Bei häuslicher Gewalt, Vergewaltigung ohne Zuschauer, Gewalt unter Freunden, ist es aber für Opfer viel schwieriger den Täter anzuzeigen, die Polizei hat viel mehr Hemmschwelle einzuschreiten, und es ist auch viel komplizierter, die Taten zu verurteilen.
Wo Du das Problem gerade so trefflich benennst: Es ist ja mal wieder etwas passiert. Die Öffentlichkeit ist aufgeschreckt. Einige Tage lang wird man noch davon reden. Es steht der Erfahrung nach ca. fifty-fifty, dass auf legislativem Weg etwas passiert.
Es muss schon lange etwas passieren, aber es tut sich nichts. Sehr (un)schön zusammengefasst hier auf tagesschau.de:
http://www.tagesschau.de/inland/sexualstrafrecht-117.html
Die Frauen-Verbände fordern seit ewigen Zeiten eine Verschärfung des Strafrechts hinsichtlich der "Sexual"delikte (ich setze das immer in Anführungszeichen, weil ich davon ausgehe, dass es bei Taten dieser Art nicht um Sexualität geht, sondern um Dominanz, Macht und Kränkung). WER sträubt sich mit aller Macht dagegen? Die gleichen Männer, die jetzt urplötzlich auf einmal auf die Barrikade stürmen, wenn solche Delikte von "Arabern" oder "Nordafrikanern" begangen werden. Honi soit qui mal y pense.
Das Argument: Es könnte ja Fehlbezichtigungen geben. Ja, kann es, nicht nur in diesem Deliktfeld. Aber es gilt "in dubio pro reo" (Im Zeifel für den [Be]Schuldig[t]en). Lies Dir mal im StGB durch, welche unklaren Bedingungen erfüllt sein müssen, um eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung zu bewirken.* Das ist haarsträubend. Und diese heikle Lage gibt es schon beim Tatbestand der
krassesten Form von "sexueller" Übergriffigkeit.
"Sexuelle" Belästigung und Übergriffigkeit in Form von Angrapschen o.ä. ist noch ungleich schwerer zu belegen und in der Tat, es wird ja augenscheinlich niemandem ein Leid angetan (aus Männersicht). Deshalb klickerten die Anzeigen von letzter Silvesternacht erst nach und nach ein, als sozusagen dazu aufgerufen wurde. Normalerweise müssen Frauen es routinemäßig hinnehmen, in Gedrängesituationen begrapscht zu werden, sobald Alkohol im Spiel ist. Normalerweise wird das nicht zur Anzeige gebracht, weil letzteres sowieso keinen Sinn hat und somit vertane Zeit ist. - Und dieser Zustand ist nicht erst jetzt eingetreten! Nicht erst an Silvester 2015 und nicht erst, seit extrem viele Flüchtlinge im Land sind. Das war noch nie besser, sondern (aufgrund zunehmender Sensibilisierung) es ist heutzutage eher weniger schlimm als früher. Wir erinnern uns: Bis 1997 gab es nicht einmal den Tatbestand der "Vergewaltigung/Nötigung in der Ehe". **
Der ganze Themenkomplex war gesetzlich schon immer höchst unzufriedenstellend geregelt, nur wird normalerweise kein Tamtam darum gemacht.
Es können Wetten abgeschlossen werden, ob es jetzt endlich zu einer Konkretisierung/Verschärfung der einschlägigen Paragraphen kommen wird. Ich würde mich freuen, wenn ich Unrecht damit habe - aber der Bundestag ist immer noch ein Männerclub.
*
http://dejure.org/gesetze/StGB/177.html
** Wer mal kotzen möchte, hier eine kleine Zusammenfassung der UNSÄGLICHEN Debatte.
http://www.grundrechte-report.de/19...eine-privatsache-vergewaltigung-in-der-ehe-1/
oder eine Diplomarbeit, die den jahrzehntelangen haarsträubenden Verlauf der Debatte sowie die Rechtslage vor 1997 analysiert, sehr spannend das Kapitel zur Gewalt:
http://www.joerg-rudolph.de/diplomarbeit/01_einleitung.htm