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partita
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Liebe Leute,
zwei Gedanken, die mir im Kopf herumgehen und aufgeschrieben werden wollen:
Darüber hinaus steckt in Picassos Zitat meiner Meinung nach noch eine andere Erkenntnis, von der ich überzeugt bin, dass sie ebenfalls in der Komposition essentiell ist: Auf der einen Seite braucht man eine Menge handwerkliches Können ("Velasquez" im Picasso Zitat; Wissen über strenge Kontrapunktik, Harmonielehre, musikalische Formen, die Möglichkeiten, mit musikalisch-motivischem Material zu arbeiten,... in der Musik), aber auf der anderen Seite kann man sich vor lauter Konstruktion, Wissen und Regeln auch alles zerdenken und jeglichen Gestaltungswillen hemmen. Es reicht nicht eine pure Konstruktion (--> das ist vermutlich auch das, was Monte meint!), sondern es braucht Intuition. Kinder, die noch ganz unverfälscht an die Welt herangehen, sind so offen und intuitiv in ihrem Erleben, dass sie nicht überall den Filter von 1000 Regeln, bekannten Gesetzmäßigkeiten und No-Gos haben und gerade dadurch vielleicht in der Lage sind, mit ihrer ungebremsten, unverfälschten Phantasie etwas wirklich Neues zu denken. Ich sehe absolut keinen Grund, warum dies in der Musik nicht genauso sein sollte - vielmehr bin ich sehr davon überzeugt, dass es sich ebenso verhält:
Auf der einen Seite muss man eine Menge von seinem Handwerk verstehen, auch Dinge, die man nicht so unmittelbar braucht, weil man vielleicht in einem komplett anderen Stil schreibt; z.B. schadet sicher keinem modernen Komponisten die Beschäftigung mit Renaissance-Kontrapunkt, da in dieser Musik auch ästhetische Prinzipien enthalten sind und sich einem vermitteln, die man sehr wohl verstanden und verinnerlicht haben sollte, wenn man schreibt. Auf der einen Seite muss man also viel gesehen haben, aber auf der anderen muss man es dann wieder schaffen, sich von all dem zu lösen, um die für einen persönlich herauskristallisierte Essenz davon wieder ganz intuitiv nutzen zu können - intuitiv wie ein Kind, das in seiner Phantasie neue, eigene Regeln aufstellt und leben darf.
Das ist eigentlich auch schon eine gute Überleitung zu dem, was ich zu Monte ergänzen wollte:
Da ich das Stück nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen.
Fakt ist allerdings, dass reine Konstruktion nicht ausreicht, das ist klar, jede Art von Kunst braucht natürlich Inspiration und Intuition! Ich persönlich finde es nicht befriedigend, wenn jemand eine Konstruktion 1:1 überträgt, indem er einfach eine Abbildung auf die Töne definiert. Ist hingegen eine Konstruktion (egal ob mathematischer, architektonischer oder welcher Art auch immer) eine Inspiration für einen Komponisten, der auf der Basis dieser Idee eine sinnvolle musikalische, aber eben inspirative und nicht 1:1 kopierende Umsetzung kreiert, so finde ich dies in Ordnung. Die Frage, wo die Musik anfängt, ist eine sehr interessante Frage und wäre ein eigener Faden...
liebe Grüße,
Partita
zwei Gedanken, die mir im Kopf herumgehen und aufgeschrieben werden wollen:
Das hatte Hyp bezüglich Picassos Aussage geschrieben, es habe ein Leben lang gedauert, bis er wieder wie ein Kind malen konnte. Dass mit "Seichter" wohl "einfacher" oder "schlichter" im bereits vor vielen Seiten geklärten Sinne gemeint sein sollte, nehme ich jetzt auch mal an. Ich denke, es kommt zum Einen noch etwas hinzu und zum Anderen gibt es sehr wohl auch Beispiele von großen Komponisten, die eine Rückbesinnung auf die Einfachheit für sich als notwendig empfunden und schließlich umgesetzt haben. Ein Bsp. ist Ligeti, der laut eigenen Aussagen an einem gewissen Punkt sehr stark den Eindruck hatte, wieder eine neue Einfachheit lernen zu müssen. Was hat er dann getan? Er hat sich Haydn Partituren genommen und durchgeschaut, weil er fand, dass bei Haydn keine Note zu viel oder zu wenig da sei. Ich bin sicher, es gibt noch mehr Beispiele.Das unterscheidet z.B. die Musik wesentlich von der Malerei. Eine solche aussage von einem bekannten Komponisten kenne ich z.B. nicht. Mir ist auch kein Beispiel bekannt, wo es eine Rückbesinnung auf Seichteres gegeben hätte ...
Darüber hinaus steckt in Picassos Zitat meiner Meinung nach noch eine andere Erkenntnis, von der ich überzeugt bin, dass sie ebenfalls in der Komposition essentiell ist: Auf der einen Seite braucht man eine Menge handwerkliches Können ("Velasquez" im Picasso Zitat; Wissen über strenge Kontrapunktik, Harmonielehre, musikalische Formen, die Möglichkeiten, mit musikalisch-motivischem Material zu arbeiten,... in der Musik), aber auf der anderen Seite kann man sich vor lauter Konstruktion, Wissen und Regeln auch alles zerdenken und jeglichen Gestaltungswillen hemmen. Es reicht nicht eine pure Konstruktion (--> das ist vermutlich auch das, was Monte meint!), sondern es braucht Intuition. Kinder, die noch ganz unverfälscht an die Welt herangehen, sind so offen und intuitiv in ihrem Erleben, dass sie nicht überall den Filter von 1000 Regeln, bekannten Gesetzmäßigkeiten und No-Gos haben und gerade dadurch vielleicht in der Lage sind, mit ihrer ungebremsten, unverfälschten Phantasie etwas wirklich Neues zu denken. Ich sehe absolut keinen Grund, warum dies in der Musik nicht genauso sein sollte - vielmehr bin ich sehr davon überzeugt, dass es sich ebenso verhält:
Auf der einen Seite muss man eine Menge von seinem Handwerk verstehen, auch Dinge, die man nicht so unmittelbar braucht, weil man vielleicht in einem komplett anderen Stil schreibt; z.B. schadet sicher keinem modernen Komponisten die Beschäftigung mit Renaissance-Kontrapunkt, da in dieser Musik auch ästhetische Prinzipien enthalten sind und sich einem vermitteln, die man sehr wohl verstanden und verinnerlicht haben sollte, wenn man schreibt. Auf der einen Seite muss man also viel gesehen haben, aber auf der anderen muss man es dann wieder schaffen, sich von all dem zu lösen, um die für einen persönlich herauskristallisierte Essenz davon wieder ganz intuitiv nutzen zu können - intuitiv wie ein Kind, das in seiner Phantasie neue, eigene Regeln aufstellt und leben darf.
Das ist eigentlich auch schon eine gute Überleitung zu dem, was ich zu Monte ergänzen wollte:
Vielleicht mal ein Beispiel, was ich gemeint habe. Ich war vor einiger Zeit in einem interessanten Konzert mit neuer Musik, es gab u.a. ein Stück von Orm Finnendahl für Klarinette, Klavier, Schlagzeug und 2 Aufnahmegeräte. Die Musiker spielten einen Durchlauf des Stückes, währenddessen wurde das Gespielte von einem Computer aufgezeichnet und im zweiten Durchlauf algorithmisch verändert wieder abgespielt. Die Musiker spielten dazu etwas anderes, was den ersten Durchlauf ergänzen sollte. Das ging ein paar Durchläufe so weiter und das Stück wurde immer komplexer. Es hatte eine quasi spiralenförmige Struktur, die sich von aussen nach innen immer weiter verdichtete. Der Komponist hat uns das Stück vorher erklärt, holte mit mathematischen Formeln und Algorithmen weit aus und ich war sehr gespannt auf das Stück. Rein intellektuell betrachtet gefiel mir das alles sehr. Die Musiker spielten fantastisch, bewundernswert. Aber ehrlich gesagt klang es absolut Scheisse. Und das sagt jemand, der ein Faible für neue Musik hat (bin auch selbst recht aktiv in dem Genre).
Da ich das Stück nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen.
Fakt ist allerdings, dass reine Konstruktion nicht ausreicht, das ist klar, jede Art von Kunst braucht natürlich Inspiration und Intuition! Ich persönlich finde es nicht befriedigend, wenn jemand eine Konstruktion 1:1 überträgt, indem er einfach eine Abbildung auf die Töne definiert. Ist hingegen eine Konstruktion (egal ob mathematischer, architektonischer oder welcher Art auch immer) eine Inspiration für einen Komponisten, der auf der Basis dieser Idee eine sinnvolle musikalische, aber eben inspirative und nicht 1:1 kopierende Umsetzung kreiert, so finde ich dies in Ordnung. Die Frage, wo die Musik anfängt, ist eine sehr interessante Frage und wäre ein eigener Faden...
liebe Grüße,
Partita
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