LMG
- Dabei seit
- 1. Jan. 1970
- Beiträge
- 3.651
- Reaktionen
- 785
Hatten jetzt wieder alle Stellung bezogen, zum Thema "Hände getrennt, oder Hände zusammen?"
Dann kommt hier noch Libermann's Manifest, für die "Cracks", man sieht es an den genannten Werken unten, die da beiläufig erwähnt werden. Und dieses Mal etwas ausführlicher, einmal Englisches Original, einmal meine Übersetzung.
Zitat: A. Libermann, Eleven Lectures on Technique of Practicing, Playing and Teaching Piano. 1974.
Fifth Lecture, p. 67:
Ergänzung Lecture 8, p. 81: Fragestunde mit Studenten.
_______________________________________
Meine Übersetzung:
ÜS S. 67:
[...]Letztes Mal wurde ich gefragt, ob es etwa wichtig wäre, eine Passage immer mit getrennten Händen zu üben. "Immer" und "Niemals" sind gefährliche Wörter, die ich zu vermeiden versuche;
Ich versuche, "niemals nie" zu sagen, und als ich jung war, da sagte ich einem Mädchen nicht, dass ich sie für immer lieben würde, sondern nur für eine lange Zeit.
Wie auch immer, Sie können die Antwort auf diese Frage bereits wissen, wenn Sie an meine generelle Formel zum Üben denken -- wir lernen, was wir üben.
Und deswegen sollten wir nichts üben, was wir nicht brauchen. Pianisten spielen mit beiden Händen, und sollten mit zei Händen üben. Sehr oft werden Sie eine Hand perfekt spielen, und dann nicht mit der anderen zusammenbringen können;
Ich würde nicht sagen, dass Sie dann all Ihre Zeit verschwendet haben, aber Sie haben eine ganze Menge verschwendet. Fangen Sie zu Beginn mit beiden Händen an, und wenn es schwierig ist, gehen Sie es langsamer an. Wählen Sie jedes langsame Tempo -- egal wie langsam ( "ohne Begrenzung" ). Aber üben Sie exakt so, wie es gespielt werden muss.
"Gleichzeitige" bzw. besser: "gleichartige"( zentralnervensystem-gesteuerte ) , "sympathische" Bewegungen arbeiten nur dann zu unserem Vorteil, wenn beide Hände dasselbe spielen; aber wenn sie voneinander Abweichendes spielen,
zum Beispiel in Chopins f-Moll-Etüde op. 25, dann könnte später die Bewegung der EINEN auf schädliche Weise die andere beeinflussen ( "infect" !! ) , wenn jede separat gelernt wird, bevor man sie beide zusammenfügt.[...]
__________________
ÜS Ergänzung, Fragestunde mit Studenten, S. 81:
Frage: Sagen Sie kategorisch: "niemals mit getrennten Händen zu üben?"
Antwort: Ich sage nichts kategorisch. Sie erinnern sich, ich sagte " ich mag die Wörter 'immer' und 'niemals' nicht." Aber im Allgemeinen bin ich gegen das Üben mit getrennten Händen, außer in den Fällen, wo "Hände getrennt" schwieriger ist, als "Hände zusammen". In solchen Fällen zieht die Linke Hand normalerweise großen Vorteil / Nutzen aus den "gleichzeitigen" , "gleichartigen" sympathischen Bewegungen mit der Rechten ( Anm. Olli: kann aber auch mal umgekehrt sein! ) ; Sie spielt (daher) auch kein besonders "ehrliches" Spiel ( "doesn't play very honestly" ).
Nur in diesem ziemlichen Ausnahmefall würde ich "Hände getrennt" üben. Nachdem Sie es eine Weile so gespielt haben, versuchen Sie es ZUSAMMEN - zwei Oktaven auseinander! ( Beispiel: Chopins 14. Prelude oder der letzte Satz von Chopins b-Moll-Sonate. )
Aber prinzipiell ist es besser, die Hände zusammenzu"halten". Wir müssen mit BEIDEN Händen spielen, und daher sollten wir mit BEIDEN Händen üben.
Natürlich ist es ganz am Anfang schwieriger, "Hände zusammen" zu spielen, und der einzige Weg, der da hilft, ist, von meinem Standpunkt gesehen, sehr langsam zu üben -- so langsam wie Sie müssen, aber nicht langsamer. [...]
_______
LG, Olli!
Nachtrag: Libermann begründet also auf Basis des Nervensystems / -Apparates. Aus meiner Sicht könnte man sich es vielleicht am ehesten etwa so vorstellen, dass, wenn wir ein Stück, in dem rechts und links Unterschiedliches geschieht ( was bei den meisten Stücken der Fall ist ) , mit "Hände getrennt" üben, selbst wenn wir nur mit einer spielen ( in Libermanns Beispiel etwa der Rechten ) , die andere quasi als "Phantomhand" mitspielt, und die ( für ihren Anwendungszweck später ja NICHT GÜLTIGEN Aktionen der Rechten - im Nervensystem verankert - trotzdem mit übernehmen will. Die "Phantomhand" wird beeinflusst, durch die einzelne Hand, die "separat" übt.
Und daraus lässt sich noch mehr ableiten: Nämlich: Je LÄNGER wir bei solchen Stücken, wo in beiden Händen VERSCHIEDENES abläuft, mit SEPARATEN HÄNDEN üben, desto SCHLECHTER ! Denn umso LÄNGER haben die Bewegungsabläufe der EINEN die chance gehabt, die "Phantomhand" im VORHINEIN zu beeinflussen!!!
=> Meine Zwischen-These: Wir üben also die meisten Stücke mit beiden Händen auch deswegen ( und wahrscheinlich zu einem entscheidenden Faktor deswegen ) , damit keine der beiden die Chance hat, die Abläufe und Aktivitäten der anderen mitaufzunehmen und sich anzueignen. Und dadurch werden unsere Hände schneller unabhängig, wenn wir ab Beginn mit "Hände zusammen" üben. Allerdings könnte man vielleicht sagen, dass je unabhängiger sie später GEWORDEN sind, desto schwieriger es wird, eine "Phantomhand" durch SEPARATES Üben der anderen, vorzubereiten.. . So weit ging allerdings nicht mal Libermann, und da könnte man also mal forschen, wie schwierig Pianisten mit sehr unabhängigen Händen den o.g. Finalsatz der b-Moll-Sonate Chopins bei dem ersten Kontakt damit fanden, bzw. wie schwierig oder leicht sie es einschätzen würden, wenn man ihnen VORSCHREIBEN würde: "Hands separate, fürs Finale!"
Zusätzlich wären mir noch Thematiken eingefallen, die hierzu evtl. in Beziehung stehen, wie: "Rechts- / Linkshänder" : Essen mit Messer und Gabel, Schreiben mit Rechts vs. Schreiben mit Links, oder auch mit rechts Quadrate und mit links Kreise in die Luft zu malen: Wie sieht der optimale Lernprozess da aus, wie HABEN wir gelernt, und wie bekommen wir Hände UNABHÄNGIG - und: sind sie wirklich unabhängig?
Zwischen-These Ende.
Bei Stücken, wo es also gleichartige Bewegungen und Aktionen der Hände gibt, HILFT es hingegen, wenn eine Phantomhand OHNE sich anstrengen zu müssen, die Bewegungen der SPIELENDEN Hand im Vorfeld bereits übers Nervensystem aufnehmen kann. Dann wirds hinterher leichter, wenn die eine die andere "mitzieht".
Ferner lässt sich noch erahnen, dass Libermann ( das zeigt sich in mehreren Lectures ) , sich mit Dingen wie "rechter und linker Gehirnhälfte", Sympathikus, Zentralnervensystem usw. EINGEHEND auseinandergesetzt hat. )
LG, Olli.
Dann kommt hier noch Libermann's Manifest, für die "Cracks", man sieht es an den genannten Werken unten, die da beiläufig erwähnt werden. Und dieses Mal etwas ausführlicher, einmal Englisches Original, einmal meine Übersetzung.
Zitat: A. Libermann, Eleven Lectures on Technique of Practicing, Playing and Teaching Piano. 1974.
Fifth Lecture, p. 67:
[...] I was asked last time if it were of any value ever to practice hands separately. "Ever" and "never" are dangerous words which I try to avoid; I try never to say never, and when I was young I didn't tell a girl I would love her forever, only for a long time. ( Anm. Olli: )
However, you can know my answer to this question if you think of my general formula for practicing -- we learn what we are practicing. And because of that we shouldn't practice what we don't need. Pianists play with two hands, and should practice with two hands.
Very often you will play perfectly one hand and the cannot put it with the other; I wouldn't say you have wasted all your time, but you have wasted a great deal.
Start from the beginning with both hands, and if it's difficult take it slower.
Take any slow tempo -- no limits. But practice exactly as it is to be played. Sympathetic movements work to our advantage only when both hands are playing the same thing; but when they are different, for instance in the f minor Etude of Chopin ( Opus 25 ), the movement of one may later harmfully infect the other if each is learned separately before putting them together.[...]
Ergänzung Lecture 8, p. 81: Fragestunde mit Studenten.
Question: Do you say categorically never to practice hands separately ?
Answer: I don't say categorically anything. You remember I said I don't like the words "always" and "never". But in general, I am against practicing with hands separate, except in the cases where hands separate is more difficult than hands together.
In such cases the left hand usually takes great advantage of the sympathetic movements with the right one; ( Anm. Olli: Kann aber m.E. auch mal umgekehrt sein! ) it also doesn't play very honestly. Only in this particular case woul I practice hands separately. After you play it a while this way, try it together two octaves apart. ( Example: Chopin's 14th prelude or the last movement of Chopin's B flat minor Sonata. )
But in principle it is better to keep the hands together. We need to play with both hands and because of that we should practice with both. Of course it's harder to play hands together from the very beginning, and the only way to help this, from my standpoint, is to practice very slowly -- as slowly as you need to, but no slower.
_______________________________________
Meine Übersetzung:
ÜS S. 67:
[...]Letztes Mal wurde ich gefragt, ob es etwa wichtig wäre, eine Passage immer mit getrennten Händen zu üben. "Immer" und "Niemals" sind gefährliche Wörter, die ich zu vermeiden versuche;
Ich versuche, "niemals nie" zu sagen, und als ich jung war, da sagte ich einem Mädchen nicht, dass ich sie für immer lieben würde, sondern nur für eine lange Zeit.
Wie auch immer, Sie können die Antwort auf diese Frage bereits wissen, wenn Sie an meine generelle Formel zum Üben denken -- wir lernen, was wir üben.
Und deswegen sollten wir nichts üben, was wir nicht brauchen. Pianisten spielen mit beiden Händen, und sollten mit zei Händen üben. Sehr oft werden Sie eine Hand perfekt spielen, und dann nicht mit der anderen zusammenbringen können;
Ich würde nicht sagen, dass Sie dann all Ihre Zeit verschwendet haben, aber Sie haben eine ganze Menge verschwendet. Fangen Sie zu Beginn mit beiden Händen an, und wenn es schwierig ist, gehen Sie es langsamer an. Wählen Sie jedes langsame Tempo -- egal wie langsam ( "ohne Begrenzung" ). Aber üben Sie exakt so, wie es gespielt werden muss.
"Gleichzeitige" bzw. besser: "gleichartige"( zentralnervensystem-gesteuerte ) , "sympathische" Bewegungen arbeiten nur dann zu unserem Vorteil, wenn beide Hände dasselbe spielen; aber wenn sie voneinander Abweichendes spielen,
zum Beispiel in Chopins f-Moll-Etüde op. 25, dann könnte später die Bewegung der EINEN auf schädliche Weise die andere beeinflussen ( "infect" !! ) , wenn jede separat gelernt wird, bevor man sie beide zusammenfügt.[...]
__________________
ÜS Ergänzung, Fragestunde mit Studenten, S. 81:
Frage: Sagen Sie kategorisch: "niemals mit getrennten Händen zu üben?"
Antwort: Ich sage nichts kategorisch. Sie erinnern sich, ich sagte " ich mag die Wörter 'immer' und 'niemals' nicht." Aber im Allgemeinen bin ich gegen das Üben mit getrennten Händen, außer in den Fällen, wo "Hände getrennt" schwieriger ist, als "Hände zusammen". In solchen Fällen zieht die Linke Hand normalerweise großen Vorteil / Nutzen aus den "gleichzeitigen" , "gleichartigen" sympathischen Bewegungen mit der Rechten ( Anm. Olli: kann aber auch mal umgekehrt sein! ) ; Sie spielt (daher) auch kein besonders "ehrliches" Spiel ( "doesn't play very honestly" ).
Nur in diesem ziemlichen Ausnahmefall würde ich "Hände getrennt" üben. Nachdem Sie es eine Weile so gespielt haben, versuchen Sie es ZUSAMMEN - zwei Oktaven auseinander! ( Beispiel: Chopins 14. Prelude oder der letzte Satz von Chopins b-Moll-Sonate. )
Aber prinzipiell ist es besser, die Hände zusammenzu"halten". Wir müssen mit BEIDEN Händen spielen, und daher sollten wir mit BEIDEN Händen üben.
Natürlich ist es ganz am Anfang schwieriger, "Hände zusammen" zu spielen, und der einzige Weg, der da hilft, ist, von meinem Standpunkt gesehen, sehr langsam zu üben -- so langsam wie Sie müssen, aber nicht langsamer. [...]
_______
LG, Olli!
Nachtrag: Libermann begründet also auf Basis des Nervensystems / -Apparates. Aus meiner Sicht könnte man sich es vielleicht am ehesten etwa so vorstellen, dass, wenn wir ein Stück, in dem rechts und links Unterschiedliches geschieht ( was bei den meisten Stücken der Fall ist ) , mit "Hände getrennt" üben, selbst wenn wir nur mit einer spielen ( in Libermanns Beispiel etwa der Rechten ) , die andere quasi als "Phantomhand" mitspielt, und die ( für ihren Anwendungszweck später ja NICHT GÜLTIGEN Aktionen der Rechten - im Nervensystem verankert - trotzdem mit übernehmen will. Die "Phantomhand" wird beeinflusst, durch die einzelne Hand, die "separat" übt.
Und daraus lässt sich noch mehr ableiten: Nämlich: Je LÄNGER wir bei solchen Stücken, wo in beiden Händen VERSCHIEDENES abläuft, mit SEPARATEN HÄNDEN üben, desto SCHLECHTER ! Denn umso LÄNGER haben die Bewegungsabläufe der EINEN die chance gehabt, die "Phantomhand" im VORHINEIN zu beeinflussen!!!
=> Meine Zwischen-These: Wir üben also die meisten Stücke mit beiden Händen auch deswegen ( und wahrscheinlich zu einem entscheidenden Faktor deswegen ) , damit keine der beiden die Chance hat, die Abläufe und Aktivitäten der anderen mitaufzunehmen und sich anzueignen. Und dadurch werden unsere Hände schneller unabhängig, wenn wir ab Beginn mit "Hände zusammen" üben. Allerdings könnte man vielleicht sagen, dass je unabhängiger sie später GEWORDEN sind, desto schwieriger es wird, eine "Phantomhand" durch SEPARATES Üben der anderen, vorzubereiten.. . So weit ging allerdings nicht mal Libermann, und da könnte man also mal forschen, wie schwierig Pianisten mit sehr unabhängigen Händen den o.g. Finalsatz der b-Moll-Sonate Chopins bei dem ersten Kontakt damit fanden, bzw. wie schwierig oder leicht sie es einschätzen würden, wenn man ihnen VORSCHREIBEN würde: "Hands separate, fürs Finale!"
Zusätzlich wären mir noch Thematiken eingefallen, die hierzu evtl. in Beziehung stehen, wie: "Rechts- / Linkshänder" : Essen mit Messer und Gabel, Schreiben mit Rechts vs. Schreiben mit Links, oder auch mit rechts Quadrate und mit links Kreise in die Luft zu malen: Wie sieht der optimale Lernprozess da aus, wie HABEN wir gelernt, und wie bekommen wir Hände UNABHÄNGIG - und: sind sie wirklich unabhängig?
Zwischen-These Ende.
Bei Stücken, wo es also gleichartige Bewegungen und Aktionen der Hände gibt, HILFT es hingegen, wenn eine Phantomhand OHNE sich anstrengen zu müssen, die Bewegungen der SPIELENDEN Hand im Vorfeld bereits übers Nervensystem aufnehmen kann. Dann wirds hinterher leichter, wenn die eine die andere "mitzieht".
Ferner lässt sich noch erahnen, dass Libermann ( das zeigt sich in mehreren Lectures ) , sich mit Dingen wie "rechter und linker Gehirnhälfte", Sympathikus, Zentralnervensystem usw. EINGEHEND auseinandergesetzt hat. )
LG, Olli.
Zuletzt bearbeitet: