Die zehn goldenen Regeln der Klavierkunst

  • Ersteller des Themas Rosenspieß
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Nun noch eine Regel zum Spielen (nicht daß die anderen wertlos wären, die ich aufgestellt habe):

Wenn ein Stück technisch einwandfrei sitzt, alles noch einmal in frage stellen, Passagenweise sich selbst vorspielen und überlegen, ob man der Stimmung und der Absicht (so weit bekannt) des Komponisten gerecht wird. Dann noch einmal spielen. Nun die nächste Passage. Bis zum Ende.

Jetzt alle Bedenken über bord werfen, der Gefahr, Fehler zu machen kühl ins Auge blicken und alles reinlegen, was sich aus der vorherigen Prüfung ergeben hat.

und so weiter...

Die entsprechende Regel könnte lauten

"Wenn ein Stück fertig ist, kann man endlich mit der Arbeit anfangen."

Wenn mir ein Stück gefällt, halte ich mich 100% daran.
 
...Wer als Pianist ernst genommen werden möchte, muß sich natürlich in den Dienst der Musik stellen
...
Wer aber in erster Linie Spaß haben möchte,
...
Du magst ja selbst dran glauben, aber man hat so seine Erfahrungen mit Leuten die "sich in den Dienst einer Sache" gestellt haben ... Ich bin gottseidank aus dem Alter raus. (Muss allerdings auch nicht meine Brötchen damit verdienen).

Und dass es bis zum "einfach Spaß haben" auch unter Amateuren noch weitere ernsthafte Ansätze gibt, bitte ich auch zu berücksichtigen. Wenn du deinen Spruch noch so ironisch gemeint haben mögest: Die (tiefen-)psychologische Wahrheit lässt sich nicht verleugnen.
 
"Spiele immer, als hörte dir ein Meister zu."
(von Schumann)
Ich finde das ist wirklich ein guter Ratschlag. Spielt/übt man die Stücke immer so gut wie möglich, ist das Üben wesentlich ertragreicher.
 
Vielen Dank für die übersichtliche Zusammenstellung, Rosenspieß!

Eine Bitte noch: Könntest Du in einer späteren Zusammenstellung den Zusatz "ironisch" bei meiner einen Regel weglassen - oder die ganze Regel? Ich weiß, der Satz ist provokant und kann sehr negativ aufgefasst werden, andererseits kann man auf soviele Dinge kommen, wenn man ihn nicht als ironisch abtut. Angefangen bei Selbstkritik, es geht aber weit darüber hinaus, wenn man z.B. darüber nachdenkt, daß man ja Musik machen will und nicht ein Klavier betätigen, man kann auch aufhören, das Übungsklavier für schlechte Fortschritte verantwortlich zu machen...

Und "selbstbewußt" bedeutet ja nicht "selbstherrlich".
 
Wie wärs mit

"wichtiger als das üben der technik, ist die die technik des übens"

So altklug und allgemein wies nur geht :D
 
Klavierregeln

Ist schon recht interessant, was hier an Regeln zusammenkommt.

Man muss sich aber mal Gedanken machen, weer die Adressaten dieser Sprüche sind. Wenn ein 15y. diese Sammlung liest, greift er sich normalerweise an den Kopf und sagt: boah - eyhh
Hier im Forum spielen so viele Klavier aus ganz unterschiedlichen Motiven heraus. Widereinsteiger, Neueinsteiger, Leute, bei denen halt ein Klavier steht, Klavierfreaks, Esoteriker, Selbstfinder und viele andere. Manche gehören gleich in mehrere Kategorien.
Ich vermute mal, dass die Mehrzahl derer, die Regeln geben wollen, ernsthaft daran interessiert sind, weiter zukommen.

Wer sich mit Meisterwerken beschäftigt, sollte grosse Ziele haben. Natürlich hat auch bei Pianisten das Spiel immer etwas Therapeutisches an sich aber ich finde nichts schlechtes daran, mich in den Dienst der Musik zu stellen. Mir liegt sehr an der Weiterführung der Hochkunst des 16. bis 20 Jhdts. Im Moment scheint das auch zu gelingen, denn ein hoher Prozentsatz an Nachwuchs ist von dieser Musik begeistert und nimmt aktiv teil. In Abwandlung des kluigen Satzes: spiele immer so, als höre dir ein Meister zu möchte ich folgende Regel nennen:

Spiel immer so, dass auch der zuhörende Laie begeistert wird.
 
Seh ich so jung aus?
Hast mich aber arg unterschäzt, bin schon 16 ;)

Deine Regel find ich auch sehr gut, klavigen. Besonders, weil man so dann schon beim Üben versucht, so zu spielen wie es bei einem Vorspiel dringend notwendig ist.


oli
 
Hier mal eine praktische Regel:

Langsam üben geht schneller
 
Regeln

dazu passt eine Regel, die Arthur Schnabel zugeschrieben wird

"Langsam spielen, schnell klingen"
muss man aber länger drüber nachdenken

Gemeint ist wohl unter anderem, dass beim Spielen viele unnötige Klein. und Zitter- und Schwingbewegungen wegfallen können, wenn man immer in grösseren Bögen denkt, sodass eine Pasage von 8 schnellen Tönen eben nicht als acht Anschläge gedacht wird, sondern sozusagen eine einzige Bewegung darstellt, die nur durch minimale Fingeraktionen unterstützt wird.
 
"Langsam spielen, schnell klingen"
muss man aber länger drüber nachdenken

Gemeint ist wohl unter anderem, dass beim Spielen viele unnötige Klein. und Zitter- und Schwingbewegungen wegfallen können, wenn man immer in grösseren Bögen denkt, sodass eine Pasage von 8 schnellen Tönen eben nicht als acht Anschläge gedacht wird, sondern sozusagen eine einzige Bewegung darstellt, die nur durch minimale Fingeraktionen unterstützt wird.

Das ist eine wirklich sinnige Erklaerung.
Haette es eher dahingehend interpretiert, dass langsames Ueben zum schnellen, klingenden Ergebnis fuehrt :)
 
Und Deine Regel, man möge so spielen, dass der Laie davon berührt, bzw. begeistert werden kann, finde ich spitze, deutet sie doch darauf hin, dass Musik keine genuin akademische Erfindung und Disziplin ist, sondern sich an Ohren und Herzen von Menschen richtet. Das Publikum....was wären wir Musiker ohne es?

Allerdings sollte man so spielen, dass der Laie es versteht, und nicht seine Musik mit mehr oder weniger gelungenen Gesichtsausdrücken dem Ahnungslosen verständlich machen.

Ich hätte da auch noch was; der Punkt ist allerdings in meinen Augen etwas Kritikanfällig:

Ein Musiker ist nur dann ein echter Musiker, wenn er auch unter der Bedingung noch musizieren wollte, dass er nur allein und ohne jede Kenntnisnahme von außen im abgeschlossene Kämmerlein spielt.
 

Regeln

@Amfortas,

ganz gleich, wo ich bin und dort ist auch ein Musiker, dann will ich was hören oder was spielen und wenn der sagt, ich spiele lieber für mich allein, würd ich mich aber wundern - dumm aus der Wäsche guck !

Ich fand es auch während meines Studiums immer als Highlight, wenn mir mein Prof. vorspielte. Wenn meine Mutter zu Besuch kommt, melden sich immer noch andere Bekannte an, weil die unbedingt was hören wollen.

Selbst der publikumssscheu Glenn Gould hat seine Kunst ja wenigsten im Studio später gezeigt. Also ich finde schon, dass man als Musiker fast eine Verpflichtung hat, seine Musik mit anderen zu teilen.
 
Ich glaube, hier liegt ein kleines Mißverständnis vor. So wie ich Stilblüte verstanden habe, wollte sie doch nur zum Ausdruck bringen, daß der Musiker seine "Art" des Musizierens nicht vom Publikum abhängig machen sollte, bzw. davon, was er denkt, daß das Publikum versteht oder nicht versteht. Sondern von seiner eigenen, inneren Überzeugung. Und ich denke auch, daß man das Publikum nicht unterschätzen sollte. Falls das Publikum tatsächlich nicht in der Lage ist, den musikalischen Vortrag zu verstehen, dann ist es eben so. Dagegen würden auch keine Mätzchen und kein erhobener Zeigefinger helfen.

Aber diese Art von Laien-Verständlichkeit hat klavigen auch sicher nicht gemeint.
 
ganz gleich, wo ich bin und dort ist auch ein Musiker, dann will ich was hören oder was spielen und wenn der sagt, ich spiele lieber für mich allein, würd ich mich aber wundern - dumm aus der Wäsche guck !

Da hast du mich falsch verstanden. Ich kenne welche, die spielen nur Instrumente um vorzuspielen. Das ist für mich dann keine Freude an Instrumenten, sondern eine Freude daran, beachtet zu werden.
Ich denke, dass einer, der 2 Stunden am Tag übt eh schon allein genug ist. Der soll dann auch mal vorspielen. Aber man sollte nie nur um des Vorspiels Willen spielen. Sondern, weil man Musik liebt.
Diese liebe zu teilen ist aber, da muss ich dir recht geben, auch extrem wichtig. Schließlich ist musik ja Kommunikation (und nur wenn die Musiker spielen können sich die nichtmusiker für Musik interessieren)



oli
 
Missverständnis

Danke Oli, jetzt ist es klarer -

ich versuch mir gerade vorzustellen, wie so einer ist, der nur spielt, um vorzuspielen und das dann auch noch gut macht, denn wenn er es immer wieder macht, dann muss er es ja können ??

Kenne eigentlich eher Leute, die sich gerne vorm Vorspielen drücken - und ehrlich gesagt, als Student hatte ich auch immer Bammel vor öffentlichen Vorträgen
 
Heute im Klavierunterricht spielte ich einen Beethoven, und an einer Stelle veranlasste mich mein Lehrer, doch eine Zäsur zu spielen.
Er sagte in etwa, dass Beethoven zwar metrisch klingen soll, aber nicht (überexakt) metrisch gespielt werden darf.
Womit er meinte, dass es keine großen "Löcher" oder "Abbrüche" in der Musik geben soll, dass man sie aber selbstverständlich nicht einfach nur durchnudeln darf, damit ales auch schön im Metrum bleibt.
Diese kleinen Zäsuren (wie auch viele andere Dinge) nähme man als Zuhörer bewusst gar nicht genau wahr, bemerke eben nur, dass es toll (besser!) klingt.

Deshalb eine neue Regel von mir:

Wichtig ist nicht, auf welche Art und Weise geübt und gespielt wird, sondern was dabei herauskommt.

Soll heißen: Erlaubt ist (im Sinne des Komponisten) eigentlich alles, solange der Zuhörer ein befriedigendes Klangergebnis zu hören bekommt.

Kritik wie immer erwünscht,

Stilblüte
 
Ich finde der Übersicht halber könnte man das noch einteilen in die Kategorien "Wie man am besten übt" und "Ausdruck"

Wie man am besten übt

1) Niemals aufgeben! Weiterspielen, bis es klingt (Irrlicht)
2) Üben bedeutet nicht, zum hundertstenmal auszuprobieren, ob es schon von allein geht (.marcus.)
3) Fange ein Stück immer erst so langsam an, dass du die Noten problemlos ablesen kannst (kein Tasten tasten) (Christoph)
4) Wenn ein Stück fertig ist, kann man endlich mit der Arbeit anfangen (Guendola)
5) Wichtiger als das üben der Technik, ist die die Technik des Übens" (tapirnase)
6) Langsam üben geht schneller (Guendola)
7) Wichtig ist nicht, auf welche Art und Weise geübt und gespielt wird, sondern was dabei herauskommt. (Stilblüte)

Ausdruck

1) Dein Klavierspiel wird nur maximal so frei, schwerelos und luftig sein wie dein eigenes Leben -- daher: üben ist gut und notwendig aber leben ist die Voraussetzung dafür. (Tomi)
2) Perfekt heißt nicht fehlerfrei, und fehlerfrei heißt noch lange nicht perfekt. (Stilblüte)
3) Der Zeitrahmen und das Grundtempo jeden Stückes, welche mit dem ersten gespielten Ton festlegt werden, muss bis zum Ende erkennbar bleiben. (Stilblüte)
4) Spiele mit dem Instrument! Nicht auf ihm! (Amfortas)
5) Beim Klavierspielen sollte man stets versuchen, seine eigene Vorstellung und Empfindung zu dem, was ein Musikstück ausdrücken kann oder vom Komponisten gemeint war, möglichst exakt wiederzugeben. (Hartwig)
6) Es spiele der ganze Mensch, leicht, entspannt und scheinbar mühelos. (Wu Wei)
7) Spiel immer so, dass auch der zuhörende Laie begeistert wird. (klavigen)

Bei dem Rest wusste ich nicht so richtig, wohin damit. Die könnte man dann vlt "allgemeine Weisheiten" oder sowas nennen
Nach meiner Einteilung wäre das: allgemeine Weisheien

1)Bring das Hirn in die Hände, das Herz in den Kopf und die Musik in die Brust. (Rosenspieß)
2) Neugierig sein - sich überraschen lassen (Haydnspaß)
3) Lebe stets als Musikus
Musik ist purer Hochgenuss.
Genüsse aller Musenküsse
Erfahren nur die Musiküsse. (Stilblüte)
4) „Musik beginnt da wo die Macht der Worte endet“ (Debussy, Vorschlag von Toccata)
5) „Klavierspiel besteht aus Vernunft, Herz und technischen Mitteln. Alles sollte gleichermaßen entwickelt sein. Ohne Vernunft ist man ein Fiasko, ohne Technik ein Amateur, ohne Herz eine Maschine." (Horowitz, Vorschlag von Andreas)
6) Klavierspielen muss täglich auf`s neue erworben werden.(Gerd)
7) Das Klavierspiel ist der Spiegel deiner Seele, also komme nie in die Versuchung, Dich vollkommen zu fühlen. (Latur)
8) Vermeide die Abschnitte zwischen den Hochs und den Tiefs. (Latur)
9) „Du sollst schlechte Compositionen weder spielen, noch, wenn du nicht dazu gezwungen bist, sie anhören.“ (Schumann, Vorschlag von Haydnspass)
10) Ein Musiker ist nur dann ein echter Musiker, wenn er auch unter der Bedingung noch musizieren wollte, dass er nur allein und ohne jede Kenntnisnahme von außen im abgeschlossene Kämmerlein spielt. (Stilblüte)
11) Geh mit Ernst und Spaß an die Sache heran (Amfortas)


So, ich hoffe, ich habe keinen vergessen. Für Proteste/Korrekturen/Anmerkungen zur Einteilung bin ich dankbar.

marcus
 
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Einteilung

Mir gefällt der Vorschlag und die Einteilung von Marcus sehr gut.
 

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