Fingerfertigkeit - Tempo üben

  • Ersteller des Themas Ralph_hh
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Diese und zahlreiche ähnliche ungelöste Forumeinträge wird es in 20-30 Jahren immer noch geben (ob hier oder woanders ist egal), weil diese Thematik in der Klavierdidaktik nicht erfasst wird und ihr Betriebsblind seit weil schon als Kind begonnen wurde.

Es wurde auf diesem Forum schon oft und sehr ausführlich beschrieben, mit welchen Mitteln man gezielt ein rasches Tempo erreicht - u.a. von @rolf, @chiarina, @Alter Tastendrücker und auch von @hasenbein.

Jeder, der schnell spielen kann, weiß das und übt auch so, wie es vielfach beschrieben wurde. Das Problem ist keine fehlende Methodik - das Problem sind die Späteinsteiger, die diese Methodik in Zweifel ziehen, ohne sie je ernsthaft probiert zu haben und sich krampfhaft an den Glauben klammern, man müsse seine Finger nur genügend mit Hanon (oder Cortot, Brahms, Liszt etc.) stählen, damit es mit dem Tempo klappt.

Dass @hasenbein unter diesen Umständen keinen Bock hat, weiter gegen Wände anzuschreiben, kann ich sehr gut verstehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vermutlich kommt hier noch was zum Tragen:
Als Anfänger hört man oft den Spruch aus berufenem Munde: Langsam üben, das Tempo kommt von alleine. Das ist auch ganz sicher berechtigt und brennt sich ins Gehirn. Viele kommen allerdings aus diesem didaktischen Status nicht heraus (mich eingeschlossen) und versuchen sich trotzdem an Literatur, für die sie die richtige Übemethode noch gar nicht gelernt haben.

Für mich gilt: Wer hier die (einheitlichen!) Ratschläge der Profis zu Temposteigerung anzweifelt, ist entweder Autodidakt oder hat einen SKL und kapiert sie deswegen überhaupt nicht.

Dass @hasenbein unter diesen Umständen keinen Bock hat, weiter gegen Wände anzuschreiben, kann ich sehr gut verstehen.
Ist auch gar nicht nötig. Das Thema inkl. fundierter Antworten ist so alt wie das Forum.
 
Diese und zahlreiche ähnliche ungelöste Forumeinträge wird es in 20-30 Jahren immer noch geben (ob hier oder woanders ist egal), weil diese Thematik in der Klavierdidaktik nicht erfasst wird

Womöglich liegt es daran, dass man es mit "Drüber-Quatschen" sowieso weder lernen noch beibringen kann, sondern nur direkt am Objekt, mit der Klangvorstellung im Sinn, dem Klang im Ohr und mit den anatomischen Exekutivorganen an den Tasten.

Die "Finger" (pars pro toto = der Spielapparat) können jedenfalls schneller spielen, als ein ungeübtes Bewusstsein hinterherdenken (oder gar vorwegdenken) kann.

Du redest mit mir übrigens mit jemandem, der erst in der zweiten Lebenshälfte begonnen hat, es "richtig" zu lernen, der nicht über viel musikalisches Talent verfügt und der darüber hinaus von einigen anatomischen und neurologischen Einschränkungen herausgefordert ist, die nach Deiner These dem "motorischen" Erfolg (hohes Tempo) widersprechen. Deshalb erlaube ich mir vollmundig zu behaupten, in Anlehnung an einen bekannten Slogan:

It´s the music, stupid!
 
Dass das Thema hier im Forum zig Mal besprochen wurde, mag sein, dennoch nehme ich aus diesem Faden viel neues mit, was ich hier so noch nicht gelesen habe. In der Tat widerspricht sich da einiges fundamental, die meisten Ratschläge zum Thema Tempo lauten, wie Peter erwähnt hat, erstmal langsam zu machen und dann, wenn das sicher läuft, das ganze zu steigern.

Die Aussage hier im Thread, dass die Bewegungsmuster beim schnellen Spiel komplett andere sein können und dies erstmal langsam dann nicht zielführend ist, ist mir zumindest bisher in den Threads hier offenbar nicht so richtig bewusst geworden.

Danke an dieser Stelle erstmal für die Hinweise dazu, ich bin nun dabei, mich von dem "Bewegungsmuster langsam" und dem fingerzentrierten Spiel bei meiner Etüde zu verabschieden und das ganze aus der Armbewegung zu holen. Schwer zu beschreiben.
 
Ich vermute es kommt auch darauf an, was unter "schnellem Spiel" zu verstehen ist. Was für mich als Anfänger "schnell" ist, kann für einem weiter fortgeschrittenen Spieler ein ganz normales Tempo sein.
 
Dieses "erstmal ganz langsam" wird ja deshalb so verbreitet gemacht, weil die schlecht notenlesenden Schüler (= fast alle) sich am Anfang erstmal das Stück Note für Note (also Noten als Einzelereignisse) zusammenklauben.

Das Problem ist, dass nach diesem Zusammenklauben, selbst wenn es nicht unmäßig lange dauert, allzu oft der sehr wichtige nächste Prozess unterbleibt, der eigentlich IMMER SO SCHNELL WIE MÖGLICH erfolgen sollte (bzw. beim Zusammenklauben schon im Hinterkopf sein sollte): Dass nämlich sinnvolle und in der Komposition intendierte Tongruppen - sowohl in rhythmischer als auch phrasenmäßiger als auch bewegungstechnischer Hinsicht - gebildet werden und man mit diesen Tongruppen als musikalisch-technische "Silben" und "Wörter" arbeitet! Es muss unbedingt weggekommen werden vom "Note für Note"-Auffassen und -Spielen und stets RHYTHMISCH und PHRASENHAFT empfunden und ausgeführt werden!

Bewegungen zudem nie "stop-start-mäßig", abgehackt oder ruckartig! Im "Einzeltonmodus" ist klar, dass die Bewegung dauernd anhält, dann weiterruckt, dann wieder anhält etc. Wie soll man da vernünftige Bewegungsmuster ausbilden? Unmöglich!

Allzu viele Anfänger bleiben wie ein Erstklässler, der beim Lesen mit dem Finger am Text entlang geht und sagt: "H...a...s...e...Hasen....b...e...i... Hasenbein... usw."

Das ist der Hauptgrund (neben unzureichender bis falscher technisch-musikalischer Anleitung durch KL oder aber natürlich auch schlichtem Nichtbefolgen der Ratschläge des KL), warum a) ständig viel zu langsam geübt wird und b) die Tempoobergrenze viel zu früh erreicht ist (scheint).
 
Dieses "erstmal ganz langsam" wird ja deshalb so verbreitet gemacht, weil die schlecht notenlesenden Schüler (= fast alle) sich am Anfang erstmal das Stück Note für Note (also Noten als Einzelereignisse) zusammenklauben.

Ich gebe zu, auch ich brauche bei einem unbekannten das Notenbuchstabieren am Klavier noch. Die Alternative wäre, den Notentext ohne zu spielen erst einmal in Ruhe zu lesen. Die Zeit bekomme ich aber bei einem neuen Stück im Unterricht nicht und direkt vom Blatt spielen fällt mir noch schwer.

Dass nämlich sinnvolle und in der Komposition intendierte Tongruppen - sowohl in rhythmischer als auch phrasenmäßiger als auch bewegungstechnischer Hinsicht - gebildet werden und man mit diesen Tongruppen als musikalisch-technische "Silben" und "Wörter" arbeitet! Es muss unbedingt weggekommen werden vom "Note für Note"-Auffassen und -Spielen und stets RHYTHMISCH und PHRASENHAFT empfunden und ausgeführt werden!

Das Phrasenbilden und rhythmische Spielen ist der zweite Schritt. Sonst wäre ich ja auch nicht in der Lage dynamisch zu spielen und Betonungen zu setzen. Worauf bei mir im Unterricht noch nicht eingegangen wurde sind Bewegungsabläufe um auf Tempo zu kommen. Kann es sein, dass es dafür noch zu früh ist?
 
Worauf bei mir im Unterricht noch nicht eingegangen wurde sind Bewegungsabläufe um auf Tempo zu kommen. Kann es sein, dass es dafür noch zu früh ist?
Nein. Sogar schon Anfänger können erleben, wie mühelos es sich anfühlt, im Fünftonraum die Fingerfolge 5-4-3-2-1 abrollen zu lassen. Diese ist zwar die leichteste Folge für schnelles Spiel (liegt am angeborenen Greifreflex, der hierbei genutzt wird, verbunden mit guter Armführung). Aber wenn man dieses Spielbewusstsein erstmal entwickelt hat, lässt es sich auch auf andere Fingerfolgen übertragen.
 
Die Alternative wäre, den Notentext ohne zu spielen erst einmal in Ruhe zu lesen. Die Zeit bekomme ich aber bei einem neuen Stück im Unterricht nicht und direkt vom Blatt spielen fällt mir noch schwer.

Das sollte Dein:e Lehrer:in aber merken und die Methoden entsprechend anpassen. Was spricht denn beispielsweise dagegen, ein neues Stück erst einmal als Leseaufgabe mitzugeben? Und das Vom-Blatt-Spiel mit anderen Stücke zu üben.
(Als eine von vielen möglichen Vorgehensweisen)
 
@Barratt , bin mir nicht sicher was du mir sagen willst.
Tust du dich nun leicht oder hart auf Tempo zu kommen?

In der Tat widerspricht sich da einiges fundamental,
Ja das sehe ich auch so.
Das liegt daran weil es in der Klavierdidaktik diesbezüglich unterschiedliche Ansichten gibt.
Ein Auszug gefällig:
  1. Heißt es oft „das Stück kleinteilig auf Tempo bringen“ (so versuche ich das wie beschrieben)
  2. Dann schreibt
    Im "Einzeltonmodus" ist klar, dass die Bewegung dauernd anhält, dann weiterruckt, dann wieder anhält etc. Wie soll man da vernünftige Bewegungsmuster ausbilden? Unmöglich!
    Dies ist ein klarer Widerspruch zur Methode 1. Wie soll man eigentlich sonst anhalten?Und eine Phrase kann man auch nicht gleich durchspielen.
  3. Dann sagen manche Lehrer mach es mit dem Metronom – langsam steigern (ich rate davon ab)
Dies sind wie der Leser unzweifelhaft feststellen kann unterschiedliche Konzepte.
Der interessierte Hobbyspieler darf sich die Methode nun mit dem Würfel aussuchen ;-)
(Antwort auf dich @mick und soviel zu dem Thema
)

Die Aussage hier im Thread, dass die Bewegungsmuster beim schnellen Spiel komplett andere sein können und dies erstmal langsam dann nicht zielführend ist, ist mir zumindest bisher in den Threads hier offenbar nicht so richtig bewusst geworden.
Aus meiner Erfahrung kann ich dir berichten dass plötzlich das Tempo zu steigern, außer Fehler zu machen, eher kontraproduktiv ist, weil sich diese Fehler einbrennen und schwierig ja mühsamst zu entfernen/löschen sind. Und das kostet viel Zeit.
Es bleibt daher nur die Wahl der langsamen Steigerung so schnell wie es halt fehlerfrei geht. Dies ist die logische Konsequenz um Fehler zu vermeiden.

@samea, hatte schon verschiedenste Lehrer aber Bewegungabläufe wurden mir noch nie gezeigt. Willkommen im Club.
 

Nein. Sogar schon Anfänger können erleben, wie mühelos es sich anfühlt, im Fünftonraum die Fingerfolge 5-4-3-2-1 abrollen zu lassen. Diese ist zwar die leichteste Folge für schnelles Spiel (liegt am angeborenen Greifreflex, der hierbei genutzt wird, verbunden mit guter Armführung). Aber wenn man dieses Spielbewusstsein erstmal entwickelt hat, lässt es sich auch auf andere Fingerfolgen übertragen.

Diese Übung habe ich im ersten Monat meines Klavierspiels tatsächlich gemacht. Ich habe sie gedanklich jedoch nie mit dem schnelleren spielen in Verbindung gebracht.
 
@samea
Wichtig ist, das du nicht fünf Impulse machst, sondern nur einen. Du kannst dir dabei Dominosteine vorstellen, die nacheinander angestubst werden.

Wenn das läuft, versuche es mal in entgegengesetzter Richtung (1-2-3-4-5). Es ist schwerer, aber wenn du das gleiche Gefühl entwickelst wie bei 5-4-3-2-1, bist du einen großen Schritt weiter.
 
..... ihr seid doch alle Chunkies :-D
 
Eben, darum geht's: Nicht pro Ton 1 gesonderten Impuls, sondern stets mehrere Töne zu einem "Bogen", einer "Welle" zusammenfassen, ohne dass irgendwelche Einzelimpulse spürbar oder sichtbar wären. Deswegen ist Abby Whitesides "Outlining" auch so effektiv - weil erstmal die zusammenfassende Welle des "basic rhythm" gespürt und geübt wird, indem zunächst nur bestimmte "Eckpunkte" tatsächlich gespielt werden, und dann die dazwischenliegenden kleinen, schnellen Notenwerte bei gleichbleibendem Tempo und gleichbleibender zusammenfassender Bewegung "dazwischengemogelt" werden.

Gutes Stück, um Outlining zu erforschen, ist z.B. Scarlatti K.397.
 
...... weil erstmal die zusammenfassende Welle des "basic rhythm" gespürt und geübt wird, indem zunächst nur bestimmte "Eckpunkte" tatsächlich gespielt werden, und dann die dazwischenliegenden kleinen, schnellen Notenwerte bei gleichbleibendem Tempo und gleichbleibender zusammenfassender Bewegung "dazwischengemogelt" werden.

Klingt logisch, ich werd's mal ausprobieren. Zum Teil habe ich es auch schon so gemacht bei bestimmten Passagen, aber weniger bewußt
 
Danke, das hilft mir sehr weiter. Nun verstehe ich auch dien tieferen Sinn der Hausaufgabe von meiner Kl. Ich soll den angehängten Takt aus Gurlitts Valse noble op. 210 in einem Bogen, in einem Zug spielen und das als einzelne Übung. Ich dachte, dass ich damit mein gebundenes Spiel verbessere. Darauf das es auch ums Tempo geht, bin ich nicht gekommen.
 
@samea
Wichtig ist, das du nicht fünf Impulse machst, sondern nur einen. Du kannst dir dabei Dominosteine vorstellen, die nacheinander angestubst werden.

Wenn das läuft, versuche es mal in entgegengesetzter Richtung (1-2-3-4-5). Es ist schwerer, aber wenn du das gleiche Gefühl entwickelst wie bei 5-4-3-2-1, bist du einen großen Schritt weiter.

Die Übung klappt mit einer Hand in beiden Richtungen einwandfrei. Ich war überrascht wie schnell ich bin.Beim beidhändigen Spiel muss ich mich noch zwischen Tempo und Synkronität "entscheiden".
 
Beim beidhändigen Spiel muss ich mich noch zwischen Tempo und Synkronität "entscheiden".
Auch dafür gibt es eine sehr gute Übung:
Eine Hand punktiert (lang-kurz), die andere gerade. Dann wechseln.
Danach mit den Fingerkombinationen, die noch nicht dran waren, d.h. eine Hand startet vor der anderen. Danach wechselst du die Rollen wieder.
Dadurch werden Verbindungen im Gehirn geschaffen, die vorher nicht existierten. Wichtig ist, hinterher bei synchronem Spiel wieder in das Gefühl des Abrollens zu kommen.
 

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