Kleine Anmerkung, was für alle Künste gilt:
Ein Werk wird von seinem Schöpfer geschaffen, in dem Moment, wo es vom Schöpfer losgelöst von anderen rezipiert wird, entstehen geschuldet der Subjektivität des Rezipienten andere Wirkungen, als eventuell vom Schöpfer beabsichtigt.
Schlicht gesagt, die alte Frage von verkrusteten Deutschlehrern: was will der Autor uns sagen, oder wie hat der Autor das gemeint, sind sinnlos. Die Frage ist, was löst dieses Werk in uns aus, und wie drücken wir die diese Eindrücke wieder explizit aus. Genau dieses ist zeitgenössischen Künstlern bewusst und sie wissen, dass sie damit umgehen müssen, dass bei Veröffentlichung sie keinen Einfluss mehr auf die Rezeption und anschließende Interpretation haben.
Jede Kulturwissenschaft versucht das, was einen ergreift, zu begreifen mittels Analyse, die sehr wohl das Handwerkszeug des Schöpfers bloßlegen sollte, aber nicht heißt, dass die Wirkungen so eindeutig erzielt werden, wie sie vielleicht gemeint waren. Romantische Pathetik führt heute bei manchen zu Lachanfällen, moderne Knalleffekte hätte man früher vielleicht als billige Erheiterung unwürdig eines Werkes abgetan usw. Dramatik in der Musik ist heute gefragt, vor 1000 Jahren wäre sie Gotteslästerung gewesen - vielleicht.
Im Übrigen feiht Kenntnis der Machart vor Manipulierung: alle rhetorischen Einpeitschreden alá "wollt ihr den totalen Krieg" sollten bei Kenntnis des Handwerkzeugs und beabsichtigter Wirkung im Gegensatz zum Inhalt heute jeder erkennen und nicht begeistert in Ekstase verfallen. Dramatische westliche Orchestermusik ist in arabischen Medien etwa etwa längst schon wieder Mittel zur Dramatisierung und Manipulation der Gefühle des einfachen Volkes geworden, Sendungen/Trailer zu Syrien etwa von aljazeera betreiben dieses teuflische Spiel....
Sprich, man darf alles, ob es einem musikwissenschaftlich gebildeten gefällt, kann egal sein, es sei denn, man will an seiner Akademie aufgenommen werden. Das normale Publikum erfreut sich gern immer wieder an frischen neuen Interpretationen oder verdammt sie - was dann immerhin zur Diskussion über Musik führt, welches allein schon Bereicherung ist. Und es gäbe sonst ja auch keinen Grund zu einer Aufführung zu gehen, wenn nur die wissenschaftlich abgesicherten Interpretationen mit minimalen kleinen Freiheiten erlaubt wären.