Schlechte Schüler: woran liegt das eigentlich genau?

@Wiedereinsteigerin38
gerade habe ich mir das Video angesehen. Den Schüler könntre ich zur Tür hinauswerfen. Er ist dermaßen anmaßend....
NIEMALS darf man Seymours Hand von seinem Klavier wegschubsen!
Für mich ist Seymour ein unglaublich sensibler Schatz, den es zu hüten gilt. Dieser Schüler hält sich selbst für den Star....
 
Ach was, man sieht doch, dass die beiden Spaß haben und sich gut verstehen.
Alleine schon die Szene, wo der Schüler beim Spielen Seymour ganz tief und ernst in die Augen schaut und irgendwas in der Art von "ich spiele besser, wenn ich dich dabei anschaue..." sagt
Außerdem hat Seymour mit dem Schubsen angefangen..😁
Der Schüler ist übrigens der (oder einer der) Gründer von Tonebase.
Ich glaube, die besitzen beide ein gesundes Maß an (Selbst-)Ironie.

Ansonsten müsste man eventuell an Bersteins Geisteszustand zweifeln, so oft, nicht nur in diesem Video, wie er von sich behauptet, der wiedergeborene Chopin ("i was Chopin..") zu sein.
Ne, ich glaube, Bernstein, alleine schon sein Spruch in einem anderen Video über "entspanntes Spielen und Rigor mortis, hat nen ziemlich guten Sinn für Humor.
 
Ja, das hat er und er steht durchaus über den Dingen. Außerdem hat er Beethoven persönlich gekannt. ;-)
Und ja, Seymour schubst zuerst. Das gehört zu seinem Unterricht. Ich würde niemals zurückschubsen.
Mir ist dieser Schüler als sehr unangenehm und selbstherrlich aufgefallen. Ja, Seymour kann damit umgehen, aber für mich ist es ein Unding, sich auf seine Stufe stellen zu wollen.
 
Ja, unangenehmer Pianist, der da bei Bernstein sitzt. Aber es ist strenggenommen kein Schüler, denn das Video heißt
"Interview at the piano". Hier sind die Rollen offensichtlich nicht klar ...
 
@Wiedereinsteigerin38
gerade habe ich mir das Video angesehen. Den Schüler könntre ich zur Tür hinauswerfen. Er ist dermaßen anmaßend....
NIEMALS darf man Seymours Hand von seinem Klavier wegschubsen!
Für mich ist Seymour ein unglaublich sensibler Schatz, den es zu hüten gilt. Dieser Schüler hält sich selbst für den Star....
Ich habe auch eine gewisse Spannung beobachtet: der Interviewer/Schüler will schon was erfahren, aber gleichzeitig in seinem Video gut dastehen. Das mit der Hand fand ich auch nicht so elegant: ich vermute, er hatte ihm vorher gesagt, er soll das nicht machen wegen der Kamera. Und Herr Bernstein hat das immer wieder vergessen und sich wie gewohnt abgestützt. Diese Szenen fand ich nicht so schön…
 
z. B. asiatische Schulsysteme bei PISA o. ä. belegen. Da bin ich - bei allen Mängeln, die ich sonst sehe - froh, dass wir hier ein solches System nicht haben.
Ich gehe mal davon aus, dass sich die asiatischen Schulsysteme ebenso sehr unterscheiden wie die europäischen, insofern wäre ich mit so einer Generalisierung schon mal vorsichtig. Davon abgesehen ist das japanische Schulsystem (welches ich kenne) im Prinzip sogar ziemlich gut. Das Problem ist "nur", dass man beim Übergang zur jeweils nächsthöheren Schule oder Hochschule zu den relativ besten gehören muss, wenn man eine "gute" (angesehene) Schule besuchen will. Da nützt es nichts, wenn Du in den Prüfungen einen Schnitt von 1,3 hast (um mal beim hiesigen Notensystem zu bleiben), wenn zu viele andere Schüler einen Schnitt von 1,0 haben. Darum fokussieren sich Schüler und deren Eltern (aber die Schule selbst eher wenig) komplett darauf, um speziell auf diese Prüfungen hin zu büffeln, meist in Form von nachmittäglicher und abendlicher "Nachhilfe". Wenn es allerdings vor Ort gar keine Wahl bei der weiterführenden Schule gibt (z.B. Grund- und Mittelschulen auf dem platten Land oder japanische Schulen im Ausland), verschwindet dieser Druck. Dann kommen die positiven Aspekte des japanischen Schulsystems zur Geltung.

Umgekehrt eine Anekdote aus unserem Land. Ein Freund meiner Tochter hat koreanische Eltern. Der wird von ihnen gezwungen, jeden Tag bis spät abends für die Schule zu lernen, auch wenn er längst alle Hausaufgaben und sonstiges, was er für den Unterricht lernen müsste und könnte, erledigt hat. Wenn man das oberflächlich von aussen betrachtet, könnte man denken, dass die hiesige Schule extrem anspruchsvoll sein muss, wenn ein Schüler so viel büffeln muss. Dabei reden wir hier über ein Gymnasium in NRW... :lol::lol::lol: Wichtig für die Eltern ist eben, dass der Junge (zeitlichen) Einsatz zeigt.
 
Auf mich wirkte es eher so, als ob die beiden sich schon ein bisschen besser kennen würden - offenbar wurden in der Vergangenheit auch die Bagatellen schon einmal unterrichtet.

Ich finde es im Gegenteil gut, dass der "Schüler" erst auf seine Interpretation beharrt. Wo käme man denn hin, wenn man Dinge einfach ungefragt übernimmt.

Erinnert mich daran, wie ich als fortgeschrittener Student manchmal mit meinem Prof diskutiert habe (und mit ihm um die Wette gespielt/konkurriert habe), der auch ein Weltstar war :016:
 
Ich finde es im Gegenteil gut, dass der "Schüler" erst auf seine Interpretation beharrt. Wo käme man denn hin, wenn man Dinge einfach ungefragt übernimmt.
Ja, wo kommt man da hin...
Man beschäftigt sich als Schüler - also als derjenige, der lernen will - , zunächst mal mit den Angeboten des Lehrers und übernimmt sie auch fraglos. Wenn man dann, nach inniger Beschäftigung, zu dem Ergebnis kommt: Ich finde meine Ideen aber auch gut, weil..., dann ist das gut.
Seymour Bernstein ist jemand, der letztlich den Schülern genau das überlässt: Hier ist mein Angebot, entscheiden musst Du Dich später.
Aber völlig daneben ist es, direkt auf Konfrontation zu gehen und die Weisheit des Lehrers nicht erstmal anzunehmen.
Wenn ich Schüler bin, bin ich Schüler und nicht Lehrer, sonst kann ich zuhause bleiben und meine eigenen Interpretationen lieben.
 
Aber er geht doch nicht auf Konfrontation.
Er nimmt ja einiges an, führt Passagen aus, wie geheißen und erwähnt doch auch, dass er bei einem Stück jetzt so spielen würde (oder gespielt hat), wie er es bei anderer Gelegenheit von Bernstein gezeigt bekam.
Er ist also durchaus lernfähig.
Abgesehen davon ist der Schüler, soweit ich informiert bin, studierter Klavierlehrer. Ich meine, ich hätte da was von Juilliard gelesen
Also von daher ist es ja nicht so, dass er ein ahnungsloses Amateurchen wäre und kritische Nachfragen und Nachhaken völlig ohne Substanz wären.

Und auf mich wirken die 'Konfrontationen" eher wie liebenswerte Kabbeleien unter Freunden.
Zumal diese ganze Sache auch weniger wie ein typischer Unterricht wirkt, sondern eher wie eine Diskussion unter gleichgesinnten.
Vielleicht bist du da ein wenig zu empfindlich?
 
Zuletzt bearbeitet:
@Kalivoda
das würde bedeuten, der Erwartungsdruck kommt ausschließlich aus den Familien?
 
@Tastatula
Das sehe ich auch so wie du. Ich hatte allerdings tatsächlich einen Professor, der mehrmals sagte, er wünsche sich, dass ich mich mehr mit ihm konfrontiere. Ich fand das immer merkwürdig.
 

Naja, wenn ein Schüler nie kritisch reagiert, macht das den Lehrer schon dahingehend unsicher, ob der Schüler wirklich alles verstanden hat. Denn kein Lehrer redet zu jedem Zeitpunkt wie in Stein gemeißelt. Ein kleines bisschen was Falsches oder Unklares sagt jeder Lehrer mal oder öfters. Und hofft darauf, dass der Schüler ihn très humblement korrigiert. Gängiger Spruch bei wirklich guten Uni-Profs: "Meine Studenten können es besser als ich." Natürlich leichtes Understatement, aber ganz verkehrt ist diese Einstellung auch nicht.
 
in der Umsetzung ist das Schreiben nach Gehör leider oft schlecht, aber methodisch gut aufbereitet sehr sinnvoll. Man darf es halt nur ganz am Anfang und nicht jahrelang machen. Ähnlich wie beim Klavierspielen wird dabei das Gehör für die Laute geschult. Nur muss spätestens nach ein paar Monaten mit Rechtschreibregeln etc. begonnen werden, damit sich Falsches nicht einprägt. Das Schöne daran ist, dass Schüler nicht wie früher mit einzelnen wenigen Buchstaben beginnen müssen, sondern ihnen das ganze Alphabet offensteht. So wie ein Klavierschüler von Anfang an die gesamte Klaviatur benutzen sollte.
Die Methode ist in der Tat eine Katastrophe, wenn sie "fundamentalistisch", wie ich das nenne, durchgezogen wird, d.h. mehrere (Grundschul)jahre lang.
Neben den von Dir genannten Vorzügen sind auch andere Elemente, z.B. die Anlauttabellen (Gehörschulung), durchaus sinnvoll.
 
Ich möchte noch etwas zu dem oft gebrauchten Begriff "streng, aber gerecht" loswerden. Ich mag diesen Begriff überhaupt nicht. Was bedeutet "streng" eigentlich? Im Zusammenhang dieser Formulierung wohl etwas negatives, denn es heißt direkt danach "aber".
(...)
Daher meine ich, dass die Formulierung "streng, aber gerecht", mal langsam aus unserem Wortschatz verschwinden sollte. :006:
Da bin ich ganz bei Dir, wie es heute Neudeutsch so schön heißt.
Es ist aus meiner Sicht eine kategorisierende Formulierung, mit der man eine Lehrkraft in eine Schublade steckt.
Wenn ich mir überlege, was ich an den Lehrpersonen, die ich selbst als Jugendliche gut fand, fallen mir wesentlich differenziertere Umschreibungen ein.
 
Ich hasse solche Schüler. Furchtbar.

Man geht zu einem Lehrer, weil man weiterkommen will. Zum Weiterkommen ist sehr oft notwendig, das bisher Geglaubte oder das bisher Angewöhnte über den Haufen zu werfen und eine neue, ungewohnte Perspektive einzunehmen. Oder anders gesagt: Nur außerhalb der "Comfort Zone" findet echtes Lernen, echtes Weiterkommen statt. Oder noch anders gesagt: Per aspera ad astra.

Wenn ich merke, der Schüler will das aber gar nicht, sondern an seinen bisherigen Gewohnheiten (eine "Interpretation", auf der man beharrt, ist ja nichts anderes als eine Gewohnheit) festhalten, dann verliere ich umgehend die Lust, diesen Schüler weiter zu unterrichten.

Er soll überhaupt nicht genau nachmachen, was ich vormache, oder mir sklavisch folgen, das meine ich wirklich überhaupt nicht - ich muss aber obengenannte Bereitschaft erkennen, aus der Comfort Zone herauszugehen und bisherige Verhaltensweisen und Glaubenssätze zu hinterfragen.

Gute Schüler FREUEN sich, wenn sie mit etwas konfrontiert werden, das ganz anders ist, als sie es bis jetzt dachten oder kannten, und mit dem sich das Musizieren plötzlich neu und ungewohnt, aber eben auch möglichkeiteneröffnend anfühlt.
 
Wenn, dann ist Hinterfragen und Konfrontation mit den Ansichten des Lehrers im Zuge des Aneignungsprozesses überhaupt erst dann sinnvoll möglich, wenn man die Impulse des Lehrers umgesetzt hat. Aber doch nicht als Reflex.
 
Ach ja, solchen geistig unflexiblen Zeitgenossen, die reflexhaft am liebsten nur ihre eigenen Gewohnheiten, Verhaltensweisen, Glaubenssätze oder "Interpretationen" der Welt gelten lassen wollen, begegnet man doch in unterschiedlichsten Kontexten immer mal wieder - manchmal sogar im Spiegel :lol:.
 

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