Gruppenunterricht: Vor(ur)teile

Es wäre schön, wenn ihr eure Meinung "halte ich für ungeeignet" etc. begründen könntet!
Stimmt, ich habe nur fehlende Vorteile aufgeführt.
Ungeeignet für Instrumentalunterricht deshalb, weil mehrere Schüler den Fokus stören, den ich für für wesentlich halte.
Ich gehe mal davon aus, dass es hier vor Allem um Klavierunterricht geht.
 
Der Mensch ist sehr begabt im Nachahmen, ob freiwillig oder unfreiwillig. Und so kommt es, dass im Gruppenunterricht die Fehler der Anderen sehr subtil nachgeahmt werden. Und das ist das Schlimmste, was beim Lernprozess passieren kann: Fehler einüben.
 
Sehr interessante Frage.
Für sehr junge Menschen ist der Instrumentallehrer, der eine dreiviertel Stunde nur mit dem Kind alleine verbringt, etwas ganz Besonderes und oft wegweisend. Das sollte man nie unterschätzen, besonders als Lehrer nicht.
Sind die Menschen weiter fortgeschritten, halte ich sehr viel von Gruppenunterricht.
Ich komme mal mit einem Beispiel aus dem Reitsport. Mir persönlich hat es unglaublich geholfen, mir Videos von einem Trainer anzuschauen, den ich auch als Lehrer persönlich kenne und sehr schätze.
Wie eine Droge habe ich bestimmt 30 Videos angeschaut, in denen er nur immer wieder andere Pferde geritten hat und dazu etwas erzählt hat. Ich saß also zuhause am Rechner und als ich mich das nächste Mal auf ein wirkliches Pferd setzte, hatte sich mein Reitstil komplett verändert.
Das Zuschauen ohne eigene Betroffenheit läßt dich entspannter lernen, man spürt, wenn man aufmerksam ist, was gut ist, was nicht und überträgt es unbewusst auf das eigene Verhalten. In meinem Fall war das wirklich krass, ohne jetzt in´s Detail zu gehen. Ich habe also rein mental sehr wichtige Dinge gelernt.

Auch kenne ich es von meinen Studies, die grundsätzlich neben Einzelunterricht auch Gruppenstunden haben, wie wertvoll das ist.

  • Sie hören andere spielen, die die gleichen Probleme haben, sehen, wie wir damit umgehen.
  • Sie müssen sich selbst anders konzentrieren, weil jede Stunde ein bißchen wie ein Konzert ist und der Satz: "Ich konnte nicht üben, weil..." sehr schlecht ankommt.
  • Nicht zu unterschätzen die Gruppengemeinschaft, die sich bildet und immer, wenn Menschen sich in einer Gruppe identifizieren, setzen sie sich auch dafür ein.
  • Man lernt andere Herangehensweisen, das erweitert den Horizont (Ich unterrichte schulpraktisches Klavierspielen, also Improvisation und wie man Lieder schön begleiten kann) .
Fazit: Ich schätze Gruppenunterricht sehr! Aber er ersetzt nicht den Einzelunterricht.
 
Ich finde Gruppenunterricht dort gut, wo etwas gelernt werden soll, was in Gruppen gemacht wird (Kammermusik zum Bleistift). Ansonsten gibt's nur Ablenkungen, der was lernen will, muss sich dem anpassen, der rumblödelt. Siehe Schule, dort wird genug in Gruppen "gearbeitet".
 
Ich gebe seit Jahren relativ viel Gruppenunterricht mit 2 - 6 Kindern/Jugendlichen. Fast alle dieser Schüler beginnen mit der Bläserklasse. Ich bin also nicht völlig unabhängig in meinem Tun, sondern muss die Wünsche und Forderungen der Gymnasiallehrer berücksichtigen.
Als ich vor etwas 10 Jahren damit anfing, fand ich es furchtbar anstrengend, mittlerweile habe ich mich damit arrangiert und gebe gerne Gruppenunterricht. Nicht weil ich es für die beste Unterrichtsform halte, das nicht, aber ich habe für mich eine Herangehensweise gefunden, die mir, und ich denke auch den Schülern, Spaß macht und bei der die Schüler doch soviel lernen, so dass ich mich im Spiegel noch angucken mag.
Am Anfang habe ich mehr oder weniger versucht die Inhalte des Einzelunterrichts auch in der Gruppe genau so zu vermitteln. Aber das funktionierte nicht: ich kann mit einzelnen Kindern nicht so in die Tiefe gehen und die anderen stehen daneben und warten. So war ja mein eigener Unterricht früher (für ein Jahr) und das fand ich langweilig.

Ich mache also bei bestimmten Themen Abstriche und konzentriere mich auf die Aspekte, die bei meinem Instrument gut mit mehreren gleichzeitig vermittelt werden können, z.B Rhythmus, Atemübungen, Phrasierung.
Das bedeutet nicht, dass ich zu manchen Dingen garnichts sage, aber ich beharre eben nicht drauf, weil es zu viel Zeit kostet.

Nach den 2 Jahren die so eine Bläserklasse dauert versuche ich üblicherweise alle in den Einzelunterricht zu bekommen. Ganz selten empfehle ich den Verbleib in der (eventuell verkleinerten) Gruppe, wenn sie besonders gut funktioniert. Das ist grade aktuell auch der Fall bei 2 Bläserklassen. Die Gruppendynamik ist so toll, es wird viel gelernt und die Kinder verstehen sich sehr gut. Die können noch für ein weiteres Jahr zusammen bleiben und ich bereite sie für „Jugend musiziert“ vor, nächstes Jahr ist nämlich Bläserensemble-Wertung.
Das ist aber die Ausnahme, das habe ich nicht jedes Jahr.
Die meisten Kinder wollen, wenn ich sie am Ende der Bläserklasse anspreche, keinen Einzelunterricht. Die Aussage ist meistens, dass es in der Gruppe mehr Spaß macht und sie sich sonst so beobachtet fühlen von mir. Ich habe aber auch viele zurückhaltende, stille Mädchen, die sich ungern in den Vordergrund drängeln. Denen ist die ungeteilte Aufmerksamkeit eines Lehrers unangenehm.
Woher das kommt ? Keine Ahnung.
 
Meine musikalischen Anfänge waren im Gruppenunterricht auf der Blockflöte in den späten 1970er Jahren. Es unterrichtete die Frau des evangelischen Kantors, gelegentlich vertretungsweise der Kantor selbst. Im Rückblick würde ich so etwas heute nicht mehr wollen. Zum einen weil ich die Qualifikation der Lehrkraft heute als fragwürdig einstufen würde, zum anderen weil eigentlich nicht zusammen musiziert wurde, sondern reihum die "Hausaufgaben" vorgetragen und das nächste Stück im Lehrbuch aufgegeben wurde. Schlimm fand ich dieses Prozedere damals nicht und erstaunlicherweise hat es mich nicht abgeschreckt lebenslang weiter Musik zu machen. Wollen würde ich das für meine Kinder heute auf gar keinen Fall mehr, zumindest als alleinige Unterrichtsform.

Als Gesangsschüler habe ich Gruppenformen erlebt, die eine Mischung aus Einzelunterricht mit Zuhöreren und Ensembleunterricht / Kammermusikunterricht waren. Das war aber nie mit Anfängern, sondern fortgeschrittene Schüler und die Stücke waren auch immer in Einzelstunden vorbereitet. Von gewissen Übungen profitiert man dann auch als Gruppenteilnehmer weil man sich in den "Fehlern" anderer Schüler wiederfindet. Die Wahrnehmung wird geschult und von den Tipps des Lehrer kann man ebenfalls profitieren. Das erfordert allerdings eine gewisse Vertrautheit untereinander, was nicht überall gegeben ist.
 
Liebe Blüte,

als Schülerin habe ich nur Einzelunterricht erlebt und fand das immer sehr befriedigend. Natürlich habe ich auch immer Kammermusikproben gehabt, in Ensembles, im Orchester und Chor musiziert, auch im Studium viele Klassenstunden erlebt, in denen wir uns vorgespielt haben, in denen bestimmte Stellen der Klavierliteratur besprochen wurden etc.. All das habe ich sehr genossen und all das war sehr lehrreich für mich, allerdings würde ich es nicht als Gruppenunterricht bezeichnen mit dem Ziel, ein Instrument zu lernen.

Ich habe mal in meiner Jugend ein Jahr Gitarrenunterricht in der Gruppe gehabt und mich schrecklich gelangweilt, weil die musikalischen Vorkenntnisse sehr auseinanderdrifteten bei den einzelnen Schülern und ich kein "Futter" bekam. Es wurde für alle das Gleiche gemacht.

Ohne Differenzierung, ohne dass für verschieden begabte und motivierte Schüler unterschiedliches Material zur Verfügung gestellt wird und die Möglichkeit geboten wird, jeden Schüler bestmöglich oder wenigstens überhaupt zu fördern, kann Gruppenunterricht langfristig nicht funktionieren!

Deswegen habe ich als Lehrerin Instrumentalunterricht bisher nur in 2er-Gruppen gegeben, was auch eher selten der Fall ist. Erwachsene bekommen grundsätzlich Einzelunterricht (den Wunsch nach Gruppenunterricht habe ich noch nie gehört), genießen aber auch den Kontakt in zusätzlichen Gruppenstunden etc..

Es ist interessant, dass ich im Gegensatz zu Tastatula gerade den Beginn des Instrumentalunterrichts in der Gruppe für sehr geeignet halte. :003: Vor allem, wenn die Kinder jünger sind. Da geht es viel um Hören, um Klangbewusstsein, um grundsätzliche musikalische Phänomene und es ist viel besser, wenn nicht ich als Lehrerin, sondern andere Kinder die Spielpartner sind. Es ist viel lustiger, die Kinder merken sich alles besser, kommen selbst auf sehr gute Ideen und feuern sich gegenseitig an!

Voraussetzungen:

- Kinder, die zusammen passen
- mindestens zwei Instrumente, Orffsches Instrumentarium etc. im Unterrichtsraum, der so groß und leer sein muss, dass auch Bewegung möglich ist
- mindestens 60 Minuten Unterricht
- der/die KL ist für die Erteilung von Gruppenunterricht ausgebildet, extrem wichtig bei mehr als zwei Kindern

Das absolute Maximum liegt m.E. bei 3 bis 4 Kindern. Ich selbst präferiere zwei. :003: Ich fand es aber sehr interessant, dass Inge Rosar (Musikhochschule Würzburg) während unseres Bach-Seminars sagte, dass sie 3 bis vier Kinder in der Gruppe sogar bevorzugen würde. Es gibt ja die Schule 1,2,3 Klavier, konzipiert als Einzel- und Gruppenunterricht, und die Autorin Ulrike Wohlwender (Professorin Klavierpädagogik Musikhochschule Stuttgart) ist der gleichen Ansicht wie Inge Rosar.

Nur sind wir (zumindest die älteren Klavierlehrer wie ich *hüstel* :004: blöderweise nicht wirklich dafür ausgebildet und dann hakt's. So ein Gruppenunterricht mit 3 bis vier Kindern kann auch derbe in die Hose gehen. Deswegen habe ich das bisher nicht gemacht, abgesehen davon, dass mir auch die Hardware (Zahl der Instrumente) fehlt.

Aber was können die Kinder alles gemeinsam lernen? Wenn alle das gleiche Stück lernen (was keineswegs sein muss), kann z.B. jeder bei einer anderen Phrase einsetzen. Und dann wie in einem Puzzle tauschen. Da lernt man viel über Musik. Einer kann dirigieren, der andere den Puls mit der Trommel begleiten und zwei spielen am Klavier. Das Lernziel liegt bei diesem Unterricht auf dem Kennenlernen von Musik, der Schulung des Gehörs, des gemeinsamen Musizierens, des Improvisierens, des "aufeinander Hörens und Achtens".

Und das geht zu mehreren oft besser als allein. Wenn ich so eine 2er-Gruppe hatte, habe ich im Schnitt das erste Jahr 60 Minuten gemeinsam unterrichtet. Ab da habe ich den Unterricht gesplittet - ungefähr 30 Min. Einzel, 30 Min. Gruppe, 30 Min. Einzel. Im Einzelunterricht hat der andere immer zugehört, ab und an auch mal mitgemacht.

Das war sehr effektiv in jeder Hinsicht. Erstaunt hat mich, dass es nie irgendwelche Konflikte gab.Nach einiger Zeit driften die Kinder allerdings in ihren Leistungen auseinander und deswegen habe ich nach i.d.R. einem Jahr mit Einzelunterricht begonnen. Aber auch bei gleicher Begabung und Motivation habe ich immer irgendwann das Gefühl gehabt, dass ich mit Einzelunterricht mehr auf den einzelnen eingehen kann.

Ich liebe sehr diese Kombi Einzel-Gruppe-Einzel! Transponieren, Lieder begleiten, Improvisieren, Gehörbildung machen (einer spielt Intervalle, der andere hört und bennent sie u.v.a.), viele Stücke hören und lernen, ein wirklich guter Kammermusikpartner werden (vierhändig spielen)...., da kommt viel bei rum. :003:

Leider braucht man dafür zueinander passende Kinder und die hat man als Privatlehrer oft nicht. Das Alter sollte einigermaßen passen und beide sollten Anfänger sein. Da wird's bei mir schon schwierig.

Was mir nicht gefällt: Gruppenunterricht als an Musikschulen vorrangig finanziell lohnendes Konzept, bei dem die Didaktik und Methodik zweitrangig ist. Oft stimmen dann auch nicht die Voraussetzungen wie die Zusammensetzung der Gruppe und das hat oft ein schlechtes Ergebnis zur Folge!

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich glaube, es werden unterschiedliche Dinge vermischt:

1. Lernen durch Beobachten.
Ich komme mal mit einem Beispiel aus dem Reitsport. Mir persönlich hat es unglaublich geholfen, mir Videos von einem Trainer anzuschauen, den ich auch als Lehrer persönlich kenne und sehr schätze.
Wie eine Droge habe ich bestimmt 30 Videos angeschaut, in denen er nur immer wieder andere Pferde geritten hat und dazu etwas erzählt hat. Ich saß also zuhause am Rechner und als ich mich das nächste Mal auf ein wirkliches Pferd setzte, hatte sich mein Reitstil komplett verändert.
Das Zuschauen ohne eigene Betroffenheit läßt dich entspannter lernen, man spürt, wenn man aufmerksam ist, was gut ist, was nicht und überträgt es unbewusst auf das eigene Verhalten. In meinem Fall war das wirklich krass, ohne jetzt in´s Detail zu gehen. Ich habe also rein mental sehr wichtige Dinge gelernt.
Kann ich nur bestätigen (ich komme auch aus dem Reitsport :005:). Mir bringt es auch viel, anderen beim Klavierspiel zuzuschauen – aber nur Könnern.
Um Himmels Willen keinen Anfängern oder Leuten auf dem gleichen Niveau wie ich selbst. Das mag "beruhigend" sein (Ha! Andere kämpfen mit den gleichen Herausforderungen wie ich!), ist aber [für mich] völlig unbefriedigend. Ich will wissen, wie es geht, und nicht anderen beim Stümpern zuschauen. Wie es NICHT geht, weiß ich selbst, da muss ich mir nicht noch andere Fehlervarianten anschauen.

2. Lernen als soziales, spielerisches Event.

Jo. Die Orff-Gruppe. Da passt das.
Das berüchtigte Blockflötenensemble im Kindergarten bzw. in der Grundschule: Man wird nicht dümmer dabei, es bringt aber kaum etwas, falls nicht wirklich das mehrstimmige Zusammenspiel einstudiert wird. Letzteres hapert in der Regel daran, dass reihum immer mindestens ein Hannebambel nicht geübt hat. Diesen einfach heimzuschicken, ist aber unpädagogisch, also bekommt der seine Extrawurst gebraten. Die anderen, die geübt haben, langweilen sich und finden es ungerecht. Falls das nur ein einziges Mal vorkäme, könnte man es verschmerzen.

3. Lernen "ernsthaft".

Da finde ich die Gruppe grausam. Sie lenkt ab, und meistens sind irgendwelche Leute dabei, die nicht mit der gebotenen Konzentration zu Werke gehen, die es (deshalb) nicht kapieren. Wie im Schulunterricht. Die Aufmerksamkeit der Lehrkraft wird von denjenigen absorbiert, die es am wenigsten verdienen, weil sie mangels Konzentration / Vorbereitung (oder Intelligenz) nicht mitkommen. Furchtbar.

4. Lernen in der Gruppe, die eigentlich keine Gruppe ist, sondern Einzelpersonen, die parallel individuell bespaßt werden (alles was mit Kopfhörern stattfindet)

Das fand ich ganz in Ordnung. So habe ich als Kind meine erste Anfängerunterrichtsphase durchlebt. Die Lehrerin zeigte etwas, was bzw. wie man es üben sollte, ging reihum (3-4 Schüler), kam wieder und hat gecheckt, ob man es richtig geübt hatte, baute ggf darauf auf oder korrigierte. Blutige Anfänger können für vergleichsweise kleines Geld recht "viel" lernen. Optimal wäre in dieser Phase trotzdem der Einzelunterricht, weil die Lehrkraft sich ausschließlich auf einen Schüler konzentrieren kann. Sobald mehrere am Start sind, kümmert die Lehrkraft sich stets vor allem um diejenigen, die am schlechtesten vorbereitet sind, denn die müssen ja "abgeholt und mitgenommen" werden. Glücklicherweise konnte die damalige Lehrerin meine Eltern leicht davon überzeugen, mich aus dieser Gruppe herauszunehmen und privat zu unterrichten.

Nota bene, es ist in Ordnung, wenn jemand "abgeholt und mitgenommen" wird, aber nicht, wenn dies aufmerksamkeitsökonomisch auf Kosten derjenigen geht, die sich gut vorbereitet haben. So läuft es aber meistens, und das ist das Ärgerliche an Gruppen. Die Lehrkraft orientiert sich immer am Schwächsten und frustriert diejenigen, die fortschreiten wollen und könnten, aber warten müssen, bis der oder die Underachiever seine/ihre Sonderpamperung bekommen hat/haben – im festen Wissen, dass die folgenden Stunden genauso ablaufen werden und es eigentlich unsinnig ist, sich gut vorzubereiten.

Eine wirklich homogene Gruppe, wo man sich gegenseitig anspornt und anspornen lässt und gleich schnelle Fortschritte macht, habe ich leider noch nicht erlebt. :020:
 
Es wäre schön, wenn ihr eure Meinung "halte ich für ungeeignet" etc. begründen könntet!
Bei den Beschreibungen von Kleinstgruppenunterricht kristallisierte sich heraus, dass er ähnlich wie mit Melodieinstrumenten vor allem das Miteinanderspielen, recht schnell auch Mehrstimmig zum Inhalt hat. (Deswegen mein Hinweis auf keyboardunterricht, bei dem jeder sein eigenes kleineres keyboard mitbringt, genau wie bei Melodieinstrumenten. Also alle können am eigenen Instrument unisono gleichzeitig bestimmte Figuren, Techniken üben, und natürlich auch mehrstimmig ad hoc. Durch die Gruppe macht es den Kindern Spaß und mit einem gruppendynamischen Lehrer (der das i-Tüpfelchen eines Arrangements mit seinem keyboard natürlich beisteuert) ist es vor allem für den Breitenunterricht geeignet. Focus also auf zusammenspielen und damit hören. Die Anforderungen bleiben aber niedrig, da die eigentliche Aufgabe, selbst polyphon zu spielen zu kurz kommt (oder sogar völlig flach fällt, wenn nur einhändig in der Gruppe gespielt wird, habe ich tatsächlich so gesehen).
Was bei Melodieinstrumenten im Anfangsunterricht noch anfällt, ist überhaupt die Tonerzeugung. Beim Flöten sind so spaßige Sachen wie Wattebäuschchen über den Tisch pusten, beim Geigen zupfen, erstes Streichen von Leersaiten, Fühlen und Hören des Oktavflageoletts was man gemeinsam sozusagen "sportlich" entdecken und trainieren kann. Beim Klavier fällt das weg, alle können sofort die Taste drücken - wie Triangel. Bei Flöte und Geige hingegen hat man meist ein Jahr und mehr, um überhaupt alle Töne erzeugen zu können (Deswegen ist das Notenlernen nur Beiwerk, so kleinschrittig ist es für jedes Kind kein Problem)Beim Klavier hingegen wird die Sache schnell komplex, und durch individuelle Förderung eben erst effektiv gelernt.
Im Fortgeschrittenen Unterricht ist für alle Instrumente der Einzelunterricht leistungssteigernd. Ensemblespiel ist eben eine Anwendung des Gekonnten.
 
Tatsache ist: Ohne den finanziellen Druck, ohne die Schwierigkeiten, Musikschulen rentabel (oder jedenfalls ohne exorbitanten Subventionsbedarf) zu betreiben, GÄBE ES DIESE DISKUSSIONEN ÜBER GRUPPENUNTERRICHT GAR NICHT!

Man würde selbstverständlich wie früher auch Einzelunterricht erteilen, weil das einfach der bei weitem effektivste Unterricht ist. Jeder weiß das, da kann alles Moderne-Pädagogik-Gewäsch nicht drüber hinwegtäuschen.

Natürlich ist auch Zusammenspiel wichtig; dafür reicht es aber völlig aus, immer mal "Sonder-Stunden" mit 2 oder mehr Schülern zu veranstalten. Und ansonsten hat man Ensembles, in denen der Klavierspieler mitwirken kann, bzw. er begleitet andere Instrumente oder Gesang. Fertig, peng, aus.
 
Ich gebe Dir völlig recht hasenbein. Dieses Argument bekommen wir ja auch auf den Lehrerkonferenzen zu hören, also dass der Gruppenunterricht halt billiger für die Musikschule ist.
Es ist aber seit vielen Jahren meine Realität beim Unterrichten und da ich meine Musikschulstelle nicht kündigen mag kann ich entweder fortgesetzt jammern und jeden Arbeitstag doof finden, weil ich „heute schon wieder 3 Gruppen habe“ oder ich arrangiere mich damit und versuche das Beste aus dieser Situation herauszuholen. Und das muss nicht so ablaufen wie @barrat das schilderte ;)
Das man sich an den Schwächsten orientiert ist ein „Falle“ in die ich am Anfang auch getappt bin. Das ist aber unfair gegenüber denjenigen die üben und voran kommen wollen. Wobei ich da noch unterscheide zwischen Kindern, die einfach langsamer lernen und welchen, die nicht genug üben, platt gesagt.
Meistens vereinfache ich die Stücke für die Schwächeren, damit ich mit den anderen weiter gehen kann.
 
@Therese
Wechseln denn bei Dir anschließend Schüler in den Einzelunterricht oder hören die meisten nach 2 Jahren damit auf? Hier wurde das Bläserklassenmodell auf drei Jahre ausgedehnt, damit die Schüler etwas länger dabeibleiben können. Das Problem, das bei vielen dann nämlich kommt, ist dass ein Instrument angeschafft werden und der Unterricht komplett privat organisiert werden muss. Es gibt keine Kooperation mit einem Blasorchester oder einer Musikschule.

Ein befreundetets Kind besucht eine Bläserklasse (andere Kommune) in der so gut wie alle Kinder schon vorher ein Instrument gespielt haben und jetzt eben noch ein zweites lernen.
 
Das hängt von der Schule ab. Eigentlich gibt es bei allen Gymnasien Kooperationen mit der Musikschule, aber das funktioniert nicht bei allen gleich gut. Aktuell habe ich eine Gruppe die sich komplett auflösen wird und keiner weitermachen möchte. An den anderen Gymnasien machen, so wie es aussieht, alle weiter.
Und ja, üblicherweise kommen die dann in den Einzelunterricht.

Wenn das an den Schulen nicht richtig weiterläuft und keine attraktiven Angebote (großes Blasorchester, Big Band) vorhanden sind, machen die wenigsten weiter. Vielleicht weil man von vornherein Kinder angesprochen hat, die ohne dieses Bläserklassenprojekt nicht auf die Idee gekommen wären ein Instrument zu lernen, geschweige denn in einen Einzelunterricht zu gehen. Da gibt es von den Eltern wenig Interesse für dieses Hobby, und damit einhergehend wenig Bereitschaft dafür Geld auszugeben. Hier in der Provinz sowieso.
 
@Barratt , es kann auch sehr hilfreich sein, die Probleme der anderen zu sehen und zu hören und dann mitzuerleben, wie der Lehrer damit umgeht, wie kleine Erfolge erzielt werden. Du sitzt als Schüler in Deiner Ecke, es ist fast so, als würdest du selbst am Instrument sitzen, du bist also angesprochen, aber brauchst nur zu verfolgen, bist also völlig stressfrei und kannst deshalb gut lernen.
Also auch das Beobachten von Problemen - wenn eine Lösung angeboten wird!! - kann sehr hilfreich sein.
@hasenbein , es gibt tatsächlich Bereiche, in denen Gruppenunterricht sehr gewinnbringend ist.
Beispiel: Ich lasse meine Studies zuhause kleine Pixarfilme suchen und sie sollen sie dann vertonen, der Originalton wird ausgeschaltet. Dann sitzen sie mit tablets in der Gruppenstunde - natürlich nicht gleichzeitig - und die anderen schauen und hören zu, lernen, wie die Kollegen das Thema behandelt haben, wie ich es dann mit jedem Einzelnen bespreche, Tipps gebe usw.
Wie gesagt, ich finde auch den Einzelunterricht unersetzlich, aber als Additivum ist die Gruppe hervorragend. Ich könnte jetzt "Peng! Aus!" dahinter setzen :023:
 
Ohne den finanziellen Druck, ohne die Schwierigkeiten, Musikschulen rentabel (oder jedenfalls ohne exorbitanten Subventionsbedarf) zu betreiben, GÄBE ES DIESE DISKUSSIONEN ÜBER GRUPPENUNTERRICHT GAR NICHT!
Ich glaube, das war ein bisschen zu laut gebrüllt, Löwe, auch wenn ich dein Argument sehr gut verstehe und die Situation ebenfalls bescheiden finde.
Aber: Schon Friedrich Wieck, der einige Schüler sehr erfolgreich ausgebildet hat, fand den Gruppenunterricht im Anfangsunterricht besser als Einzelunterricht.

Ich bin kein Verfechter des Gruppenunterrichts, aber ich sehe ganz klar, dass eine dafür ausgebildete Lehrperson (!!!!! 100 Ausrufezeichen, denn allein darauf kommt es an!) zwei bis vier Kinder oder Erwachsene im Anfangsunterricht sehr gut, vielleicht sogar besser in der Gruppe unterrichten kann.

Als Hauptgrund sehe ich Folgendes:

Zu Beginn eines jeden Instrumentalunterrichts erhält man hauptsächlich "Musikunterricht" am Beispiel des jeweiligen Instruments. Die Spieltechnik des Instruments zu lernen ist doch nur ein relativ kleiner Teil dessen, was gelernt und gebraucht wird. z.B.: Notenlesen, Rhythmus verstehen, Hören, Körpergefühl, Phrasen verstehen lernen, Gefühl fürs Metrum entwickeln, Noten schreiben, die Struktur eines Stückes erfassen, Gehörbildung, Musiktheorie.......
Viele dieser Aspekte kann man hervorragend gut in einer Gruppe unterrichten. Selbstverständlich ist auch das Klavierspielen noch wichtiger und zentraler Bestandteil des Unterrichts. Man kann auch mit einem Klavier auskommen. Absolut wichtig ist, dass man genügend Zeit hat, mindestens 60 Minuten (oder jeder zusätzlich noch Einzelunterricht hat).

Die wichtigsten Voraussetzungen (bezüglich der Lehrperson) sind:

- Ganz klare Arbeitsaufträge erteilen ("Hör zu" ist noch kein klarer Arbeitsauftrag. Sondern zum Beispiel: Höre darauf, ob die Anschlagsart überall gleich ist. Höre darauf, welchen Charakter das Stück für dich hat. Höre darauf, ob sich das Tempo verändert,...)
- Extrem gute Beobachtungsgabe des Lehrers, so dass er immer alle im Blick hat und individuelle Aufgaben stellen kann. Störenfriede stören hauptsächlich dann, wenn sie mehr Aufmerksamkeit brauchen oder über/unterfordert sind.
- Jeder Mensch muss zu jeder Zeit eingebunden sein. Das kann aktiv oder passiv erfolgen, aber echter Gruppenunterricht ist kein abgewechselter Einzelunterricht.

Die Vorbereitung für Gruppenunterricht ist unvergleichlich viel aufwendiger. Während man mit einiger Erfahrung in den Einzelunterricht gehen und spontan reagieren kann, ist das in der Gruppe kaum möglich. Und selbstverständlich ist auch wichtig, dass die Mitglieder der Gruppe zusammenpassen!
Wir haben in Würzburg in den Lehrproben immer wieder Studenten, die zwei Schüler gleichzeitig unterrichten. Wenn die es gut machen ergibt sich danach oft die Situation, dass die zwei Schüler gerne in ihrer Gruppen bleiben und keinen Einzelunterricht möchten.

Nicht angebracht ist Gruppenunterricht, wenn Menschen stark aus der Reihe fallen - z.B. bei Hochbegabten oder Menschen, die immer die ungeteilte Aufmerksamkeit brauchen.
 
Stilblütes Bemerkungen sind überaus richtig und in fast allen Punkten (insbesondere auch im Bereich ältere Anfänger) zu unterstreichen, aber ich habe gerade bei meinem Like gezögert. Warum? Weil der GU inzwischen derart ideologisiert ist, dass man ungern etwas Positives dazu sagt. Man wird sofort mit den falschen Leuten zusammen gelegt.
Wenn Trump oder Erdogan oder ähnliche Gestalten die Behauptung 2 plus 2 sei vier aufstellten - sofern die mathematischen Kenntnisse und die Intelligenz dafür ausreichen sollten - , so zögert man auch einen Sekundenbruchteil bevor man notgedrungen "stimmt!" sagt.
Meine Generation hat zu viele pseudosoziologische Debatten über die umfassenden Segnungen des GU erlebt, die letztlich nur Sparmassnahmen bemänteln sollten, um ganz unbefangen zu sein!
 

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