Marlene
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Andere Dilemmas ( Dilemmata?, Dilemmen?, Dilemmi?, Dilemminis? ) sind denkbar. Schwindel, Kreislaufkollaps, kneifende Kontaktlinsen, übersteuernde Hörgeräte, fetzige Verdauungsprobleme, [...]
An meinem Sitzplatz hat die Klimaanlage Zugluft hervorgerufen und teilweise war die Luft recht kühl. Daher habe ich mir den Reißverschluss meiner Jacke zugezogen um nicht selber von Hustenreiz geplagt zu werden. Durch den Luftzug waberten diverse Gerüche vorbei: Duftwässerchen und die olfaktorischen Folgen lebhafter Flatulenzen. Nun ja, da kann mal kein Taschentuch oder die Armbeuge zum Abmildern vorhalten :D.
Aber ich hatte ein anderes Problem (das leider – trotz Magnesiumeinnahme – schon seit Monaten besteht): Einen Krampf im Fuß. Der hat mich nach dem Konzert während der Ovationen gezwungen aufzustehen. Da stand ich nun in der ersten Reihe vor 1.399 sitzenden Besuchern Herrn Schiff gegenüber und habe überlegt ob es mir jetzt peinlich sein muss als einzige zu stehen. Der Krampf ist aber zum Glück wieder vergangen aber ich habe mich unbehaglich gefühlt und war heilfroh, dass dieser mich nicht während des Konzerts heimgesucht hat.
Und nun eine gute und eine schlechte Nachricht, die gute zuerst: Es gab zwei dezente Nieser und nur wenige gedämpfte Huster. Aber dieses letzte Konzert mit op. 109 bis op. 111 ohne Pause hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Wer weiß, vielleicht ist Herr Schiff mit daran beteiligt, dass es so gekommen ist, denn als er op. 109 beendet hat kam es mir vor als wolle er keinen Applaus hören der seine Konzentration stört. Er hat die Hände aufs Karnies gelegt und sich (was er bei den anderen Konzerten auch hin und wieder gemacht hat) nur zum Flügel hin verbeugt um für op. 110 sofort wieder - ohne sich dem Publikum zuzuwenden - Platz zu nehmen.
Und nun die schlechte Nachricht: Der letzte Ton von op. 111 war verklungen und András Schiff hielt – die Hände auf den Tasten ruhend – inne und es herrschte Stille. Aber leider schienen einige - nach op. 109 um ihren Applaus gebrachten - Besucher jetzt ihr Recht auf Beifallsbekundungen geltend machen zu wollen. Denn obwohl seine Hände noch immer auf den Tasten gelegen haben schwoll Applaus an der aber schnell wieder verebbt ist weil er weiter regungslos am Flügel saß. Er hat dadurch, dass er die Hände nicht von der Klaviatur genommen hat, deutlich gemacht, dass er noch keinen Applaus hören wollte was die vorgenannten aber nicht kapiert haben. Seine Reaktion: Fassungslosigkeit. Meine Sitznachbarin hat sich dann über „was für ein Sensibelchen“ beklagt und ich habe sie gefragt ob es nicht gerade diese Sensibilität ist, die ihn so wundervoll spielen lässt. Wenn man bedenkt wie viel Jahrzehnte Herr Schiff bereits konzertiert und sich noch immer nicht an solche Störungen gewöhnt hat ist das in der Tat interessant. Vielleicht sollten die Besucher in diesem Zusammenhang nicht nur die Aufforderung hören, nach Ende des Konzertes nicht zu vergessen ihre Handys wieder einzuschalten sondern auch diese:
„Solange der Dirigent Ihnen den Rücken zukehrt oder der Pianist nicht aufgestanden ist bitten wir darum von Ovationen abzusehen!“
Herr Schiff hat kopfschüttelnd die Bühne verlassen und mir schien es als würde er auf eine Zugabe verzichten wollen. Er ließ sich im Gegensatz zu den anderen Konzerten mehr Zeit mit der Rückkehr auf die Bühne. Und dann: Wenige Pfiffe aus den hinteren Reihen und wieder fassungsloses Kopfschütteln bei Herrn Schiff. Er hat dann zwei magere Zugaben gegeben. Mir kam es so vor als wolle er sich für die "Kunstbanausen" nicht mehr verausgaben.
Das vorgenannte hat beim Verlassen der Beethovenhalle wieder zu lebhaften Diskussionen geführt. Und zum vorgenannten schalen Beigeschmack.
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