Ich grab den Faden einfach mal wieder aus, da ich heute mein erstes Vorspiel hatte und meine Erfahrungen teilen möchte.
Es handelte sich um ein Vorspiel ausschließlich von erwachsenen Schülern verschiedener Klavierlehrer. Wie lange sie jeweils dabei waren, kann ich nicht sagen, würde aber tippen, dass von Anfängern wir mir (2,5 Jahre Klavierunterricht) oder noch weniger "Erfahrung" bis zu solchen, die schon etliche Jahre dabei sind und möglicherweise auch schon als Kind angefangen haben, alles dabei war.
Ich habe es sehr genossen. Zum einen, weil es ein sehr überschaubarer Rahmen mit wohlwollendem und verständnisvollem Publikum war. Zum anderen, weil ich es sehr spannend fand, viele verschieden Stücke auf unterschiedlichsten Niveau von Amateuren zu hören.
Es wurde einmal quer durch die Musikgeschichte gespielt: Von Couperin über Bach, Beethoven, Mozart, Schubert, Brahms, Gade bis zu Britten und Hisaishi. Einiges auch zu vier Händen.
Ja. Es gab Fehler, viele Fehler, sehr viele Fehler. Und es gab auch Hänger, lange Hänger und Neuansetzer. Aber bis auf wenige Ausnahmen war es in den allermeisten Fällen eben doch Musik. Aus reinem Selbstzweck haben sich verschiedenste Menschen Wochen und Monate lang mit ihren Stücken beschäftigen, um sie anderen vorzuspielen. Einfach nur so.
Wir hatten glücklicherweise auch ein wenig Zeit, uns in einer Pause und danach ein wenig auszutauschen. Praktisch keiner war mit seinem Spiel wirklich zufrieden. Bei einigen konnte ich es nachvollziehen, bei anderen überhaupt nicht. Auch mir wurde gesagt, ich hätte mein Stück gut gespielt. Da ist sicherlich ein Teil des oben schon angesprochenen Wohlwollens drin, aber möglicherweise ist es eben doch auch so, dass man selbst viel mehr die Fehler und Ungenauigkeiten wahrnimmt, während das Publikum Musik hört.
Und mir ist noch mal klarer geworden, dass Fehler nicht das eigentliche Problem sind. Viel wichtiger ist es, das Stück flüssig und musikalisch zu spielen. Es waren (wenige) Vorträge dabei, die zwar sehr wenige Fehler hatten, in denen aber umgekehrt fast nichts "richtig" war. Andersrum gab es einige, die so einige Fehler eingebaut hatten, sich aber zum einen davon überhaupt nicht aus der Bahn haben werfen lassen und ansonsten richtig schöne Musik gespielt haben.
Spannend fand ich auch meinen eigenen Vortrag (Händel, Allegro aus der Suite G-Dur, HWV 441, weit entfernt vom Tempo einer Ragna Schirmer). Ich habe mich mit diesem Stück noch intensiver beschäftigt, als mit allem, was ich vorher geübt habe. Ich habe es trotzdem nicht annähernd so hinbekommen, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber ich habe es durchgespielt und ich hatte aufgrund der intensiven Beschäftigung und der Hilfestellungen durch meinen Lehrer tatsächlich auch nie Sorge, komplett raus zu fliegen. Denn ich hatte das Stück verinnerlicht, hätte an fast jeder Stelle einsteigen können und wusste zu jeder Zeit, wo ich mich gerade befinde, was ich da tue und warum ich es tue. So konnte es mich nicht mal aus der Bahn werfen, dass nach ein paar Takten meine Hände und Finger angefangen haben zu zittern, was bis zum Ende nicht mehr wirklich aufgehört hat.
Lange Rede, kurzer Sinn: Bei allen Horrorgeschichten über Vorspiele in diesem Faden kann ich nach meiner eigenen, heutigen Erfahrung jedem nur empfehlen: Probiert es wenigsten mal aus.