Es macht durchaus einen Unterschied ob in einer Firma sich 100 auf eine Stelle bewerben oder beim Klavier 7 auf ein Stelle.
(Ich schreibe zwar auf das Zitat, ist aber eigentlich auch eine Antwort auf Snitzy's Mails, und meine letzte in diesem Thread.)
Prinzipiell sehe ich schon keinen Unterschied, ob sich ein Mitarbeiter bei einer Firma bewirbt, ein Freiberufler um einen kleineren oder größeren Auftrag, oder ein Klavierlehrer um einen Schüler.
In jedem Fall geht es um den Austausch von Informationen und die Übermittlung der Botschaft, ob Person/Dienstleister X oder Y für diese Sache besonders qualifiziert ist oder nicht.
Das Prozedere variiert je nach Branche/Position, und reicht von einer einfachen Bewerbung mit ein oder mehreren Vorstellungsterminen, ggf. Assessment Center für einen potentiellen Mitarbeiter über einen einfachen Anruf und sofortige mündliche Vereinbarung zum Beispiel bei kleineren Lieferungen, über Präsentationstermine, wo zum Beispiel Werbeagenturen einen Konzeptvorschlag erarbeitet haben (wobei Konzeptvorschlag usw. kostenlos sind, vorausgesetzt wie werden nicht genutzt, aber definitiv NICHT irgendwelche sogenannte Probeleistungen), bis hin zu den umfangreichen öffentlichen Ausschreibungen und hyperdetaillierten Angeboten im Bau/Architekturbereich. Und wo es durchaus üblich ist, sich für zum Beispiel Dachreparaturen ein oder mehrere Angebote erstellen zu lassen (Angebot noch immer oft kostenlos, aber nicht immer!, aber keine kostenlose Probearbeit), wäre das absurd, sucht man zum Beispiel einen Anwalt für ein juristisches Problem.
Probeleistungen zu besonders günstigen Preisen oder auch kostenlos, angefangen von der "kostenlosen Schnupperstunde oder Schnuppermonat (z. B. Fitnessstudio), über Restaurant-coupons 2 für 1, "testen Sie unsere Zeitung zwei Wochen kostenlos" und dergleichen sind relativ jung und zielen darauf, jenseits der ganz normalen Werbe-/Bewerbevorgänge für das eigene Geschäft oder die eigene Person sich einen Wettbewerbsvorteil zu beschaffen. Wobei solche Dinge anfangs außergewöhnlich sind, und dann ggf. abdriften zu "jeder macht es, also bleibt mir nichts anderes übrig, als es auch zu machen".
Diese Schnupperangebote sind natürlich Tools der Marktwirtschaft und bauen darauf, dass es die Hemmschwelle senkt, weil man sich nicht sofort verpflichten muss, oder auch, dass das Angebot einfach überzeugt, also aus den beanspruchten Leistungen letztlich mehr Einnahmen resultieren als ohne kostenlose Angebote und es sich somit rechnet.
Gerade die kostenlosen Angebote werden aber auch gerne von einem Kreis von Menschen wahrgenommen, die überhaupt nicht beabsichtigen, mehr zu beziehen als eben diese kostenlose Leistung, die also zum Beispiel mal das eine kostenlose Zeitungsabo haben, mal das andere, aber nie wirklich abonnieren.
Was man ihnen, wenn überhaupt, nur zum Teil vorwerfen mag, denn sie haben nichts beansprucht, was ihnen nicht angeboten wurde.
Am Ende bleiben zwei Überlegungen: wer offeriert kostenlose Probeleistungen? Sicher am ehesten der Anfänger und derjenige, wo die Erträge noch ein wenig dünn sind oder derjenige, der meint er könne den Absatz seiner Produkte optimieren. Dann: was bewirkt das Angebot einer "Probestunde", welche Art von "Kunden" ziehe ich an, wenn ich das anbiete - und welche Art von "Kunden" stoße ich mit solchen Angeboten möglicherweise ab (denn die gibt es auch, nicht jeder empfindet so ein Geschäftsgebaren als positiv, auch nicht in einer Geiz-ist-Geil-Gesellschaft). Und wie wird sich der Umgang mit derart generierten Kunden gestalten, was nicht so wesentlich ist, wenn ich jeden morgen eine Zeitung einwerfen lasse, aber zum Beispiel im Falle von Einzelunterricht nicht negligeabel ist.
Wie zum Beispiel in so manch einem griechischen Restaurant die Gäste differenziert bedient werden - es ist IMMER ein Tisch frei, es gibt immer mal einen zusätzlichen Gruß aus der Küche, vorher oder nachher, Gerichte können jederzeit anders zusammengestellt werden ... Ich lese (falls zu Unrecht bitte ich vorsichtshalber um Entschuldigung) Sznitzy's Antwort, dass man als Kunde natürlich so etwas erwarten kann. Sicher, ein Kunde, der missmutig bedient wird, kommt dann auch nicht wieder. Aber das ist auch nicht der Punkt, der Punkt ist die Herstellung einer "Geschäftsbeziehung", die über Preis, Anspruch, zustehende Leistung hinausgeht. Die ein bisschen vergessen lässt, dass es durchaus eine Geschäftstransaktion ist, die zum Beispiel den Kellner im Restaurant über die zu erwartenden Einnahmen hinaus motiviert, dass er Freude daran hat, diesen Gästen alles anzubieten.
Auch ein Klavierlehrer hat vielfältige Möglichkeiten, Klavierunterricht zu gestalten. Es gibt solche (hoffentlich wenige), wo man nicht allzu viel lernt. Das ist dann sehr teuer, auch wenn die Stunde nicht viel kostet. Es gibt solche, die die Stunde sehr korrekt pünktlich beenden, wenig flexibel sind, ansonsten professionell reserviert ... Es gibt auch Lehrer, denen der Lernerfolg ihrer Schüler und auch ihre Schüler sehr am Herzen liegen und die immer wieder durch ihr großes Engagement beim Unterrichten erstaunen.
Geld, auch wenn es reichlich und pünktlich bezahlt wird, wird so ein Engagement nicht kaufen können, neben einer entsprechenden Grundeinstellung bedarf es dazu aber einer guten Beziehung zwischen dem Lehrer und dem Schüler. Dem Lehrer, den ich als reinen Dienstleister sehe, wird das vielleicht schwerer fallen als dem Lehrer, den ich aufgrund unterschiedlicher Dinge als Lehrer und Mensch respektiere/achte.
Dies übrigens vor dem Hintergrund meiner über 20jährigen Erfahrung in der Wirtschaft ...