Qualitätsmerkmale von Musik

Das gemeinsame Musizieren ist kein gestalterisches Merkmal von Musik (so wie etwa Polyphonie oder Polyrhythmik), sondern bezieht sich vielmehr auf die konkrete Ausübung des Musizierens.
Und wie erklärst du dir dann, dass Konzerte für ganze Orchester und einzelne Stimmen für z.B. acht und nicht nur für eine Geige geschrieben werden und das nicht nur Solo- sondern auch Chorparts für einzelne Stimmen geschrieben werden?
Natürlich ist das "gemeinsame Musizieren" ein gestalterisches Mittel (Merkmal ist irgendwie das falsches Wort, um Merkmale zu definieren).

Man muß das zugrunde legen, was für den größten Teil der Menschen "Musik" bedeutet und ausmacht - und das ist der Genuß, zuallermeist beim Hören.
Da sind wir ja wieder nicht weit von Schönheit....
Ist die Musik zu Hitchcocks Messerstecherei in der Duschkabine tatsächlich Genuss? Oder soll sie nicht viel mehr Angst und Schrecken verbreiten? Soll sie mitunter nicht genau das Gegenteil von Genuss bewirken?
 
Natürlich ist das "gemeinsame Musizieren" ein gestalterisches Mittel (Merkmal ist irgendwie das falsches Wort, um Merkmale zu definieren).
Wir müssen generell unterscheiden zwischen der Interpretation und der Komposition in der Musik. Die Interpretation liegt als klingendes, hörbares Ergebnis des Musizierens vor.

Sowohl für die Interpretation als auch für die Komposition gibt es gestalterische Mittel.

Beispiel: eine Opernarie wurde für die Opernbühne komponiert. Nun kann sie von einer guten Opernsängerin, oder von Herrn Hans Müller-Krause unter der Dusche "interpretiert" werden.

Im Falle der Interpretationen gibt es dann große qualitative Unterschiede. Die Komposition bleibt die gleiche.

Ist die Musik zu Hitchcocks Messerstecherei in der Duschkabine tatsächlich Genuss? Oder soll sie nicht viel mehr Angst und Schrecken verbreiten? Soll sie mitunter nicht genau das Gegenteil von Genuss bewirken?
Sie soll den Genuß des Filmes steigern. Die Wildecker Herzbuben wären an dieser Stelle z.B. nicht dazu geeignet.
 
Wir müssen generell unterscheiden zwischen der Interpretation und der Komposition in der Musik. Die Interpretation liegt als klingendes, hörbares Ergebnis des Musizierens vor.

Klammer auf:

Die (in unserer Kultur) in Noten vorliegende Komposition ist keine Musik. Musik entsteht erst durch Interpretation (durch den Musiker oder auch imaginär im Kopf). Sonst wäre zum Beispiel der Computer der beste Interpret, denn niemand kann die Noten so exakt umsetzen wie er. Deshalb ist auch der Musiker schaffender Künstler und nicht bloß ausführender Handwerker (wie gerade von weniger informierten Menschen bezüglich der klassischen Musik, in der ja "immer wieder dasselbe gespielt wird", gern unterstellt wird).

Klammer zu.
 
Genuss und Schönheit haben in der Kunstbetrachtung NICHTS verloren.

Ästhetik hingegen schon, "Berührung/Wirkung" ebenfalls. Kunst kann und will manchmal Ekel, Schrecken o.ä. hervorrufen, weitab von "Genuss" - die Gestaltung dieser Funktion/Botschaft kann wiederum nicht nach Schönheitsmerkmalen, sondern allenfalls nach ästhetischen Kriterien untersucht werden.
 
Die (in unserer Kultur) in Noten vorliegende Komposition ist keine Musik.
Da gebe ich Dir vollkommen recht. Musik ist aus seiner Natur heraus ein akustisches Erlebnis, bei strengem Wortgebrauch sind Partituren keine "Musik" (sondern eben Partituren). Sie müssen erst durch den Interpreten zu Musik gemacht werden (und daß jeder Interpret - ganz bewußt - der Musik seine ganz eigene Prägung gibt, ist ebenfalls ein altbekanntes Faktum. Und auch Instrument, Raum und Aufnahmetechnik beeinflussen nicht unwesentlich die Musik, die dabei entsteht).
Musik entsteht erst durch Interpretation (durch den Musiker oder auch imaginär im Kopf).
Das, was (in Deinem, oder meinem) Kopf gedanklich passiert, rechne ich nicht zu Kunst, oder zu Musik. Weil es nicht direkt durch andere Menschen erlebt und geteilt werden kann, und das ist ein wesentliches Merkmal von Kunst.
Zur Kunst gehört, daß sie auch sinnlich (optisch, akustisch, ...) von anderen Menschen wahrnehmbar ist.
Genuss und Schönheit haben in der Kunstbetrachtung NICHTS verloren.

Ästhetik hingegen schon, "Berührung/Wirkung" ebenfalls. Kunst kann und will manchmal Ekel, Schrecken o.ä. hervorrufen, weitab von "Genuss" - die Gestaltung dieser Funktion/Botschaft kann wiederum nicht nach Schönheitsmerkmalen, sondern allenfalls nach ästhetischen Kriterien untersucht werden.

Fishi, ich denke, man kann sagen, daß ein essentielles Merkmal von Kunst (und damit auch Musik als Form der Kunst) die emotionale Wirkung ist. Menschen wollen etwas schaffen, das andere Menschen bewegt, berührt.
Menschen führen sich Kunst zu Gemüte, um bewegt zu werden. Das ist ein ganz zentraler Punkt.

Und emotional bewegt zu werden, ist in diesem Fall gleichbedeutend mit Genuß. Nach diesem Genuß wird gesucht. Also dann doch: Genuß.

Bei der Schönheit wird es schwieriger. Niemand konnte bisher mathematisch oder sonstwie ergründen, warum manche Melodien Evergreens wurden, und andere ein Strohfeuerchen waren. Es kann nur daran liegen, daß die Evergreens den Menschen besser gefallen, und besser gefallen heißt für mich: die Menschen finden sie einfach schöner. Aus welchen Gründen auch immer.

Also dann doch: Schönheit als Qualitätsmerkmal in der Kunst und Musik (auch wenn Schönheit noch so schwer "faßbar" ist).
 
Ich werde müde.
 
Keine Argumente, @Peter? Dann auch nichts posten, bitte.
 

Und somit wären wir wieder beim Punkt, welchen Zweck die Musik erfüllen muss.

Mir bedeutet mein Klavierspiel so viel, weil es zweckfrei ist. Ich verdiene nicht meine Brötchen damit, kein Mensch wird mich dafür loben oder lieben, es gibt zwar ein erwünschtes Ziel, aber wenn ich es nicht erreiche ist das auch okay.

Musik insgesamt hat für mich weder was mit Zweckmässigkeit noch Genuss zu tun.
Sie gehört zu mir und meinem Leben, einfach so.

Wenn ich in meiner Arbeitspause Horowitz, Argerich u d andere leise über das phone höre, dann versinke ich für kurze Zeit im Hören. Darin einen Zweck zu sehen würde dieses Gefühl verderben. Genauso ist es beim Spielen mit meinem Klavier, ich setz mich ans Klavier, spiele ein paar Stücke, die ich im Repertoire habe, übe neue Stücke und versinke in diesem Tun.

Und wie gesagt, wenn ich bissig werde und mein Spielen auf ein unbedingtes Ziel richte ( aufstampf, am Freitag hab ich Unterricht und möchte dieses Stück unbedingt fehlerfrei Vorspielen, meinen Kl beeindrucken und Applaus kriegen, weiterkommen) lass ich es besser sein.
 
Genuss und Schönheit haben in der Kunstbetrachtung NICHTS verloren.

Aha, der ganze Kunstgenuss... perdü! :lol:

Mir ist jetzt nicht klar, was du mit KunstBETRACHTUNG meinst, die Rezeption oder die Diskussion? Für Erstere hieße, auf den "Genuss" verzichten wohl ein paar Generationen von Komponisten Unrecht zu tun. Sprich der Zweck der barocken Hofkomposition dürfte nichts anderes gewesen sein, unabhängig von Qualität.

Was Kunst generell angeht, wage ich zu behaupten: Kunst an sich hat nichts mit dem Ausdruck von Gefühlen zu tun. Sie kann Gefühle vielleicht auslösen, aber sie sind nicht wesentlich für den Kunstcharakter.

NEBENBEI Der Hörfunksender NDR Kultur, mittlerweile ein Kopie von Klassik Radio, hat den Claim "Hören und genießen". Da dreht sich mit jedes Mal der Magen um. :blöd:
 
Zur Kunst gehört, daß sie auch sinnlich (optisch, akustisch, ...) von anderen Menschen wahrnehmbar ist.

Da ist jetzt nebensächlich, und ich weiß ja nicht, was in Deinem Kopf so vorgeht. In meinem Kopf "spielt" fast ständig Musik, mal so nebenbei, mal als intensives Erlebnis. Für mich ist das sinnlich sehr präsent und deshalb auch Musik. Wie gesagt für die Diskussion hier nicht relevant. Oder?
 
(...) Für mich ist das sinnlich sehr präsent und deshalb auch Musik. Wie gesagt für die Diskussion hier nicht relevant. Oder?

Allerdings. Ist nur eine Nebenbaustelle...
Man muss nicht aber man kann. ...
Und man kann damit falsch liegen.

Ich denke schon, daß ich damit richtig liege... Die meisten Menschen wollen Musik hören - mit den Ohren. Selbst Leute, die die Partitur einer Sinfonie bis ins letzte Detail auswendig kennen, gehen in ein Konzert, um die Musik zu hören. Ganz abgesehen von den Millionen Radios auf der Welt, mit denen Musik gehört wird, den vielen tausend Konzerten jeder Art, usw.

Allerdings, ist auch nur eine Nebenbaustelle...
 
Und emotional bewegt zu werden, ist in diesem Fall gleichbedeutend mit Genuß. Nach diesem Genuß wird gesucht. Also dann doch: Genuß.
1. Es gibt Kunst, die NUR rational bewegt. Emotion ist kein Kriterium, sondern das Auslösen von emotionalen ODER rationalen Empfindungen.
2. Weshalb es niemals Genuss sein kann, hatte ich schon erklärt. Ich war kürzlich zum ersten Mal in der Götterdämmerung. Das war KEIN Genuss - aber ganz, ganz große Kunst.

Also dann doch: Schönheit als Qualitätsmerkmal in der Kunst und Musik (auch wenn Schönheit noch so schwer "faßbar" ist).
Nicht lesen können oder einfach Dickkopf??? Schönheit ist höchst subjektiv - kaum einer von uns wird klassische asiatische Musik als schön empfinden, aber kaum jemand wird deren hohe Ästhetik bezweifeln. Und auch hier nochmals die Götterdämmerung: Das war nicht schön! Das war "groß" und ästhetisch perfekt.
 
1. Mir ist jetzt nicht klar, was du mit KunstBETRACHTUNG meinst, die Rezeption oder die Diskussion? Für Erstere hieße, auf den "Genuss" verzichten wohl ein paar Generationen von Komponisten Unrecht zu tun. Sprich der Zweck der barocken Hofkomposition dürfte nichts anderes gewesen sein, unabhängig von Qualität.

2. Was Kunst generell angeht, wage ich zu behaupten: Kunst an sich hat nichts mit dem Ausdruck von Gefühlen zu tun. Sie kann Gefühle vielleicht auslösen, aber sie sind nicht wesentlich für den Kunstcharakter.

@ Drahtkommode:
ad 1. ich meinte die Diskussion (?), resp. die Bewertung und Klassifizierung als Kunst. Viele Kunst ist genussvoll zu erfahren, aber eben nicht immer.

ad 2. und daher gehören da auch die Gefühle raus - da hast Du recht. Kunst bewegt , das könnte ich stehenlassen. Sie regt die grauen Zellen an, sich mit ihr zu beschäftigen. Das kann durchaus auch Ablehnung, gar Hass sein. Aber "wahre" Kunst lässt niemals "kalt". (Ausnahme: Nichtwahrnehmung durch Stress, selektive Wahrnehmung, Tunnelblick etc.)
 

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