Der aktuelle Klavierlehrer-Markt

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23. Okt. 2019
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Meine Frage richtet sich an Klavier Unterrichtende und an alle, die Klavierunterricht nehmen bzw. suchen.

Ich habe den Eindruck, dass es zurzeit schwierig ist, Klavierlehrer zu finden, zumindest im urbanen norddeutschen Raum. Auf dem Land war es ja schon immer etwas schwieriger.

Von interessierten Schülerinnen und Schülern in der Schule höre ich in letzter Zeit vermehrt, dass sie Unterricht suchen, aber keinen finden. Das Gleiche höre ich im privaten Umfeld. Manche finden dann nach langer Suche jemanden, andere werden auf lange Wartelisten gesetzt oder geben ihren Wunsch auf. Das war doch vor ein paar Jahren noch anders.

Wie sehen das andere hier im Forum?
 
Ich vermute das ist das gleiche wie beim Fachkräftemangel. Wären die Leute bereit, entsprechend zu bezahlen, gäbe es keinen Mangel.
...
KKL gibt es ja wie Sand am Meer.
 
Hatte hier nicht vor kurzem jemand geschrieben, dass es für Instrumentalpädagogik deutlich weniger Bewerbungen gibt als noch vor ein paar Jahren?
Vor 20 Jahren gab es noch einige aus Osteuropa, die in Deutschland Instrumentalpädagogik studierten. Hat sich das auch geändert? Dass die Schulmusik-Studiengänge inzwischen in den Schulen für ihr Studium werben müssen, ist ja auch ersichtlich.
 
Die Musikschulen bieten inzwischen durchaus Festanstellungen an, aber selbst die (früher Massen von Bewerbern, wenn mal was ausgeschrieben war!) bleiben wie sauer Bier.
 
Alles eine Frage des Geldes. Oh, die 30 Minuten Beschäftigungstherapie für unseren Tristan-Leander kosten mehr als 10 Euro!?

Ach so , ich dachte der heißt Lisander - Ginko ? Anke Engelke und ihre diversen Frauenrollen ist so unfassbar genial.


Ja, die Bezahlung ist doch ziemlich am Boden, denn der Durchschnittsdeutsche denkt eben, daß unsere Hochkultur grundsätzlich kostenlos zur Verfügung steht. Bei freischaffenden Musikern und Konzertgagen ist das nicht anders. Wenn aber Geld angelegt wird, ist man bereit, dem Banker 200€ und mehr die Stunde zu blechen, von Anwälten ganz zu schweigen.

Von der MuHo Köln im Seminar über Musikpädagogik und die Arbeitsformen kannte ich noch "halbe Stelle", da wäre es rein theoretisch möglich gewesen, mit 15 Schülern die Wo. über die Runden zu kommen, 30 Schüler gelten als Vollzeit, als sozialversicherungspflichtiger Angestellter. Das schafft mit 15 hier in Berlin kein Schwein mit so wenig Schülern, und dazu noch freischaffend. Honorarkräfte eben...Und nun werden auch noch Gelder für die Kultur gestrichen, um Kriege zu finanzieren. Auch das ist Armut...
 

Oh, die 30 Minuten Beschäftigungstherapie für unseren Tristan-Leander kosten mehr als 10 Euro!?
Wo gibts denn Klavierlehrer, die für unter 50,- im Monat ne halbe Stunde Unterricht pro Woche erteilen?

Gerade bei Klavier geht der EInzelunterricht meist erst bei 100,- im Monat los ... andere Instrumente gibts da günstiger ... aber Klavier ist offensichtlich was besseres. Die "Beschäftigungstherapie für das Balg" gibts auch günstiger.

Aber wer sich ein Klavier nebst Wartung und Platz leisten kann, der nagt wohl eh nicht am Hungertuch, und eine Leistung ist immer das wert, was der Kunde dafür zu zahlen bereit ist. Was bedeutet es also, dass der Kunde die hohen Honorare nicht mehr zu zahlen bereit ist? ... genau ... der "Wert" der Ware ist gesunken (und das hat wie überall nichts mit dem tatsächlichen (kulturellen) Wert der Ware zu tun ... es geht einzig um den Markt .. und dem ist Kultur ziemlich egal).

Das Klavier hat nunmal kulturell an Bedeutung verloren. Das mag man schade finden, aber sich drüber zu beklagen hat noch nie was gebracht.
 
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Gerade bei Klavier geht der EInzelunterricht meist erst bei 100,- im Monat los ... andere Instrumente gibts da günstiger ... aber Klavier ist offensichtlich was besseres. Die "Beschäftigungstherapie für das Balg" gibts auch günstiger.
Wie kommen denn die Lehrer der anderen Instrumente finanziell zurecht?
Wenn man mal vom Instrumentalunterricht weg geht, sondern in Richtung Handwerk oder Wellness geht, sind die Beträge pro Stunden deutlich höher. Ich weiß doch, was ich beim Friseur oder für eine Massage zahle.
Gut, die Künstler haben ihre Künstlersozialkasse, das hilft ein wenig.

Aber irgendwo gibt es einen Punkt, bei dem man sagen muss, wenn man von einem Beruf nicht mehr halbwegs vernünftig leben kann (inklusive Kinder), dann ist das halt kein Beruf, sondern ein Hobby, und man muss sich nicht wundern, wenn es zu wenige Leute gibt, die das machen wollen.
Und natürlich gibt es viele Leute, für die die 100 € zu viel sind, insbesondere dann, wenn man mehr als ein Kind hat und selbst auch noch Unterricht nimmt. Aber trotzdem kann die Lösung nicht sein, dass Musiker (warum eigentlich gerade die?) kein angemessenes Einkommen haben.
 
Wie kommen denn die Lehrer der anderen Instrumente finanziell zurecht?
Wenn sie 20-30 Schüler haben, dann gehts. Zumindest ist das die Marke, die ich in meinem Bekanntenkreis so höre.
Viele haben auch nicht den Instrumentalunterricht als einziges Standbein. Das ist tatsächlich eher "Neben-" als Hauptjob.

Nicht nur Handwerker und Dienstleister sind teurer geworden ... sondern auch alle anderen Berufe, deren Ausführende ab und zu mal Handwerker und Dienstleister brauchen (sei es privat oder beruflich).

Warum Musiker nicht gut entlohnt werden, kann ich nicht beurteilen ... es gibt immer weniger, die sich noch nicht an "pay2play" gewöhnt haben. Die Gebührenanpassungen der GEMA werden unser Honorar noch weiter drücken.
"GEMA-frei" wird sich zum Verkaufsschlager mausern.
Well done GEMA ... man hätte den Veranstaltern auch einfach generell verbieten können, Musik zu spielen ... denn das käme aufs gleiche raus.

Wir werden "Kultur auf Sparflamme" erleben ... noch mehr, als wir es schon gewohnt sind.
 
Tja, einer der Berufe, die halt nicht durch billige Syrer oder Ukrainer ersetzt werden können... da schlägt dann die Demographie voll durch.

Für uns verbleibende KL eine gute Sache.
in der Tat, denn Schland passt peinlich genau auch darauf, dass die billigen russischen und fernöstlichen Klavierstudenten am Tag nach Zeugniserhalt ja wieder verschwinden. Die deutschen KKL müssen geschützt werden.

Mir ist ein russischer Fall persönlich bekannt (btw: das war noch vor 2014, falls das wem jetzt ganz wichtig ist).
 
Wir werden "Kultur auf Sparflamme" erleben ... noch mehr, als wir es schon gewohnt sind.

Noch ein Grund mehr auszuwandern. Keine Hochkultur kann ich auch in anderen Ländern haben, und dafür eine deutlich bessere Laune der Gesellschaft. Einmal S-Bahn fahren reicht hierzulande, dann weiß man wie emotional abgesackt die Deutschen sind. Geld für dicke Autos ist natürlich immer drin ! Irgendwie muss man das ja kompensieren. Im Winter ist dieses Land kaum erträglich... Traurig mit der GEMA, da hab ich zwar nicht ganz kapiert, wie das funktionieren soll, aber seit Jahrzehnten ist die GEMA vor allem für diejeningen da, die eh schon sehr viel haben. Daß die Deutschen ihr Weltkulturerbe der Klassischen Musik mit Füßen treten, sieht man an den Budgets der Städte und Gemeinden für diese Kunst. Nämlich sogut wie gar kein Budget. Ausgefallen wegen iss nich. Gut wenn man dann ein paar Inseln der Glückseeligen hat. Ich fahr gleich in meine Gemeinde, und spiele meine Generalprobe im Saal, während ein paar Leute basteln und kochen im Küchenbereich. Das macht großen Spaß ! Vor den Klavierlehrern, die dennoch mit Engagement weitermachen, ziehe ich den Hut. Ich hab das seit 2013 schon aufgegeben. Damals war es dann doch lukrativer, Klaviere zu stimmen, statt sich mit unmotivierten und untalentierten Blagen abzugeben. Dennoch hatte ich zwei wirklich tolle Schülerinnen, mit denen ich u.a. auch Aufnahmen machte am Yamaha C7. Da schaute ich nie auf die Uhr wann es vorbei ist. Die hatten aber vorher schon aufgehört.

Sinnvoll wäre eine Grundgehaltsgarantie, sowas wie ein Bürgergeld-"Artist". Wer sich für Musik und Hochkultur einsetzt, sollte finanziell deutlich mehr davon haben, als derjenige, der sich die Rübe zukifft, und Ballerspiele zockt, oder in dieses Land einreist und sagt "Ich nix versteh gutt- Asyl". Da ist eine große Schieflage.
 

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