Übergriffe sind kein Einzelfall
Der Maßnahmenkatalog, den die FRA empfahl, um Frauen vor Gewalt zu schützen, ist längst nicht umgesetzt. Im öffentlichen Raum sind Übergriffe kein Einzelfall, sondern traurige Gewohnheit: Im vergangenen Jahr gab es auf dem Oktoberfest 20 Anzeigen wegen Sexualdelikten, darunter eine versuchte Vergewaltigung, Missbrauch von Widerstandsunfähigen, sexuelle Nötigung. Polizei und Hilfsvereine schätzen die Dunkelziffer auf bis zu 200 Sexualstraftaten jährlich - allein auf der Wiesn.
Es soll nicht darum gehen, das eine durch das andere zu relativieren. Im Gegenteil. Denn dies sind nur wenige Beispiele für Nachrichten, die nicht auf Titelseiten vermeldet wurden. Erst jetzt, da eine Tätergruppe ausgemacht werden kann, deren Frauenbild vermeintlich importiert ist, gibt es eine breite Berichterstattung und flächendeckenden Protest gegen Übergriffe. Zumal viele, die jetzt ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter fordern, sich sonst wenig für Frauenrechte interessieren.
Ein Hohn für die Opfer
Entlarvend ist hierbei, dass sich die gegenwärtige Diskussion nicht gegen sexualisierte Gewalt im Allgemeinen wendet, sondern nur gegen diese konkreten Taten in dieser Nacht, durch diese konkrete Tätergruppe. Damit Frauen in Deutschland vor sexualisierter und körperlicher Gewalt sicher sind, ist das zu wenig. Denn die Mehrheit der Sexualstraftaten wird begangen von Männern, deren Frauenbild nicht importiert ist. Welch ein Hohn für die Opfer, wenn sie vor den einen Tätern geschützt werden sollen - und vor den anderen nicht.
http://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-sexismus-101.html