technik zulässt und er eben dementsprechend musikalisch handelt. Bei den einen sind das stärker melodische Fähigkeiten, bei anderen eher rhythmische (z.B. Boogie-Woogie-Spieler).

Die Aussage, dass jeder Mensch musikalisch ist, besagt etwas anderes als „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Dass letzteres nicht stimmt, hat verschiedene Gründe, vor allem, dass ein Künstler etwas Bestimmtes sehr gut können muss (z.B. Technik und Musikalität in Einklang bringen) und außerdem auch eine künstlerische Intention hat.
Dies beides ist bei Amateuren oft nicht ausgeprägt, sehr wohl aber eine Grundmusikalität, die jeder Mensch hat.

Manchmal ist ja auch das Instrument nicht das richtige. Ich kenne Musiker, die haben nach einer Weile das Instrument gewechselt und konnten dadurch ihre Musikalität besser ausdrücken.
 
Manchmal ist ja auch das Instrument nicht das richtige. Ich kenne Musiker, die haben nach einer Weile das Instrument gewechselt und konnten dadurch ihre Musikalität besser ausdrücken.

Und das ist kompletter Bullshit.
Jemand mit Musik im Blut holt aus jedem noch so unbekannten und ihm (ihr!) nicht liegenden Instrument mehr Musik heraus, als jemand der es unbedingt beherrschen will und da ganz viel gelernt hat, aber in Wirklichkeit ein totes Stück Holz in Menschenform ist.

Ist beim Tanzen genauso.
Nur zu wollen reicht einfach manchmal nicht.
 
Jemand mit Musik im Blut holt aus jedem noch so unbekannten und ihm (ihr!) nicht liegenden Instrument mehr Musik heraus, als jemand der es unbedingt beherrschen will und da ganz viel gelernt hat, aber in Wirklichkeit ein totes Stück Holz in Menschenform ist.

Das ist eine ethisch durchaus wertvolle Sicht der Dinge, nur leider, wie so viele Verallgemeinerungen ziemlich oft grottenfalsch.
Ganz abgesehen davon, dass es eine instrumentenspezifische Musikalität gibt (es gibt z. B. Geiger oder Sänger, die das unänderbare diminuendo jedes Klaviertones als unerträglich oder zum Mindesten völlig unmusikalisch wahrnehmen und empfinden), ist die Eignung für ein bestimmtes Instrument auch von körperlichen Voraussetzungen abhängig, die bestimmte Instrumente geeigneter erscheinen lassen als andere. Ein hochmusikalischer aber asthmatischer Posaunist wird nicht alles ausdrücken können, was er empfindet! Auf der Geige wohl eher??
 
@Sven
Sorry, den Bullshit muss ich zurückgeben. Und Verallgemeinerungen bringen (nicht nur) dich nicht weiter.

Ich kenne einen Jazz-Trompeter, der erst Jazz-Klavier studiert hat, dann gemerkt hat, dass ihm Klavier nicht so gut liegt wie Trompete und dann zwei Jahre Trompete gelernt hat, um das dann zu studieren.

Es gibt eine sehr erfolgreiche Sopranistin, die ursprünglich Blockflöte gespielt hat, inclusive Wettbewerbe, relativ spät auf Gesang umgestiegen ist, und erst hier gezeigt hat, dass sie eine Ausnahmeerscheinung ist.

Es gibt einen Chorleiter, der Klavier spielt wie jemand, der keine Musikalität spürt. Und leitet seit langem einen professionellen Chor.
 

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