Schlechte Schüler: woran liegt das eigentlich genau?

Es gibt den Satz: Es gibt keine schlechten Schüler, nur schlechte Lehrer.
Es wird sicher Schüler geben, die besser vorankommen, und andere, die schlechter vorankommen oder sich schwerer tun - aus welchen Gründen auch immer, sicher nicht immer und zwangsläufig aus mangelnder Übedisziplin und seltenst wohl absichtlich oder gar um den Lehrer zu ärgern. Trotzdem haben auch solche Schüler vielleicht doch Potential, wenn auch ein begrenztes. Wer aber als Lehrer über "schlechte Schüler" herzieht, will sich wahrscheinlich entweder auf fremde Kosten selbst überhöhen, von sich selbst und seinem vielleicht auch nicht so besonders guten Unterrichtsstil ablenken, oder seine eigene Frustration abreagieren und Dampf ablassen. All das spricht mE jedenfalls nicht für besagte charismatische Lehrerpersönlichkeit, schon gar nicht dafür, dass so einer irgendwie "existierende Leidenschaft an der Musik, am Klavierspiel und dessen Vermittlung" ausstrahlt, sondern wirkt unsympathisch und dürfte schon auch ein Indikator für einen KKL sein, um den man besser einen Bogen macht. Solche Dinge wie fleckige Schlabberjeans oder ob jemand ein Pferd hat oder nicht halte ich in dem Zusammenhang allerdings für völlig unerheblich ;-) .
 
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Im Mathematikunterricht redet man auch ganz selbstverständlich von „guten“ und „schlechten“ Schülern. Gemessen wird an den jeweiligen Leistungsanforderungen. Da ist halt einer besser, der andere schlechter. Natürlich kann man über die Ursachen spekulieren, aber das ändert nichts an der Tatsache als solcher. Warum habt Ihr deutschen Klavierlehrer eine solche Angst, derartige Unterschiede anzuerkennen? In den angelsächsischen Ländern sind Leistungsprüfungen (z.B. von ABRSM) selbstverständlich. Da geht es nicht, wie bei Jumu, um Spitzenleistung und Preise, sondern es wird lediglich festgestellt, ob der Schüler dem jeweiligen Maßstab gerecht wird. Ich halte das für eine sinnvolle Sache: Schüler, Eltern und Lehrer wissen, woran sie sind, und können dann nach den Ursachen forschen.
 
Ich war in der Schule ein wahnsinnig schlechter Geräteturner. Ungeschickt, ängstlich, völlig untalentiert und desinteressiert. Auch der allerbeste Sportlehrer der Welt hätte aus mir keinen auch nur ansatzweise brauchbaren Turner machen können.
Selbstverständlich gibt es schlechte Schüler!
 
Im Mathematikunterricht redet man auch ganz selbstverständlich von „guten“ und „schlechten“ Schülern. Gemessen wird an den jeweiligen Leistungsanforderungen. Da ist halt einer besser, der andere schlechter. Natürlich kann man über die Ursachen spekulieren, aber das ändert nichts an der Tatsache als solcher. Warum habt Ihr deutschen Klavierlehrer eine solche Angst, derartige Unterschiede anzuerkennen? In den angelsächsischen Ländern sind Leistungsprüfungen (z.B. von ABRSM) selbstverständlich. Da geht es nicht, wie bei Jumu, um Spitzenleistung und Preise, sondern es wird lediglich festgestellt, ob der Schüler dem jeweiligen Maßstab gerecht wird. Ich halte das für eine sinnvolle Sache: Schüler, Eltern und Lehrer wissen, woran sie sind, und können dann nach den Ursachen forschen.
Lieber cheval blanc,

vielleicht liegt darin der Grund für das Faktum, das Schüler so oft von sich sagen: "Mathe kann ich nicht."? Gerade in diesem Fach hört man das ständig.

Ich halte nichts davon, Schüler in "gut" und "schlecht" einzusortieren. Und zwar deshalb, weil es eine Du-Botschaft ist. Die Botschaft ist "Du bist schlecht", egal ob ich das vom Schüler nur denke oder ihm sage.

Eine Du-Botschaft birgt die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie abwertend aufgefasst wird. Es wird die Person kritisiert, nicht das Verhalten. "DU bist schlecht" oder selbst "DU bist schlecht in Mathe" ist zudem verallgemeinernd und auch ungerecht, denn vielleicht kann der Schüler Bruchrechnen ganz gut, tut sich aber mit Geometrie schwer.

Viel besser ist eine wertfreie Äußerung, die sich genau auf das bezieht, was den Lehrer stört. Also eine Ich-Botschaft, im Falle eines Lehrer-Schüler-Konflikts eine dreiteilige Ich-Botschaft nach Gordon, die das störende Verhalten des Schülers genau benennt (zum dritten Mal keine Hausaufgaben gemacht o.ä.), die Gefühlslage des Lehrers nennt (ich bin ratlos, ich ärgere mich ...), die Folgen des Verhaltens des Schülers für den Lehrer enthält (ich muss dir immer wieder den Stoff erklären und habe keine Lust mehr dazu, ich mache mir Sorgen, dass du nicht weiterkommst und den Anschluss an Mathe komplett verlierst ....) und somit eine klare Aussage über die Sicht des Lehrers trifft, dabei aber kein Urteil über den Schüler fällt.

Die Chance, dass bei einer solchen Ich-Botschaft das Ziel des Lehrers erreicht wird (nämlich das Verhalten des Schülers zu ändern) ist sehr viel höher als bei einer Du-Botschaft, die oft Widerstand auslöst.

Eine Du-Botschaft wirkt oft entmutigend - wenn ich schlecht bin, warum soll ich etwas ändern? Eine Ich-Botschaft lässt die Zukunft offen und traut dem Schüler sogar zu, sein Verhalten zu ändern bzw. fordert ihn heraus, etwas zu ändern.

Ein weiterer Punkt: wer ist eigentlich "schlecht"? Der Schüler, der sein Potential voll ausnutzt, aber mathematisch sich schwer tut und auf einer 3 steht? Oder der Schüler, dem alles zufliegt wegen seiner großen mathematischen Begabung, der aber faul ist und deshalb auf einer 2 steht?

Wenn man nun als Lehrer so ein Urteil "schlecht" fällt, ist die sehr große Gefahr, dass man all die Faktoren (häusliche Situation, Begabung, Fleiß .... des Schülers), die dazu führen, ob der Schüler erfolgreich ist in Mathe oder nicht sowie den Kontext, in dem diese Leistung erfolgt (nach einer 5 ist eine 3 ein Erfolg, nach einer 1 ein Misserfolg ....) nicht berücksichtigt und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr undifferenziertes und ungerechtes Urteil trifft. Mit den entsprechenden Folgen, s.o.

Liebe Grüße

chiarina
 
@chiarina: Es geht doch erst erst einmal um den Fakt als solchen. Wie man das kommuniziert, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Schüler, die ich kenne, sind dankbar für klare Ansagen. 2+2=4 unabhängig von der Leistungsfähigkeit und den sozialen Umfeld des Schülers. Ich stimme Dir zu, daß man die Person eines Schülers nicht wg. dessen schlechter Leistung diskreditieren darf. Aber falsch bleibt falsch, eine schlechte Ausführung bleibt eine solche. Am Anfang steht die Diagnose, daran anschließend sollte man nach den Ursachen graben und überlegen, was das für die Zukunft bedeutet. Je klarer man die Diagnose formulieren kann, desto besser können die Folgeschritte gelingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, tatsächlich finde ich, dass ein gewisses Alter gut ist für das Unterrichten. Wenn man seinen Job ein Leben lang ernst genommen hat, kann man auf allerlei Erfahrung zurückgreifen und damit auch viele Schülertypen erfassen.
Ich habe einen sehr alten Lehrer - er wird bald 94 -, den ich immer noch gelegentlich treffe, und der mir immer noch die Augen öffnet, wenn es um gewisse musikalische Dinge geht. Ich spüre, dass er aus einer vergangenen Zeit kommt. Er ist einer der letzten Poeten in unserer langrechteckigen Welt mit Würfelhäusern und grauen Sofalandschaften ...
Aber natürlich war er schon in jungen Jahren ein guter Lehrer.
Eine kleine Prise Seymour Bernstein und Beethoven für alle:

 
Auch gerade gesehen. Wunderbares Video.
Eine schöne, bescheidene Art der Interpretation
 

@chiarina: Es geht doch erst erst einmal um den Fakt als solchen. Wie man das kommuniziert, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Schüler, die ich kenne, sind dankbar für klare Ansagen. 2+2=4 unabhängig von der Leistungsfähigkeit und den sozialen Umfeld des Schülers. Ich stimme Dir zu, daß man die Person eines Schülers nicht wg. dessen schlechter Leistung diskreditieren darf. Aber falsch bleibt falsch, eine schlechte Ausführung bleibt eine solche. Am Anfang steht die Diagnose, daran anschließend sollte man nach den Ursachen graben und überlegen, was das für die Zukunft bedeutet. Je klarer man die Diagnose formulieren kann, desto besser können die Folgeschritte gelingen.
Liebe (warst du nicht weiblich?) Cheval blanc,

es ist eben keine klare Aussage, wenn du sagst "der ist ein guter Schüler", der ein "schlechter" oder "das spielst du schlecht". Darum ging es ja:
Im Mathematikunterricht redet man auch ganz selbstverständlich von „guten“ und „schlechten“ Schülern. Gemessen wird an den jeweiligen Leistungsanforderungen.
Viel klarer ist, mitzuteilen, was genau fehlt, was und wie gelernt oder nachgeholt werden soll. Dafür brauche ich nicht die Diagnose "schlechter oder guter Schüler".

Wenn ich unterrichte, höre ich dem Schüler zu. Ich nehme wahr, was noch nicht gut klingt und zeige dem Schüler Wege auf, den Klang und dessen Umsetzung zu verbessern. Natürlich benenne ich bei der gemeinsamen Arbeit am Stück und am Klang das, was ich verbessern möchte, ob es nun die zu leise Oberstimme ist, die Phrasierung, die begleitenden Akkorde, die leiser gespielt werden sollten, um die Melodie nicht zu stören o.ä.. Klarheit darüber ist sehr notwendig, da stimme ich dir absolut zu!

Für diese gemeinsame Arbeit brauche ich aber KEINESWEGS das Urteil "gut" oder "schlecht"! Um die Oberstimme herauszuarbeiten, reicht es völlig, den Schüler darauf hinzuweisen o.ä. und mit ihm gemeinsam an der Verbesserung zu arbeiten. Es ist absolut nicht notwendig, ihm zu sagen, dass sein Spiel an der Stelle schlecht ist bzw. er an dieser Stelle schlecht spielt.

Im Gegenteil ist dies aus meiner Sicht sehr unklar, denn es lenkt die Aufmerksamkeit des Schülers von dem weg, was wichtig ist (Oberstimme herausarbeiten) hin zu einer völlig unnötigen Wertung "du spielst die Stelle schlecht". Wozu soll das gut sein? Die Diagnose sollte in dem liegen, woran gerade genau gearbeitet werden sollte und nicht, ob etwas schlecht gespielt war!

Ich leihe dem Schüler mein Ohr und lehre zu hören, immer feiner wahrzunehmen und das Gewünschte umzusetzen. Ich nehme zum Beispiel wahr, "die Akkorde sind zu laut", ich nehme NICHT wahr "der Schüler spielt das schlecht." Für mich ist das ein gewaltiger Unterschied, vor allem auch im Umgang mit dem Schüler.

Ich hoffe, ich habe nun verdeutlichen können, was ich meine.

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe @chiarina , ich glaube, dass hier ein Missverständnis vorliegt.
Es geht überhaupt nicht darum, dem Schüler zu sagen "Du bist ein schlechter Schüler". Das wäre pädagogisch verfehlt und kontraproduktiv. Dem Schüler gegenüber sollte man immer den Prozess bzw. die Handlung bewerten und dies möglichst klar verbalisieren.
Für den Fall, dass der Lernfortschritt über längere Zeit ausbleibt und unter der Voraussetzung, dass man fachlich hochwertig unterrichtet hat, kommt man für sich persönlich subsummierend zu der Einschätzung "XY ist ein schlechter Schüler". Das ist völlig legitim und zB im Austausch mit Kollegen eine zwar verkürzte, aber hilfreiche Beschreibung, die ggf. noch konkretisiert werden kann.
 
Liebe @chiarina , ich glaube, dass hier ein Missverständnis vorliegt.
Es geht überhaupt nicht darum, dem Schüler zu sagen "Du bist ein schlechter Schüler". Das wäre pädagogisch verfehlt und kontraproduktiv. Dem Schüler gegenüber sollte man immer den Prozess bzw. die Handlung bewerten und dies möglichst klar verbalisieren.
Für den Fall, dass der Lernfortschritt über längere Zeit ausbleibt und unter der Voraussetzung, dass man fachlich hochwertig unterrichtet hat, kommt man für sich persönlich subsummierend zu der Einschätzung "XY ist ein schlechter Schüler". Das ist völlig legitim und zB im Austausch mit Kollegen eine zwar verkürzte, aber hilfreiche Beschreibung, die ggf. noch konkretisiert werden kann.
Lieber schmickus,

lieben Dank! :002: Möglicherweise verstehe ich @Cheval blanc falsch. Ich habe sie/ihn allerdings nicht so verstanden, dass es sich bei "schlechter Schüler" um eine Einschätzung handelt, die mangelnden Lernfortschritt über längere Zeit beschreibt. Sondern dass es als Diagnose notwendig sei, den Schüler oder seine Leistung in "gut" oder "schlecht" einzuordnen, bevor man "nach den Ursachen graben" kann.

Und dagegen wende ich mich aus den genannten Gründen. Mir ist eine klare Sprache sehr wichtig. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Wahl der Sprache (hier "schlechter Schüler") oft Ausdruck von Haltungen ist, die es aus meiner Sicht zu hinterfragen gilt. Man sollte nicht die Leistung eines Schülers in den Vordergrund stellen, sondern die Leidenschaft für die Musik, das Klavierspiel, die gemeinsame Arbeit und stetige Verbesserung daran. Dann wird's auch was mit der Leistung.

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Mathematikunterricht redet man auch ganz selbstverständlich von „guten“ und „schlechten“ Schülern.

Das war schon "Out", Als ich noch zur Schule gegangen bin und das ist über 20 Jahre her. Wenn überhaupt, dann begabt oder auch unbegabt. (Was aber nur bedingt auf die zu Papier gebrachte Leistung-sprich Note schließen läßt)

@Karlheinz Klopweisser
Was mir bei Lehren noch wichtig ist, ist die Authentizität. Finde ich persönlich noch wichtiger als die Kleidung.
Ein Lehrer sollte klare Konturen haben und sich seiner selbst und seiner Wirkung bewusst sein. Dazu gehört natürlich auch die Kleidung, diese sollte aber die Person unterstreichen. Ein Anzug kann auch schnell lächerlich statt solide wirken, genau wie Jeans und Hoodie niemanden locker und cool machen.

Meiner Erfahrung nach, gibt es viele junge, brauchbare Lehrer. Bei den älteren Lehrern gibt es wenige hervorragende und ganz viele demotivierte und somit schlechte Lehrer.
Die hervorragenden Lehrer hatten immer die Eigenschaft, neue Dinge lernen zu wollen und hatten ein aufrichtiges Interesse an neuen Methoden und Ansätzen.
Alle Lehrer, die nur aus dem Ärmel ihrer eigenen Erfahrung unterrichten, gehörten meist zur zweiten Kategorie.
 
Ich war in der Schule ein wahnsinnig schlechter Geräteturner. Ungeschickt, ängstlich, völlig untalentiert und desinteressiert. Auch der allerbeste Sportlehrer der Welt hätte aus mir keinen auch nur ansatzweise brauchbaren Turner machen können.
Selbstverständlich gibt es schlechte Schüler!
Vor 20 Jahren hätte ich Ähnliches geschrieben.

Heute bin ich aber sportlich und weiß daher: Die Hardware, um ein sportlicher Schüler zu sein, war bei mir vorhanden - somit war es sehr wohl möglich, dass jemand aus mir jemanden hätte machen können, der Lust auf Bewegung bekommt und gute Leistungen erbringt!
 
Ich denke, es gibt gute und schlechte Klavierlehrer und begabte und unbegabte Schüler (beides mit allen Grautönen dazwischen), aber meine eigene Erfahrung lässt mich vermuten, dass der stärkste erfolgsbildende Faktor die intrinsische Motivation ist.
 
...genug!
Es ist nun an der Zeit, die Wahrheit in dieser Angelegenheit zu offenbaren, um diese irregeleitete Diskussion dahin zu verfrachten, wo sie hingehört: in den Orkus.
Es gibt weder schlechte Schüler/Lernende noch schlechte Leistungen, es gibt nur hochbegabte mit angeborener "hardware". Denn alle sind wir gleich, das ist gesetzlich vorgeschrieben. ABER der wahre Hemmschuh ist die Volkswirtschaft: sie kann nicht florieren, wenn die hochbegabte Bevölkerung einzig aus Physiknobelpreisträgern, Chopinwettbewerbsiegern, Bossistaranwälten, Herztransplanteuren besteht: denn wer fährt den Müll weg, bäckt das Brot, reinigt die Kanalisation, verteilt Strafzettel, fährt den Zug, verkauft Wurst und Käse? Deswegen hat die weise Administration in ihrem volkswirtschaftlichen Masterplan die Lehrer instruiert, demotiviert, streng, altbacken zu 95% zu agieren, damit den hochbegabten Schülern/Lernenden die Freude an ihrer Genialität vermurkst wird, sie die Leistungen trotzig verweigern, schulversagen - und zum guten Ende befinden sich dann nur 10% der Bevölkerung in den (drohnenhaft vom Proletariat gefütterten) guten Jobs und der Laden läuft.
so, jetzt ist raus, wie und wo der Hase lang läuft. Amen.
(difficile...)
 
Endlich mal einer, der Klartext redet! @rolf for Bundeskanzler!
 
@rolf Ja, es lebe der Bildungskommunismus!
Leider meine ich das ernst...
 

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