Zentrale technische Herausforderungen beim Klavierspielen

Mir kommt es komisch vor:
Da setzen sich viele Klavierlehrer eines Landes zusammen, arbeiten ein Konzept=Lehrplan aus und dann ist alles schlecht und Blödsinn??
Kaum glaubhaft. Wen dem so wäre dann wäre tatsächlich sehr viel im Argen und würde implizit heißen dass diese KL, die das erarbeitet haben, alles schlechte KL sind.

Lieber playitagain,

nein, diese KL sind sogar sehr gut und teilweise Professoren für Klavierdidaktik an Musikhochschulen! Die Literaturempfehlungen sind weitreichend und erstklassig - das Sonstige zur Didaktik und Methodik etc. lässt sich halt in dem kleinen vorhandenen Rahmen nur anreißen.

Es kommt darauf an, wie man ihn verwendet: im Lehrplan selbst steht, dass ein starres Konzept keinen Sinn macht. Er soll eine Orientierungshilfe sein und als solche ist er gerade im Hinblick auf die Literaturempfehlungen nützlich. Die methodischen und didaktischen Hinweise sind aus meiner Sicht für studierte Lehrkräfte überflüssig. Viel zu wenig geht m.E. der Lehrplan auf die Realitäten an Musikschulen ein, z.B. auf 25 bis 30-minütige Unterrichtseinheiten. Da wird nur festgestellt, dass man Schwerpunkte setzen sollte.

@Alter Tastendrücker: Prüfungen/Vorspiele gibt es allerdings oft an den Musikschulen des VdM, zumindest für diejenigen, die 45-minütigen Unterricht erhalten. Ich kenne leider keine Musikschulen in China, Italien und Frankreich - ich kann mir nicht vorstellen, dass ein starrer Lehrplan in irgendeiner Weise effektiv sein kann, auch nicht bei schlechteren Lehrkräften. Denn können diese Lehrkräfte Schülern dann überhaupt pianistische und musikalische Grundkenntnisse vermitteln, wenn sie solche Krücken brauchen?

Liebe Grüße

chiarina
 
Passt zwar nicht ganz zum Thema ..... aber ein alter Spruch ist hier angesagt:
Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum :super:

Obwohl ich schon der Meinung bin, daß ein/e KL einen Plan, rsp. eine Vorgehensidee haben sollte, wie der unbedarfte Schüler aufgebaut werden kann und zwar für jeden persönlich und individuell.

Der Lehrplan enthält ein Zitat von Anselm Ernst: "Planen kommt einem systematischen Ideentraining gleich. Inspiration ist keine Sache des Zufalls, sondern eine Folge der Erarbeitung eines breiten Handlungsrepertoires." :)
 
...wenn es einen optimalen, allein selig machenden "Lehrplan" für Klavier gäbe, dann hätte der zwei Probleme:
1. er wäre extrem vielbändig, ein paar Regale voll (was da allein beim Lesen und begreifen an Übungszeit drauf geht...)
2. er garantiert nicht, dass jeder das alles zu begreifen und zu erlernen befähigt wird...

Es bleibt also wie gehabt: von 1000 Anfängern werden mit viel Glück nach etlichen Jahren maximal zweieinhalb in der Lage sein, ein paar von den weniger schwierigen Chopinetüden ordentlich und abhörbar spielen zu können.

Herrlich finde ich, wenn mit Aplomb und Scharfsinn "Methoden" und "Lehrpläne" und "Qualifikationen von Lehrkräften" ausgerechnet von denen vehement diskutiert, bekrittelt und beharkt werden, die noch Lichtjahre von dem entfernt sind, was sie angeblich interessiert und was sie gerne können möchten... der heutige Schlaukopf stellt sich nicht die Frage, warum das, was er klimpert elendig klingt, sondern googelt Methoden etc :-D:-D und in all den vehementen und scharfsinnigen Methodenbetrachtungen übersieht der Schlaukopf was wesentliches: sich über die eigenen Bewegungsmöglichkeiten (Motorik ist ein riesiges Thema!) Klarheit zu verschaffen. ...stattdessen wird verkrampft, linkisch und ungelenk herumgegriffelt, über angeblich ach so weitgriffige Akkorde gejammert, den Könnern eine verkorkste Kindheit angedichtet usw usw

Daran wird sich nichts ändern, es wird beim erwähnten Verhältnis bleiben: von 1000 werden maximal zweieinhalb anhörbar spielen - vermutlich hat Gott das so gewollt...
 
Ich gehöre leider zu den anderen 997,5 :cry2:.
Aber ich gebe nicht auf :rauchen:
 
Daran wird sich nichts ändern, es wird beim erwähnten Verhältnis bleiben: von 1000 werden maximal zweieinhalb anhörbar spielen - vermutlich hat Gott das so gewollt...
Und diese zweieinhalb unterscheiden sich von den restlichen neunhundertsiebenundneunzigeinhalb vor allem im Hinblick auf Intelligenz plus starkem, detailliertem, ernsthaftem Interesse am Gegenstand plus Arbeitswillen. Der Rest (u.a. auch dass man sich vernünftige Lehrer sucht und sich nicht völlig verkorkste motorische Dinge angewöhnt) folgt aus dem Vorhandensein dieser 3 Grundvoraussetzungen.
 
Daran wird sich nichts ändern, es wird beim erwähnten Verhältnis bleiben: von 1000 werden maximal zweieinhalb anhörbar spielen - vermutlich hat Gott das so gewollt...

Das ist leider in der Tendenz so richtig, beachtet aber zu wenig die vielen Grenzfälle, die eventuell (guter Unterricht, passende soziale Bedingungen, ...) gute Klavierspieler werden können! Es sollte der nie ermüdende Ehrgeiz aller KL sein einerseits aus den 2,5 Erwählten 3 oder mehr zu machen und andererseits den anderen ein faires Angebot zu unterbreiten, was sie mit ihrer Begabung, ihrem Ehrgeiz und ihrer Liebe zum Klavier (die oft erst geweckt werden muss) anfangen können.
Das ist ein anstrengendes und aufwändiges Berufsleben, welches reichlich Befriedigung und Frust liefert. Der Kampf gegen die Langeweile jedenfalls kann gewonnen werden!
 
Und diese zweieinhalb unterscheiden sich von den restlichen neunhundertsiebenundneunzigeinhalb vor allem im Hinblick auf Intelligenz plus starkem, detailliertem, ernsthaftem Interesse am Gegenstand plus Arbeitswillen.

Und dann spielt da noch sowas wie musikalische Begabung und ein nicht zu stillendes Mitteilungsbedürfnis (in der Konzertsituation!) eine entscheidende Rolle!
 
Daran wird sich nichts ändern, es wird beim erwähnten Verhältnis bleiben: von 1000 werden maximal zweieinhalb anhörbar spielen - vermutlich hat Gott das so gewollt...

Eine Verständnisfrage: Meinst Du lediglich, dass die 997,5, denen die göttliche Gnade fehlt, keine Chopinetüden anhörbar spielen können?
Oder möchtest Du sagen, dass die Nicht-Begnadeten gar nichts anhörbar spielen können, also auch keine leichtere Klavierliteratur?
 
Meinst Du lediglich, dass die 997,5, denen die göttliche Gnade fehlt, keine Chopinetüden anhörbar spielen können?
Oder möchtest Du sagen, dass die Nicht-Begnadeten gar nichts anhörbar spielen können, also auch keine leichtere Klavierliteratur?

Den Unterschied zwischen einem wirklichen Pianisten (mit oder ohne pianistische Karriere) und einem Anfänger oder auch fortgeschrittenerem Schüler hört man auch bei Mozarts d-Moll Fantasie. Oder den Stücken aus Für Kinder von Bartok (Zoltan Kocsis spielte Mal ne Auswahl)!
 
Eine Verständnisfrage: Meinst Du lediglich, dass die 997,5, denen die göttliche Gnade fehlt, keine Chopinetüden anhörbar spielen können?
Oder möchtest Du sagen, dass die Nicht-Begnadeten gar nichts anhörbar spielen können, also auch keine leichtere Klavierliteratur?
@Clavifilius ich habe weder von göttlichen Gaben noch von Begnadeten geschrieben: warum fragst du mich nach dergleichen?
 

Den Unterschied zwischen einem wirklichen Pianisten (mit oder ohne pianistische Karriere) und einem Anfänger oder auch fortgeschrittenerem Schüler hört man auch bei Mozarts d-Moll Fantasie. Oder den Stücken aus Für Kinder von Bartok (Zoltan Kocsis spielte Mal ne Auswahl)!

Ja klar, man hört in der Regel den Unterschied zwischen einem echten Pianisten (dem "Begnadeten", ob nun Berufspianist oder nicht) und einem Amateur (einem der 997,5) auch bei einfachen Stücken.
Die Frage ist aber, ob der Amateur dazu verdammt ist, sein Leben lang herumzustümpern, so dass sich zwangsläufig alles, was er spielt, im Grunde genommen "nicht anhören" lässt.
 
@Clavifilius ich habe weder von göttlichen Gaben noch von Begnadeten geschrieben: warum fragst du mich nach dergleichen?

"Von Gott so gewollt" habe ich als göttliche Gnade verstanden.

Aber darauf kommt es mir nicht an. Ich möchte eigentlich nur wissen, ob Du sagen willst, dass nahezu alle Klavierspieler - auch bei relativ leichter Literatur - immerzu stümpern müssen, so dass es für einen Kenner geradezu unerträglich ist, sich das anzuhören. :001:

Könnte ja sein, dass es stimmt.
Ich will das jedenfalls nicht von vornherein ausschließen.
 
Die Frage ist aber, ob der Amateur dazu verdammt ist, sein Leben lang herumzustümpern, so dass sich zwangsläufig alles, was er spielt, im Grunde genommen "nicht anhören" lässt.
Das glaube ich nicht. Und ich halte auch die 1000 für fragwürdig. 1000 aus der Bevölkerung? Vermutlich. 1000 aus Klavierspielern? Vernutlich nein. Aber: 1000, wenn man Profipianisten unter Amateurpianisten sucht? Eher ja.
 
Vielleicht nicht immer unerträglich, aber langweilig. Es fehlt immer das gewisse Etwas, das Magische, das ein Könner aus dem Instrument zaubern kann. Er kann eben die technischen Schwierigkeiten hinter sich lassen und sich völlig auf die Musik konzentrieren.

(Der Könner und er sind hier nicht geschlechtsspezifisch)
 
Die Frage ist aber, ob der Amateur dazu verdammt ist, sein Leben lang herumzustümpern, so dass sich zwangsläufig alles, was er spielt, im Grunde genommen "nicht anhören" lässt.

Wie ist der Anspruch???
Wenn nur die wirklich ausgefeilte und inspirierte Aufführung akzeptiert wird, dann wird's schwierig. Wenn man aber auch in Teilen nicht ganz ausgearbeitete Darbietungen goutiert dann ... .
Im Übrigen: auch podiumserfahrene Konzertpianisten spielen gelegentlich grottenschlecht! Es gilt aber immer:
Jeder kann zufällig schlecht spielen, aber niemand zufällig gut!
 
(1)"Von Gott so gewollt" habe ich als göttliche Gnade verstanden.

(2) Ich möchte eigentlich nur wissen, ob Du sagen willst, dass nahezu alle Klavierspieler - auch bei relativ leichter Literatur - immerzu stümpern müssen, so dass es für einen Kenner geradezu unerträglich ist, sich das anzuhören. :001:
(1) da hast du den sarkastischen Scherz am Ende gründlich missverstanden.

(2) auch hier fragst du nach etwas, wovon in meinem Beitrag nicht die Rede war: ich hatte als Massstab die leichteren von den Chopinetüden verwendet (also das technisch-mus. Niveau am Anfang virtuoser Literatur), das ist was anderes als leichte bis mittlere Lieder ohne Worte oder ähnliche Stücke.

Was deine Frage betrifft: ich bin davon überzeugt, dass viele mittlere Literatur schön zu spielen durchaus in der Lage sein könnten, wenn sie sich nicht selbst im Weg wären - die virtuosen Sachen werden der Mehrheit aber eher unzugänglich bleiben.
 
Was deine Frage betrifft: ich bin davon überzeugt, dass viele mittlere Literatur schön zu spielen durchaus in der Lage sein könnten, wenn sie sich nicht selbst im Weg wären - die virtuosen Sachen werden der Mehrheit aber eher unzugänglich bleiben.

Vielen Dank für die Antwort! Was Du schreibst, kann ich gut nachvollziehen.
 
Vor allen Dingen würde ich meinen Beruf für verfehlt halten, wenn es mir und meinen Schülern nicht gelänge, die Stücke, die sie spielen, schön, lebendig und klanglich differenziert zu spielen!

Selbstverständlich kann das gelingen! Das Niveau eines Jörg Demus beim Spielen von Stücken aus dem Album für die Jugend von Schumann wird man nicht erreichen, aber man wird sie und sehr viele andere Stücke (was haben wir für eine Riesenauswahl an hervorragender nicht hochvirtuoser Literatur!) sehr schön spielen können, wenn man an sich und seinen musikalischen/pianistischen Fähigkeiten arbeitet, einigermaßen regelmäßig und sinnvoll übt, einen guten Lehrer hat und weitestgehend macht, was dieser sagt. :003:

Es muss doch das Bestreben jedes Klavierspielers, egal auf welchem Niveau sein, ein Stück so schön wie möglich spielen zu können, es musikalisch zu verstehen und sich selbst darin auszudrücken. Immer ist etwas von sich selber im eigenen Spiel und das macht es besonders, auch wenn man nicht Horowitz oder Demus ist. Bin ich übrigens auch nicht! :002:

Dann berührt man auch als Anfänger mit seinen Klängen, dann geht sowohl dem Spielenden als auch dem Zuhörenden das Herz auf! Ohne Ernsthaftigkeit geht es allerdings nicht und ohne das Ziel, eben so schön wie möglich das Stück spielen zu wollen, auch nicht.

Und was macht es dann schon, dass tatsächlich sehr virtuose Literatur den meisten versagt bleibt. Reinschnuppern kann man immer und es ist bei entsprechendem Einsatz oft sehr viel mehr möglich, als man denkt! Grenzen sollte man nicht von vornherein setzen.

Nur Mut! :) :026:

Liebe Grüße

chiarina
 

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