Hallo zusammen
Für mich ist der Thread schwierig. Ernsthaft jetzt. Ich hab das Problem, dass ich schon seit Wochen (und Monaten) lese, dass ich jahrelang falsch geübt und möglicher Weise falsch unterrichtet worden bin. Ich lese von hasenbein, rolf und mick (u. a.) was komplett Neues für mich und im diametralen Gegensatz zu dem steht, was ich jahrzehnte lang gelernt und praktiziert habe. Und über mick, rolf und hasenbein weiß ich gar nichts außer das, was sie schreiben. Ich möchte mich bitte jetzt nicht so verstanden wissen, dass ich jetzt Referenzen einforderte! Ich lese das, was ihr schreibt, und es hört sich für mich logisch an, außerdem hat (mindestens) Hasenbein seine Äußerungen an konkreten Belegen (Krazert) nachgewiesen. Ich kann nur nicht beurteilen, was richtig ist, weil, wie gesagt das, was ich hier lese, im diametralen Gegegensatz zu dem steht, was ich über viele Jahre gelernt habe.
Für den engagierten Laien (wie mich) stehen die Grundsätze, "Fingerübungen helfen, technisch besser zu werden" und "Fingerübungen sind völlig nutzlos" mehr oder minder gleichberechtigt gegenüber. Und ich bin in der nicht so vorteilhaften Situation, mich entscheiden zu müssen, was jetzt richtig ist. Und eine Meinungsfrage ist es nicht, eins muss richtig sein, das andere falsch, schluss.
Ich versuche mal die beiden Grundsätze zusammen zu fassen und hoffe, dass ich das richtig verstanden habe, ansonsten bitte ich um Korrektur:
- Fingerübungen bringen nichts, den Skill erwirbt man beim Üben von Stücken, und die Finger folgen dem musikalischen Verständnis mehr oder minder "von allein", wie das Laufen, wie Kratzert schreibt.
vs.
- Dedizierte Fingerübungen wie Tonleitern, Hanon, Czerny, Burgmüller et al. helfen bei der Fingerfertigkeit, Geläufigkeit (was immer das ist), bei der Treffsicherheit und so weiter. Hanon versteigt sich ja auch in die Aussage, man erwerbe Virtuosität beim Üben seiner Etüden und spare haufenweise Zeit beim Üben von Stücken.
Nun seid ihr nicht die Einzigen, die jahrelang Klavierunterricht genossen haben, ich übrigens auch, zwischen meinem 7. Lebensjahr etwa und dem 20. (nicht sehr erfolgreich, zugegeben, weil ich ne faule Socke und Mozart echt nicht meins war). Nach 11 Jahren klavierfreier Zeit spiel ich wieder seit sechs Jahren etwa, seit kurzem wieder mit KL. In der Musikschule damals waren Tonleitern und Etüden jedenfalls völlig normal. Auch als ich unlängst meine damalige KL angerufen hatte und sie fragte, welche Übungen denn sinnvoll seien, nannte sie mir die üblichen Verdächtigen. Dann gibt es nicht nur Kratzert, sondern auch noch andere Bücher, die Etüden und Übungen empfehlen, eines davon ist vom Heumann das Buch "Pianissimo", das im Sch(r)ott-Verlag erschienen ist. Er schaltet den Etüden einige "vorbereitende" Übungen vor, einige Hanon-Sachen sind da auch rauszitiert. Dann sind in diesem Thread auch die furchtbar klingenden Fesselübungen genannt worden, die ich sicher nicht am Feurich, sondern am abgeschalteten Roland gemacht hätte, wenn ich sie machen wollte.
In meinem Freundeskreis sind auch zwei KL (studiert), der eine schlägt sich auf die eine Seite, der andere auf die andere. Einer meint, Tonleitern seien ungefähr so wie die Laufübungen beim Fußball, der andere hat nur ganz gezielt Übungen gemacht, wenn er sie brauchte. Über die Fesselübungen meinte er nur Bach-Fuge (logisch, eigentlich).
Angenommen, es stimmte, dass dedizierte Übungen überflüssig seien, und die Fertigkeit ausschließlich aus dem musikalischen Verständnis käme:
- Was wäre, wenn jetzt ein findiger Ingenieur Platz sparen wollte und ein Klavier erfände, dessen Tasten einen Millimeter schmaler seien? Ich wage zu behaupten, Konzertpianisten hätten mit dem Klavier so ihre Pobleme. Und musikalisches Verständnis setze ich hier mal als gegeben voraus. Für Elise ginge wahrscheinlich nach 5 Minuten Eingewöhnung, Chopin-Etüden bräuchten sicherlich länger...
- Mir ist keine andere Disziplin (außer Fahrradfahren vllt) bekannt, in welchem nicht dedizierte Bewegungsabläufe geübt werden müsste, Judo zum Beispiel.
Wahrscheinlich werde ich auch mein Übeparadigma ändern und mir den Hanon sparen. Spielt ihr euch vor dem Üben oder Konzertieren warm? Wenn ja, womit?
Übrigens zum Beispiel mit den Ärzten: Hier sind für mich, wie beim KL Hochschulabschlüsse (und je nach Anforderung) Erfahrung wichtig.
Einspielungen: Also klar, mich würde schon aus reiner Neugier interessieren, was hier so gespielt wird, aber nicht um zu beurteilen, welche Kompetenz dahinter steht, sondern einfach mal reinzuhörn :) Ich fordere das aber nicht ein oder so.
Mit verwirrten Grüßen