Ich bin ein Unterstützer der Idee, sich selbst aufzunehmen.
Dann kommentier ich das mal aus meiner Perspektive als Autodidakt.
Zum Einen hört man sich aus der Perspektive einfach besser zu und bekommt wieder Bodenhaftung, falls man meint, der letzte Durchgang wäre doch schon "ganz ordentlich gewesen".
Ich erkenne keinen Unterschied zwischen meiner Einschätzung beim Einspielen und der anschließendem Abhören der Aufnahme. Ich weiß nachdem ich die Tasten losgelassen habe, an welchen Stellen ich gepatzt habe, wo es rhythmisch unsauber war, Melodietöne in Akkorden nicht hervorgehoben oder Nebenstimmen zu laut waren, Doppelschläge, Triller und andere Verzierungen danebengegangen sind, Phrasierungen verkackt wurden, zuviel Rubato drin war, das Tempo aus dem Ruder gelaufen ist usw.
Daneben gibt natürlich noch jede Menge Kram, den Profis raushören können, aber nicht ich, nur daran ändert eine Aufnahme für mich ja nichts.
Möglicherweise hilft wiederholtes Anhören leichter bei der Ursachenfindung, aber dann kann ich es auch einfach gleich nochmal üben und dabei versuchen besser zu machen, idealerweise bis es irgendwann mal sauber klingt.
Man kann sich da übrigens auch selbst reinlegen. Mein Digi zeichnet bspw. das Pedal nicht hochauflösend mit 4 Bit, sondern mit nur einem Bit Auflösung auf. Die Wiedergabe klingt also anschließend zwangsläufig anders und unsauberes Pedal wird "geglättet". Sprich für alles, was Pedalfragen angeht, ist die Aufnahmefunktion unbrauchbar.
Zum Anderen ist es gerade am Anfang stressig. "Jetzt muss ich besonders gut spielen. Das ist nachher alles auf der Aufnahme!!".
Das ist bei mir alles gleich schlecht, egal ob mit Aufnahme oder ohne. Ob Pianoteq zum Beispiel gerade alles mitschneidet oder nicht, ändert nicht das geringste.
Vielleicht hörst du dir beim Aufnehmen einfach besser zu und deshalb kommt es dir unrunder vor, was dich unter Streß setzt.
Aber mit jedem mal Aufnehmen wird es weniger stressig. Man übt quasi das Vorspielen ohne Publikum und ist dann bei echten Zuhörern später vielleicht nicht mehr so nervös.
Zuhörer sind harmloser als Aufnahmen, die muß man hinterher nicht löschen. Ans Üben vor Zuhörern kann man sich problemlos gewöhnen, man muß es nur regelmäßig tun.
Genau das ist der Punkt. Man fordert sich sozusagen selbst und härtet sich dadurch ab.
Dafür brauche ich nicht den Aufnahmeknopf drücken. Wenn man eine Passage im Tempo "testen" will, dann doch immer so, als ob man sie gerade aufnimmt oder vor Zuhörern sitzt.