"Die Besonderheiten der Klangerzeugung auf dem Klavier"

Hi Guendola,

sry, der Impuls ist Impuls ist Impuls. ;-)
Er ist keine Energie.

Energie gibt es in verschiedenen Formen. Die Energieformen der klassischen Mechanik (darum geht es hier) sind die kinetische und potentielle Energie.

Die kinetsche Energie ist die Energie die einem Körper durch Beschleunigung auf eine bestimmte Geschwindigkeit zugeführt wird. Beim Abbremsen wird diese Energie wieder frei (siehe Autounfall).

E = 1/2 m v^2

Die potentiell Energie ist die Energie, die einem Körper zugeführt wird, wenn er gegen ein homogenes Kraftfeld (z. B. Erdanziehung oder eine Federkraft) bewegt wird.

E = m g h (Potential der Erdanziehung)

E = 1/2 D s^2 (potentielle Energie einer Feder, D=Federkonstante)

(Hinweis für die Experten: bei nicht homogenen (konstanten) Kraftfeldern muss selbstverständlich das Integral über den Weg gebildet werden. ;-) )

Der Impuls hat seine Bedeutung hauptsächlich durch den Impulserhaltungssatz.

Die ganzen Formeln haben aus meiner Sicht keine praktische Bedeutung für das Kl4spielen, aber ich wollte sie nur richtig klarstellen. Nix für ungut.

Gruß

PS: Wenn sich ein frei bewegter Körper (Kl4-Hammer) mit einer bestimmten Geschwindigkeit durch ein Kraftfeld bewegt, wird er abgebremst (oder beschleunigt) und ein Teil seiner kinetischen Energie wird in potentielle Energie umgewandelt (oder umgekehrt).
 
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Hi Guendola,

sry, der Impuls ist Impuls ist Impuls. ;-)
Er ist keine Energie.).

Komisch, ich hatte hinzugefügt, daß der Impuls eine Richtung hat...

Der Beitrag war ein Versuch, die Angelegenheit etwas zu vereinfachen, denn viel mehr als Zeit, Masse und Energie sind ja nicht beteiligt. Es ist mir dann ein bischen entglitten. Deine Erklärung hat auch was für sich.
 
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Hallo,

Michael, bei allem Respekt für dein Fachwissen und deine tolle Arbeit, deine Ausführungen kann ich nicht nachvollziehen.

Wenn die ganzen mechanischen Elemente in einer Flucht sind, spricht doch alles dafür, dass die Energie [EDIT: genauer: Kraft bzw. Impuls, denn Energie hat keine Richtung] genau in dieser Flucht auf den Hammer übertragen wird. Woher sollen dann aber die Seitenkräfte kommen, die den Hammer aus seiner mittigen Position auf der Saite(nchor) verschieben?

Wenn der Hammer während eines langen Tastenhubes seitwärts bewegt, kann das (in meinem Verständnis) nur daran liegen, dass Pilote, Hebeglied, Stoßpuppe, Nuss, Achse und Hammer nicht in einer Flucht sind. Da muss eine Mechanik doch schon arg verschlissen oder verzogen sein, damit so etwas passiert! Und wenn das bei langem Tastenhub passiert, passiert es bei kurzem Hub auch. Anders gesagt: wenn in der Mechanik tatsächlich etwas verzogen ist, dann ist der Hammerweg eh schief, egal ob ich die Taste von oben bis unten durchdrücke, oder ob ich die Taste halb durchdrücke, anhalte, und dann den Hammer kurz vor der Saite abfeure. Nein?

Aber an einem Hebel- und Scharniersystem, dessen Bauteile und Bewegungen alle in derselben Ebene laufen, wie sollen dort Seitenkräfte entstehen?

Einzig bei schrägen Hämmern, z.B. im Bassbereich eines Klaviers (Pianinos), ist die Drehbewegung der Achse / Nuss nicht in einer Flucht (bzw. Ebene) mit der Drehbewegung des Hammers. Hier könnte ich mir evtl. noch vorstellen, dass bei starkem Anschlag ein gewisses Drehmoment auf den Hammerstiel ausgeübt wird, weil die Masseträgheit des Hammers nicht in einer Flucht (bzw. im rechten Winkel) mit der Achse ist, und dass der Hammerkopf dann die Saiten des Chores nicht genau gleichzeitig trifft. Aber bei den vertikalen Hämmern im Tenor und Diskant - wo sollen die Seitenkräfte herkommen? Die Achsen sind im Prinzip stinknormale Stiftscharniere, und der Hammer führt eine stinknormale Kreisbewegung in der vertikalen Ebene aus. Oder nicht? (Wenn nicht, dann beschreibe bitte, warum nicht.)

Also, ich hätte tatsächlich gerne die Spektralanalysen eines mf "weich" und eines mf "hart" gesehen... und halte es nach wie vor mit der Aussage von Haydnspaß: "Das, was Herr Kratzert postuliert, ist eine Änderung der Klangfarbe bei gleichbleibender Lautstärke. Bei der Art und Weise, wie der Ton beim akustischen Klavier erzeugt wird ist das physikalisch unmöglich."

Dann müsste doch der Klangunterschied viel, viel größer sein, wenn man am Flügel mit Hilfe des una-corda-Pedals die Mechanik auch nur einen BRUCHTEIL eines Millimeters nach rechts verschiebt - denn so kommt eine wirklich kontrollierte, quantifizierte, messbare seitliche Verschiebung ins Spiel.

Ich wiederhole, nichts gegen dich, Michael, dein Fachwissen oder deine fabelhafte Arbeit - aber ich war nach deinen obigen Beiträgen verwirrter als vorher - das habe ich bei dir noch nie erlebt.

Ciao,
Mark
 
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Hi Guendola,

ich finde es immer schwierig die richtige Balance zw. korrekten physikalischen Begriffen und Formeln und allgemeinen Beschreibungen ohne die Fachbegriffe und Zusammenhänge zu finden.

An sich bin ich nämlich davon überzeugt, dass man die Formeln nicht braucht und ohne sie argumentieren kann. Du machst das auch immer sehr gut, ich hatte mich nur an dem kleinen Wort "= Bewegungsenergie" beim Impuls gestört.

Aber ich glaube jetzt, du wolltest es eben einfach halten, sry.

Gruß
PS: Jetzt ist aber Schluss mit dem Physiklehrer in mir. :)
 
Hallo Marc,

Das ist nicht leicht zu erklären ohne Demonstration. Ich bin kein Mathematiker oder befasse mich wissenschaftlich mit dem Thema, sondern bin ein Praktiker. Um hier gleich zum Kern der Sache zu kommen. Jeder, der schon mal einen Klavierhammer in der Mechanik angefasst hat, kann folgenden Test machen: Versuche einen frei stehenden Hammer mit dem Finger seitlich zu bewegen. Das geht sehr leicht! Es geht sogar so leicht, dass es schon fast unwahrscheinlich ist, den Hammer nicht seitlich zu bewegen sobald er berührt wird.

Rolf, Die Taste ist nicht mit der Mechanik verbunden, daher ist es gleich ob sie seitlich angeschlagen wird oder nicht. Auch ist das Hebeglied nicht mit dem Hammer verbunden. Daher hat man drei unabhängig voneinander bewegliche Teile. Marc, auch wenn alle Teile äußerst präzise mittig verarbeitet wurden gibt es genügend kleine Toleranzen, die meine vorigen Ausführung unterstützen. Um dies zu verdeutlichen muss ich entweder eine Hochgeschwindigkeitskamera haben (hab ich nicht:sad:) - oder mir wieder einen Werkstatttest einfallen lassen. Ich hab auch schon einen im Hinterkopf - bloß nicht viel Zeit übrig momentan. :rolleyes:

Guendola, Der Hammerstiel sitzt beim Pianohammerkopf an noch ungünstigerer Stelle um seitliche Bewegungen zu machen, nämlich am Ende. Beim Flügel gibt es nach unten hin noch den sogenannten Hammerschwanz, der wie ein Ausgleichspendel fungiert - trotzdem sitzt die Hauptmasse beim befilzten Teil.

Übrigens Marc, wenn Du den Verschub nur minimal änderst bekommst Du tatsächlich ein komplett anderes Klangbild. Noch mehr wird es, wenn der Hammer nicht im Winkel auftrifft, was sich alleine durch Betätigen des Verschubs nicht verdeutlichen lässt.

Die Erzeugung eines "schönen" oder "scheusslichen" Klaviertons hängt in jeder Hinsicht von Änderungen im Microbereich ab. Diese sind mechanisch nur mit hochpräzisen Messinstrumenten zu erfassen. Es gibt ein Messgerät, dass es schneller erfasst - nämlich das Gehirn.

Wie ist es möglich, dass eine Billiardkugel mit einem Stock der eine Rundung vorne hat so getroffen wird, dass diese Kugel in genau einem bestimmten Winkel die nächste Kugel trifft, welche genau in ein vorgegebenes Loch mit geringsten Abweichungstoleranzen etc. etc. - oder wie ist es möglich, dass ein Jongleur 5 Keulen in der Luft bewegt, wo er doch nur zwei Hände hat. Ich könnte noch einen Roman dazuschreiben, warum das alles nicht geht - und es geht doch.

Genau auf die gleiche Art und Weise ist es möglich einen Ton zu "formen" beim Anschlag. Es gibt sicher tausend Gründe warum das nicht geht - und es geht doch. Die Antwort liegt im Microbereich.

LG
Michael
 
Gut, Michael, ich beiße an.

Was du bisher beschrieben hast, ist ein gewisses seitliches Spiel. Was du aber noch nicht geschrieben hast, ist, wie man dies Spiel bzw. den seitlichen Versatz reproduzierbar kontrolliert und beeinflusst, um die gewünschte Klangfarbe zu erzielen. (Mal vom linken Pedal abgesehen.)

Um es ganz klar zu formulieren:
Behauptung 1: Man kann die Klangfarbe mit dem Anschlag beeinflussen.
Behauptung 2: Die veränderte Klangfarbe beruht auf seitlichem Versatz des Hammers.

Dann folgt daraus logisch zwingend: Man kann mit dem Anschlag konsequent (also kontrolliert und wiederholbar!) den seitlichen Versatz eines jeden Hammers beeinflussen.

Also nicht nur eine gewisse Fehlerstreuung ("mal trifft der Hammer etwas links, mal in der Mitte, mal etwas rechts"), sondern indem ich die Taste auf eine ganz bestimmte Weise anschlage (kontrollierter Input), versetzt dieses den Hammer, wie auch immer, um ein gewisses Maß seitwärts, und so erziele ich die gewünschte Klangfarbe (vorhersagbarer Output bzw. prüfbarer Effekt des Inputs).

Und wie soll dieser kontrollierte Einfluss aussehen, den der Anschlag auf den seitlichen Versatz hat? Wo doch die Mechanik gar keine seitwärts bewegenden Glieder hat?

Nach wie vor sehr skeptische Grüße, (nicht übelnehmen, bitte, ich will's halt verstehen, und ich glaube, das gilt nicht nur für mich!)
Mark
 
Hi,

sry, ich misch mich mal ein. ;-)

Ich glaub es geht in diesem "Modell" nicht um eine konkrete seitliche Verschiebung des Hammers beim Treffen der Saite, sondern darum, dass der Hammer unter bestimmten Bedingungen während des Weges zur Saite seitliche Fluktuationen/Vibrationen entwickelt und daher die Saite anderst anschlägt, wie wenn diese Vibrationen (bei kürzerem Weg) nicht vorhanden sind.

Gruß
 
. Ich bin kein Mathematiker oder befasse mich wissenschaftlich mit dem Thema, sondern bin ein Praktiker.
(...)
Ich könnte noch einen Roman dazuschreiben, warum das alles nicht geht - und es geht doch.

Genau auf die gleiche Art und Weise ist es möglich einen Ton zu "formen" beim Anschlag. Es gibt sicher tausend Gründe warum das nicht geht - und es geht doch. Die Antwort liegt im Microbereich.

hallo,

Praktiker bin ich auch, jedenfalls was das mehr oder weniger sinnvolle bewegen von Tasten betrifft - welche Geheimnisse feinster und im Mikrobereich sozusagen produktiver "unscharfer" Art sich hinter den Tasten, vom Holzgewand wohl verborgen, verstecken: das alles vermag ich nicht umfassend zu verstehen (aber das muss ich auch nicht)

selbst ohne detaillierte Kenntnis, wie ein Verbrennungsmotor funktioniert, kann man gut Auto fahren :)

penetrant wie ich bin: auch ohne es eindeutig auszusprechen, scheinst Du Kratzert eher zuzustimmen, als seine "Beobachtung" abzulehnen.

scherzando:
es darf nicht sein ("nicht sein kann, was nicht sein darf"), aber "sie bewegt sich doch" - wobei ich nicht so weit ginge, Kratzerts klavierpädagogisch sehr gutes Buch mit dem Werbespruch "der Galiliei der Klaviermechanik" anzupreisen... (in Sachen Basistechnik wie Technik des Klavierspielens ist das Buch übrigens sehr brauchbar)

Gruß, Rolf

(ich fürchte, noch penetranter zu werden, weshalb ich mich vorab sicherheitshalber entschuldige: auf Deiner homepage ist ja auch vom Klavierspielen die Rede, also nehme ich an, dass Dir ein "Anschlag mit dosiertem Armgewicht" etc [Elastizität, Federung] nichts unbekanntes ist - kannst Du als Klavierbauer bestätigen, dass solche Bewegungsweisen den Klang differenzieren? vielleicht sogar bzgl der Gretchenfrage, ob (nahezu, also fürs Ohr wahrnehmbar) gleichlaute Anschläge unterschiedlich klingen können? was letzteres betrifft: ohne die Kenntnis der mechanischen Unwägbarkeiten im Mikrobereich, nehme ich wahr, ob "hart" oder "weich", "starr" oder "elastisch" angeschlagen wird - und ich bilde mir ein, keiner Sinnestäuschung und keinem Wunschdenken zu unterliegen)
 
Es kann nur darauf ankommen, wie die Taste bewegt wird aber man muß eben herausfinden, wie man diese Bewegung im Zusammenhang hinbekommt. Und ich glaube, daß das Gehör als Meßwerkzeug und das Gehirn (mit möglichst viel Erfahrung) als Regelwerk da die beste Arbeit leisten, wenn einem die allgemeinen Anschlagsvarianten bekannt sind. Das bezieht sich unter anderem auch auf den letzten Beitrag von Rolf.

Maria João Pires hat mal erzählt, daß sie als kleines Kind gerne am Flügel saß und sich einfach mit den unterschiedlichen Klangmöglichkeiten beschäftigt hat - damals konnte sie überhaupt noch nicht Klavier spielen. Sicherlich eine gute Basisschulung :)
 
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Guten Abend,

Ich will nochmals replizieren - der Anschlag bzw. das was beim Instrument raus kommt lässt sich beeinflussen und es ist hörbar.
Der Klavierspieler entscheidet durch sein Spiel und Rückmeldung vom Instrument, wie er es machen soll, seinem Klangideal nahe zu kommen. Ob ich nun den Arm in einer bestimmten Weise bewege oder nicht - ich hab mir noch nicht zugesehen dabei :D Auf jeden Fall bewege ich meine Finger dazu.:klavier:

Ich behaupte, dass es einfacher ist einen schönen Ton zu erzeugen, wenn man den Ton "fühlt" und das ist natürlich esoterisch, denn man kann ihn natürlich nicht wirklich fühlen mit den Fingern - aber doch nahezu. Was in der Realität bedeutet ich gebe im letzten Moment den entscheidenden Druck und erzeuge nicht den Ton schon 10 cm vor der Taste. Geschickterweise trage ich den Hammer förmlich zur Saite, wodurch er sich weniger "verdreht/ausreißt/versetzt etc." - und ich habe zudem den Zeitpunkt auch besser unter Kontrolle wann der Hammer dann tatsächlich auftrifft. Aber wie gesagt - das ist meine Theorie und ich sehe mir nicht dabei zu wie ich es mache. Ich beobachte mich auch nicht beim sprechen. Es könnte durchaus sein, dass es so aussieht, als schlage ich unwillkürlich auf die Tasten - doch bin ich mir sicher, dass ich einen vorgestellten Ton erreiche, wenn ich "ganz nahe" bei der Saite bin.

Kontrollierter bzw. sicherer oder wünschenswert was den erzeugten Ton angeht wird im Microbereich entschieden - und es ist bestimmt von Instrument zu Instrument unterschiedlich. Nicht umsonst müssen sich Pianisten auf einem neuen Instrument einspielen. Das geschieht oft ganz locker - manchmal wird man nicht "warm" mit dem Klang des Flügels, oder dem selbst produziertem Klang? Jedenfalls erlernt der ausgebildete Klavierspieler mit Feingefühl sofort, was in dem Instrument steckt und wie er es optimal zum singen bringt - und braucht dazu keine Wochen oder Monate. Aber doch lotet er eine Weile aus, wie er den Anschlag zu tätigen hat um mit dem Klang zurechtzukommen.

Mark, Natürlich hat es mit den Gliedern nichts zu tun - aber mit der Hammerrolle, der Stoßzunge und dem Bohrloch am Hammer etc. sehr wohl. Wie man den Klang beeinflussen kann? Erst am Ende des Anschlags die nötige Power zu geben lässt den Hammer am sichersten dort ankommen, wo man es wünscht, wäre die logische Schlussfolgerung all meiner Ausführungen. Man muss es halt ausprobieren.

Ich frage mich manchmal, wie es Pianisten gelingt, einen schönen Ton zu erzeugen und dennoch das Pedal zum klappern zu bringen -selbst wenn es das bisher nie tat. Ich fühle mit dem Fuß fast wie mit den Fingern und kann jedes unnötige Geräusch produzieren bzw. umgekehrt den "Anschlag" bzw "Antritt" heraus finden, mit der die Pedale geräuschlos funktionieren.:lol:

LG
Michael
 
@Klaviermacher bzw. zu dem, was Du geschrieben hast:

Hast Du schonmal am Lenkrad gefühlt, dass das rechte Vorderrad Deines Autos gerade durch ein Schlagloch fährt? ;)

Ich glaube, das geht jedem so.
Ich hab mal einen Bericht drüber gelesen -ich glaube es war in "Spektrum Gehirn und Geist". Dabei hat man den Gebrauch von Werkzeugen und die geistigen Vorgänge dabei untersucht.
Der Tenor des Berichtes war der, dass ein Werkzeug, sobald man genügend damit vertraut ist, "unsichtbar" wird. Das Gehirn, bzw. die Psyche interpretiert nach einer gewissen Lernzeit das Werkzeug als Körperteil, bzw. als Erweiterung des Körpers. D.h. Man glaubt, mit dem Werkzeug zu fühlen.

Evtl. ist das genauso, wenn man das Klavierspiel richtig beherrscht.

Peter
 

Ich will nochmals replizieren - der Anschlag bzw. das was beim Instrument raus kommt lässt sich beeinflussen und es ist hörbar.(...)

hallo,

ich will dich gewiss nicht verärgern - im Gegenteil, ich will versuchen, wenigstens ansatzweise zu verstehen, was sich hinter der Holzverkleidung abspielt: ich kenne mich nur mit den Maßnahmen vor der Holzverkleidung aus :)

mir leuchtet alles ein, was Du über das Spielen sagst (den Ton fühlen, auch in den Tasten) - ich mache es auch nicht anders. Und jedes Instrument, das in Sälen herumsteht, ist ein Unikat - man muss sich immer wieder neu daran gewöhnen. Und da komme ich schon zum nächsten "esoterischen" Aspekt, ohne dass der vorangegangene (Kratzerts "Beobachtung") entschieden wäre: man mag mir gerne mit einem Messinstrument vorführen, dass Flügel A und Flügel B exakt denselben Widerstand (Tastengewicht, Schwer- bzw. Leichtgängigkeit) haben - ich spüre da deutliche Unterschiede! Nicht nur bzgl. der Klangqualität der Instrumente, sondern auch bzgl. der Klaviatur und der dynamischen Möglichkeiten.

man fühlt den Druckpunkt, spielt quasi an der Auslösung - all das differenziert die Hammergeschwindigkeit, und da gibt es zahllose Möglichkeiten. aber die Gretchenfrage ist immer noch, ob man durch "Gewichtseinsatz" einen anderen Klang produziert, wie es Kratzert beschreibt - ich meine: ja! Aber ich kann es nicht mechanisch erklären - ich weiss lediglich, dass gute Instrumente ungemein sensibel reagieren.

Du kennst die Feinheiten der Flügelmechanik sehr genau - ist Kratzerts Standpunkt nachvollziehbar für Dich (mit Deiner Erfahrung, Deinen Kenntnissen) oder ist das "Esoterik"?

Gruß, Rolf
 
Der Tenor des Berichtes war der, dass ein Werkzeug, sobald man genügend damit vertraut ist, "unsichtbar" wird. Das Gehirn, bzw. die Psyche interpretiert nach einer gewissen Lernzeit das Werkzeug als Körperteil, bzw. als Erweiterung des Körpers. D.h. Man glaubt, mit dem Werkzeug zu fühlen.

Evtl. ist das genauso, wenn man das Klavierspiel richtig beherrscht.

Peter

Hallo Peter,

da gebe ich Dir uneingeschränkt recht.

Ich habe als 15 jähriger mit der Klaviermacherlehre begonnen und die ersten drei Wochen nur gehobelt, alle möglichen Hobel kennen gelernt und Bretter zu Scharten verarbeitet. Nach dieser Zeit und vielen weiteren Jahren kann ich Dir sagen wie es sich anfühlt Holz zu hobeln. Meine Hand hört am Ende des Hobels auf und nicht an meinen Fingernägel ;)

LG
Michael
 
Hallo Rolf,

Ich kenne das Buch nicht, und der Ausschnitt, den Du zu Beginn gepostet hast ist mir in gewisser Weise ein Rätsel geblieben. Ich gehe davon aus, dass er etwas wahrnimmt und zu definieren versucht, dass mir in größerem Zusammenhang noch im verborgenen liegt. Mit dem mathematischen Formeln fange ich nichts an und tragen höchstens zu Verwirrung bei.

Ich will mich aber nicht abputzen und komme sicher früher oder später auf das Thema zurück ;)

Einzig - ich war nicht einverstanden, dass man den Charakter des Tones bei gleicher Lautstärke nicht beeinflussen kann... denn das kann man!

Ich bin sicher es gibt noch weitere Faktoren, die hier nicht berücksichtigt sind, wie etwa der Zeitpunkt. Z.B. der Zeitpunkt des Zusammenklang eines Akkords. Selbst wenn man meint, es kämen alle Töne zur gleichen Zeit - gibt es einzelne, die früher kommen als andere - das spielt sich auch im Microbereich ab und verändert den Klang aber gewaltig. Auch der Zeitpunkt, an dem ein Ton dem nächsten folgt kann passen oder auch nicht. Obwohl vollkommen im Tempo gespielt - d.h. "richtig" - sind im Microbereich differenzen drinnen. Diese Differenzen können "harte" ,"weiche", "singende" Gefühle des Spieler sein, welche nur durch Zeit zum Ausdruck kommen und den Kang im Zusammenklang verändern.

Auch das lösen der Tasten und abdämpfen zu einem vorgegebenen "richtigen" Zeitpunkt kann sehr variieren. Wir nehmen dann wahr, dass derjenige einen schönen Anschlag hat - in Wirklichkeit hat er aber einen schönen "Abschlag";)

LG
Michael
 
Einzig - ich war nicht einverstanden, dass man den Charakter des Tones bei gleicher Lautstärke nicht beeinflussen kann... denn das kann man!

hallo,

sehe (also höre - und spiele) ich auch so - aber wenn einschüchternde Formeln inquisitorisch nein sagen, dann ist zunächst eine Retirade hinter die Wälle und Kapponieren der eigenen Befestigung angesagt... :), und wie im klassischen Festungskrieg wartet man halt die Beharkung mit der Brisanzmunition ab, und dann schaut man, wass von den Befestigungen noch übrig ist... ... in diesem Fall haben die Wälle ganz gut überstanden :)
(der exotische Vergleich ist nicht völlig amusisch: Mussorgski lernte als Offiziersanwärter, Festungsanlagen zu konzipieren; Tscherepnin hatte mit der Festung Przemysl, Ravel mit Verdun zu tun; und Mjaskowski ist in der monströsen russ. Festung Modlin (damals Nowogeorgiewsk) geboren, na und Johann Strauss jun. hatte eine Demoiler-Polka komponiert, als man die spätbarocken Wälle von Wien demontierte)

das Buch von Kratzert empfehle ich gerne, wenn es um das nachdenken über und verfeinern von Spieltechnik geht - das gepostete Zitat bot halt einen guten Anlaß, die Klaviermechanik (eigentlich Flügelmechanik) en Detail zu betrachten, und da ist sicherlich noch viel zu klären.

immerhin: dass Du ebenfalls Töne unterschiedlicher Klangqualität bei (nach menschlichen Ohren) gleicher Lautstärke für möglich hältst, zeigt ja, dass die Klaviermechanik zumindest nicht einzig und allein differierende Lautstärke ermöglicht - damit ist für kantables (singendes) Spiel ja schon mal viel gewonnen.

wenn also cum grano salis "gleichlaute" Töne (bezogen auf unsere Ohren, nicht auf leblose (gar elektonische) Messinstrumente) verschieden klingen können, dann lässt sich das nur mit der differierenden Art und Weise des Anschlags erklären -- es sei denn, himmlische Mächte greifen ein, was ich aber nicht glaube... :)

liebe Grüße, Rolf
 
(gelöscht)
 
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genau! :D nehmen wir lieber kurze Worte, oder wenige Töne:

der Beginn der 2. ungarischen Rhapsodie von Liszt besteht nur aus 2 Tönen: das cis1 wird zweimal angeschlagen - das kann hart, aber das kann auch sonor klingen!

übrigens gräme Dich nicht über meinen "Aufhänger", zu antworten (lange Worte) - ich sehe das, sowie es um mehrere aufeinander bezogene Töne oder Klänge geht genauso wie Du.

aber an exponierten Stellen muss gelegentlich ein einzelner Ton klingen und auch etwas sagen (deshalb die Rhapsodie, man könnte auch die des-Oktave in der Einleitung´von Chopins Trauermarschsonate nehmen), und das wäre dann eben ein extremer Fall (jedenfalls fürs Klavier)

und nicht selten wird es ja unter Extrembedingungen so richtig interessant :)

Gruß, Rolf
 
(gelöscht)
 
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Kratzers Klavierlehre = Goethes Farbenlehre ;-)

Es ist vielleicht hilfreich, mal an Goethes Farbenlehre zu denken, die physikalisch falsch ist, aber physiologisch richtig ist.

Nach der Physik ist "weiss" eine zusammengesetzte Farbe.
Physiologisch ist es aber so, dass das Gehirn die Information "weiss" nicht berechnet, sonder dies geschieht bereits in der Netzhaut des Auges.
D.h. durch rein subjektive Beobachtung nur mit den Sinnesorganen muss man zu dem Schluss kommen, dass "weiss" eine "reine" Farbe ist.

Trotzdem ist auch die subjektive Beobachtung physikalisch genau. Wenn man sie richtig interpretiert. Wir "sehen" nicht "Farben" sondern wass wir sehen, sind relative Farbkontraste bzw. das farbliche Reflexionsvermögen der Gegenstände. D.h. wir "sehen" die Eigenschaften der Stoffe und nicht die Eigenschaften des Lichtes.

Das Gehirn will wissen, ob ein grasgrüner unreifer Apfel essbar ist, und es will das auch dann wissen, wenn er durch rötliches Abendlicht beleuchtet wird.....

Diese Information ist nicht direkt messbar und wird bereits in der Netzhaut berechnet, bevor sie im Gehirn ankommt.
Diese Berechnung ist aber erstaunlich genau, denn als "weiss" nehmen wir solche Dinge wahr, die alle Farben 100% reflektieren.
Andererseits ist es theoretisch unmöglich, das exakt zu berechnen, deshalb sind auch Sinnestäuschungen möglich.

Evtl. ist es mit den Klangfarben, dem Klavier und dem Ohr ähnlich...

Das Gehirn ist an der objektiven Information über das Frequenzspektrum eines Tones nicht interessiert, es will wissen, ob es eine Grille hört, oder eine Klapperschlange, oder ob die Blätter im Wind rascheln....


Peter
 
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Rolf, den Stil deiner Antwort finde ich nicht sehr erbaulich...

da kann ich Dir nicht ganz folgen - umso weniger, als ich Deine Beurteilung bzgl. mehrerer aufeinander bezogener Töne ausdrücklich bestätigt habe.

wenn Du nach Deinem lesenswerten langen Beitrag humorig "genug der langen Worte" anfügst, dann wird es schon gestattet sein, letzteres als "Aufhänger" im selben Ton aufzugreifen (besonders dann, wenn man eigens noch betont, dass das nicht zu Gram führen soll). Das Thema hier ist meiner Ansicht nach zu interessant, um sprachlich wie auf rohen Eiern zu laufen, sogar obwohl sich mit strengem Tonfall gelegentliche Herbheiten (Esoterik etc.) finden...

da Du mich direkt ansprichst und den Stil meiner Antwort in Frage stellst: meine Reaktion war freundlich, stilistisch finden sich keine Ausrutscher, ebensowenig im Tonfall.
__________________________

problematisch und diskutierenswert ist die Frage der Differenzierung bzgl. der Klangqualität eines einzelnen Tons am Klavier. Nachdem diese aus physikalischen Gründen streng negiert wurde (im Sinne dass einzig die Lautstärke, erzeugt durch Tastengeschwindigkeit bzw. präziser die Geschwindigkeit des Hammers, unterschieden werden kann), hatte sich erwiesen, dass die vielfältigen Prozesse der Klangerzeugung nicht gar so geradlienig und einfach verlaufen (vgl. Unwucht, Unschärfe etc) - letzteres aus der Perspektive des Fachmanns für Klaviermechanik, welcher bemerkt:
ich war nicht einverstanden, dass man den Charakter des Tones bei gleicher Lautstärke nicht beeinflussen kann... denn das kann man!

in der Klaviermusik kommen gelegentlich exponierte Einzeltöne vor, zwei Beispiele habe ich genannt (natürlich folgen rasch Kontexte, aber zunächst mal ist der exponierte Einzelton da) - und praktisch lohnt sich schon das Hinhören bei so einem einzelnen Ton. Im Unterricht bin ich oft unzufrieden mit dem ersten Ton (für einen Moment ist er völlig isoliert) der es-Moll Etüde von Rachmaninov: er muss voll und dunkel klingen, darf keinesfalls hart und kalt klingen - da wird dann an der Art des Anschlagens gearbeitet, nicht an der Lautstärke. ---- so, und jetzt gönne ich mir wegen der sonnigen Witterung einen Scherz: das geschieht ohne Pendel, ohne rosa Gewänder und ohne Räucherstäbchen :)

Gruß, Rolf
 

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