Vorausschauen beim Spielen nach Noten

Von meiner Seite ja. Es kam gestern halt ein bisschen, sorry „trollig“ rüber, vor allem, weil ich unmittelbar vorher deine Beiträge zum „Liebling des Forums“ gelesen hatte. Und „die Zitrone“ war eine Anspielung auf einen altbekannten Forumstroll, der, wie ich finde, so ähnlich wie du geschrieben hat, offenbar unter mehreren Accounts.

So, nun ist hoffentlich alles geklärt. Von mir aus: Schwamm drüber!
:super:
 
Was ja prinzipiell auch erstmal hinsichtlich der mechanischen Abläufe nicht falsch ist. Beim Prima-Vista-Spiel-Training liegt die Priorität ganz klar auf dem linear fortschreitenden richtigen Tastenanschlag zur richtigen Zeit. Musikalisches ist bei diesem Zweck lediglich die Kür.

Musikalisches ist niemals die Kür, sondern immer die allererste Pflicht. Wenn die musikalische Geste nicht stimmt, ist nichts, aber auch gar nichts zu retten, auch nicht beim prima vista-Spiel.

Wenn die musikalische Geste stimmt, kann man sich - sogar bei professioneller Korrepetition - eine ganze Menge an Unsauberkeiten, Auslassungen und falschen Noten leisten.

Ich kenne sehr gute Pianisten, die auf professionellem Niveau Sachen wie Rach 3 können, aber nicht in der Lage sind, ein Finale II aus dem Figaro vernünftig zu korrepetieren. Nicht mal vorbereitet, und schon gar nicht vom Blatt. Da stellt sich immer wieder die Frage, warum Amateure hier dauernd solche Fäden aufmachen. Um gut Klavier zu spielen, ist prima vista schlichtweg unnötig. Um gut zu korrepetieren, ist virtuoses Klavierspiel keine zwingende Voraussetzung. Es sind völlig unterschiedliche Anforderungen; gutes prima vista-Spiel setzt sehr profunde Kenntnisse im freien, nicht notengebundenen Klavierspiel voraus, und das wiederum sehr viel praktisch abrufbares Wissen aus allen Teilbereichen der Musiktheorie.
 
Zuletzt bearbeitet:
@mick
Ok, das was du schreibst, leuchtet ein.

Ich vermute, ich bin da zu sehr von mir selbst ausgegangen. Beim Prima-Vista-Spiel holze ich sowieso niemals die Finger in die Tasten.

Was ich mit Kür meinte, war die Gestaltung, die bei der Erarbeitung eines Stücks über das „klingt ganz schön“ hinausgeht. Das kann, je nach Schwierigkeit natürlich, nur durch intensives Üben erreicht werden, durch Ausprobieren und Korrigieren.

Aber korrigiere mich, wenn ich da falsch liege.
 
Prima Vista spielen ist wie betrunken sein. Da kommt ungefiltert das heraus, was da ist - an Persönlichkeit oder an tief verwurzeltem musikalischen Können.

Ich weiß z.B., dass ich unter ein gewisses musikalisches Niveau nie falle, weil meine Finger und Ohren bestimmte Dinge automatisch machen. Auch wenn ich z.B. nur 10% der Noten richtig spielen würde.
 
Das kann ich Dir sagen: Weil sie gute Stücke spielen wollen, aber zu faul sind, sie mit dem erforderlichen Zeitaufwand ordentlich zu lernen. :005::004:

Ok, dafür gibt es eine ganz simple und einfache Lösung: Man übe über ein paar Jahre jeden Tag jeweils eine Stunde Generalbass- und Partimentospiel, schreibe eine Stunde lang verschiedene Tonsätze und beschäftige sich mit linearem Kontrapunkt, analysiere jeden Tag einen klassischen Vokal- oder Instrumentalsatz und spiele darüber hinaus eine Stunde Czerny, um die wichtigsten Muster griffsicher parat zu haben.

Das wird das prima vista-Spiel auf ein ganz anderes Niveau heben. Ohne, dass man sich sinnlose Gedanken über das "Vorausschauen" machen muss.

:super:
 
Zuletzt bearbeitet:
D.h. soweit gibt es außer Stücke selbst zu spielen keine spezifische Übestrategie.
Gibt es durchaus. Für Fortgeschrittene Spieler ist das alte Buch "Vom Blatt" von Kurt Herrmann zu empfehlen. Er setzt da an, dass man beim Blattspiel blind spielen muss, das heißt ohne auf die Tasten zu schauen. (Denn dazu hat man keine Zeit, so man nicht stocken möchte.) Die Klaviatur muss in allen Tonarten mit "Standardfingersätzen" beherrscht werden, also Tonleitern, Arpeggien, Akkorde, usw. Später werden Techniken des Notenlesens erarbeitet und Musiktheorie einbezogen.
So liest man dann beim virtuoseren Blattspiel lange nicht mehr Note für Note, sondern erfasst größere Zusammenhänge auf einmal (sogenannte Superzeichen).
Das alles kann sich aber auch entwickeln in dem man Blattspiel einfach ins tägliche Übeprogramm aufnimmt, wobei auf den angemessenen Schwierigkeitsgrad zu achten ist.
 
Wie beantwortet dieser sehr gute Klavierlehrer eigentlich Deine Frage?
Der ist dort wo die meisten Lehrer das halbe Jahr sind: auf Urlaub :lol:
Schön dass dich wieder mal aus der Versenkung meldest. Bist du nicht auch Klavierlehrer und kannst was dazu beitragen?
____

Thema:

Was noch nicht zur Sprache kam ist, wo lege ich den Augenfokus hin. Denn vom Speed-reading weiß ich dass wenn man den Fokus etwas herauszoomt mehr erfassen kann. Dies wird wohl beim Noten lesen auch der Fall sein. Vermutlich sollte man den Fokusmittelpunkt zwischen Bass und Violinschlüssel hinlegen. Das spart nämlich Augenmovement = Zeit.
Augenbewegeungszeit vom Bass zum Violinschlüssel und zurück etc.
 

Was noch nicht zur Sprache kam ist, wo lege ich den Augenfokus hin.
wie das Chameleon: das eine Auge vorausfokussiert das untere System (l.H.), das andere Auge das obere (r.H.) (im Fall von drei oder gar vier Systemen (Liszt, Rachmaninov, Alkan, Strawinski) lässt man weitere Augen wachsen oder anoperieren ;-)
(aus der verschollenen Musikabteilung von "verstehen Sie Spraß" - nicht, dass du tumheultobst)
 
Vermutlich sollte man den Fokusmittelpunkt zwischen Bass und Violinschlüssel hinlegen. Das spart nämlich Augenmovement = Zeit.
Mit solchen Ansätzen wirds zu kompliziert...
An der Geschwindigkeit der Augen wird es kaum scheitern, vor allem wenn man sie unwillkürlich arbeiten lässt. Schon mal was von Sakkaden gehört?
Der ist dort wo die meisten Lehrer das halbe Jahr sind: auf Urlaub
Trotz allem kriegst Du hier ja jede Menge Input. Da interessiert uns einfach auch die Meinung Deines Lehrers. Nach den Pfingstferien kannst Du ihn ja mal fragen und dann berichten.
 
Was noch nicht zur Sprache kam ist, wo lege ich den Augenfokus hin. Denn vom Speed-reading weiß ich dass wenn man den Fokus etwas herauszoomt mehr erfassen kann. Dies wird wohl beim Noten lesen auch der Fall sein. Vermutlich sollte man den Fokusmittelpunkt zwischen Bass und Violinschlüssel hinlegen. Das spart nämlich Augenmovement = Zeit.
Beim speed reading liest man ganze Zeilen in weniger als einer Sekunde. Da mag das eine Rolle spielen. In der Musik dauert selbst im Prestissimo jede Zeile mehrere bis viele Sekunden, da ist der Augenfokus vollkommen nebensächlich. Auch, wenn manche anderes behaupten: Sogar beim prima vista-Spiel ist meist genügend Zeit, um beispielsweise bei Sprüngen kurz auf die Klaviatur zu schauen. Es ist in keiner Weise notwendig, permanent auf die Noten zu starren.
 
Sogar beim prima vista-Spiel ist meist genügend Zeit, um beispielsweise bei Sprüngen kurz auf die Klaviatur zu schauen.
Richtig, aber hier kommt dann auch das musikalische (Kurzzeit-)Gedächtnis ins Spiel. Das Vorausgelesene muss umgesetzt werden, während man kurz auf die Tasten schaut und dann weiter vorausliest. Im Endeffekt muss das aber alles automatisch passieren.
Die Sache mit dem Gedächtnis ist im Bernstein Buch im kurzen Blattspiel Abschnitt eigentlich schön beschrieben. Aber das hat @playitagain ja schon studiert, soweit ich weiß.
 
Beim speed reading liest man ganze Zeilen in weniger als einer Sekunde. Da mag das eine Rolle spielen. In der Musik dauert selbst im Prestissimo jede Zeile mehrere bis viele Sekunden, da ist der Augenfokus vollkommen nebensächlich. Auch, wenn manche anderes behaupten: Sogar beim prima vista-Spiel ist meist genügend Zeit, um beispielsweise bei Sprüngen kurz auf die Klaviatur zu schauen. Es ist in keiner Weise notwendig, permanent auf die Noten zu starren.
Ok gute Argumente.
Die Sache mit dem Gedächtnis ist im Bernstein Buch im kurzen Blattspiel Abschnitt eigentlich schön beschrieben. Aber das hat @playitagain ja schon studiert, soweit ich weiß.
Habe ich und das geht in etwa so: Man liest den ersten Takt ein merkt sich diesen und während man den ersten Takt dann auswendig spielt, liest man den zweiten Takt ein und merkt sich den. Usw.
Seymour empfiehlt übrigens zuerst die Basslinie zu merken.

Nur theoretisches Wissen und praktisches Können sind zwei paar Schuhe, sollte jeder Lehrer wissen.
Bei mir hapert es nicht am Notenlesen, das ist für mich relativ einfach mittlerweile, aber es hapert leider am Auswendig merken.
So kann ich diese Methode so toll ich sie finden würde, nicht umsetzen.
 
Möglicherweise hapert es aber am inneren Hören. Wenn ich vom Blatt spiele, dann merke ich mir beim Lesen keine Noten, sondern den Klang und spiele diesen aus dem Gedächtnis. Das ist - sofern man die richtige Klangvorstellung beim Blick auf die Noten unmittelbar erfassen kann - sehr einfach.

Ich glaube nicht, dass man je flüssig vom Blatt spielen kann, wenn man sich Noten merken muss.
 
Wenn ich vom Blatt spiele, dann merke ich mir beim Lesen keine Noten, sondern den Klang und spiele diesen aus dem Gedächtnis.

Yep!
Und dann gibt es auch noch die vielfältigsten Notenbilder, die bestimmte Klänge und Griffe evozieren. So die drei sich berührenden Notenköpfe, die Dreiklänge sind; wenn die kleine Lücke oben ist, ist es ein Sextakkordgriff, wenn unten ein Quartsext-Griff, usw etc...
 
Nur theoretisches Wissen und praktisches Können sind zwei paar Schuhe, sollte jeder Lehrer wissen.
Bei mir hapert es nicht am Notenlesen, das ist für mich relativ einfach mittlerweile, aber es hapert leider am Auswendig merken.
So kann ich diese Methode so toll ich sie finden würde, nicht umsetzen.
Aber: was man noch nicht kann, lässt sich erlernen. Nimm Dir das Buch noch mal zur Hand und studiere das Kapitel wiederholt. Bernstein erklärt da ziemlich genau, wie man das Auswendig merken erlernt.
Bedenke: Bücher wie dieses sind vor allem Arbeitsbücher! Als reine Lektüre zwar interessant, aber fürs Spielen hilfreich, nur wenn man damit am Klavier arbeitet.

Nebenbei sollte man sich auch nicht darauf fixieren, genau einen Takt vorauszulesen. Das wurde ja schon erwähnt, dass es sehr unterschiedlich sein kann, wie weit man vorausliest.
 
Zuletzt bearbeitet:
Möglicherweise hapert es aber am inneren Hören.
Denke das trifft den Nagel auf den Kopf. Das wurde kuam trainiert bisher, verstehe aber genau was du meinst.
Jetzt stellt sich halt für mich die Frage wie ich das verbessern kann?
Ich fürchte fast ich muss jetzt ein paar Schritte rückwärts gehen ...

Aber: was man noch nicht kann, lässt sich erlernen
Mag sein, mühsam halt, mit dem Auswendig (teil des Konzepts) bleibe ich auf Kriegsfuß...
Aber schaue ich mir nochmal an.
 

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