Suche Tipps zur Vorbereitung auf ein Schülervorspiel

Meine Abneigung gegen Vorspielen ist hier notorisch. Das hat seinen Grund. Ich möchte dem Komponisten gerecht werden, und deshalb, wenn ich schon mal vorspiele, seine Botschaft auch rüberbringen. Wenn mir das nicht gelingt, ist das schlimm für mich.
Meine Lehrerin sagte dazu, dass sich jeder Komponist darüber freuen würde, wenn man seine Musik so gerne spielt, dass man sie sogar vortragen will: „Hört doch, was das für eine schöne Musik ist“. Und da hat sie mich in der Tat erwischt. Denn wenn das auch alles nicht perfekt ist, habe ich schon den Wunsch, anderen mitzuteilen, was da für schöne Musik geschrieben wurde, möchte meine Begeisterung auch mitteilen. Nur das rettet mich vor der würgenden Angst, vom Drahtseil in den Niagara zu fallen.
Letztere ist tatsächlich weniger geworden, eben weil ich mich nun öfter mal vor Leuten, auch solchen, die es weit besser können, mal ans Instrument gesetzt habe. Routine ist tatsächlich wichtig. Das ist wie Höhenangst, die ich mir mal bewußt abtrainiert hatte.
Vor offenem Fenster spielen: Da es in unserem Ort eher Umpah oder laute Rockfeste gibt, räche ich mich manchmal: „Da habt ihr euren „Westwind“ (Debussy) :028: !!

In diesem Sinne!
(Geständnisse eines Angsthasen)

P.S. Drückt mir morgen bitte die Daumen.
 
wenn ich schon mal vorspiele, seine Botschaft auch rüberbringen.
Irgendwo gibts eine Studie die internen vs. externen Fokus verglichen hat und diejenigen die die sich auf externen Fokus konzentriert haben, haben deutlich weniger Fehler gemacht. Wenn das deine Intention ist zu zeigen warum du das Stück so magst, dann würde ich die als externen Fokus ausbauen. Mach ich jedenfalls so. Ich versuche sofort jede Anwandlung, wo ich merke die Aufmerksamkeit geht intern, dann umzulenken auf extern.
 
Zuletzt bearbeitet:

Duke, R. A., Cash, C. D., & Allen, S. E. (2011). Focus of attention affects performance of motor skills in music.

Zentgraf, K., & Munzert, J. (2009). Effects of attentional-focus instructions on movement kinematics.

Das sind 3 von denen ich weiß dass in den Studien der externe Fokus zu mehr Sicherheit und Präzision geführt hat und gleichzeitig das Stresslevel niedriger blieb und die Bewegungen ökonomisiert hat.
 
Üben, bei Fehlern nicht zu korrigieren, sondern einfach über den Fehler hinweg weiterzuspielen. Ist mein allergrößte Problem bei Vorspielen
Bei unseren Nürnberger Übeabenden hat deswegen Hartmut "Die Challenge" ausgerufen. "Die Challenge" ist die Aufgabe des jeweils Vorspielenden bei Fehlern:
- Nicht laut ein F- (oder S)-Word auszurufen
- Nicht mit dem Kopf zu schütteln
- Nicht die Hände von der Klaviatur zu ziehen
- Nicht vor den Fehler zurückzusetzen
sondern freundlich zu lächeln und weiterzuspielen wie wenn nix gewesen wäre. Ich gebe zu, es gibt bei uns "Übenden" deutliche Luft nach oben was das Erreichen der Challenge betrifft.

Fun Fact: Kürzlich habe ich einen Klavierabend gehört bei dem die (Profi-)Pianistin bei der "Sonata quasi und Fantasia" 3x kurz den Text vergessen hatte und einfach alles weggelächelt hat. Die Erfüllung der "Challenge" in Perfektion...
 
Das ist doch die Basis:
- Nicht laut ein F- (oder S)-Word auszurufen
- Nicht mit dem Kopf zu schütteln
- Nicht die Hände von der Klaviatur zu ziehen
- Nicht vor den Fehler zurückzusetzen

Das Problem ist, dass sich anscheinend viele diese "Fehleranzeiger" beim Üben antrainieren.

Bei den performing arts gilt: The show must go on.
Wenn du dem Zuschauer nicht sagst, dass du einen Fehler gemacht hast, sieht er auch keinen.
 
Wenn du dem Zuschauer nicht sagst, dass du einen Fehler gemacht hast, sieht er auch keinen.
Man sollte seine Zuhörer/Zuschauer schon ernst nehmen und nicht für blöd halten. Natürlich nehmen viele einen Fehler auch wahr, es geht nur darum, einen Fehler so zu überspielen, dass er möglichst wenig stört. Dass er stört, ist leider eine Tatsache, an der man dann nichts mehr ändern kann.

Wäre es anders, könnte man sich viel Probenzeit ersparen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte seine Zuhörer/Zuschauer schon ernst nehmen und nicht für blöd halten. Natürlich nehmen viele einen Fehler auch wahr
Nein, tun sie nicht. Selbst, wenn sie auf Fehler achten sollen: https://bulletproofmusician.com/how...-audiences-and-other-musicians-actually-hear/

Das Problem ist einfach, dass Leute intuitiv ein Drama draus machen, wenn sie sich vertanzen, im Text unsicher sind oder sich verspielen. Erst diese Drama ist das große Ausrufezeichen: "Seht her, ich habe einen Fehler gemacht!"
Zuschauer brauchen keinen perfekt texttreuen Vortrag, sondern eine gute Performance. Die gelingt am besten, wenn die Show weiter geht und man sich nicht angewöhnt, jeden Fehler zum Showstopper zu machen.
 
Mag ja sein, dass du die vielen Fehler hier nicht hörst. Ich höre sie, und finde sie reichlich störend, obwohl "die Show weiter geht" …
Man kann die Fehler zählen (man kommt allerdings mit zehn Fingern nicht aus), muß man aber nicht. Trotzdem: was Horowitz aus diesem abgelutschten Schmachtfetzen an musikalischen Stimmungen zaubert, ist einfach grandios.
 
Trotzdem: was Horowitz aus diesem abgelutschten Schmachtfetzen an musikalischen Stimmungen zaubert, ist einfach grandios.
Man kann stellenweise erahnen, wie es gemeint ist. Aber viel mehr auch nicht. Es gibt zahllose Aufnahmen, auf denen er das um Welten besser spielt, und das liegt nicht nur an den offensichtlichen Fehlern.

Horowitz hat in der Zeit üble Medikamentencocktails eingeworfen und hatte wohl auch ein Alkoholproblem. Das beeinflusst ganz sicher nicht nur die Spieltechnik, sondern auch das Hören, die Klangvorstellung und die Konzentration auf Spannungsbögen. Es ist schon sehr grenzwertig in allen Belangen.
 
Horowitz hat in der Zeit üble Medikamentencocktails eingeworfen und hatte wohl auch ein Alkoholproblem. Das beeinflusst ganz sicher nicht nur die Spieltechnik, sondern auch das Hören, die Klangvorstellung und die Konzentration auf Spannungsbögen. Es ist schon sehr grenzwertig in allen Belangen.

Wäre es besser, wenn er bei jedem Fehler gestoppt hätte, um laut "Scheiße!" zu rufen, mit dem Fuß aufzustampfen und nochmal anzusetzen?
 

Das kann man weder pauschal in die eine noch in die andere Richtung sagen.
Fehlende Töne fallen am wenigsten auf.
Falscher Rhythmus am stärksten.
Bei falschen Tönen kommt es darauf an, wie prominent sie im Akkord sind. Ob es Melodietöne sind. Wie schlecht sie zur Tonalität passen.

Die Fehlerhäufigkeit ist auch relevant.

Das Horowitz-Beispiel höre ich mir zB schon ungern an.

Für mich als Zuhörer ist es ein Riesenunterschied, ob ich das Stück kenne oder nicht. Vor allem, wenn ich es selber gespielt habe, fallen mir viele Details auf, die andernfalls untergehen würden. Da würde ich mich evtl. nur fragen, warum mir das Stück nicht so recht gefallen hat.
Beispiel: Ich habe einmal von einer Schubertsonate den vierten Satz (nur den vierten) gespielt. Dann habe ich die ganze Sonate in einer Aufführung gehört. Die ersten drei Sätze waren ok, aber nicht überragend. Irgendwie nicht überzeugend. Beim vierten Satz habe ich realisiert, dass da einige Fehler drin waren (und ich gehe einmal davon aus, dass alle 4 Sätze in ca. der gleichen Qualität vorgetragen wurden). Fehler im Sinn falscher Noten. Aber auch Phrasierungen, die ich anders gestalten würde. Man kann diskutieren, inwiefern das noch als "Fehler" gilt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich als Zuhörer ist es ein Riesenunterschied, ob ich das Stück kenne oder nicht. Vor allem, wenn ich es selber gespielt habe, fallen mir viele Details auf, die andernfalls untergehen würden
Es stellt sich schon die Frage, inwieweit einen als Spieler die Vorstellung belasten soll, im Publikum sitzen da welche, die das Stück kennen oder gar selber gespielt haben. Vielleicht sollte man sich genau davon frei machen. Sollen die doch hinterher unter sich rumnörgeln.

Ich möchte jetzt nicht ein Metal-Publikum mit einem Klassik-Publikum irgendwie vergleichen, aber mir kommen da ein paar Sprüche in den Sinn von einem gewissen Glenn Fricker, der einen lustigen YT-Kanal betreibt (wen es interessiert: @SpectreSoundStudios):

You have to take a long hard look at exactly who you think you're playing to. Other musicians? Fuck that, they're literally the worst audience in the world. Why the fuck would you want to play a gig for a bunch of hypercritical judgmental assholes?
:-D
 
Beispiel: Ich habe einmal von einer Schubertsonate den vierten Satz (nur den vierten) gespielt. Dann habe ich die ganze Sonate in einer Aufführung gehört. Die ersten drei Sätze waren ok, aber nicht überragend. Irgendwie nicht überzeugend. Beim vierten Satz habe ich realisiert, dass da einige Fehler drin waren (und ich gehe einmal davon aus, dass alle 4 Sätze in ca. der gleichen Qualität vorgetragen wurden). Fehler im Sinn falscher Noten. Aber auch Phrasierungen, die ich anders gestalten würde. Man kann diskutieren, inwiefern das noch als "Fehler" gilt.

Bist du in diesem Fall noch der typische Zuhörer?

Ich kann auch nicht zu Rock-Konzerten gehen, weil ich dann immer nur daran denke, dass ich selbst mal wieder eines geben müsste.
 
Vielleicht passt es ja zum Thema, den der Faden mittlerweile geht.
Also mein Klavierlehrer hat mich dann gefragt, ob wir das Stück jetzt richtig schön machen wollen. Und ich habe in meinem jugendlichen Leichtsinn "ja"gesagt.

Oh man, kann der pingelig sein. So kenne ich den gar nicht.

Aber ich habe mich auf das Abenteuer eingelassen, wir polieren jetzt mal.

Und ich denke, wenn man sich jeden Takt nochmals ganz genau ansieht, dann merkt man ihn sich auch hoffentlich besser.
 
Es stellt sich schon die Frage, inwieweit einen als Spieler die Vorstellung belasten soll, im Publikum sitzen da welche, die das Stück kennen oder gar selber gespielt haben.
Bist du in diesem Fall noch der typische Zuhörer?
Nein, und das kann man meiner Meinung nach auch nicht aus meinem Posting herauslesen.

Es enthält zwei Punkte.
1) Es gibt unterschiedlichste Arten von Zuhörern. Manche hören etwas, andere nicht. Da ist keine Pauschalaussage möglich.
2) Die meisten kennen das Stück eben NICHT im Detail und dann sind sie wie im Beispiel oben bei den Sätzen 1 bis 3.

Hinzufügen möchte ich (was glaube ich eh schon erwähnt wurde), dass Fehler einfach passieren werden. Unvermeidlich. Daher muss man lernen, mit ihnen umzugehen.
Außerdem wird irgendjemandem auch ein fehlerfrei gespieltes Stück nicht gefallen, weil ihm die Interpretation nicht zusagt. Geschmäcker sind nun einmal verschieden. Es kann nicht das Ziel sein, es ausnahmslos allen recht zu machen.
 
Ich besuche sehr gerne Konzerte oder Opern, an denen ich nicht als Ausführender beteiligt bin. Es stört mich auch gar nicht, wenn die Interpretationen stark von meinen eigenen Vorstellungen abweichen. Ganz im Gegenteil - ich finde es höchst interessant, andere Sichtweisen auf die Musik zu erleben. Eine Interpretation ist immer eine individuelle Momentaufnahme; auch meine eigenen Interpretationen ändern sich stark im Laufe der Zeit. Andere Künstler anzuhören, erweitert letztlich die eigenen Möglichkeiten.

Insofern ist mir eine solche Haltung
Ich kann auch nicht zu Rock-Konzerten gehen, weil ich dann immer nur daran denke, dass ich selbst mal wieder eines geben müsste.
sehr fremd.
 
Interessant, wie hier Fehler das beherrschende Thema sind.
Die Horowitzaufnahme ist ein sehr schönes Beispiel dafür. Um falsche Töne kümmert man sich während der Vorbereitungszeit! Im Konzert nimmt man, was kommt. Auf dem Polster des Geübten kann man dann tanzen.
Horowitz tanzt nicht. Mich stören nicht die falschen Töne, mich stört erschreckend, wie wenig er musiziert. Ich dachte auch direkt: Er steht unter Drogen. Danke @mick für den Hinweis darauf! Er ist unglaublich neben sich. Es gibt ab und zu Momente, da findet er zu sich, aber die meiste Zeit latscht er das Werk einfach herunter, und da gehören die falschen Töne dann auch dazu, sie sind aber nicht das Wesentliche, sondern nur ein Ergebnis seiner Spieleinstellung.
Und ja: The show must go on! Das ist unbedingt wichtig bei jedem Konzert. Privat werden auf der Bühne ist ein absolutes Nogo.
 
The show must go on! Das ist unbedingt wichtig bei jedem Konzert.

Aber doch nicht, wenn abzusehen ist, dass man den Anforderungen nicht gerecht wird. Warum setzt sich jemand in dieser desolaten Verfassung an den Flügel? Dass er Drogenprobleme hatte war mir bis zur Aussage von @mick nicht bekannt.

Und ich denke, wenn man sich jeden Takt nochmals ganz genau ansieht, dann merkt man ihn sich auch hoffentlich besser.

Auch rückwärts additiv spielen hilft beim Verinnerlichen des Notentextes.
 

Zurück
Top Bottom