K
Karlheinz Klopweisser
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- 26. Mai 2020
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Ich denke, auch bei hervorragender Unterrichtsqualität, inhaltlich-fachlich und didaktisch, ist es heute viel schwieriger geworden, als (privater) Musikpädagoge mehrheitlich oder gar ausschließlich gute bis sehr gute (bzw. fleißige) Schüler zu bekommen. Ausnahme ist vielleicht der Lehrer an einer öffentlichen Musikschule, der - bei vorhandener Warteliste - schlechten Schülern die Kündigung nahelegen kann oder sie an andere Kollegen delegieren kann.
Sicher war das auch schon vor hundert Jahren schwierig, viele gute Schüler zu haben, aber die Hürden dafür sind m. E. heute höher und in folgenden Ursachen zu suchen:
- die Musikschüler haben heute viel zu viele Optionen in ihrer Freizeit – manchem wird sich zwar auch mit viel Energie gewidmet (PC, Internet...), aber das sind oft Dinge, in denen gut zu werden leichter ist als am Klavier oder wo ein "Vorankommen" nicht so wichtig ist.
- Eltern lassen ihre Kinder in der Freizeit viel zu viele Angebote wahrnehmen, anstatt Grenzen zu ziehen: besser 1-2 Sachen gut machen, als 4-5 mäßig oder schlecht!
- heutige Eltern sind mit der Organisation des Familienalltags oft dermaßen gefordert, daß es unmöglich wird, sich darum zu kümmern, daß die Kinder genug üben: selbst Kinder, die an sich gern musizieren, brauchen Impulse und Unterstützung von den Eltern dazu. Die haben einfach noch nicht diese Selbständigkeit, das wäre auch zu viel verlangt. Neulich von der Mutter eines (zu wenig übenden) Schülers gehört: Klavier sein ein Hobby, da wolle sie keinen Druck machen - aber genau das ist das Problem. Musizieren und Lernen (=Arbeit) bedingen sich gegenseitig.
- Ein Instrument bzw. ein Musikstück gut zu lernen, erfordert Einsatz und Mühe, ist – bis man die Früchte in Form von „Spaß“ ernten kann – erstmal vor allem Arbeit. Dafür braucht es Konzentration, Muße, Freiräume – in vielen Haushalten ist das heute kaum noch gegeben. Da wird das Musizieren als eine „Beschäftigung“ gesehen, aber es ist doch von der Bedeutung und der Wirkung auf denjenigen, der es betreibt, so viel mehr als das! Das ist kein normales Lust-und-Laune-Hobby wie Bücherlesen, Basteln oder Computerspiele!
- die Frustrationstoleranz vieler Kinder ist heute stark gesunken: erlernt man ein neues Stück, muß man quasi immer wieder auf’s neue damit klarkommen, daß man das erstmal NICHT kann, und den Willen entwickeln, es lernen zu wollen. Selbst bei bester Anleitung durch den Lehrer: das sich-Aneignen muß der Schüler machen. Diesen Willen aufzubringen und durchzuhalten, fällt heute viel mehr Schülern schwer als früher. Wenn der grundsätzliche Biß fehlt, wird auch der gute Lehrer zwar eher etwas, aber auch nicht 100 % erreichen können. Bei fehlender Unterstützung der Eltern - die den Klavierunterricht häufig nur als einen "Freizeittermin" der Kinder betrachten - sind die Aussichten noch sehr viel schlechter. Einzelnen Eltern die Augen zu öffnen, gelingt zwar, aber die meisten sind entweder beratungsresistent, zu stolz oder viel zu sehr mit der Alltagsbewältigung beschäftigt, daß sie so etwas gar nicht erreicht.
Meine Meinung ist, wenn wir in der Amateur-Klaviermusik wieder auf ein Niveau wie vor 100 Jahren, dem goldenen Klavierzeitalter, zurückwollen, dann brauchen wir: nein, eben keinen pianistischen Drill, sondern viel mehr Musikunterricht an den Schulen viel mehr bildungspolitisches Engagement für die Musik und ein Umdenken bei den Eltern. Musik ist kein „schöner Zusatz“, sondern essentieller Lebensinhalt – und wichtiger wie manche Nebenfächer in der Schule. Es müßte sich ein gesellschaftliches Klima verbreiten, daß kindliche und jugendliche Bildung ohne Musik eine unvollständige, defizitäre ist. Die wahre Bildung (=Persönlichkeitsbildung) findet etwa beim Lernen eines Instruments statt, und mitnichten in der Schule. Die Schule (deren Selbstverständnis, namentlich das der Gymnasien, inzwischen Dimensionen von Selbstanmaßung angenommen hat) vermittelt keine Bildung, sondern Wissen. Das ist etwas völlig anderes.
Sicher war das auch schon vor hundert Jahren schwierig, viele gute Schüler zu haben, aber die Hürden dafür sind m. E. heute höher und in folgenden Ursachen zu suchen:
- die Musikschüler haben heute viel zu viele Optionen in ihrer Freizeit – manchem wird sich zwar auch mit viel Energie gewidmet (PC, Internet...), aber das sind oft Dinge, in denen gut zu werden leichter ist als am Klavier oder wo ein "Vorankommen" nicht so wichtig ist.
- Eltern lassen ihre Kinder in der Freizeit viel zu viele Angebote wahrnehmen, anstatt Grenzen zu ziehen: besser 1-2 Sachen gut machen, als 4-5 mäßig oder schlecht!
- heutige Eltern sind mit der Organisation des Familienalltags oft dermaßen gefordert, daß es unmöglich wird, sich darum zu kümmern, daß die Kinder genug üben: selbst Kinder, die an sich gern musizieren, brauchen Impulse und Unterstützung von den Eltern dazu. Die haben einfach noch nicht diese Selbständigkeit, das wäre auch zu viel verlangt. Neulich von der Mutter eines (zu wenig übenden) Schülers gehört: Klavier sein ein Hobby, da wolle sie keinen Druck machen - aber genau das ist das Problem. Musizieren und Lernen (=Arbeit) bedingen sich gegenseitig.
- Ein Instrument bzw. ein Musikstück gut zu lernen, erfordert Einsatz und Mühe, ist – bis man die Früchte in Form von „Spaß“ ernten kann – erstmal vor allem Arbeit. Dafür braucht es Konzentration, Muße, Freiräume – in vielen Haushalten ist das heute kaum noch gegeben. Da wird das Musizieren als eine „Beschäftigung“ gesehen, aber es ist doch von der Bedeutung und der Wirkung auf denjenigen, der es betreibt, so viel mehr als das! Das ist kein normales Lust-und-Laune-Hobby wie Bücherlesen, Basteln oder Computerspiele!
- die Frustrationstoleranz vieler Kinder ist heute stark gesunken: erlernt man ein neues Stück, muß man quasi immer wieder auf’s neue damit klarkommen, daß man das erstmal NICHT kann, und den Willen entwickeln, es lernen zu wollen. Selbst bei bester Anleitung durch den Lehrer: das sich-Aneignen muß der Schüler machen. Diesen Willen aufzubringen und durchzuhalten, fällt heute viel mehr Schülern schwer als früher. Wenn der grundsätzliche Biß fehlt, wird auch der gute Lehrer zwar eher etwas, aber auch nicht 100 % erreichen können. Bei fehlender Unterstützung der Eltern - die den Klavierunterricht häufig nur als einen "Freizeittermin" der Kinder betrachten - sind die Aussichten noch sehr viel schlechter. Einzelnen Eltern die Augen zu öffnen, gelingt zwar, aber die meisten sind entweder beratungsresistent, zu stolz oder viel zu sehr mit der Alltagsbewältigung beschäftigt, daß sie so etwas gar nicht erreicht.
Meine Meinung ist, wenn wir in der Amateur-Klaviermusik wieder auf ein Niveau wie vor 100 Jahren, dem goldenen Klavierzeitalter, zurückwollen, dann brauchen wir: nein, eben keinen pianistischen Drill, sondern viel mehr Musikunterricht an den Schulen viel mehr bildungspolitisches Engagement für die Musik und ein Umdenken bei den Eltern. Musik ist kein „schöner Zusatz“, sondern essentieller Lebensinhalt – und wichtiger wie manche Nebenfächer in der Schule. Es müßte sich ein gesellschaftliches Klima verbreiten, daß kindliche und jugendliche Bildung ohne Musik eine unvollständige, defizitäre ist. Die wahre Bildung (=Persönlichkeitsbildung) findet etwa beim Lernen eines Instruments statt, und mitnichten in der Schule. Die Schule (deren Selbstverständnis, namentlich das der Gymnasien, inzwischen Dimensionen von Selbstanmaßung angenommen hat) vermittelt keine Bildung, sondern Wissen. Das ist etwas völlig anderes.