"Die Besonderheiten der Klangerzeugung auf dem Klavier"

Hallo, welch interessante Diskussion...

Meiner Ansicht nach ist es nicht möglich am Klavier zwei identische Töne zu produzieren. Es ist sogar an einem Digitalpiano sehr, sehr schwer Velocity 65 zweimal hintereinander zu produzieren. Bei 128 Stufen möchte man meinen das sei einfach. Bei einem Klavier hat es Millionen, wenn nicht Milliarden von Abstufungen. :p

Wer sagt, dass der Hammer immer an der selben Stelle anschlägt? Das tut er nicht bzw. es sieht nur so aus, als ob dies so wäre. Bewege ich den Hammer leicht nach vor bzw. langsam zur Saite hin und gebe im letzten Moment Gas, trifft er die Saite an einer anderen Stelle des Filzes, als wenn ich die gleiche Energie von unten gebe, da der Hammer sich leicht verdreht.

Die Verdrehung des Hammers wird beeinflusst von seiner Masse, die der Stiel nicht mittig halten kann, vom Röllchen, dass von der Stoßzunge nicht exakt in der Mitte getroffen wird und eine ganze Menge anderer Faktoren, wie Achsmittelpunkt am Stiel oder Bohrung des Hammerkerns.

Diese Verdrehung ist stärker oder schwächer, je nach dem wie weit der gesamte Weg ist. Ist der Weg länger hat die Masse mehr Möglichkeiten auszuweichen. Es trifft zwar exakt das gleiche Gewicht auf - ob so oder so - und trotzdem klingt es dann anders.

Das Phänomen könnte man als "Unwucht" bezeichnen und mit Superzeitlupe sichtbar machen. Es handelt sich hierbei um eine äußerst feine seitliche Verschiebung, die dem Ton eine komplett andere Charakteristik gibt. Es beginnt damit, dass nicht alle drei Saiten mit der gleichen Energie getroffen werden, wenn der Hammer leicht aus dem Winkel ist. Weiters ist der Hammer an seinem Auftreffpunkt anders in seiner Härte beschaffen, oder, wenn Rillen vorhanden sind, kratzt er an den Wänden der Rille mit. All dies ist sehr gut wahrnehmbar, wenn der Ton erklingt.


Der Pianist, der es mit seinen Fingern und dem Arm zu kontrollieren versucht, kann es nicht beschreiben, aber "fühlen".

LG
Michael
 
Wer sagt, dass der Hammer immer an der selben Stelle anschlägt? Das tut er nicht bzw. es sieht nur so aus, als ob dies so wäre. Bewege ich den Hammer leicht nach vor bzw. langsam zur Saite hin und gebe im letzten Moment Gas, trifft er die Saite an einer anderen Stelle des Filzes, als wenn ich die gleiche Energie von unten gebe, da der Hammer sich leicht verdreht.

Die Verdrehung des Hammers wird beeinflusst von seiner Masse, die der Stiel nicht mittig halten kann, vom Röllchen, dass von der Stoßzunge nicht exakt in der Mitte getroffen wird und eine ganze Menge anderer Faktoren, wie Achsmittelpunkt am Stiel oder Bohrung des Hammerkerns.

Diese Verdrehung ist stärker oder schwächer, je nach dem wie weit der gesamte Weg ist. Ist der Weg länger hat die Masse mehr Möglichkeiten auszuweichen. Es trifft zwar exakt das gleiche Gewicht auf - ob so oder so - und trotzdem klingt es dann anders.

Das Phänomen könnte man als "Unwucht" bezeichnen und mit Superzeitlupe sichtbar machen. Es handelt sich hierbei um eine äußerst feine seitliche Verschiebung, die dem Ton eine komplett andere Charakteristik gibt.
(...)
Der Pianist, der es mit seinen Fingern und dem Arm zu kontrollieren versucht, kann es nicht beschreiben, aber "fühlen".

LG
Michael

hallo,

also gibt es offenbar eine genze Menge "Unschärfen" auf dem scheinbar eingleisigen mechanischen Weg von der Tastenbeschleunigung (wenn man´s so nennen kann) bis zum Aufprall des Hammers und damit dem erzeugten Ton.

Gruß, Rolf
 
Zitat von fisherman:
Ist das - neben manch anderem - das große Manko der Digis?


und ich schätze, das ist auch das größte Problem, mit dem jemand zu kämpfen hat, der so etwas wie den Bösendorfer-Ceus entwickelt. Dort wird ja x-tausendmal pro (Sekunde?) abgetastet, damit die Reproduktion dann möglichst genau am Original sei... Oder?
lg
Gerhard
 
Hi Guendola,

das mit den Aufnahmen ist eine super Idee.

Wobei soviele Varianten brauchen wir nicht. Ich bin für Reduzierung auf das Wesentliche:

Ein Ton z. B. c' in 4 Abstufungen pp, p, mf, f. Einmal möglichst weich gesp(ü)ielt und einmal super hart. Die Tonlänge sollte immer gleich sein.

Dann mal schauen, ob man einen Unterschied hört. Oder misst, ich würde das mit Wavelab mal genauer unter die Lupe nehmen (Fourier-Spektren und so).

Gruß

Ich dachte eher daran, sich das anzuhören und dann hier Eindrücke auszutauschen, deswegen auch die Verschleierung der Instrumente. Man kann zwar bei einigen von uns heraussuchen, was wir spielen, man muss es aber nicht.

Ein Crescendo halte ich für leichter, als vier Abstufungen halbwegs präzise zu treffen - zumal jeder das wohl anders spielen würde und damit die Vergleichbarkeit der Aufnahmen nicht mehr gegeben wäre. Und Akkorde finde ich schon wegen der dabei auftretenden Resonanzen wichtig. Und im Vergleich zum Gesamtaufwand der Aufnahme, speichern und hochladen der Datei sind ein paar Töne mehr doch wirklich schnell gespielt ;)

Ziel der Aktion ist nicht eine weitere physikalische Untersuchung. Das machen Labors seit Jahrzehnten präziser, allerdings kommt es trotzdem zu keinem öffentlichen Konsenz. Ich möchte einfach nur ein kleines Indiz zur Beantwortung der großen allumfassenden Frage liefern, ob weicher und harter Klang vom Anschlag oder von der Spielweise abhängen.

Natürlich spricht nichts dagegen, die einzelnen Töne näher zu analysieren.
 
es sind die "Unschärfen", die es möglich machen, den Ton schön oder hässlich zu empfinden. Und es kommt auf den Anschlag sehr wohl an.

LG
Michael

hallo klaviermacher,

wobei die Gretchenfrage, ob es einzig und allein die Geschwindigkeit der Tastenbewegung ist, welche den Anschlag ausmacht (bzw. differenzierbar macht), damit noch nicht ganz beantwortet ist. Im Kratzert-Zitat (#1) heisst es ja auch, dass die Tastengeschwindigkeit nicht das allein entscheidende ist, was letzlich in der Konsequenz den Hammer gegen die Saite bringt (wobei Kratzert den Hammer nebst Saite gar nicht erwähnt - ich unterstelle, dass er die wohlweislich nicht erwähnt).

wie siehst Du das?

liebe Grüße, Rolf

(wenn ich hier was mechanisches/physikalisches gelernt habe [ok, halbwegs verstanden vielleicht, ich will nicht übertreiben :) ], dann sind also die Geschwindigkeit des Hammers inklusive durch Anschlagsart bedingten "Unschärfen" gemeinsam für den Klang verantwortlich - das könnte bedeuteten, dass Bewegungsvorstellungen a la "mit Gewicht" und "mit Tempo" und "nicht bis in den Tastenboden (schwebend)" sowie "erst ab einem Drittel des Tastentiefgangs" durchaus Klänge differenzieren -- -- in diesem Zusammenhang: ein Konstrukteur von Bechstein hat es mir gegenüber mal so beschrieben, dass man "oben" und "unten" (meint: in den Tasten) spielen kann) --- was ich aus Vorsicht in Klammern gesetzt angehängt habe: Esoterik oder Spielpraxis? oder anders gefragt: sind das nur Differenzierungen der Beschleunigung der Taste, welche durch Bewegungsvorstellungen bewirkt werden? - wie auch immer: die guten Instrumente reagieren darauf :)
 
Also ich muß jetzt ehrlich sagen, daß die Aussagen Klaviermachers über die Unwägbarkeiten des Anschlags mich erst recht verwirren.

Auf der einen Seite sagt er, man könne den Ton garnicht hundertprozentig kontrollieren. Ich würde das auch nicht behaupten - allerdings zu 99.5% schon.

Auf der anderen Seite sagt er, daß gerade in der Unwägbarkeit des Anschlags die Klangschönheit liege.

Meine praktische Erfahrung ist, daß je unkontrollierter der Anschlag ist, umso holpriger hört es sich an. Es scheint also notwenidg zu sein möglichst nahe an die 100% heranzukommen, auch wenn man sie nie wird erreichen können.

----

Was den von Rolf angesprochenen Aspekt betrifft, daß unterschiedliche Spielweisen zu einem unterschiedlichen Klang führen - selbstverständlich ist das so. Der Grund liegt darin, daß man je nach Situation mit manchen Bewegungsformen die Geschwindigkeit des Anschlags (sorry, darum gehts nun mal) besser kontrollieren kann als mit anderen.

Letztendlich ist mir jede Bewegungsform recht, mit der ich dem Klavier den Klang entlocken kann, der mir vorschwebt. Und es gibt tausende von Möglichkeiten, eine Taste anzuschlagen bzw. sie sonst in Bewegung zu versetzen. Der Klang, der durch den Anschlag produziert wird, entscheidet darüber, ob es eine günstige oder ungünstige Anschlagsart für diesen speziellen Ton ist.
 
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Also ich muß jetzt ehrlich sagen, daß die Aussagen Klaviermachers über die Unwägbarkeiten des Anschlags mich erst recht verwirren.

hallo Haydnspaß,

ich fand das nicht verwirrend, sondern interessant: er beschreibt ja als Kenner der Klaviermechanik die "Unschärfen" auf dem Weg der Übertragung von der Taste zum Hammer und zur Saite.

natürlich stellen sich mir da noch weitere Fragen:
ist z.B. die Geschindigkeit, mit welcher der Hammer gegen die Saite prallt, 100% identisch mit der Geschwindigkeit, in welcher die Taste nach unten bewegt wird? oder ändert sich da was durch die komplizierte mehrfache Hebelwirkung? (ich weiss es nicht)
änder sich nicht die Geschwindigkeit minimalst, wenn man sie anschlägt, also sie ruht ja zunächst, und wird dann sicherlich mehr oder weniger beschleunigt (und da es den "Druckpunkt" gibt, macht es sicher was aus, ob man erst teilweise hineinfasst oder gleich von oben anschlägt) - - ich fürchte, je genauer man das alles anschaut, umso mehr variable Größen kommen zum Vorschein.

natürlich ist eine Aussage wie "der Anschlag entscheidet über den Klang" so salomonisch wie allgemein - darum hatte ich ja auch extra nachgefragt, ob es wirklich einzig und allein die Geschindigkeit der Taste ist - - - und ich hoffe, dass klaviermacher da als Kenner weiteres erklären wird.

Gruß, Rolf
 

Guten Morgen,

Also nochmal...
Wenn der Hammer die Saite exakt mittig trifft - in den Rillen oder der optimalen Stelle, sodass alle drei Saiten gleichmäßig die Energie aufnehmen, entsteht ein ganz bestimmtes Klangbild.
Je näher der Hammer zur Saite steht, um beim Anschlag den Schwung zu bekommen, den er benötigt, umso eher trifft er exakt mittig. (Dies würde auch erklären, dass größere Hämmer differenzierteres Spiel zulassen, was vorerst unsinnig erscheint.)
Bekommt der Hammer von weiter weg die selbe Aufschlagsenergie zugewiesen, entstehen besagte Verdrehungen und "Unschärfen", die auch ihren gewissen Reiz haben:)
Das bedeutet, wenn die Taste beim Anschlagen anfangs langsamer gedrückt wird und beim runterdrücken die Geschwindigkeit zunimmt entsteht ein anderes Klangbild als wenn die Geschwindigkeit zu Beginn - also schon bei der ersten Berührung der Taste übertragen wird. Man könnte zu Beginn dem Hammer gerade nur soviel Schwung geben, dass er die Saite mit ganz wenig Energie trifft. Die Anfangsenergie ist jedoch sehr groß. Durch die Schwerkraft verlangsamt sich der Hammer und es entsteht ein Pianissimo Ton - aber relativ "unscharf" - d.h. ich weiß nicht genau an welcher Stelle des Scheitels der Hammer nun trifft. Oder aber, (andere Möglichkeit) ich hebe den Hammer auf halbe Höhe und gebe ihm von dort die Energie für ein Forte. Dieses Forte ist wesentlich kontrollierter im Klangverhalten als jenes vom ganzen Hammerweg.

Fazit: Es machen kleine Änderungen im Anschlag schon einen Unterschied aus.

Das Ganze hat mit der Taste nur insoweit zu tun, dass sie den Hebel 1:4,5 oder 1:4,6 - oder ähnlicher Hebelverhältnisse - je nach Typus übersetzt. Deutlich werden diese Dinge, wenn man den Hammer beobachtet oder fühlt. An der Fingerkuppe kann ich das Gewicht des Hammers spüren, indem ich die Taste ein klein wenig runter drücke und den Hammer an Ort und stelle leicht hüpfen lasse. :D

LG
Michael
 
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(...)
Je näher der Hammer zur Saite steht, um beim Anschlag den Schwung zu bekommen, den er benötigt, umso eher trifft er exakt mittig. (Dies würde auch erklären, dass größere Hämmer differenzierteres Spiel zulassen, was vorerst unsinnig erscheint.)
Bekommt der Hammer von weiter weg die selbe Aufschlagsenergie zugewiesen, entstehen besagte Verdrehungen und "Unschärfen", die auch ihren gewissen Reiz haben:)
Das bedeutet, wenn die Taste beim Anschlagen anfangs langsamer gedrückt wird und beim runterdrücken die Geschwindigkeit zunimmt entsteht ein anderes Klangbild als wenn die Geschwindigkeit zu Beginn - also schon bei der ersten Berührung der Taste übertragen wird.
(...)
Fazit: Es machen kleine Änderungen im Anschlag schon einen Unterschied aus.

Das Ganze hat mit der Taste nur insoweit zu tun, dass sie den Hebel 1:4,5 oder 1:4,6 - oder ähnlicher Hebelverhältnisse - je nach Typus übersetzt. Deutlich werden diese Dinge, wenn man den Hammer beobachtet oder fühlt. An der Fingerkuppe kann ich das Gewicht des Hammers spüren, indem ich die Taste ein klein wenig runter drücke und den Hammer an Ort und stelle leicht hüpfen lasse.

guten Morgen klaviermacher,

was Du erklärst, das wird immer interessanter!

mit Sicherheit verwende ich nicht das exakte Vokabular, ich hoffe, ich kann trotzdem einigermaßen verständlich machen, was ich meine :) - - das Gewicht des Hammers spüren, also am "Druckpunkt" oder an der Auslösung (?) fühlen (a la Bechsteinkonstrukteur "unten" bzw. in der Taste spielen), verkürzt ja ggf den Weg, den der Hammer zurücklegt. Aus praktischer Sicht eine ganz normale Spielweise, man fühlt das irgendwann automatisch, will sagen: man macht das, ohne darüber nachzudenken. Allerdings muss dafür die Mechanik/Klaviatur sehr zuverlässig und bestens austariert sein.

man kann z.B. ppp auf zweierlei Art erreichen: entweder schon weit in der Taste sein (als der Hammer schon etwas angehoben), oder aber schwebend nur gerade eine kleine Bewegung an der Auslösung.

kleiner Exkurs:
es gab ja mal eine Kontroverse, wie man sehr sehr schnell und dabei extrem leise spielen kann - am extremsten wäre das bei Glissandi: in Ravels "Ondine" gibt es sowohl auf den weissen wie auf den schwarzen Tasten ppp Glissandi, und die lassen sich realisieren:
- die Finger liegen schon etwas in der Taste (also unten)
- dabei aber streifen sie nicht über den Tastenboden, sondern die gleitende Bewegung mit weichen Fingern ist quasi "schwebend"
hierbei erhalten die Hämmer nur gerade so viel (oder besser weniger) Schwung, dass sie die Saiten ganz weich eher "berühren" denn anprallen (wenn ich das auf meinem naiven Niveau bzgl. Mechanik richtig verstehe, dann ist ihr Weg kurz gehalten und sie werden zugleich nur sehr sacht "beschleunigt")
(ob es hierbei etwas ausmacht, dass die Tasten nicht von oben, sondern eher von der Seite in Bewegung gesetzt werden, weiss ich nicht, nehme aber an, dass es einen kleinen Unterschied macht - spielt man ein Glissando mit einem Bleistift, hört man diesen ja über die Tastenkanten rattern, wenn man ihn unelastisch hält)

eine Zwischenbilanz also könnte sein:
durch die Verfahrensweisen beim Anschlagen beeinflusst man nicht nur die Geschwindigkeit des Hammers, sondern auch seinen Weg und die Art und Weise, wie er an die Saite prallt (im Sinne von nicht nur die Geschindigkeit/Beschleunigung beeinflussend)

verzeih´, wenn ich penetrant wirke (aber ich will´s ja gerne von mechanischer Seite aus wissen - im Sinne von "Selbsttäuschung", Mystik oder Esoterik "weiss" ichs ja schon :) ):
- das Anschlagen mit abgefedertem Gewicht
- das Anschlagen ohne Gewichtseinsatz (also nur die Kraft, die die Taste beschleunigt)
ist da, wie Kratzert es (vgl. das Zitat in #1) beschreibt, ein hörbarer Unterschied für Dich?
und falls ja: kann man den "mechanisch" erklären?

liebe Grüße, Rolf

(p.s.: ich habe mir Deine homepage mit großem Interesse angeschaut - deswegen frage ich Dich ja auch recht ausführlich)
 
Das bedeutet, wenn die Taste beim Anschlagen anfangs langsamer gedrückt wird und beim runterdrücken die Geschwindigkeit zunimmt entsteht ein anderes Klangbild als wenn die Geschwindigkeit zu Beginn - also schon bei der ersten Berührung der Taste übertragen wird.

Michael, vielen Dank für die anschauliche Erklärung. Ja, so ist das durchaus nachvollziehbar für mich. Ich bin ja nun ein Anhänger des "langsamen Anschlags", also der langsam gedrückten Taste. Ich drücke die Taste wenn möglich in der Geschwindigkeit, wie der Hammer auch tatsächlich bei der Saite ankommt. Das heißt, ich kann garnicht die Taste vorher teilweise runterdrücken, dann wäre ja der Weg viel zu kurz bzw. die erforderliche Beschleunigung viel zu hoch. Ich "trage" den Hammer quasi zur Saite während viele den Hammer als Geschoss auf die Saite abfeuern. Fällt mir jetzt gerade so auf, wenn ich drüber nachdenke. Hier ist aber auch ein kleiner Widerspruch zu deiner Beschreibung. Wenn du schreibst

Je näher der Hammer zur Saite steht, um beim Anschlag den Schwung zu bekommen, den er benötigt, umso eher trifft er exakt mittig.

könnte man denken: je kleiner der Weg des Hammers, umso kontrollierter der Ton. Aber der Einfluß, den man auf dieser kurzen Strecke hat, ist doch viel geringer / ungenauer als bei einer langausholenden Bewegung mit exakt dosierter (relativ langsamer) Geschwindigkeit, oder?
 
Hi,

die Erklärung von Klaviermacher ist super und erklärt vieles. ;-)

Noch mal mit meinen Worten (Ich hoffe ich hab's richtig verstanden):

Man kann den Hammer von ganz weit weg oder von ganz nah auf die Taste feuern (auslösen).
Wenn man's von ganz weit weg macht muss man zusätzliche Energie (Geschwindigkeit) für den Verlust auf dem Weg bis zur Saite mitgeben. Das macht es schlechter kalkulierbar und unpräzise.

Wenn man's von ganz nah macht, ist es besser kontrollierbar, besonders ganz schwache Anschläge, da die gesamte Energie für den gleichen Klang (Lautstärke) geringer und der Verlustanteil klein ist. Aber es ist auch insgesamt nicht mehr so viel Energie auf den Hammer übertragbar, da der Weg bis zur endgültigen Auslösung nur noch ganz kurz ist.

Die Entfernung des Hammers beim Auslösen wird durch einen vorherigen langsamen Tastenhub, der keine Auslösung bewirkt bestimmt. Nach diesem vorbereitenden Tastenhub muss der Auslösungshub kommen.
Der vorbereitende Tastenhub wird durch spezielle Bewegungstechiken an der Taste (z. B. Finger schon direkt auf der Taste, statt oberhalb) erwirkt.

Gruß
 
Ich drücke die Taste wenn möglich in der Geschwindigkeit, wie der Hammer auch tatsächlich bei der Saite ankommt.
Die Geschwindigkeit, mit der der Hammer auf der Saite ankommt, kann eigentlich doch gar nicht gleich groß sein wie die Geschwindigkeit der Finger auf der Taste. Ums physikalisch Auszudrücken: Geschwindigkeit ist Weg pro Zeit, bzw v = s/t in Formelschreibweise.
Die Zeit, die der Hammer aus der Ruhestellung bis zum Auftreffen an der Saite benötigt ist (nahezu) identisch mit der Zeit, die die Taste braucht, um von ihrer Ruhestellung ganz nach unten gedrückt zu werden (bzw. so weit, man sie eben drücken will).

Der Weg, den die Taste von ihrer Ruhestellung bis nach unten zurücklegt ist aber viel geringer, als der Weg, den der Hammer in der selben Zeit zurücklegen muss. Nach obiger Formel ist also auch die Geschwindigkeit des Hammers auf jeden Fall immer höher als die Geschwindigkeit der Taste. Um welchen (konstanten) Faktor diese Geschwindigkeit höher ist, lässt sich durch das Verhältnis der zurückgelegten Wege bestimmen. (Ich vermute sowas ähnliches meint auch Klaviermacher mit seinem Übersetzungsverhältnis 1 : 4,5 )

Ein Aspekt fällt mir noch ein, der durch die Vermischung der Begriffen Beschleunigung und Geschwindigkeit hier im Thread bisher so weit ich weiß noch nicht genannt wurde:
Wenn man eine Taste anschlägt und die Finger davor ruhend auf der Taste liegen hat, so haben die Finger am Anfang die Geschwindigkeit Null, beschleunigen (werden also immer schneller), denn ein Finger mit Geschwindigkeit Null bewegt garantiert keine Taste. Womit die Geschwindigkeit des Anschlags nicht konstant ist und die Taste und der Hammer somit langsam beschleunigt werden.

Schlägt man stattdessen die Taste "aus der Luft" an, d.h. die Finger haben schon eine bestimmte Geschwindigkeit, wenn sie die Taste erreichen, dann können sie natürlich ohne weiter beschleunigen zu müssen diese Geschwindigkeit beibehalten, die Taste wird in diesem Fall mit einer konstanten Geschwindigkeit und ohne Beschleunigung nach unten gedrückt (ebenso bewegt sich der Hammer mit einer konstanten Geschwindigkeit und sozusagen ohne weitere Beschleunigung während seiner Bewegung).
Die Taste wird quasi von 0 auf 100 in eine Geschwindigkeit versetzt, die sie dann während der gesamten Bewegung beibehält, während sie im anderen Anschlagsfall dauerhaft beschleunigt wird. Damit ist der Hammer in beiden Fällen unterschiedlichen Kräften ausgesetzt während er bewegt wird, obwohl die Endgeschwindigkeit, mit der er an der Saite auftrifft (und somit die Tonlautstärke) in beiden Fällen natürlich genau gleich sein kann.

Wenn auf den Hammer aber unterschiedliche Kräfte wirken, kann ich mir gut vorstellen, dass da je nach wirkender Kraft unterschiedliche definierte oder auch undefinierte "Unschärfen" in der Bewegung und Belastung der Hammers auftreten, wie Klaviermacher es beschreibt. Ob diese aber tatsächlich so groß sind, dass sie für den umstrittenenen verschiedenen Klang gleichlauter Töne verantwortlich sind, weiß ich nicht.

(War das jetzt verständlich genug, oder eher verwirrend?)
 
Die Geschwindigkeit, mit der der Hammer auf der Saite ankommt, kann eigentlich doch gar nicht gleich groß sein wie die Geschwindigkeit der Finger auf der Taste. Ums physikalisch Auszudrücken: Geschwindigkeit ist Weg pro Zeit, bzw v = s/t in Formelschreibweise.
Die Zeit, die der Hammer aus der Ruhestellung bis zum Auftreffen an der Saite benötigt ist (nahezu) identisch mit der Zeit, die die Taste braucht, um von ihrer Ruhestellung ganz nach unten gedrückt zu werden (bzw. so weit, man sie eben drücken will).

Der Weg, den die Taste von ihrer Ruhestellung bis nach unten zurücklegt ist aber viel geringer, als der Weg, den der Hammer in der selben Zeit zurücklegen muss.

Ja, okay, ich war mir dessen bewußt - wollts aber nicht unnötig verkomplizieren 8)

Was ich eigentlich sagen wollte: ich beschleunige den Finger/die Hand/den Arm bevor er die Taste überhaupt berührt. Aber die Anschlagsgeschwindigkeit ist verhältnismäßig langsam.

Das Übersetzungsverhältnis lassen wir jetzt einfach mal aus dem Spiel 8)

Wenn man eine Taste anschlägt und die Finger davor ruhend auf der Taste liegen hat, so haben die Finger am Anfang die Geschwindigkeit Null, beschleunigen (werden also immer schneller), denn ein Finger mit Geschwindigkeit Null bewegt garantiert keine Taste. Womit die Geschwindigkeit des Anschlags nicht konstant ist und die Taste und der Hammer somit langsam beschleunigt werden.

Schlägt man stattdessen die Taste "aus der Luft" an, d.h. die Finger haben schon eine bestimmte Geschwindigkeit, wenn sie die Taste erreichen, dann können sie natürlich ohne weiter beschleunigen zu müssen diese Geschwindigkeit beibehalten, die Taste wird in diesem Fall mit einer konstanten Geschwindigkeit und ohne Beschleunigung nach unten gedrückt (ebenso bewegt sich der Hammer mit einer konstanten Geschwindigkeit und sozusagen ohne weitere Beschleunigung während seiner Bewegung).

Ja, genau darauf wollte ich hinaus.

Der Hammer wird allerdings schon beschleunigt, er ist ja zu Beginn im Ruhezustand. Aber er beschleunigt nur gerade soviel bis er die erwünschte Zielgeschwindigkeit (und die Saite) erreicht hat.
 
Klaviermacher, deine Ausführungen waren hochinteressant! Gibt es da eigentlich wesentliche Unterschiede zwischen Klavier und Flügel? Ich meine nicht die Konstruktion, das ist schon klar, sondern den Ablauf und die Intensität der "Unschärfen", die entstehen können.

Also, je länger der Beschleunigungsweg ist, desto "interessanter" wird der Klang. Und wie sieht es mit der Größe der Beschleunigung aus technischer Sicht aus?

Was Geschwindigkeit von Hammer und Anschlagbewegung betrifft: Die haben ein festes Verhältnis zueinander, und zwar ab dem Moment, wo sich Finger und Taste gemeinsam bewegen. Wenn man also aus der Luft anschlägt, wird der Finger ein bischen abgebremst, weil die Trägheit (und Reibung) der gesamten Mechanik erstmal überwunden werden muß. Ein Teil der Bewegungsenergie des Körpers wird dafür benötigt, und dadurch wird die Bewegung entsprechend langsamer (1). Da die Taste nicht vom Finger abprallt, haben beide ab diesem Moment die gleiche Geschwindigkeit. Wenn der Finger bereits auf der Taste liegt, verändern sich Hammer- und Fingergeschwindigkeit prozentual gleich. Ich denke, den Luftwiderstand des Hammers in der freien Bewegung kann man getrost vernachlässigen. Zusatz auf Hinweis von Bachopin: Der Hammer wird natürlich ein bischen langsamer, weil er durch die Schwerkraft bzw. Feder gebremst wird, sobald die Mechanik ihn nicht mehr antreibt. Das ändert aber nichts am Prinzip, nur das Geschwindigkeitsverhältnis ist ein bischen anders.

(1) Wikipedia, "Impulserhaltungssatz" nachschlagen

PS: "dann können sie natürlich ohne weiter beschleunigen zu müssen diese Geschwindigkeit beibehalten" - ja, wenn sie nicht weiter beschleunigen, behalten sie die Geschwindigkeit bei, aber dafür muß man (Muskel-)Energie aufwenden, denn sonst geht ein Teil der Geschwindigkeit drauf, um die Mechanik in Bewegung zu setzen, denn die Masse kann sich ja nicht ändern (mehr Masse würde theoretisch auch gehen - hmmm, macht man praktisch vielleicht sogar, erst Finger bewegen und dann den Arm obendrauf, grob gesagt).
 
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Hi,

Ich denke, den Luftwiderstand des Hammers in der
freien Bewegung kann man getrost vernachlässigen.

denke ich auch, aber die Bewegung bis zur Saite ist trotzdem nicht verlustfrei, wenn ich die Kl4mechanik richtig verstanden habe.

Beim Flügel muss der (freie) Hammer sich gegen die Schwerkraft nach oben bewegen und beim Kl4 gegen eine Federkraft der Mechanik, die den Wiederstand der Schwerkraft simuliert.

Gruß

PS: Super Thread, er nähert sich den "wahren" Entstehungs-Geheimnissen des Kl4-Klangs.
 
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Ich glaube, es herrscht immer noch Unklarheit bezüglich der physikalischen Begriffe.

Impuls = Masse x Geschwindigkeit = Bewegungsenergie

Beschleunigung = Verzögerung mit umgekehrten Vorzeichen; hier wird dem Impuls Energie hinzugefügt, und da sich die Masse nicht ändern kann, nimmt die Geschwindigkeit zu.

Trägheit: Ein Körper (also irgendetwas mit Masse) hat im Ruhezustand 0 Energie (seine Masse x 0 m/s = 0 Energie ). Damit er sich bewegt, muß man ihm Bewegungsenergie zuführen. In der Formel in Klammern würden sich so die beiden Nullen im Verhältnis zur Masse verändern, so daß Masse x Geschwindigkeit immer die zugeführte Energie ergibt. Wenn die Masse den Wert 1 hat, haben Energie und Geschwindigkeit immer den gleiche Wert. Achtung: Die Formel drückt die Bewegungsenergie des Körpers aus, aber die ist immer genauso groß, wie die Energie, die dem Körper zugeführt wurde.

Masse: Masse ist so ähnlich wie Gewicht aber nicht das Gleiche, denn das Gewicht kommt erst dadurch zustande, daß z.B. die Erdanziehung wirkt. Auf dem Mars hätte der selbe Körper ein geringeres Gewicht als auf der Erde, aber immer noch die gleiche Masse. Masse ist eigentlich das Gleiche wie Trägheit und entspricht eben der Energie, die nötig ist, um den Körper zu beschleunigen. Elementarphysiker messen z.B. die Masse von Elektronen und anderen Partikeln in Energie, weil man so viel handlichere Werte bekommt. Und die Gravitation ist auch nur eine Beschleunigung (jedenfalls in der klassischen Physik), die sich bei bereits auf dem Boden liegenden Gegenständen als deren Gewicht zeigt.

So, jetzt reicht es aber, Isaac Newton hat ein tolles Buch geschrieben, wo alles noch viel ausführlicher beschrieben ist.
 
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