Sage ich, dass Fehler egal sind? Mitnichten! Das wäre unendlich töricht und in der Tat einer der Auswüchse der heutigen Jekami- und Alle-sind-gleich-und-begabt-Hirnlospädagogik! Aber es ist extrem wichtig, wie genau der Prozess aussieht, an dessen Ende Performances stehen, die nicht nur musikalisch überzeugen, sondern auch "gemeistert" sind und somit sehr wenige bis keine Fehler aufweisen!
Lieber hasenbein,
es ist aber wichtig, in bezug auf "Fehler" Konzert oder Vorspielsituation vom Üben zu unterscheiden!
Üben sollte man so, dass Fehler möglichst von vorneherein vermieden werden. Wenn sie geschehen, sollte man in der von dir beschriebenen Weise reagieren und spätestens beim zweiten Mal des Erklingen des Fehlers eine andere Übestrategie wählen, bei der der Fehler nicht passiert. Wie es klingen soll, welche Bewegungen man zur Ausführung braucht und was da eigentlich steht (Musikverständnis) ist ebenfalls wichtig.
In einer Vorspielsituation sollte es einem völlig egal sein, wie viele "Fehler" man spielt! Nur die musikalische Aussage ist wichtig, was will ich sagen und transportieren, nur die Musik steht im Vordergrund. Musik kommt aus der Stille und geht in die Stille und die Entwicklung eines Stücks in der Zeit gemeinsam mit dem Publikum zu erleben, ist ein großes Geschenk und etwas Besonderes! Darauf muss der Fokus liegen!
Noch etwas zum Begriff "Fehler" gerade in Bezug auf Vorspielsituationen: die meisten meinen damit einen Verspieler, der wie früher in der Schule rot angestrichen wird. 20 Fehler = eine 6, um Himmels Willen, das will man vermeiden.
Macht man sich aber klar, dass das nur ein Fehler in der Tonhöhe ist und es noch ganz andere, viel wichtigere Parameter eines Tons gibt wie Klangqualität, Dynamik, Timing, Länge, Ende des Tons etc., wird man diese Verspieler als ziemlich irrelevant ansehen. Sie stören nicht, wenn sie nicht in Massen auftreten! Viel mehr stört es, wenn der Spielfluss stockt, wenn bei Verspielern nicht weiter gespielt, sondern verzweifelt versucht wird, die Stelle richtig zu spielen und dazu immer wieder nach hinten gesprungen wird, meist vergeblich. Noch mehr stört es, wenn der Klang abgehackt und grob klingt, wenn die Zielrichtung einer Phrase nicht klar ist u.v.a.m..
Rubinstein meinte einmal in seiner unnachahmlichen Bescheidenheit, als er auf seine im Vergleich zu anderen Pianisten vielen Verspieler im Konzert angesprochen wurde: "Meine falschen Töne sind immer noch richtiger als die richtigen Töne anderer Pianisten." Recht hat er. :)
Liebe Grüße
chiarina
P.S.:
Hat das intelligente, talentierte und motivierte Kind heutzutage das Pech, in einem Bundesland eingeschult zu werden, das von der Ideologie des "möglichst langen gemeinsamen Lernens" infiziert ist, kommt es auf Jahre nicht raus aus diesem Umfeld, langweilt und ärgert sich zu Tode und lernt alles, nur nicht lernen.
Liebe Barratt,
ich erinnere mich, dass du das große Pech hattest, so aufgewachsen zu sein und diese Erfahrung gemacht zu haben. Das lässt sich aber nicht auf jedes intelligente Kind übertragen, dass heute in Schulen geht, sogar auf die meisten nicht! Es gibt außerdem Möglichkeiten, die wahrgenommen werden können. Z.B. diese: Kinder können mit 5 oder 6 eingeschult werden oder auch erst mit 7 oder fast 8.