Tatsache ist: Ohne den finanziellen Druck, ohne die Schwierigkeiten, Musikschulen rentabel (oder jedenfalls ohne exorbitanten Subventionsbedarf) zu betreiben, GÄBE ES DIESE DISKUSSIONEN ÜBER GRUPPENUNTERRICHT GAR NICHT!
Lieber hasenbein,
das stimmt nur zum Teil! Gruppenunterricht gibt es seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Hier mal einen Ausschnitt aus
dieser Dissertation "Instrumentaler Gruppenunterricht an Musikschulen" von Thomas Grosse (ab Seite 12):
(...)
(...)
Auch
M. Varro unterrichtete Anfänger in Gruppen und berichtet sehr detailliert in ihrem Standardwerk der Klavierpädagogik von 1929 (!) über die Fortschritte einer "Gruppe von drei so verschieden begabten und verschieden gearteten Kindern", "wie man sie selten beieinander findet". Sie schreibt später:
"Die günstigste Form der Unterweisung von Anfängern, das ist von Kindern zwischen acht und zwölf Jahren, ist der Gruppenunterricht., und zwar für Lehrer und Schüler gleichermaßen. Werden drei bis vier Kinder in etwa eineinhalb Stunden gemeinsam unterrichtet, so ist dies dem Einzelunterricht aus mehreren Gründen vorzuziehen: die Kinder ermüden weniger rasch, wenn sie ihre Aufmerksamkeit abwechselnd dem eigenen Spiel, dem Spiel der Mitschüler und den gemeinsam betriebenen Gehörsübungen zuwenden können, als wenn sie sie nur auf ihr eigenes Tun und Lassen zu richten hätten; der Wettbewerb spannt ihre Arbeitslust an, die Gemeinsamkeit des Interesses steigert ihr Interesse für den Lehrgegenstand überhaupt. All dies hebt die Stimmung und macht die Lehrstunde anziehender, fesselnder, lebendiger.... ."
Auch mehrere Professoren für Klavierpädagogik an Musikhochschulen sind der Meinung, dass Gruppenunterricht bis maximal vier Kinder für den Anfängerunterricht im Fach Klavier günstig ist. Gerade Ulrike Wohlwender und ihre Veröffentlichungen schätze ich sehr! Der Gruppenunterricht bietet viele Möglichkeiten, die dem Lernverhalten von Kindern entgegenkommen.
Was dieses Lernverhalten angeht, berücksichtigt dies die Liste des Lernens von Barratt aus meiner Sicht viel zu wenig. Hier werden Aspekte genannt, wie Kinder lernen:
https://www.philognosie.net/denken-lernen/lernverhalten-wie-kinder-lernen-die-welt-zu-verstehen. Ein Beispiel: Kinder lernen ernsthaft, indem sie spielen, mit allen Sinnen und viel Bewegung die Welt der Klaviermusik be-greifen!
Ich bin also etwas zurückhaltend mit meinem Urteil eines Gruppenunterrichts für 3 bis 4 Kinder am Klavier, weil ich dafür nicht ausgebildet bin und eben zuwenig Ahnung davon habe. Ich weiß aber, wie Gruppenunterricht zu zweit abläuft und den kann ich für den Anfang, wo es so viel um die Schulung des Gehörs und des Musikverständnisses geht, bei zueinander passenden Kindern nur empfehlen. Später der Mix aus Einzel- und Gruppenunterricht oder reiner Einzelunterricht, denn dann kann man ganz auf den einzelnen Schüler eingehen.
Liebe Grüße
chiarina
P.S.: Ergänzung: ein riesiger Vorteil des Gruppenunterrichts ist natürlich die Menge an Zeit, die wöchentlich für Klavierunterricht verwendet wird. Bei mir hat so eine 2er-Gruppe im ersten Jahr 60 Minuten Unterricht, ab dann hat jeder in dem Mix mit Einzelunterricht ebenfalls 60 Minuten, hört aber noch 30 Minuten im Unterricht des anderen zu. Das macht sich auf Dauer bemerkbar.