Hallo Deva, du schreibst: "Die zeitlichen Verzögerungen, die ihr hört, sind zB. typisch (!) für mich, wenn ich Leuten vorspielen muss, weil ich aus Angst, die Tasten nicht sicher (und richtig) zu treffen, im Kopf doppelt „nachkontrollieren“ muss und somit ins Stocken komme." Da gibst du dir eigentlich schon selbst eine wichtige Antwort: Das total, auch mental, kontrollierte Spiel ist selbstverständlich beim Einstudieren (im langsamen Tempo, und nur dann) unerlässlich.
Aber ich verrate Dir etwas aus Hirnforschung und Psychologie: Das Denken ist für das Musizieren viel zu langsam- überspitzt formuliert. Also: wenn Du nervös bist, weil Dir Leute zuhören, katapultierst Du unbewußt gewordene Prozesse und Bewegungsabläufe in das Bewußtsein ("Denken") und schon passiert es: Bums-Fehler, noch einer, noch einer. Dann denkt man amBesten noch über den Fehler von vor 3 Takten nach, und Zack-nächster Fehler. (War natürlich ironisch gemeint).
Sich erinnerst du dich an erste Fahrstunden: solange man über die Technik des Autos, Kuppeln, Schalten, Blinken, Winken, nachdachte, war es sehr schwierig und verlangsamend, sich im Schilderwald auch noch zurecht zu finden, und gleichzeitig einen Herzinfarkt des Fahrlehrers zu verhindern...
Erst als die Bewegungsabläufe automatisiert waren, weil unbewußt, lernte man vernünftig zu fahren.
So ist es auch bei der Orgel. Wenn du nervös bist,und das ist ein großer und verbreiteter Fehler, greifst du auf gut unterbewußt gewordene Prozesse zurück und jagst sie durch das lahme Bewußtsein.
Um dem entgegenzuwirken könntest Du das einüben, was man in der Psyhologie, bzw. Psychoanalyse "gleichschwebende Aufmerksamkeit" nennt. Deine Aufmerksamkeit richtet sich ausschließlich auf deine Musik, ohne sie auch nur im Ansatz zu bewerten. Es geht ausschließlich um deine Musik, ob da Leute sind, die sie doll oder grauenvoll finden, ist deren Problem, dir ist das jetzt egal. Du nimmst nur dich selbst wahr, alle richtigen und auch auch die falschen Töne. Du bewertest nie. Du setzt dich auf deine Musik, wie auf Wellen und Wogen. Nicht Du spielst mehr, sondern "es" spielt! Und "es" regt all das unbewußt Gewordene an, weiterhin aus dem Unterbewußten zu fließen.