Schlechte Schüler: woran liegt das eigentlich genau?

Das mit Mathe für Grundschullehrer kann ich (u.a. Studentennachhelfer) absolut bestätigen. Völlig hirnrissig, dass die sich mit diophantischen Gleichungen und Axiomatik der Geometrie (beides maximal Sonderstoff für interessierte Gymnasiasten) befassen müssen und dadurch immens Lebenszeit verlieren. Für so Sachen wie schriftliches Dividieren gab es dann eine eigene weitere(!) Vorlesung.
 
Was jetzt mit den "ungeeigneten" Lehrern ist... Kommen die jetzt bloß mit dem Stress im Lehrerzimmer nicht klar ("brauchst Du die Gitarren?")?

Ich lese oft von Burnout und dachte, das kommt wegen der verhaltensoriginellen Schüler und Eltern, wegen schwierigen Klassenkonstellationen (unterschiedliche Deutschkenntnisse usw) und so.

Sowas hatte ich gemeint, dass man als Lehrer so gut wie nie mit Junginschinören und Amadeussen in Klassenstärke beglückt wird. Sondern mit banalen bis grundlegend tiefen Problemen der Kognition der Schüler...
 
@StefanN
Grundsätzlich halte ich den Lehrerberuf nicht für stressiger als andere Berufe, die man mit Engagement betreibt. Nur sind es eben (zumindest aus meiner Sicht) nicht die Schüler, die am forderndsten sind, sondern andere Dinge, die ich beispielhaft geschildert habe.

Dass ich als Musiklehrer keine Elitenförderung betreibe, war mir bereits bei der Berufswahl klar. Nun arbeite ich aber auch nicht an einem musischen Gymnasium. Was ich mache, ist Basisarbeit in dem Sinne, dass ich Schüler mit Musik in Kontakt bringe und sie in ihrem Potenzial fördere (und dabei kommen z.T. erstaunliche Ergebnisse heraus). Letzteres betrifft natürlich nur eine kleine Anzahl. Dennoch weiß ich, dass ich mit meiner Arbeit einen Beitrag leiste zu einer Musikalisierung der Gesellschaft, nämlich einen Zugang zu reflektierter musikalischer Aktivität.

Wodurch entstehen Unzufriedenheit und Burnout? Meiner Meinung nach durch zu hohe Ansprüche an die Schüler (die gleichen, die man an sich selbst stellt, das kann nur schiefgehen) und zu hohe Ansprüche an sich selbst (man kann mit zwei Stunden Musikunterricht pro Woche in einem Brennpunkt-Stadtteil kein musikalisches Elternhaus ersetzen).
Als Musiklehrer sollte man übrigens immer selbst Musik machen. Wie kann der Funke denn überspringen, wenn man selbst nicht brennt? In solch einem Fall brennt man schlimmstenfalls aus.
 
Als Musiklehrer sollte man übrigens immer selbst Musik machen. Wie kann der Funke denn überspringen, wenn man selbst nicht brennt? In solch einem Fall brennt man schlimmstenfalls aus.
Ich glaube sogar, dass ist eine allgemein-gültige Formel. Ich war ja auch mal in der Schule. Unsere Klasse bestand jahrelang aus Deutschen, Russen, Türken, Polen und Rumänen. Die Klasse mit ca. 20 Schülern war bunt gemischt und wir hatten unfassbar tolle und nicht so unfassbar tolle Lehrer. Das war auch damals schon nicht immer einfach.
Was ich im Nachhinein sagen kann, dass wir Lehrer hatten, die so schien es, für den Beruf berufen gewesen waren. Die gesamte Klasse freute sich auf bestimmte Lehrer und das sah man in der Regel auch am Notenschitt.
Erst letztens traf ich eine ehemalige Klassenkameradin von mir und sie schwärmt noch heute von dem selbstgebackenem Hefezopf, den die Frau des Lehrers so oft uns Schülern zur Belohnung gebacken hatte, wenn der besagte Lehrer zu Hause von uns als Klasse positiv erzählte. Für uns war das jedesmal ein Highlight. Selbst die Schüler, die Mathematik hassten waren froh von diesem Lehrer unterrichtet zu werden.
Heute behaupte ich einfach, er liebte es zu unterrichten und mehr noch, er liebte seine Schüler.
Klar, nicht alle unsere Lehrer waren so. Aber doch waren es mehr gute Lehrer als sagen wir mal verhasste Lehrer. Die gab es nur vereinzelt.

Meiner Meinung nach durch zu hohe Ansprüche an die Schüler (die gleichen, die man an sich selbst stellt, das kann nur schiefgehen)
Hier kommt wieder das Thema auf, dass auch Lehrer mal irgendwann in grauer Vorzeit selbst Schüler waren und vergessen haben wie schwer es teilweise war dem Unterricht zu folgen bzw. unter Druck zu arbeiten. Vielleicht gehörten auch sie mal zu den Kindern, die mit stressbedingten Bauchschmerzen in die Schule gehen mussten. Mit den schlechten Noten nach Hause zu gehen um dann den Eltern Rede und Antwort stehen zu müssen. Usw... usw...
Wer Kinder nicht mag, sich nicht in sie hineinversetzen kann und ihnen eigentlich nur die eigene Weltanschauung aufdrücken will, gehört schlichtweg nicht in diesen Berufsstand. Aber das ist selbstverständlich meine eigene und ganz persönliche Meinung. Daran muss sich jetzt wirklich keiner aufhängen.
 
Für so Sachen wie schriftliches Dividieren gab es dann eine eigene weitere(!) Vorlesung.
Schön wäre es gewesen ... als "Defizitausgleich" (weil ein anerkannter Schein nicht ganz den Anforderungen des BA-Studienganges entsprach) gab es bei uns eine Vorlesung in perspektivischer Geometrie.
Mit Mengenlehre wurden wir zwar bombardiert ... aber auf die Vorlesung in Gruppentheorie hätte ich sehr sehr gut verzichten können.
Die historische Entwicklung der Zahlbereiche ist zwar ein spannendes Thema ... aber spätestens ab R fragt man sich schon, wo man das in der Grundschule wird einsetzen können.
Hin und wieder gab es mal einen verirrten Kurs, in dem es tatsächlich speziell um Grundschulthemen ging (oft angeboten von lehrbeauftragten Grundschullehrkräften) ... und an diesen Kursen sah man, woran sowas meist scheiterte ... da saßen selten mal mehr als 10 Leutz drin.
De Vorlesung in linarer Algebra musste regelmäßig in einen größeren Raum verlegt werden, weil man zu klein geplant hatte (minimum 250 Teilnehmende).

Leider war es etwas schwerer, die Pflichtbereiche im Studium für Grundschullehramt ohne diese Themen abzuhaken ... denn das regelmäßige Angebot war doch sehr auf die Sekundarstufe ausgerichtet (eig. eher auf die Sek. II).
Immerhin wundere ich mich nun nicht mehr, warum ab ca. KL.4 allen deutschen Schülerinnen und Schülern der Spass an der Schule so langsam vergeht ... da geraten sie in den inhaltlichen Bereich, den ihre Lehrer im Studium durchexerziert haben. Und da greift dann auch das Problem, dass man die Probleme der Lernenden mt dem "leichteren" Stoff einfach nicht versteht.

Grundrechenarten im Studium? Das hat man gefälligst zu können ... und zwar in Erklärung und Anwendung ... wer das nicht kapiert (in der Klasse) der hat wahrscheinlich eine leichte Dyskalkulie.
Am Ende meines Mathestudiums hätte ich Probleme gehabt, das, was im Grundschulmatheunterricht geschieht, mit "Mathematik" in einen Topf zu werfen ... ich habe zwischen "Rechnen" und "Mathematik" klar unterschieden.
Die Profs waren alles erstklassige Mathematiker ... das Prädikat "gute Lehrkraft" würde ich den meisten allerdings definitiv nicht umhängen wollen.

Mein Lieblingsspruch aus meinem eigenen Matheunterricht.
"Das ist Mathematik ... zum Verstehen haben wir hier nicht die Zeit" ... und das war noch vor der Schulzeitverkürzung.
 
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Ja, den Begriff der Zahl mit Mengenlehre zu erklären, war in den 1970ern schwer angesagt (New Math). Zum Glück ist man wieder davon abgekommen, weil man gemerkt hat, dass die allermeisten Kinder zählen (mathematisch ein komplizierter Vorgang) können, fast immer bis drei oder fünf und oft sogar bis zehn. Die ersten Probleme beim Addieren gibt es mit dem Übertrag... Fünf plus sieben... au weia... Der Junginschinör sagt natürlich "C", Amadeus spielt die chromatische Tonleiter.

So... Welche Basics sind bei kindlichen Klavierschülern eher defizitär?

Bei erwachsenen Anfängern tippe ich als dominante Schwierigkeit auf starke Verkrampfungen des Bewegungsapparats, so dass es dann zu Arrhythmien kömmt...
 
Vielleicht gehörten auch sie mal zu den Kindern, die mit stressbedingten Bauchschmerzen in die Schule gehen mussten. Mit den schlechten Noten nach Hause zu gehen um dann den Eltern Rede und Antwort stehen zu müssen.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass es auch genau umgekehrt gewesen sein mag: Menschen, die als Schüler sehr gut in einem Fach waren, studieren dieses Neigungsfach, werden Lehrer, und vielleicht fehlt ihnen dann manchmal die Einsicht, dass es sehr viele Menschen gibt, die mit diesem Fach einfach nichts anfangen können. Lustigerweise denke ich da am ehesten an einzelne Mathematik-Kollegen, aber vielleicht auch nur deshalb, weil Mathematik für viele Schüler ein schweres Fach ist.
 
Ich habe manchmal den Eindruck, dass es auch genau umgekehrt gewesen sein mag: Menschen, die als Schüler sehr gut in einem Fach waren, studieren dieses Neigungsfach, werden Lehrer, und vielleicht fehlt ihnen dann manchmal die Einsicht, dass es sehr viele Menschen gibt, die mit diesem Fach einfach nichts anfangen können. Lustigerweise denke ich da am ehesten an einzelne Mathematik-Kollegen, aber vielleicht auch nur deshalb, weil Mathematik für viele Schüler ein schweres Fach ist.
Stress in der Schule kommt ja nicht zwingend nur wegen des schweren Unterrichtsstoffs auf. Zwist zwischen Schülern und Lehrern. Zwist unter den Schülern, etc...

Da habe ich mir wieder was geleistet. :005:
 
Das wohl bekannteste Beispiel ist das sogenannte "Spinnen und Käfer Problem".

Du hast eine Schachtel in die du nicht hineinsehen kannst.
Du weißt drei Dinge.
1. In der Schachtel sind "x" Spinnen und "y" Käfer (die genauen Anzahlen kennst du aber nicht)
2. insgesamt gibt es in der Schachtel "z"-Beine.
3. Ausserdem weißt du noch, dass Spinnen 8 und Käfer nur 6 Beine haben.
Mir fehlt noch die Info: Wieviele Käfer frisst eine Spinne pro Stunde?
 

Guter Einwand aber das sind natürlich alles vegane Tiere :007:
... gib mir mal dein Heft, dann bekommst du einen glitzernden Einhorn-Aufkleber.
Über sowas denken Mathematiker doch nicht nach Mensch :lol:
Vegane Tiere?

Also Tiere, die man als Veganer essen darf?

Klingt interessant! Wo finde ich eine Auflistung? *erwartungsvoll schon mit Messer und Gabel in der Hand sowie umgebundenem Lätzchen dasitz*
 
Also Katzen essen sehr gerne Eichhörnchen. Die sind quasi ein "Cordon bleu", denn recht lecker mit Haselnüssen gefüllt.
 
Und Pferde lieben Geflügel
😳
Wer mehr zum Thema "vegane Tiere" sehen möchte, kann ja mal auf Youtube "herbivores eat meat" eingeben...😆
 
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@Demian:
Schöne Replik.
Den wichtigsten Satz findet man im Grunde ganz am Ende.
Schule kann nicht der Ort sein, an dem alle sozioökonomischen und soziokulturellen Entwicklungen und Fehlentwicklungen seit der Jahrtausendwende ausgeglichen werden sollen, für die es in der Politik und der Gesellschaft anscheinend keine Lösung gibt. Dies ist nicht Kernaufgabe der Schule und überfordert die dort tätigen Lehrer in besonderem Maße.
Ein (möglicher) Kritikpunkt hat mir allerdings gefehlt.

40% der Lehramtsanwärter, die an PArcour teilnehmen, sind ungeeignet ... und gerade bei einem Schulpädaggen würde ich bei solch einem Ergebnis erwarten, eher die Lehramtsausbildung am eigenen Institut in Frage zu stellen, als ganz allgemein fast die hälfte der Lehrer für untauglich zu erklären.
Die Stichprtobe, auf die Seibert seine These bezieht, ist alles andere als repräsentativ ... und da das die Übertragbarkeit praktisch vernichtet, war diese These einfach nur ein Eigentor.
Dem Urheber könnte man mit Recht sagen:
"40% IHRER Studenten sind ungeeignet ... über den Rest können sie keine valide Aussage treffen".

Im Grunde sagt Seibert doch nur aus, dass seiner Meinung nach 40% der Lehramtsanwärter an seinem Institut durch das Studium eben NICHT zum Lehramt befähigt werden (das ist schon traurig genug).
 
Die gute Nachricht ist: Auch als erwachsener Mensch darf man noch Klavierunterricht nehmen, wenn man das Bedürfnis danach verspürt :001:
Wenn man einen Lehrer oder eine Lehrerin findet, die einen unterrichtet. Ich habe das Gefühl, viele der Unterrichtsmethoden sind sehr auf Kinder ausgelegt, und dass ich immer noch nicht richtig Klavierspielen kann, liegt auch daran, dass diese Methoden für mich nicht so geeignet sind. Und da wird es dann schwierig. Man bemüht sich, spielt jahrelang Kinderlieder, die einen zu Tode langweilen, und dann gibt man nach einigen Jahren auf, weil man einfach nicht weitergekommen ist.
 

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