Musiktheorie im Klavierunterricht

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Viva la musica

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18. Juli 2020
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Ich versuche ja schon seit einiger Zeit, in Sachen Musiktheorie selbständig das aufzuholen, was ich in der Schulzeit im Musikunterricht nie verstanden habe. Und was in meinem Instrumentalunterricht irgendwie immer nur eine Nebenrolle spielt und dort über bisher alle meine Lehrer hinweg immer nur unsystematisch und häppchenweise unzusammenhängend vermittelt wird.

Jetzt habe ich meine KL deswegen extra einmal um eine Stunde Musiktheorie gebeten. Nun ja, ich versuche immer noch, das Durcheinander aus der Lawine einzelner Wissensbrocken und dem wilden analytischen Ritt durch diverse Stücke, die in dieser Stunde über mich hereingebrochen sind, in meinem Kopf zu entwirren...

Mein Eindruck ist, dass meine Instrumentallehrer (und zwar alle, die ich bisher hatte), kein wirkliches Konzept haben, wie man didaktisch sinnvoll und allmählich aufeinander aufbauend Musiktheorie in den Unterricht integriert. Es wird immer wieder mal hier und da ein Brocken reingeworfen, aber da das keine Systematik hat, nicht eingeführt, nicht vertieft wird, bleibt das immer unzusammenhängend.

Ich würde gern wissen, wie ihr das als Lehrer macht oder wie eure Lehrer das machen.

Ich ziele da nicht auf Literaturtipps ab, da habe ich schon vieles. Auch auf hilfreichen Webseiten bin ich immer wieder unterwegs.

Meine Erfahrung damit ist, dass es vor allem Anleitung braucht, um das auch auf Stücke zu übertragen. Meine Frage ist, wie ihr die Musiktheorie im Unterricht in die Praxis bringt.
 
Wenn ich mich hier kurz einklinken darf, hier ein paar Beispiele (teilweise allerdings schon etwas anspruchsvoller):

1. Unterteile das Stück in einzelne Phrasen. Untersuche, welche Intervalle zwischen dem ersten und zweiten Ton liegen. Achte auch auf Auftakte.

2. Bestimme die Tonart des Stücks bzw. Abschnitts und suche alle Toniken, dann alle Dominanten und schließlich alle Subdominanten, ggf. auch andere Funktionen.

3. Bestimme die Tonart des Stücks bzw. des Abschnitts. Spiele eine Kadenz (wahlweise auch eine tonale Quintfallsequenz) in dieser Tonart.

4. Nimm dir einen überschaubaren Abschnitt vor und bestimme die Tonart. Suche dir eine Stelle, an der eine Phrase endet und denke dir bei gleicher Spielfigur eine Folge der Phrase mit Dominante und Tonika aus. Erweitere dies bei entsprechenden Fertigkeiten um weitere Funktionen bzw. Stufen der Tonart.

5. Gibt es kleine Stellen, die du aus dem Stück auskoppeln und als Sequenz über mehrere Stufen in der jeweiligen Tonart weiterführen kannst?
Solche GENIALEN Tipps zum Beispiel. :idee:

Was macht ihr da im Unterricht?
 
Mein Eindruck ist, dass meine Instrumentallehrer (und zwar alle, die ich bisher hatte), kein wirkliches Konzept haben, wie man didaktisch sinnvoll und allmählich aufeinander aufbauend Musiktheorie in den Unterricht integriert. Es wird immer wieder mal hier und da ein Brocken reingeworfen, aber da das keine Systematik hat, nicht eingeführt, nicht vertieft wird, bleibt das immer unzusammenhängend.

Mein Lehrer macht recht viel Musiktheorie. Ich habe aber auch dieses Gefühl.

Ich vermute folgende Gründe:

a) Ich darf mir meist Stücke wünschen, und die suche ich danach aus, was mir gefällt und was ich spielen kann. Und deshalb bauen die Musiktheorie-Lektionen auch nicht so schön aufeinander auf, wie ich mir das wünschen würde. Wir arbeiten halt damit, was da ist.

b) Im Grunde sind das auch oft nur so 10-Minuten-Häppchen. Wenn man noch das geübte Stück vorspielen will, und die aufgetretenen Probleme besprechen will und dann nicht die ganze Stunde in Musiktheorie investieren will, bleibt auch nicht viel mehr Zeit in einer 45-Minuten-Stunde. Das ist schon etwas zu kurz.

c) Unser Mathe-Prof sagte mal so schön "Wie das geschulte Auge sofort erkennen kann"
Und ich fürchte, auch in der Musik dauert es einfach, bis man die Strukturen sieht.
Ich habe wirklich ewig gebraucht, bis ich das erste Mal selbst eine Sekundärdominante gesehen habe. Schon allein, bis man Dominante und Subdominante spontan weiß (und nicht abzählen muss), wenn es gerade nicht C-Dur ist, dauert.

d) Im Unterricht bestimmen wir immer die Tonart. Den Rest mache ich dann öfter mal zu Hause, wenn ich ein neues Stück bekomme. Was ist die Dominante, was ist die Sekundärdominante? Wo haben wir Vorzeichenwechsel, was passiert da?
 
Zuletzt bearbeitet:
In meinem Klavierunterricht wird Musiktheorie meist auch nur am Rande angesprochen. Ich bestimme bei jedem neuen Stück (zu Hause!) die Tonart und die Harmonien, ordne Funktionen zu (soweit ich sie verstanden hab :-)), schaue nach Modulationen der Tonart innerhalb des Stückes etc. Das sind aber alles Dinge, die ich mir eigenständig angeeignet hab, da ich ja schon vor meinem Klavierunterricht einige Zeit versucht habe autodidaktisch Klavierspielen zu lernen. Im Unterricht sprechen wir meist nur kurz darüber, außer mein KL sieht, dass ich mir da vollkommenen Blödsinn zusammengereimt haben. Manchmal wirft er mir auch ein paar Brocken hin, so nach dem Motto "das ist ein Neapolitaner" oder "dieser Akkord ist eine Subdominante mit sixte ajoutée". Was ich dann im Weiteren daraus mache, überlässt er mir, d.h. ich könnte auch einfach nicken und das Ganze gepflegt wieder vergessen, nach dem Motto "brauch ich nicht"; er würde das nicht weiter thematisieren. Aber da ich Dinge, die ich nicht kenne, immer irgendwie nachvollziehen und verstehen muss, informier ich mich entsprechend zu Hause (Ziegenrücker, Internet) und versuche das Ganze auch direkt anzuwenden. Z.B. hab ich mir angewöhnt, zu jedem Stück die entsprechende Tonleiter (über 2 Oktaven parallel) zu üben sowie die passende Kadenz. Bei Moll-Tonarten baue ich da z.B. jetzt statt der "normalen" Subdominante auf Anraten meines KL einen Neapolitaner ein. Und sowas spiel ich halt am Anfang des Klavierunterrichts, so dass mein KL mir im Zweifelsfall sagen/zeigen kann, wenn ich mir was Falsches überlegt habe.
Ich hab bei meinem KL den Eindruck, dass er eher auf Eigeninitiative von mir wartet, dass ich also mein Interesse an derlei Dingen zeige. Und dann ist es für mich auch jedes Mal ein Quell an neuem Input. Wichtig ist mMn, dass man die Musik"theorie" auch gleich irgendwie anwenden kann, z.B. um das Stück besser zu verstehen. Da hilft mir mein KL schon sehr! Ein echtes Konzept, eine didaktisch und methodisch fundierte Reihenfolge kann ich jetzt nicht erkennen, ist aber vielleicht auch nicht so wichtig? Die Anbindung an das jeweilige Stück ist mir persönlich wichtiger als Musiktheorie "im luftleeren Raum".
Wie bei meinem KL die Einbindung von Musiktheorie in den Unterricht mit Kindern stattfindet, kann ich natürlich nicht sagen, vielleicht läuft das Ganze da strukturierter/nach einem Lehrplan ab. Für mich passt es jedenfalls so.
 
Zuletzt bearbeitet:

Das ist doch genau das, was man in der Schule lernt.

Wenn man ein Stück, z.B. für eine Klausur, analysiert, geht es erstmal los mit den drei "T":
  1. Tonart (Vorzeichen, Blick auf Schlussakkord), Taktart, Tempo
  2. Dann hört man sich das an, um die Gliederung der Abschnitte zu erfassen und in den Noten zu markieren. Dabei gleichzeitig den Charakter und den allgemeinen Höreindruck des Stücks erfassen. (Charakter war bei Klausuren immer ein wichtiger Punkt.)
  3. Mit dem Gehörten und den Notizen über die Gliederung sollte man etwas über die (Werk)Form sagen können (Fuge, Sonatenhauptsatz, irgendwelche Liedformen etc.)
  4. Dann lohnt es sich, nochmal reinzuhören, um melodisch, harmonisch, rhythmisch oder satztechnisch interessante Stellen zu finden, die sich zu analysieren lohnen.
  5. Und dann geht der Teil los, der meistens mit "Musiktheorie" gemeint ist, aber nur einen kleinen Teil ausmacht. Die harmonische Analyse.
  6. Dabei aber andere Phänomene (besonders Rhythmik) nicht unter den Tisch fallen lassen (Verwendung von Synkopen, durchbrochene Arbeit, Kontrapunkt oder nicht, identifizieren von Themen und Motiven; Sequenzen, Krebse etc., wie sind bestimmte Aussagen/Emotionen vertont (besonders bei Liedern))
 
Für mich als Lehrkraft ist es wichtig, den Schülerlein zu vermitteln, welche Baustoffe in der Musik verwendet werden. So sind Tonleitern unabdingbar zum Erfühlen des Kontextes zwischen Melodie und Harmonie. Tonleitern sind immer melodisch (wenn ich Studies sage: Spiel mal die Tonleiter in F-dur, dann reagieren sie oft mit unbotmässiger Geschwindigkeit. Dann hole ich zurück und sage: Spiele langsam, mit schönem kantablen Ton und spüre, wie sich diese Tonart anfühlt).
Dann gehört die einfache Kadenz zum harmonischen Erfühlen des Stückes.
In 99 % aller Fälle werden Kadenzen einfach erlernt abgespult, was mir auch überhaupt nicht passt. Warum spielt man eine einfache I IV V I Kadenz in genau der Weise? Quintverwandt? Gleiche Töne? Häh?
Theorie wird in der Praxis oft zu unreflektiert eingesetzt, weshalb man sie auch so schnell wieder vergisst.
Für mich gehört das Vermitteln der Rohstoffe zum Unterricht dazu. Aber es dient niemals dem Selbstzweck.
 
Was für eine Schule? Ich hatte nie eine Klausur in Musik.
Außerdem sollte/darf ein KL ja nicht automatisch davon ausgehen, dass man Musiktheorie eigentlich schon aus der Schule kennen sollte. Meine Schulzeit liegt z.B. schon "etwas" zurück, und selbst wenn ich dort irgendetwas zum Thema Musiktheorie gelernt hätte, könnte ich mich jetzt (nach mehr als drei Jahrzehnten ohne Anwendungsbezug) nicht mehr an Details erinnern. Wie sagt man so schön: Use it or lose it.
 
Haben die Klavierlehrer wirklich keine Lust, Musiktheorie zu vermitteln? Ich habe die Frage mal meinem Lehrer gestellt und bekam zur Antwort: Wenn es mit dem Notenlesen hapert, wenn man Intervalle weder erkennt noch benennen, geschweige denn hören kann, wenn es Stunden braucht, bis ein Schüler die Umkehrung eines verminderten Septakkords erkennt, wenn der Schüler weder Tonleitern noch die Struktur des Quintenzirkels beherrscht - wie tief kann man da noch in die Musiktheorie einsteigen?

Diese fundamentalen Dinge muß man trainieren. Das ist harte Arbeit, und ich gebe zu, daß ich als Schülerlein auch nicht immer Lust dazu hatte (und ich mich auch heute manchmal dazu zwingen muß). Mein jetziger Lehrer hat zu Beginn des Unterrichts ganz klar die Direktive vorgegeben: „Ich erkläre, du fragst, was nicht verstanden ist, der Rest ist Training.“ Also Tonleitern üben nicht um der Läufigkeit willen, sondern um den Tonvorrat souverän zu beherrschen und zu benennen (d.h. nicht eine Woche lang eine Tonleiter, sondern jeden Tag mindestens eine andere), Clementi-Sonatinen oder Bach-Inventionen aus dem Stand ein Terz oder Quart höher transponieren (schult Gehirn und Gehör), Melodien mit Harmonien unterlegen und begründen, welche Akkordverbindung einem besser gefällt. Das hat nicht immer Spaß gemacht, hat mich aber weiter gebracht.

@Carnina hat letztens ein Buch empfohlen, das sich lohnt zu lesen, auch wenn es auf den ersten Blick etwas old-fashioned anmutet: Otto Friedrich Bollnow (1903-1991): Vom Geist des Übens. Eine Rückbesinnung auf elementare didaktische Erfahrungen. Mehrere Auflagen und Verlage, leider nur noch antiquarisch erhältlich.
 
Was für eine Schule? Ich hatte nie eine Klausur in Musik.

Ein ganz normales Gymnasium. Allerdings mit einer sehr engagierten Musiklehrerin und einem ebensolchen stellvertretenden Schulleiter.

Im Musikunterricht wurden bei uns immer Klausuren geschrieben.

Später im Leistungskurs und zur Abiturprüfung sowieso.

Reicht woanders Singen und Klatschen um eine Note zu bekommen?
 
Reicht woanders Singen und Klatschen um eine Note zu bekommen?
Einige Bildungspläne für Musik sehen keine Klassenarbeiten mehr vor, sondern gleichwertige Klausurersatzleistungen. Das kann z.B. ein selbst geschriebener Song sein. (Finde ich gut.)

Und in manch einem Bildungsplan ist die Vermittlung der Notenschrift nicht mehr verbindlich vorgesehen. (Finde ich nicht gut.) Ich weiß, dass darüber an den Musikhochschulen zurzeit erbitterte Debatten geführt weren.

Schon mehrmals habe ich geschrieben, dass die Theorie der Praxis dienen muss, was zum Glück mittlerweile weit verbreiteter Konsens ist. Wie sagte es einer meiner Professoren so schön? "Es ist falsch, in der achten Klasse den Trugschluss als theoretisches Phänomen zu unterrichten, um ihn dann erst in der Oberstufe in einen werkorientierten Kontext einzubetten".

Und ein Musikunterricht, der nur Theorie und Analyse ohne praktische Anbindung beinhaltet (wie es z.T. an manchen "altehrwürdigen" Gymnasien noch immer geschieht), ist wie ein Sportunterricht, in dem nur Aufnahmen historischer Sportereignisse gezeigt und analysiert werden.
 

Ein guter Instrumentallehrer muss nicht automatisch ein guter Lehrer in Musiktheorie sein. Die beiden Fächer unterscheiden sich stark voneinander. Nur weil ein Lehrer Musiktheorie kann, kann er sie noch nicht unbedingt vermitteln.
Wenn der Schüler schon musiktheoretisch vorgebildet ist, kann man gut immer wieder auf einzelne theoretischen Besonderheiten in den Stücken hinweisen, die gerade erarbeitet werden.
Ansonsten ist es ideal, wenn sich der Instrumentalschüler einen Lehrer für Musiktheorie sucht oder den Gruppenunterricht an einer Musikschule besucht.
Das System, wie es in Russland (war), dass sich zum Instrumentalunterricht immer wöchentlicher Gruppenunterricht in Musiktheorie und Gehörbildung (Solmisation) gesellten, lässt einen Zusammenhänge besser verstehen. Denn Musiktheorie braucht Zeit und kann mMn nicht so nebenbei in einer 45-minütigen Klavierstunde zufriedenstellend unterrichtet werden.
 
Ein guter Instrumentallehrer muss nicht automatisch ein guter Lehrer in Musiktheorie sein. Die beiden Fächer unterscheiden sich stark voneinander.
Eben nicht. Sie gehören zusammen. Und deshalb muss man es auch zusammen vermitteln (Die Frage ist nur, in welche Tiefen man vordringt).
Es kann es sehr sinnvoll sein, ein Extrafach Harmonielehre zu belegen, um das Wissen zu vertiefen.
Ich hatte als Kind mal Orgelunterricht. Mein sehr motivierter junger Orgellehrer hat immer die erste Viertelstunde der Harmonielehre gewidmet. Das ging so richtig nach Buch mit schriftlichen Aufgaben. Fand ich super.
 
Das ist doch genau das, was man in der Schule lernt.

Wenn man ein Stück, z.B. für eine Klausur, analysiert, geht es erstmal los mit den drei "T":
  1. Tonart (Vorzeichen, Blick auf Schlussakkord), Taktart, Tempo
  2. Dann hört man sich das an, um die Gliederung der Abschnitte zu erfassen und in den Noten zu markieren. Dabei gleichzeitig den Charakter und den allgemeinen Höreindruck des Stücks erfassen. (Charakter war bei Klausuren immer ein wichtiger Punkt.)
  3. Mit dem Gehörten und den Notizen über die Gliederung sollte man etwas über die (Werk)Form sagen können (Fuge, Sonatenhauptsatz, irgendwelche Liedformen etc.)
  4. Dann lohnt es sich, nochmal reinzuhören, um melodisch, harmonisch, rhythmisch oder satztechnisch interessante Stellen zu finden, die sich zu analysieren lohnen.
  5. Und dann geht der Teil los, der meistens mit "Musiktheorie" gemeint ist, aber nur einen kleinen Teil ausmacht. Die harmonische Analyse.
  6. Dabei aber andere Phänomene (besonders Rhythmik) nicht unter den Tisch fallen lassen (Verwendung von Synkopen, durchbrochene Arbeit, Kontrapunkt oder nicht, identifizieren von Themen und Motiven; Sequenzen, Krebse etc., wie sind bestimmte Aussagen/Emotionen vertont (besonders bei Liedern))
Schön für dich, wenn du so etwas in der Schule hattest, dass ist aber nun mal nicht für alle selbstverständlich.

Ich hatte insgesamt 4 Jahre Musikunterricht in der Grundschule. 3,5 Jahre davon bestanden ausschließlich aus Singen. Für ein halbes Jahr hatten wir mal einen anderen Lehrer, der zumindest mal eine Note an die Tafel geschrieben hatte, wenn er nicht ansonsten Kreide oder sein Schlüsselbund durch die Klasse warf. Danach gab es in meiner ganzen Schullaufbahn bis zum Abitur nie wieder Musikunterricht.

Glücklich diejenigen, die einen ordentlichen Musikunterricht hatten.

Ich kann dafür mit ausgiebigem Kunst- (von 1.-13.), Kunstgeschichts- (in der Oberstufe), Handarbeits- und Werkunterricht (1.-10.) glänzen.
 
Liebe Viva la musica,

"Musiktheorie" ist doch nur die Benennung von etwas Gehörtem. Es ist sinnvoll, etwas Gehörtes, einen Klang, eine musikalische Struktur u.ä. mit einem Begriff zu beschreiben, so dass wir darüber reden und reflektieren können.

Bereits in der ersten Stunde kommen SchülerInnen mit der C-Dur-Tonleiter in Kontakt, die sie singen, mit Gesten begleiten und spielen. Dabei kommen sie gleich mit dem Begriff des Leittons in Kontakt (welcher Tonleiterton ist der spannendste, was meinst du? ...). Sie lernen Tonschritte und Tonsprünge, lernen Lieder, die sie kennen, nach Gehör zu spielen und mit Quinten zu begleiten. Da Lehrer und Schüler im Unterricht über diese Dinge sprechen, benötigen sie die Begriffe.

Das Gehörte wird aufgeschrieben, die Verbindung vom Klingenden zur Notenschrift wird gelegt. Wie sehen Tonschritte, wie sehen Tonsprünge aus? Hm, es gibt ja ganz schön unterschiedliche Abstände beim Spielen, Hören und Schreiben. Diese Abstände heißen Intervalle. Tonschritte heißen Sekunden, Tonsprünge (ein Ton übersprungen) heißen Terzen. Und dann gibt es noch .... .

Es gibt außerdem Konsonanzen (Eiscreme) und Dissonanzen (Chili). Wo finde ich denn im Notentext eines Stücks, das ich lernen möchte, eine Quarte? Wie klingt sie denn? Singen und transponieren kann ich sie auch, hurra.

Vom Großen zum Kleinen je nach Alter des Schülers wird dieser lernen, das zu benennen, was er spielen kann. So lernt er sukzessive Musik zu verstehen.

Beim Transponieren von Tonleitern findet der Schüler heraus, dass unterschiedliche Tonarten unterschiedliche Vorzeichen haben. Damit man nicht andauernd rumprobieren muss, gibt's das Billy, erprobtes Regalsystem von Ikea, auch in der Musik. Das Ding heißt Quintenzirkel.

Dann kommen die Dreiklänge, es gibt Dur, moll, vermindert, übermäßig. Dann hört der Schüler plötzlich Dissonanzen, bei denen sich Töne in verschiedene Richtungen auflösen wollen. Nanu, das probiere ich jetzt aber auch mal auf dem Klavier aus! Und ... und ... und .... .

Es ist aus meiner Sicht gar nicht möglich, Unterricht zu geben ohne solche Begriffe zu benutzen. Allerdings wird IMMER erst gehört und dann benannt. Dies wird auch in der Klaviermethodik verlangt. Erlebnis vor Begriff heißt es, M. Varro postuliert, dass ein neuer Begriff, etwas musikalisch Neues immer auditiv eingeführt werden muss.

Dann verbindet sich die Praxis mit der angeblichen Theorie und der Schüler merkt gar nicht, dass er gerade "Theorie" lernt. Es ist ja auch relativ unpraktisch, im Biologie-Unterricht immer wieder von dem großen braunen Ding zu reden mit den ausladenden Strichen und kleinen weiteren Dingern daran anstatt von einem Baum. :004:

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich habe es schon mehrfach hier geschrieben:

Musiktheorie "auf Vorrat" durchzunehmen, nur weil das irgendwie "dazugehört", ist genauso Blödsinn wie Tonleitern "auf Vorrat" durchzunehmen, nur weil das den Eindruck vermittelt, dass "hier echt gearbeitet wird" ("Zum nächsten Mal bitte Nr. 123 und Nr. 124 aus dem Heft üben sowie folgende Tonleitern über 2 Oktaven in Sechzehnteln in Geschwindigkeit XY...").

Deshalb ist es ja auch Schwachsinn, beispielsweise in der studienvorbereitenden Ausbildung irgendwelche Tonsatzaufgaben nur schriftlich zu lösen nach Vorgabe der Regeln. NUR das permanente Spielen von Tonsätzen und das Erleben der verschiedenen Strebetendenzen, Kon- und Dissonanzen, Voicingklänge usw. führt dazu, dass man da eine nennenswerte Kompetenz erwirbt. (Und für die typischen klassischen Tonsatzaufgaben muss man überdies oft Musik aus der Barock- und Klassik-Epoche hören, um überhaupt ein Ohr dafür zu bekommen, was "reinpasst" und was nicht.) Ja, das benötigt Zeit und aufmerksame Hingabe.
Alles andere ist nichts anderes als Pipifax, den man unternimmt, damit man nicht Gefahr läuft, wegen zu schlechter Theorieprüfung die Aufnahmeprüfung nicht zu bestehen.
 
Das ist doch genau das, was man in der Schule lernt
Cool, wenn du das in der Schule gelernt hast! Bei mir kam das alles NIE vor! Ich erinnere mich an EINE Ex zum Dominantseptakkord in der 6. Klasse, die ich versiebt habe, weil ich überhaupt nichts verstanden habe. Danach war Musiktheorie nie mehr Thema. Wir hatten auch nur jedes zweite Jahr Musik, dazwischen Kunst.
 

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