Gibt es spezielle Lernprobleme bei Spätanfängern???

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
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Hallo PianoPuppy,

herzlichen Dank für deine Antwort, und insbesondere dafür, dass du dich mit meinem letzten post so ausführlich auseinandergesetzt hast! Auch ich möchte dir jetzt möglichst differenziert antworten:

Das erlebe ich auch bei Kindern immer öfter - Schule, danach Hort bis 16 Uhr (teilweise sogar länger), oft muss dann am Abend noch die Hausübung erledigt werden, weil sie in der Nachmittagsbetreuung nicht gemacht wurde. Außerschulische Aktivitäten müssen, wenn sie überhaupt noch stattfinden, irgendwie in die Abendstunden gequetscht oder auf das Wochenende verschoben werden. Tja, der Lebensstil der Eltern wirkt sich auch auf die Kinder aus, ob man will oder nicht.

Mit der Schilderung des heutigen Schulalltags hast du schon recht - aber ist das wirklich der Lebensstil der Eltern, der sich da auswirkt???

Die Schule ist nun mal zu längeren Schultagen und verkürzter Gesamschulzeit zugunsten des G8-Abiturs (in Deutschland), d.h. zum Abitur nach insgesamt 12 (statt früher 13) Schuljahren übergegangen!

Jede Schule hat mittlerweile eine Mensa (oder improvisiert eine) und die Anwesenheit in der Schule bis ca. 16 Uhr (teilweise mit und teilweise auch ohne Nachmittagsbetreuung) ist an den meisten Orten für Schüler jeden Alters völlig selbstverständlich - unabhängig davon was die Eltern beruflich machen oder nicht machen!

Hinzu kommt, dass der Lehrplan nicht an die kürzere Schulzeit angepasst wurde! Unsere Kinder müssen heute in 8 Jahren Gymnasium das gleiche Pensum lernen wie Generationen vorher in 9 Jahren Gymnasium! Da der Nachmittag somit nicht mehr für individuelle Freizeitaktivitäten wie Musikunterricht oder Mitgliedschaft in einem Sportverein zur Verfügung steht, wird von seiten der schulpolitisch Verantwortlichen versucht, solche Aktivitäten in den an der Schule zu verbringenden Nachmittag hineinzupressen!

Dass dies nicht funktionieren kann ist aber ziemlich klar: Denn Freizeit, ist doch wohl die freie Zeit, die man außerhalb der Umgebung verbringt, in der man seine alltägliche Pflicht erfüllt (sei es Schule oder Arbeitsplatz!) Kein Erwachsener geht seinen Hobbies am Ort seines Arbeitsplatzes nach - das können wir daher auch nicht von Kindern verlangen!!!

Ich bin jetzt ziemlich weit vom Thema abgekommen - aber trotzdem noch ein kleine Randbemerkung: Ich habe mein Abitur vor über 30 Jahren gemacht, an einem privaten Gymnasium. Damals gab es die Diskussion G8 oder G9 Abitur überhaupt noch nicht! Dennoch haben wir damals schon völlig entspannt letztendlich ein G8-Abitur gemacht!

Unser privates Gymnasium hatte sich die Freiheit genommen, den Unterricht nicht um 8 Uhr, sondern um 7 h 30 beginnen zu lassen. Ebenso hatte es sich erlaubt, die Schulstunden mit 40 Minuten anstelle der ansonsten üblichen 45 Minuten anzusetzen. Auf diese Weise war unsere 6. Stunde um 12 h 30 zu Ende, unsere 7. Stunde (die es nur in der Oberstufe - und da auch nur an zwei Wochentagen gab) um 13 h 15 zu Ende.

Wir waren immer früh zuhause, hatten einen langen schönen Nachmittag und konnten nach der Erledigung der Hausaufgaben ausgiebig diversen Freizeitaktivitäten nachgehen. Das heute eingeführte G8-Modell hatten wir damals bereits auf diese Weise - zumindest rein rechnerisch -. in 9 Jahren völlig entspannt und ohne Einschränkungen erledigt!





Nun, oft liegt es aber wirklich an der Prioritätensetzung - da braucht man sich nur mal die TV-Einschaltquoten anschauen. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass du zu den TV-Junkies gehörst ;-), aber wir reden ja hier über Erwachsene im Allgemeinen, nicht wahr?

ich gebe dir recht: jeder muss seine Prioritäten setzen und zur TV-Gemeinde gehöre ich wirklich nicht!




Ist sie ganz bestimmt, ich wollte nur meine Skepsis anmelden, ob der weit verbreiteten Ansicht, dass Kinder schneller lernen. Schneller lernen, bedeutet für mich, höhere Leistung bei gleichem Zeitaufwand und das gemessen an Durchschnittspersonen - wir können nicht Leistungen von "Wunderwuzzis" mit "Normalos" vergleichen.

Ich glaube auch nicht, dass alle Kinder schneller lernen, sondern vermute, dass begabte Kinder schneller lernen als begabte Erwachsene. Schaut man sich mal die großen Komponisten an, so haben diese doch alle ihr Talent bereits im Kindesalter entwickelt. Bei Schriftstellern sieht es offenbar anders aus, da gibt es wohl auch einige, die ihr Talent erst später entfaltet haben.

Die Wunderkinder vergangener Zeiten waren jedenfalls bewundernswerte Kinder und nicht bewundernswerte Erwachsene.




Was bedeutet besser? Akzentfrei? Tadellose Grammatik?

Erwachsene lernen Fremdsprachen viel leichter und schneller als Kinder, dazu muss man sich nur mal anschauen, was im Fremdsprachenunterricht in Volksschulen herauskommt. Der einzige Vorteil, den sie haben, ist, dass sie eine zweite, dritte oder sogar vierte Sprache akzentfrei erwerben können, wenn die Voraussetzungen passen. Ich kenne aber leider auch Fälle, wo das Kind mit mehreren Sprachen aufwächst, und in keiner davon muttersprachliche Kompetenz erworben hat - das ist fatal, denn diese Kinder werden nie eine Sprache ordentlich sprechen können, während andere, die auf eine Muttersprache aufbauen können, auch in Fremdsprachen annähernd das Niveau von Muttersprachlern erwerben können. Das erfordert natürlich dementsprechenden Einsatz.

Ich glaube, dass der Vorteil des Kindesalters gerade im Sprachenlernen besonders deutlich ist! Überlege doch mal (wenn du nicht gerade einen Beruf hast, der mit Sprache bzw. Sprachvermittlung verbunden ist) wie du einem Menschen, der die deutsche Sprache nicht beherrscht, deutsche Grammatik erklären könntest. Als Muttersprachler weisst du einfach, was richtig ist und was falsch ist. Ohne entsprechende Ausbildung (bzw. Studium) kannst du keine Regeln nennen, nach denen z.B. bestimmte Präpositionen mit einem bestimmten casus verbunden werden, bzw. für Verben bestimmte Konjugationsgruppen aufstellen!

Damit will ich nur sagen, dass das Lernen im Kindesalter offenbar sehr intuitiv funktioniert - und damit auch in gewisser Weise leichter ist.




Ich würde sagen, jeder Lern- und Lebensabschnitt hat seine Vorteile - meist ist es sogar so angelegt, dass Lern- und Lebensabschnitt optimal aufeinander abgestimmt sind. ;-) Kinder sind exzellente Beobachter, was ihnen natürlich bei der Feststellung von optischen Unterschieden sehr zugute kommt.

Ich stimme dir dahingehend zu, dass jeder Lern- und Lebensabschnitt seine Vorteile hat. Jedoch nicht darin, dass Kinder - lediglich - exzellente Beobachter sind! Kinder sind auch - und vor allem anderen - auch exzellente Hörer!!! Das absolute Gehör kann (wenn überhaupt) nur im Kindesalter erworben werden - später nicht mehr!

Aber trotz dieser ganzen Diskussion bewundere ich dich, PianoPuppy, wie weit du als erwachsener Klavieranfänger in relativ kurzer Zeit gekommen bist! Dein bisheriges Vorankommen ist wirklich bewundernswert (und spricht natürlich für deine Argumentation) und ich wünsche dir, dass du in diesem Tempo weiter vorankommst!:p

LG

Debbie digitalis
 
Wir waren immer früh zuhause, hatten einen langen schönen Nachmittag und konnten nach der Erledigung der Hausaufgaben ausgiebig diversen Freizeitaktivitäten nachgehen. Das heute eingeführte G8-Modell hatten wir damals bereits auf diese Weise - zumindest rein rechnerisch -. in 9 Jahren völlig entspannt und ohne Einschränkungen erledigt!

In Österreich war das Gymnasium schon zu meiner Schulzeit 8-jährig, wir hatten ca. 30 Stunden pro Woche, allerdings 6 Tage die Woche. Aber selbst in einer 5-Tage-Woche könnten die Schüler um ca. 14 Uhr nach Hause, und es bliebe noch Zeit etwas zu unternehmen. Die Nachmittagsbetreuung dauert bis 16 oder 17 Uhr, nach Hause kommen, essen, noch Hausübung machen, die nicht erledigt wurde, vielleicht noch ein bisserl lesen oder fernsehen und dann ab in die Falle.

Ganz schlimm finde ich es bei den Grundschülern - viele kommen schon um 7 Uhr in die Frühbetreuung, da sie noch nicht selbständig zur Schule kommen können, viele Eltern aber schon um 8 Uhr arbeiten müssen. Unterricht bis 12 Uhr, Hort (wo es oft vorkommt, dass nicht darauf geachtet wird, dass die Kinder ihre Hausübung machen und lernen), 16 oder 17 Uhr nach Hause, Essen, Hausübung und schon früh ins Bett, denn die Zwergis brauchen ja noch mehr Schlaf. Besser ist es an Ganztagsschulen, da wird zumindest darauf geachtet, dass die Zeit sinnvoller eingeteilt wird, und die Kleinen müssen wenigstens nichts mehr für die Schule tun, wenn sie nach Hause kommen, außerdem sind die Angebote für die Freiphasen dort besser. Aber wie soll ein Kind unter diesem Umständen noch einen Hobby nachgehen, das mit täglichem Üben verbunden ist?


Ich glaube auch nicht, dass alle Kinder schneller lernen, sondern vermute, dass begabte Kinder schneller lernen als begabte Erwachsene. Schaut man sich mal die großen Komponisten an, so haben diese doch alle ihr Talent bereits im Kindesalter entwickelt. Bei Schriftstellern sieht es offenbar anders aus, da gibt es wohl auch einige, die ihr Talent erst später entfaltet haben.

Ach, ich weiß nicht - ich denke in den meisten Fällen ist es einfach so, dass die Begabten einfach schon als Kind den Unterricht "einfordern", bzw. von den Erwachsenen das Talent erkannt wird und dementsprechend Möglichkeiten geboten werden, um dieses Talent auch zu entwickeln. Aber es gibt halt doch auch die, wenn auch bescheidene, Anzahl von Leuten, die mit 16 oder 17 anfangen ein Instrument zu lernen und dann noch den Sprung in ein Instrumentalstudium schaffen - das sind dann zwar noch keine Erwachsenen, aber die viel zitierten Entwicklungsfenster sind da schon längst zu.

Ich glaube, dass der Vorteil des Kindesalters gerade im Sprachenlernen besonders deutlich ist! Überlege doch mal (wenn du nicht gerade einen Beruf hast, der mit Sprache bzw. Sprachvermittlung verbunden ist) wie du einem Menschen, der die deutsche Sprache nicht beherrscht, deutsche Grammatik erklären könntest. Als Muttersprachler weisst du einfach, was richtig ist und was falsch ist. Ohne entsprechende Ausbildung (bzw. Studium) kannst du keine Regeln nennen, nach denen z.B. bestimmte Präpositionen mit einem bestimmten casus verbunden werden, bzw. für Verben bestimmte Konjugationsgruppen aufstellen!

Damit will ich nur sagen, dass das Lernen im Kindesalter offenbar sehr intuitiv funktioniert - und damit auch in gewisser Weise leichter ist.

Das Sprachenlernen ist dort "leicht", wo es in einem natürlichen Prozess stattfinden kann, das Kind also mit einem brauchbaren Sprachvorbild ausreichend Kommunikationsmöglichkeit hat, um die Sprache zu erwerben. Aber auch für einen Erwachsenen, der im fremdsprachigen Ausland lebt, ist es relativ leicht die Sprache zu lernen, solange er sich darauf einlässt und mit Muttersprachlern Umgang pflegt und solange er auf eine gewisse Kompetenz in der eigenen Muttersprache zurückgreifen kann.

Aber das Kind lernt auch hier nicht schneller als der Erwachsene (immer vorausgesetzt, dass die gleiche Zeit in den Spracherwerb investiert wird). So weit ich weiß, sprichst du doch einige Sprachen, mach' mal einen C2 Test und überlege, wie lange ein Kind wohl die Sprache lernen muss, um die Punktezahl zu erreichen, die du erreichst. Das Kind wird die Aussprache perfekt können, die Grammatik zum Großteil richtig anwenden, aber komplexe Sprachstrukturen kann es nicht bewältigen, der Wortschatz ist geringer und auch in der Rechtschreibung wird es den "Kürzeren" ziehen. Den C2 Test würde so mancher erwachsene Muttersprachler nicht bestehen. In den Spanisch-Sprachübungen, die ich an der Uni absolvierte, waren es übrigens nicht die Muttersprachler, die die besten Noten einheimsten. Das führte oft zu Empörung und zu Vorwürfen, dass man sie strenger beurteilen würde, ein Blick in die Testergebnisse, bewies aber, dass dem nicht so war.


Ich stimme dir dahingehend zu, dass jeder Lern- und Lebensabschnitt seine Vorteile hat. Jedoch nicht darin, dass Kinder - lediglich - exzellente Beobachter sind! Kinder sind auch - und vor allem anderen - auch exzellente Hörer!!! Das absolute Gehör kann (wenn überhaupt) nur im Kindesalter erworben werden - später nicht mehr!

Ich wollte das nicht auf die Beobachtungsgabe alleine beschränken. Bezüglich des absoluten Gehörs, glaube ich an die Version, dass jeder es hat, dass es aber verkümmert, wenn es nicht "genutzt" wird.

Aber trotz dieser ganzen Diskussion bewundere ich dich, PianoPuppy, wie weit du als erwachsener Klavieranfänger in relativ kurzer Zeit gekommen bist! Dein bisheriges Vorankommen ist wirklich bewundernswert (und spricht natürlich für deine Argumentation) und ich wünsche dir, dass du in diesem Tempo weiter vorankommst!:p

Danke für die netten Worte! Ich habe es aber nur geschafft, mir genügend Zeit frei zu schaufeln und konsequent beim Üben zu bleiben. Ich hätte ja gern etwas mehr Talent fürs Klavierspielen, aber hilft alles nix, man muss halt das nutzen, was man hat. ;) Das was ich erreicht habe, kann jeder durchschnittlich Begabte erreichen, wenn er die Zeit und die Konsequenz mitbringt!

Wünsche dir auch ein gutes Vorankommen, und dass du es irgendwann schaffst, dir die so viel Zeit für dein Hobby zu nehmen, wie du gerne hättest.

LG, PP
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi Debbie,

ich geb mal meinen bescheidenen Senf dazu, denn ich kämpfe auch mit den recht spezifischen Problemen.

Aus der Sportlehre erkläre ich sie mir so:

Das "mühelose" Erlernen von Bewegungsabläufen und Koordination derselben fällt in einem Alter am leichtesten, wenn das Kleinhirn den Höhepunkt seiner Plastizität hat. Das ist zwar individuell unterschiedlich, grosso modo aber zwischen 9 und 13 Jahren.

Zu einem späteren Zeitpunkt lernt man es zwar auch, aber die Vorgänge müssen übers Bewusstsein /Großhirn geschleust werden. Da ist es einfach vorbei mit "spielerischem Lernen" von Bewegungsabläufen.

Als Kind/Jugendlicher konnte ich immer am folgenden Tag auf das aufbauen, was ich am vorigen Tag (oder vorvorigem oderoder) geübt hatte. Heutzutage ist das leider nicht mehr so linear.

Als Erwachsener, der übers Bewusstsein lernt, kann man dafür aber von einem höheren Maß an theoretischem Musikverständnis und Analysefähigkeit profitieren. Und wer es sich in fortgeschrittenem Alter noch antut, ein Instrument zu erlernen, bringt m. E. auch eine authentischere Motivation mit.

Das ist meine Erklärung.
 
Beobachtung aus der Berufspraxis mit Vokalformationen unterschiedlicher Altersstruktur vom Kinderchor bis hin zum Seniorensingkreis: Wer später anfängt, kommt oftmals langsamer vorwärts, braucht aber mitunter weniger Fehlversuche. Neue gute Muster prägen sich schwerer ein, wenn alte schlechte Muster in ihrer negativen Substanz entkräftet werden müssen. Neue gute Muster lassen sich gut verankern, wenn die Grundlage auf alten guten Mustern basiert, da dann brauchbare Strukturelemente neue Verknüpfungen begünstigen. Allerdings gibt es extrem unterschiedliche Rahmenbedingungen in jedem Einzelfall - damit ist auch der individuell aufzubringende Aufwand zum Erlernen und Verinnerlichen sehr unterschiedlich. Deshalb gehen Spezialisten unter den Klavierlehrern für den Unterricht mit Erwachsenen methodisch anders vor als beim Unterrichten von Kindern und Jugendlichen, zumal der Tagesablauf, Organisation von Übezeiten etc. anders anzulegen sind. Leichter wird manches auch durch günstigere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die die Anschaffung hochwertiger Instrumente und ähnliche Eigenleistungen und Investitionen erleichtern.

LG von Rheinkultur
 
In Summe kann ich nach drei Jahren Klavierunterricht keine Unterschiede zwischen mir als Spätanfänger (50+) und meinen jungen MitschülerInnen feststellen. Jedes Alter scheint seine Vor- und Nachteile zu haben, die sich beim durchschnittlich Begabten gegenseitig aufheben.

Die für mich ärgerlichste Sache als Erwachsener ist die verkopfte Herangehensweise und die damit gekoppelte Ungeduld. Inzwischen akzeptiere ich das aber als Vorteil, denn ich übe dadurch - laut Aussage der Lehrerin - halt konzentrierter und vielleicht sogar effektiver. Einen Takt fünfzigmal wiederholen bis endlich die richtige Betonung sitzt? Kein Ding für mich. Für Kinder und Jugendliche tödlich langweilig.

Bei den ersten Vorspielabenden habe ich die Jungen ob ihrer Lockerheit extrem beneidet. Nur ICH war verkrampft und konnte nicht einmal ein Zehntel meiner Möglichkeiten rüberbringen. Nur ICH habe mich anschließend furchtbar über mich selbst geärgert. Inzwischen kenne ich die Leute etwas besser, habe ihnen öfter zugesehen und weiß, dass sie sich genauso wie ich ärgern, sich beim kleinsten Fehler verkrampfen und anschließend furchtbar enttäuscht sind, wenn es nicht so wie zu Hause geklappt hat. Die Unterschiede sind bestenfalls vom Typ, aber nicht so sehr vom Alter abhängig.

Ich bin weder begabt noch ein Genie, aber ich liebe das Klavierspielen. Für mich eigentlich völlig überraschend sind meine Lernfortschritte auf praktisch gleichem Level wie die der jungen SchülerInnen. Behauptet die Lehrerin und sagen mir die Vorspiele. Ausreißer nach oben und nach unten sind völlig normal.

Die größte Gemeinsamkeit, die ich wohl mit den meisten meiner Leistungsstufe in jedem Alter habe: Wir blicken neidvoll auf die Fähigkeiten und das Können unserer Lehrerin. Würden aber niemals die enorme Zeit, die sie für das Erreichen dieser eingesetzt hat, selbst aufbringen. Denn eines ist mir inzwischen klar und ich habe mich zähneknirschend damit abgefunden, neben Talent spielt die aufgewendete Zeit wohl die maßgebliche Rolle.

Vielleicht ist das der wirklich große Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern oder Jugendlichen. Wir Erwachsene sind auf Erfolg getrimmt und wollen etwas erreichen. Die Kinder wollen (einfach mal grob pauschaliert) einfach nur Klavierspielen.

Zur Diskussion Auswendiglernen oder Vom-Blatt-Spiel hat meine Lehrerin ihre ganz eigene Einstellung. Notenlesen und Spielen direkt nach Noten ist sinnvoll und sollte gefördert werden. Dafür sucht sie spezielle Stücke, die nach ihrer Meinung didaktisch gut passen. Bei den "richtigen" Stücken, die für die Motivation und musikalischen Weiterentwicklung dienen, ist es ihr ziemlich egal, wie man es selbst gerne macht -> "Hauptsache am Ende der Übung kommt schöne Musik raus!"
 
Ich bin ähnlicher Meinung wie Barrat, setzte aber die (fließende!) Grenze in Richtung Ende der Pubertät.
Leider kann ich keinerlei Quellen mehr angeben, ich kann mich nur dunkel an eine glaubhafte und einleuchtende Studie erinnern, welche zu dem Ergebnis kam, dass das Automatisieren im Grunde nur als Kind und Jungendlicher funktioniert. Diese Fähigkeit nimmt zunehmend ab (mit Ende der Pubertät), deshalb haben es Erwachsene so schwer, Fahrradfahren, Skilaufen oder Schwimmen zu lernen (Ausnahmen bestätigen die Regel!). Dieses "nicht-mehr-nachdenken-müssen" und diese automatische unbewußte Kontrollfunktion bei bestimmten Handlungsabläufen ist etwas, was man als Erwachsener durch mehr oder weniger mühsames Üben bewußt aufrechterhalten muss (sofern es eben später erlernt wurde). Das deckt sich mit meinen Erfahrungen (an mir selbst, meinen Kindern etc. pp.)
Meiner Meinung nach gehören zum guten Klavierspielen natürlich mehr als nur reine motorische Fähigkeiten, man sollte das also nicht allzu eindimensional betrachten ... für mich gilt jedenfalls, untalentiert wie mich dafür halte, üben, wiederholen, üben, wiederholen ... frustrierend zu merken, wie schnell ich vergesse (sowohl motorisch wie das Auswändiggelernte) - und trotzdem spiele ich sehr gerne - und heute mehr denn je!
 
Leider kann ich keinerlei Quellen mehr angeben, ich kann mich nur dunkel an eine glaubhafte und einleuchtende Studie erinnern, welche zu dem Ergebnis kam, dass das Automatisieren im Grunde nur als Kind und Jungendlicher funktioniert.

Na das halte ich nun für ausgeschlossen, denn sonst bräuchte ein Erwachsener mit dem Klavierspiel gar nicht erst anfangen - Autofahren sollte man am besten dann noch vor der Pubertät lernen ebenso wie manuelle Präzisionsarbeit, wie sie u.a. die Chirurgie erfordert und am besten lassen wir die Kids am Fließband arbeiten, denn dort ist motorische Automatisierung das um und auf des Erfolgs, zumindest so lange noch Humanressourcen eingesetzt wurden. Ach ja, die teuren Therapien nach einem Schlaganfall könnten wir uns auch sparen... ;)

Eines ist aber sicher wichtig, Kinder müssen motorisch vom Kleinkindalter an gefordert und gefördert werden, denn sonst fehlen ihnen später die Grundlagen auf denen sie später (auch noch im Erwachsenenleben) aufbauen können. Schwere Defizite, die im Alter bis zu vier oder fünf Jahren entstehen, können danach nicht mehr kompensiert werden.

LG, PP
 
...Studie, welche zu dem Ergebnis kam, dass das Automatisieren im Grunde nur als Kind und Jungendlicher funktioniert. Diese Fähigkeit nimmt zunehmend ab (mit Ende der Pubertät), deshalb haben es Erwachsene so schwer, Fahrradfahren, Skilaufen oder Schwimmen zu lernen (Ausnahmen bestätigen die Regel!). Dieses "nicht-mehr-nachdenken-müssen" und diese automatische unbewußte Kontrollfunktion bei bestimmten Handlungsabläufen ist etwas, was man als Erwachsener durch mehr oder weniger mühsames Üben bewußt aufrechterhalten muss (sofern es eben später erlernt wurde). Das deckt sich mit meinen Erfahrungen...

...mit meinen Erfahrungen beispielsweise nicht (und ich bin sicher kein Wunderkind :D )
Als ich mit etwa 45 Jahren mit dem Carambol-Billard anfing, hatte ich bis dahin keinerlei Vorkenntnisse. Da man beim Spiel weder auf die Hände, noch auf das Queue sieht, sondern einzig auf den Punkt, auf den die angespielte Kugel laufen soll, funktioniert das nur, wenn der Bewegungsablauf vollständig automatisiert wird. Man kann nicht planen und überlegen, in welchem Winkel und mit welcher Geschwindigkeit das Queue bewegt werden muss, um sein Ziel zu erreichen. Das wird jeweils ausschließlich vom Gefühl abhängen. Sobald man bewusst in diese Automatisierung eingreift, geht es in aller Regel in die Hose :)

Ein weiteres Beispiel ist das Gitarre spielen, das ich ebenfalls nicht in der pubertären Phase erlernt habe. Auch hier werden die Griffe und Schlag- bzw. Zupfmuster automatisiert, so daß man sich auf den Gesang und das Publikum konzentrieren kann.
 
... Autofahren sollte man am besten dann noch vor der Pubertät lernen ....

Eines ist aber sicher wichtig, Kinder müssen motorisch vom Kleinkindalter an gefordert und gefördert werden, denn sonst fehlen ihnen später die Grundlagen auf denen sie später (auch noch im Erwachsenenleben) aufbauen können. Schwere Defizite, die im Alter bis zu vier oder fünf Jahren entstehen, können danach nicht mehr kompensiert werden.

LG, PP

Du kennst die Schwierigkeiten vieler Erwachsener beim Lernen von Autofahren? Und wieso können diese von dir angesprochenen Defizite später nicht kompensiert werden? Widerspricht sich das nicht?
Ich schrieb nicht, dass es nicht möglich sei, als Erwachsener zu lernen - nur die Automatisierung wird zunehmend schwieriger.

@ schuro1 - unbestritten können auch Erwachsene lernen! Wenn du mit voller Hingabe (und entsprechender Übung) Billard spielst, könnte es schon sein, dass ich gegen dich verliere ;-) Und als singender Gitarrist bist du mir ohnehin weit voraus! Du bist vielleicht kein Wunderkind, aber hast Talent?
 
PS: Das Gehirn (bzw. das Denken) eines Erwachsenen ist offenbar sehr träge (grins!) , und sucht sich zunächst den einfachsten Weg - der aber nicht immer der richtige sein muss!:D (doppelgrins)
p.s.: tjup, so gesehen hätte Fontane keine genialen Romane schreiben dürfen, Bruckner hätte keine genialen Sinfonien komponieren dürfen und vom malen wollen wir dann angesichts von Grandma Moses lieber gar nicht reden ;):D ...wie haben diese älteren bis ältesten Semester das nur mit ihren trägen Hirnen bewerkstelligt?

offenbar gibt es ein paar Bewegungsweisen, die von sehr vielen nie wirklich konsequent erarbeitet/erlernt werden, und das egal in welcher Altersgruppe (z.B. perlendes non legato oder lockere schnelle Doppelgriffe (Handgelenk!) - wer das bezweifelt, der kann ja ausprobieren, ob er den Minutenwalzer perlend locker hinlegen kann oder die Doppelgriffe im G-Dur Nocturne) --- und dazu noch was ganz böses und fieses: perlendes non legato Spiel, auch in hohem Tempo, ist gar nicht sonderlich schwierig

offenbar, und das trifft auf Erwachsene eher als auf Kinder zu, ist das intelektuelle begreifen a la "(ja, ich weiß, ich sollte mir antrainieren, nicht in den Tastenboden zu drücken oder zu tapsen oder zu pieksen, sondern greifen") leider nicht immer in der Lage, dann auch wirklich umgesetzt zu werden... kommt irgendwem ein Satz wie ich versteh ja, wie´s gehen soll, ich weiß ja, wie´s klingen soll, aber ich krieg´s nicht hin bekannt vor?

...jeder, egal ob klein ob groß, hat gar nicht mal wenige Bewegungsmuster - auch automatische! - schon immer im motorischen Repertoire: rütteln, zittern, schubsen und und und --- na sowas: bei Akkordrepetitionen zittert das Handgelenk, schnelle forte-Oktaven erinnern an rütteln, ein lauter Akzent ist wie angeschubst... was ist so schwer daran, das dann einzusetzen??? ...und nochwas: jeder, sofern nicht gerade schlimme Arthritis vorliegt, kann das erste Fingergelenk bei allen Fingern ganz automatisch bewegen (beugen/strecken), tjaja, das geschieht unmerklich und blitzschnell beim greifen, beim zufassen

freilich, die Polizei verbietet unter Strafe, dass man beim autofahren mit dem Handy rumfummelt und mitten im Straßenverkehr hftig hupend emotional engagiert amouröse Angelegenheiten fernmündlich reguliert :D und da hat die liebe Polizei gar nicht so unrecht, denn oftmals führt es zu einem Tohuwabohu, wenn man "multitaskend" verschiedenes simultan ausführt... aber genau das muss man beim Klavierspielen: polyphon denken können, damit man simultan verschiedene Bewegungsmuster ausführen kann - ja und das benötigt halt viel Geduld, bis es funzt... die olle Regel, ne Menge polyphones Zeugs zu spielen (Bach Inventionen etc) ist da mehr als hilfreich, und ebenso das exzessive hören und mitlesen und mitdenken von polyphoner Musik

ein "buhu, ich bin erwachsen, verkopft, ich lerne nicht so spielerisch wie die lieben Kindlein" (die nu ooch nich alle Horowitze sind!) und dann darüber weitschweifig räsonnieren: das nützt gar nichts! Knallhart: jeder Spätanfänger kann es schaffen, mittelschwere Literatur auf sehr hohem musikalischen Niveau zu spielen - mit Geduld, wachem Interesse, hinhören und akribisch feinem hinfühlen (bei der eigenen Motorik, die bei allen schon längst viel mehr kann, als man ihr zutraut)
 
ein "buhu, ich bin erwachsen, verkopft, ich lerne nicht so spielerisch wie die lieben Kindlein" (die nu ooch nich alle Horowitze sind!) und dann darüber weitschweifig räsonnieren: das nützt gar nichts! Knallhart: jeder Spätanfänger kann es schaffen, mittelschwere Literatur auf sehr hohem musikalischen Niveau zu spielen - mit Geduld, wachem Interesse, hinhören und akribisch feinem hinfühlen (bei der eigenen Motorik, die bei allen schon längst viel mehr kann, als man ihr zutraut)
interesse und aufrichtiger wille sind in der tat sehr förderlich für den lernprozess, jedoch lässt sich nicht bestreiten, dass ein älteres "gehirn" nunmal langsamer lernt, als ein jüngeres.
wer das gegenteil behauptet, lehnt sich gegen vielfach(st) dokumentierte, wohlbelegte erkentnisse der neurologie auf.
die neurologisch bedingt verminderte lernfähigkeit im fortgeschritten(eren) alter lässt sich jedoch sicherlich, zumindest zum teil, durch ein erhöhtes "arbeits"pensum kompensieren.
dies heißt aber nicht, dass sich das "genaue" und _intuitive_ (!) hinhören mal eben so antrainieren lässt!
 

Hallo Rikki,

Du hast geschrieben:

...dass das Automatisieren im Grunde nur als Kind und Jungendlicher funktioniert...

...und das kann nicht stimmen, da es vieles Tätigkeiten gibt, die Automatisierung verlangen, die man als Erwachsener lernt.

Du kennst die Schwierigkeiten vieler Erwachsener beim Lernen von Autofahren?

Ich kenne die Schwierigkeiten eines Kindes Traktor fahren zu lernen (das mit dem Auto war dann später kein Problem mehr ;)), Freunde, denen ich später das Autofahren beibrachte, haben sich als Jugendliche/Erwachsene weitaus geschickter angestellt als ich mit meinen damals 5 Jahren. :razz:

Und wieso können diese von dir angesprochenen Defizite später nicht kompensiert werden? Widerspricht sich das nicht?
Ich schrieb nicht, dass es nicht möglich sei, als Erwachsener zu lernen - nur die Automatisierung wird zunehmend schwieriger.

Nein, das widerspricht sich nicht. Kinder die ein großes Repertoire an Bewegungen im Kleinkindalter erlernen, legen damit Grundlagen für das gesamte Leben - und damit meine ich nicht hochspezialisierte Bewegungen, wie sie am Instrument erforderlich sind, sondern ganz normale wie krabbeln, gehen, rückwärts gehen, laufen, klettern, Ball werfen und fangen, ausmalen, puzzlen, Schnürriemen binden, Knöpfe auf und zumachen etc. Kinder, die das nicht können oder erst sehr spät lernen, haben später Probleme mit Motorik, mit Augen-Hand-Koordination und mit räumlichem Denken, und schwere Defizite in diesen Bereichen können nicht mehr kompensiert werden. Wenn das Kind hingegen eine gute motorische Entwicklung hat, erwirbt es die Grundlagen, die ihm helfen, neue motorische Bewegungen schnell und effizient zu lernen und das auch noch im Erwachsenenalter.

LG, PP
 
... offenbar, und das trifft auf Erwachsene eher als auf Kinder zu, ist das intelektuelle begreifen a la "(ja, ich weiß, ich sollte mir antrainieren, nicht in den Tastenboden zu drücken oder zu tapsen oder zu pieksen, sondern greifen") leider nicht immer in der Lage, dann auch wirklich umgesetzt zu werden... kommt irgendwem ein Satz wie ich versteh ja, wie´s gehen soll, ich weiß ja, wie´s klingen soll, aber ich krieg´s nicht hin bekannt vor?

...jeder, egal ob klein ob groß, hat gar nicht mal wenige Bewegungsmuster - auch automatische! - schon immer im motorischen Repertoire: rütteln, zittern, schubsen und und und --- na sowas: bei Akkordrepetitionen zittert das Handgelenk, schnelle forte-Oktaven erinnern an rütteln, ein lauter Akzent ist wie angeschubst... was ist so schwer daran, das dann einzusetzen??? ...

Ich denke, das sagt eigentlich alles. Es geht nicht darum, ob man als Erwachsener motorische Abläufe besser oder schlechter automatisieren kann. Man hat die Bewegungen eh alle schon gelernt! Was bleibt ist halt viel Geduld, bis es funzt ... genau das. Diese Geduld und viel Zeit brauchen Erwachsene und auch Kinder.

Der bewusste Satz "ich versteh ja..." kommt mir sogar sehr bekannt vor. Ein großer Hemmschuh anfangs, bis ich ihn mir endlich endlich endlich mal abgewöhnt habe. Möglicherweise bin ich dadurch auch nicht schneller beim Lernen geworden, aber wesentlich entspannter und ... sagen wir, genussvoller. Auch der Weg ist inzwischen ein Ziel :)

Gäbe es nicht Youtube mit den zahllosen Videos von "Wunderkindern", würde diese Diskussion vielleicht gar nicht geführt werden. Man sieht so viele Ergebnisse, die teilweise durchaus beeindrucken. Aber man sieht nicht den Weg zum Ergebnis, den Drill, die Tränen. Was bleibt ist die Suggestion Kinder seien automatisch Wunderkinder mit endlosen Möglichkeiten auf leicht erreichbare Weise.
Was wiederum meiner Erfahrung so gar nicht entspricht. Irgendwann werde ich als Spätanfänger, wie Rolf es sagt, mittelschwere Literatur auf musikalisch hohem Niveau spielen können. Die meisten meiner MitschülerInnen werden dort nicht hinkommen. Nicht, weil sie es nicht könnten, sondern weil sie vorher das Handtuch werfen. Ein oder zwei davon werden diese Diskussion als Spät(wieder)einsteiger erneut führen ;)

Bleiben noch zwei MitschülerInnen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in den Bereich der schweren Literatur vorstoßen werden. Von denen weiß ich jedoch, wie viel Zeit sie aufwenden. Das nötigt mir großen Respekt, aber auch ein wenig Schaudern ab :eek:
 
jedoch lässt sich nicht bestreiten, dass ein älteres "gehirn" nunmal langsamer lernt, als ein jüngeres.
wer das gegenteil behauptet, lehnt sich gegen vielfach(st) dokumentierte, wohlbelegte erkentnisse der neurologie auf.
die neurologisch bedingt verminderte lernfähigkeit im fortgeschritten(eren) alter lässt sich jedoch sicherlich, zumindest zum teil, durch ein erhöhtes "arbeits"pensum kompensieren.
oh wie ist das grausam!!! schrecklich, ich werde mir Flugangst zulegen müssen: denn siehe, die Piloten haben die Fliegerei nicht in der Strampelhose erlernt, sondern viel später, als sie allesamt nur noch vermindert lernfähige Hirne fortgeschrittenen Alters hatten...
...ja, mit Spannung und Begeisterung werden wir verfolgen, wie deine Erkenntnisse den Fahr- und Flugunterricht reformieren werden :D:D:D und Jubel wird sich im Linienflieger ausbreiten, wenn das Cockpit die Tablettschubse zum windelnwechseln übers Mikro ruft

kann man eigentlich irgendwas anspruchsvolles besser, wenn man es schnell anstelle von gründlich lernt?
 
Wenn das Fliegen ohne Flugzeug stattfinden würde ;) (also nur ein motorischer Bewegungsablauf wäre), wäre es tatsächlich besser, das möglichst vor dem 15. Lebensjahr zu erlernen.

Es ist nunmal ein Faktum, dass komplexe motorische Abläufe in einer bestimmten Epoche der Gehirnentwicklung am leichtesten gelernt und am besten abgespeichert werden.

Das heißt ausdrücklich NICHT, dass es nicht möglich wäre, zu einem späteren Zeitpunkt einen unbekannten motorischen Ablauf zu erlernen. Ein hochmotivierter und talentierter Erwachsener wird das Klavierspiel rascher erlernen als ein talentbefreites und unwilliges Kind.
 
oh wie ist das grausam!!! schrecklich, ich werde mir Flugangst zulegen müssen: denn siehe, die Piloten haben die Fliegerei nicht in der Strampelhose erlernt, sondern viel später, als sie allesamt nur noch vermindert lernfähige Hirne fortgeschrittenen Alters hatten...

Und sogar dann bliebe noch Zeit, zu einem RICHTIG erfahrenen Piloten zu werden.

Beispiel: Passagiermaschine mit kl. techn. Problemen wg. Vögeln im Triebwerk:

Sully: "Wir nehmen den Hudson."
Tower: "Landebahn Nr. xxx im Bereich, und.. - WAS ? Bitte wiederholen Sie!"
Sully: "Wir landen auf dem Hudson.."


.. zum Glück ging diese Episode optimal aus, wie wir wissen. Die Erfahrung des Captains war hier wichtig..

Dennoch wurden theoretische Grundlagen und Interesse eventuell schon früh, in der Schulzeit, gelegt und geweckt. Ich glaube, zumindest in Deutschland gibts gewisse Voraussetzungen, um Pilot zu werden. Mit Mathe 5 und Physik 4- , dafür aber Grundkenntnissen in Malerei siehts da glaub ich eher nicht so gut aus, einen verantwortungsvollen Cockpitplatz zu bekommen.

Wie früh man beginnen kann, sich zum Cessna-Piloten ausbilden zu lassen, vielleicht irgendwo in Alaska, weiß ich aber nicht.

Aber komplexes Zeug lässt sich auf jeden Fall auch noch später erlernen, wenn erstmal - wie in den Beispielen mit den Piloten - bei solch wichtigen jobs erstmal auch das Verantwortungsbewusstsein da ist, und die Abgeklärtheit.

LG, Olli !
 
@rolf: die kompetenz auch etwas betagter piloten will niemand anzweifeln. genauso wenig lässt sich aber auch der umstand anzweifeln, dass sich "früh" auch hier besser "übt".
angenommen, ein angehender pilot beginnt schon mit 7 in einem flugsimulator zu trainieren & schließlich tritt er gegen einen piloten an, der mit 20 angefangen hat. tja, wer wird da wohl den besseren überblick über all die lämpchen und steuerelemente haben?! ;)

ich suche nachher gerne ein paar belege für meine behauptungen zum thema lernfähigkeit im lifetime-verlauf ;)
 
Falls beide Piloten im selben Jahr beginnen, hat der 20-Jährige bereits nach einem Monat einen lange nicht mehr einholbaren Vorsprung. Eigentlich logisch, oder? :D

Oder ernsthafter, der Vergleich hinkt auf beiden Füßen. Die paar relevanten Anzeigen in einem Kleinflugzeug überblickt jeder Interessierte derart rasch, dass ein Vergleich zwischen Jungspund und Späteinsteiger sinnlos ist.

Spricht man über Lämpchen und Leuchten, also Großflugzeuge, sieht die Welt komplett anders aus. Diese Ausbildung kannst mit gutem Grund erst ab einem bestimmten Alter angehen, weil sie intellektuelle Leistungen fordert, die ein 7-Jähriger niemals bringen kann. Darüber hinaus besteht die Tätigkeit eines solchen Piloten zu 99,9% im Abarbeiten bestimmter, in der Schule, im Simulator und Schulmaschinen gedrillter Verfahrensweisen. Kühles Denken nach Art eines Ingenieurs sind hier gefragt.

Der einzige Vorteil, den der 7-Jährige gegenüber dem 20-Jährigen hätte, wären die Flugstunden und damit möglicherweise erhöhte Anzahl an durchlebten Spezialsituationen, aus denen er lernen kann, falls er sie überlebt. Diesen Vorteil hätte aber der 20-Jährige auch gegenüber einem 33-Jährigen, wenn man das Alter einfach nach hinten schiebt. Mehr Zeit = mehr Erfahrung.

Mit besseren Lernfähigkeiten hat das in diesem Beispiel so gar nichts zu tun.

ALLE motorischen Fähigkeiten für Fliegen, Klavierspielen, Tennis, Autofahren erlernt man in frühester Kindheit und sie sollten spätestens bei Schulbeginn voll ausgebildet sein.
Alles weitere ist nur mehr ein Anwenden, Kombinieren oder Abwandeln dieser Grundmotorik. Das kann man meines Erachtens in jedem Alter lernen.

Aber natürlich hat es einen Grund, warum erfolgreiche Tennisspieler oder Rennfahrer bereits ganz jung beginnen müssen. Das Erlernen dieses Anwendens, Kombinierens und Abwandelns jeweils in der passenden Situation erfordert enorm viel Zeit. Beginne ich erst mit 20 Jahren mit dem Tennisspielen, kann ich das durchaus noch lernen. Hat man dann aber mal alles kapiert und intus, ist man aus dem körperlichen Alter für Spitzensport raus. That's it.

Ein alter Freund von mir hat im Alter von knapp über 40 Jahren (jawoll, das goldene Alter für Hersteller von Motorrädern, Luxuslaufschuhen und teurer Klaviere :) ) das Radfahren(!) erlernt. Nach nur drei Jahren nahm er dann an Downhill-Bewerben mit seinem sündteuren Mountainbike teil. Diese Zeitspanne ergab sich aber eher nicht daraus, dass er so lange fürs Erlernen des Radfahrens gebraucht hätte ;)

Der gravierende Vorteil der Jugend liegt doch viel eher darin, sich auf Gedeih und Verderb in eine Sache reinsteigern zu können. Der Knirps mit acht Jahren kommt nach der Schule heim, fetzt die Hausaufgaben hin und ab zum Tennisplatz. Das richtige Leben besteht in seinem Fall aus einem roten Belag mit weißen Linien. Und aus.
Der Erwachsene wird bei aller Begeisterung für eine Sache doch immer noch mehrere Interessen unter einen Hut bringen wollen und müssen. Und wenn es nur die bessere Hälfte ist, die einen Pinsel nebst Farbtopf in die Hand drückt und meint: "Du heute nix Tennis, du heute Zaun streichen, sonst..."

Ich würde den zitierten Spruch abwandeln: Früh übt nicht besser, früh übt länger.
 

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