Liebe PianoPuppy,
wenn Du die Absicht hast, Dich mit den Feuchtwanger-Übungen zu beschäftigen, solltest Du dieses Vorhaben nicht aufschieben. Sie sind Dein täglich Brot im Klavierspielen. Besser, Du schiebst den Stapel Noten weg und beginnst in aller Ruhe mit der 1. Übung. Sie ist so simpel, aber so durchschlagend, daß ich sofort begriffen hatte, um was es geht. Die Texte im Buch sind langatmig. Da kann man schon die Lust verlieren, dranzubleiben. Die DVD habe ich auch, aber ich habe die Feuchtwanger-Lehrerin und das ist das allerbeste. Denn erst durch das nahe Praktizieren in aller Ruhe, kann ich beobachten, wie sie es macht, meint, passende Assoziationen finden, ich nachahme und sie korrigiert sofort. Gerne lasse ich mich von ihrem Arm führen, daß meiner "schlapp" hängen kann und die Finger mit Leichtigkeit das Spiel aufnehmen (Marionetten-Bild). Darum kann ich mir zuhause die DVD ansehen. Denn jetzt dient sie mir als eine gute Erinnerungsstütze wie auch die Texte ich besser verstehe und aussieben kann. Aber wenn man ohne Lehrer die Übungen macht, was sicherlich einige können, kann man aber die Lust verlieren. Die Anwendung der Übungen übertragen wir gleich an den zu bearbeitenden Stücken. Und an der Quelle saß der Knabe: Es gibt Feuchtwanger-Fingersätze von Daniel Kasparin, der sie für die Stücke im Mikrokosmos 1 notierte und wunderbare Übungen sind. Das weiß natürlich die Lehrerin. Ich wäre da nie draufgekommen. Meine Lehrerin ist ganz begeistert, wie schnell ich das Prinzip begriffen habe und es praktiziere. Ich nehme mir auch immer wieder vor die Übungen. Dieses Kreisdenken, Elypsendenken ist wunderbar.
Der Anstoß auf Feuchtwanger geschah durch das Forum -> pppect! Ich hatte noch nie Verspannungen in den Händen, aber interessiert bin ich der Anrregung nachgegangen, weil ich eben irgendwann mal auch etwas flotter spielen möchte. Eine gute Spieltechnik ist nun mal eine gute Basis. Aber das weiß Du ja auch längst.
Improvisation
Die Wunschvorstellung selbst zu improvisieren kann man einfach im Jetzt beginnen. Ein Akkord links und rechts klingende Töne suchen (auch umgekehrt, egal, einfach machen ohne Leistungsanspruch). Das ist zwar ganz simpel, aber so habe ich angefangen. Dann hört man ja schon, wie was klingt und ob ein dieser Ton gefällt oder zu schräg ist .... Das befriedigte mich zwar nicht, aber ich war doch recht erstaunt, wieviele wohlklingende Töne, ja auch Musik in mein Ohr drang. Und dann wollte ich einfach wissen, wie das richtig funktioniert, sozusagen einen guten Anfang und ein gutes Ende, dazwischen muß man halt sehen, daß das ganze irgendwie stimmig wird.
Du möchtest Klassik improvisieren. Eigentlich haben ja alle Komponisten improvisiert mit Struktur, Harmoniewissen .... probiert, gehört, .... Schau Dir mal das Allegro von Haydn an. Es ist eine Improvisation von ihm, also sein Werk. Der 1. Teil beginnt in C-Dur, der 2. Teil in g-Moll. Es gibt aber keine Vorzeichen, so daß dieser Teil eigentlich in C-Dur angelegt ist (ich lasse mich gerne verbessern.) Und das finde ich ja mal schon interessant, daß wenn ich ein Stück in Dur beginne, in Moll weiter harmonisieren kann. Dann kommt wieder die Dominante G-Dur und erst am Ende wieder die Tonika C. Dann weiß ich für mich: Aha, das probiere ich auch mal - einfach so, aus dem Lameng. Ich bin ja Laie, ich darf das hier zuhause im Stübchen. Hört ja keiner außer mein Mann, aber dem kann ich ja alles vorklimpern. Er ist immer seelig.
Phantasielos, ja das bin ich auch. Das ärgert mich, deshalb höre ich wütend oft auf, merke, daß ich im selben Brei rühre. Und dann - aha, Klangbilder, wie war das in der 1. Invention, ein Dialog, probiere ich auch .... und so geht das ganze weiter. Inzwischen haben ich die Akkordlehre studiert, 4Klänge, Umkehrung .... G7, II, V, I, .... bin längst nicht fertig. Vieles verstehe ich einfach nicht, wen soll ich fragen, dann lese ich wieder neu, weiter woanders, hier im Forum, dann fügt sich mal wieder was. Du glaubst ja gar nicht, wie happy ich bin, wenn ich wieder mal was begriffen habe, z.B. heute, warum der Tritonis eine übermäßige Quarte ist. Mag lächerlich für den einen sein, xMal angesehn, gelesen, gespielt, verstanden erst heute und damit gleich andere Sachen mit. Und so ganz allmählich fügt sich ein Puzzle zum anderen. Es ist natürlich mühselig, aber hoch interessant, was man aus 7 ganzen Tönen alles machen kann.
Das ist heute so ein Tag, wo ich ständig darüber nachdenke, und vor großer Erkenntnis das gar nicht fassenkann, daß aus nur 7 Stammtönen eine Unendlichkeit von Musik vorhanden ist.
Im Improvisationsunterricht habe ich ja auch nur 1 Stunde Zeit, aber hier spreche ich über die Akkorde, hier höre ich die Akkorde. Hier geht es nicht um Stücke oder Takte, sondern es geht um den Klang: Wie kann ich diese Melodie harmonisieren ... So ist das als Spätanfänger, Laie .. von Nix eine Ahnung und dann blickt man es doch irgendwann.
Jeder Künstler guckt von dem anderen ab, lernt von dem Meister, von seinem Nachbar, von seinem Kinde .... kopiert, verbindet mit eigenen Ideen, erfindet Neu in Alt ... und wenige erfinden das Rad noch einmal neu, und dann staunt man wieder.
Phantasiearm, ja das bin ich auch. Deswegen bin ich eben auch oft wütend, traurig, wenn es einfach nicht weitergehen will. Das Forum hat mir schon viele Trostpflaster gespendet. Denn den persönlichen Einsatz kann man ja nicht in einer Unterrichtsstunde abarbeiten.
Feuchtwanger-Übungen! Such Dir dafür einen Lehrer! Es lohnt sich.
Es wäre doch schön, jetzt auf einer Terrasse zu sitzen mit Wein oder Bierchen oder sonstwas, einfach nur da sein und den Sommerabend genießen mit Geplauder über die Musik. So jemand fehlt mir einfach.
kulimanauke