Geübtes ist im Unterricht nicht reproduzierbar

Das ist der Loser-Satz, den ich am meisten hasse.

Der trennt die Leute, die (bei Unterricht jeder Art) einfach nur von der Straße weg und beschäftigt sein wollen, damit sie keine Omas überfallen oder Drogen nehmen, von denen, die wirklich etwas können lernen wollen.

Mit der gleichen Begründung wird sich dann geweigert die Regeln vom Schach zu lernen, weil soll mir ja nur Spaß machen.


Es gibt hier die, vermutlich irrige Annahme, dass auch Anfänger daran interessiert sind, wirklich etwas zu lernen, statt nur unterhalten und beschäftigt zu sein.

Vielleicht sollten wir ein Unterforum für Leute einrichten, die nicht lernen, sondern nur beschäftigt sein, wollen.
Was ist dagegen einzuwenden, wenn man sich" sinnvoll" beschäftigen möchte?

Ihr seid Profis und Lehrende am Klavier. Mir ist völlig klar, dass ihr das Klavierspiel von der Pike auf gelernt habt und das Gelernte auf hohem Niveau weitergeben wollt. Das ist eure Lebensaufgabe.

Das macht euch ja zu Profis.
Ich kann mir aber vorstellen, dass ihr neben eurem Beruf auch einer mehr oder wenigen sinnvollen Beschäftigung nachgeht.

Meine Lebensaufgabe ist und war eine andere, ich habe hart daran gearbeitet, um auf hohem Niveau meinen Beruf auszuüben. Da gelingt mir auch.

Daneben beschäftige ich mich mit dem Klavierspielen und habe sogar Spaß daran.
Musik ist meine wichtigste Ressource, auch wenn ich nicht auf einem höheren Niveau Klavier spiele.
 
"Spaß haben" und ernsthaftes Üben sind doch nun wirklich vereinbar und nicht von vornherein gegensätzlich. Warum wird das immer wieder gegeneinander ausgespielt?
Ich übe gerne und es geht ja immerhin mehr Zeit ins Üben als ins "Spielen". Immer kommt schon das nächste Projekt um die Ecke.
 
Ich spiele sehr gerne Klavier, denn es macht mir Spaß. Sonst hätte ich mir ein anderes Hobby gesucht. Das heißt aber nicht, dass ich nicht ernsthaft übe. Das gehört einfach dazu und ohne das hätte ich keine Lust zum Klavier spielen.
 
Er ist ja wohl kaum begeistert von dem, wie Du auf der Aufnahme spielst.
Vielleicht ist er einer von diesen "pädagogischen Lobern", die meinen, man tue den Schülern etwas Gutes, wenn man sie dauernd viel und überschwenglich lobe.
Als erwachsener Anfänger (oder auch als erwachsener Fortgeschrittener) kann man ein "pädagogisches Loben" eines Lehrers durchaus als solches einordnen und entsprechend relativieren. Ich finde pädagogisches Loben immer ziemlich peinlich.

Dennoch bzw. gerade deshalb bin ich ein großer Fan das Lobens von erwachsenen Anfängern. Ich bin selbst total begeistert, wenn jemand Fortschritte macht und zeige das auch. Warum sollte man eine ehrliche Empfindung zurückhalten, wenn sie die Laune von Lehrer und Schüler hebt? Vielleicht geht es auch eher um die Vermittlung von Begeisterung, als um das Loben an sich (insoweit bin ich also bei Dir).

Als erwachsener Anfänger weiß man doch ganz genau, dass man im Grunde nichts kann (das gilt auch für Fortgeschrittene). Deshalb ist das Lernen als Erwachsener deutlich beschwerlicher als in der Kindheit, wo man viel unbewusster lernt und übt. Dazu kommen tausend Verpflichtungen, die man als Erwachsener hat, zwischen die man seine Übungsstunden reinquetschen muss.

Umso wichtiger finde ich persönlich eine positive Lernathmosphäre, die durch den Lehrer zumindest nicht behindert werden sollte. Wenn da so ein Trauerkloß von Lehrer sitzt, der alles, was ich da mache, nur müde seufzend beäugt, dann vergeht zumindest mir die Lust auf den Lehrer und das Instrument, vor allem aber auf den Unterricht. Wenn da hingegen eine Lehrerin vor Begeisterung für die Musik und ihre Vermittlung sprüht und dabei nicht zu bremsen ist, dann springt definitiv nicht nur ein Funke, sondern gleich ein ganzes Feuer über. Wobei "Begeisterung" auch ganz still daherkommen kann.
 
Da hast Du absolut recht, @Alter Tastendrücker.

Nur ist es als erwachsener Anfänger doch nochmals eine andere, verschärfte Situation. Man weiß noch gar nicht, ob man jemals irgendwo hin kommen wird, ob es jemals einigermaßen gut klingen wird (ohne diesen "Laienklang"), ob man die motorischen Abläufe jemals bewältigen wird, usw. Man sieht einfach diesen riesigen jahrzehntelangen Arbeitsberg vor sich (die berühmten >10.000 Stunden, die andere locker in der Kindheit abfrühstücken) und fragt sich, ob man da wirklich (nochmals) durchwill. Da kann ein bisschen Anfeuern lehrerseits nicht schaden.
 
Man sieht einfach diesen riesigen jahrzehntelangen Arbeitsberg vor sich (die berühmten >10.000 Stunden, die andere locker in der Kindheit abfrühstücken) und fragt sich, ob man da wirklich (nochmals) durchwill.
Diesen Mythos, also überhaupt die 10 000 Stunden und die Idee, dass es sich erst danach lohne Klavier zu spielen, sollte man endlich vergessen.
Es gibt so viel interessante und schöne Klaviermusik unterhalb des Levels der Liszt h-Moll Sonate, dass man lebenslänglich beschäftigt ist!
 

Diesen Mythos, also überhaupt die 10 000 Stunden und die Idee, dass es sich erst danach lohne Klavier zu spielen, sollte man endlich vergessen
Naja, das war nur ein Beispiel, es geht nicht um eine exakte Stundenzahl. Bis die Grundlagen sitzen, das dauert einfach. Und braucht viel Geduld und Durchhaltevermögen. Ich lerne gerade ein anderes Instrument als Anfänger. Das ist schon eine andere Hausnummer als Klavier (seit Kindheit) zu verbessern.
 
Als erwachsener Anfänger weiß man doch ganz genau, dass man im Grunde nichts kann (das gilt auch für Fortgeschrittene). Deshalb ist das Lernen als Erwachsener deutlich beschwerlicher als in der Kindheit, wo man viel unbewusster lernt und übt. Dazu kommen tausend Verpflichtungen, die man als Erwachsener hat, zwischen die man seine Übungsstunden reinquetschen muss
Und als Erwachsener hat man andere Ansprüche an sich selbst und sieht sich selbst von Außen eher mit einem kritischen Blick. Da läuft dann schon eine Schleife mit wie "Heute klappt gar nix, obwohl ich so daran geübt habe. Hoffentlich denkt der KL nicht, ich hätte gar nicht geübt."
Manchmal wünschte ich, mir würde der Alltagskram vom Hals gehalten, damit ich üben kann 😉 - so wie ich es mir bei Kindern vorstelle, die von ihren Eltern gefördert werden.
Frage an die erwachsenen Anfänger unter euch: Wie baut ihr das Spielen und Üben in den Alltag ein?
 
Wie baut ihr das Spielen und Üben in den Alltag ein?
Unter der Woche übe ich jeden Tag 1-1,5 h nach dem gemeinsamen Abendbrot. Alle anderen Familienmitglieder nutzen diese Zeit ebenfalls für sich, zum Daddeln, Zeitung lesen, whatever. Jeder geht hier dann seiner Wege und braucht kein schlechtes Gewissen den anderen gegenüber zu haben.
Diese tägliche Routine tut mir gut und ich muss nicht mehr darüber nachdenken, wann ich die Zeit finde zum Üben.
Am Wochenende übe ich einfach, wenn ich Bock hab. :-)
 
Genau so ist das bei mir auch.
 
Dazu kommen tausend Verpflichtungen, die man als Erwachsener hat, zwischen die man seine Übungsstunden reinquetschen muss.
Das ist wahrscheinlich ein Punkt, den manche vielleicht auch schlicht nicht wirklich realisieren können oder auch wollen: Die Lebenssituation ist als Erwachsener auch nicht mehr dieselbe wie in Kindheit und Jugend. Man ist oft eingeklemmt in einer oft genug bedrückenden Fülle an familiären und beruflichen Aufgaben und Verpflichtungen, lebt räumlich vielleicht dazu noch auch eher beengt, und sich da noch regelmäßig Zeit für ein solches Hobby freizuschaufeln ist oft sowieso schon eine Herausforderung für sich. Das ist bei mir auch nicht anders. Kommen dann noch außerordentliche Belastungen hinzu, geht eben zeitweise auch mal sehr wenig oder gar nichts mehr. Man ist auch nur ein Mensch. Und diese überflüssige Treterei nach unten von wegen faul, undiszipliniert, desinteressiert oder gar dass manche eher "Beschäftigungstherapie" benötigten, um nicht als Sozialfall zu enden, wenn jemand vielleicht nicht zu 120 Prozent leistungsorientiert und ehrgeizig an so etwas herangeht wie vielleicht als angehender Vollblutmusiker oder Profi (und sich skandalöserweise womöglich noch unterfängt, auch noch "Spaß" oder Freude daran haben zu wollen), macht einen in solcher Lage nur noch wütend - schade um die Zeit, derartig abgehobenen infamen Mist überhaupt noch zu lesen. Oder sich gar die Mühe zu machen, darauf auch noch zu antworten...

In diesem Sinne dann!:
 
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